Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Haftpflichtversicherung: Rückgriffsanspruch, Regreßmöglichkeit, Gesetzesanalogie, geschäftsplanmäßige Erklärung, Rückgriffsbeschränkung
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Gesetzesanalogie zulässig ist.
2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Kfz-Haftpflichtversicherer gegen den Sohn des Versicherungsnehmers Rückgriff nehmen kann, der ohne Fahrerlaubnis und gegen den Willen seines Vaters eine Fahrt mit dem versicherten Fahrzeug unternommen und dabei einen Unfall verursacht hat.
3. Gegenüber einem Rückgriffsanspruch des Kfz-Haftpflichtversicherers kann sich der Regreßschuldner (Versicherungsnehmer oder Mitversicherter) auch im Zivilprozeß auf den in der geschäftsplanmäßigen Erklärung der Kfz-Haftpflichtversicherer (VerBAV 1975, 157) ausgesprochenen Rückgriffsverzicht berufen.
4. Geschäftsplanmäßige Erklärungen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherer einerseits und dem Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen andererseits betreffen, sind nach den gleichen Grundsätzen auszulegen wie Allgemeine Versicherungsbedingungen.
5. Der Rückgriffsanspruch des Kfz-Haftpflichtversicherers gegen den führerscheinlosen Fahrer ist auch dann auf 5.000 DM beschränkt, wenn es sich bei diesem um den Sohn (oder die Tochter) des Versicherungsnehmers handelt, der das Fahrzeug ohne dessen Wissen an sich genommen hat, um damit eine Fahrt zu unternehmen und es anschließend zurückzubringen.
Orientierungssatz
1. Eine analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift (hier: VVG § 67 Abs 2) kommt nur dann in Frage, wenn der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat. Aus diesem Grunde genügt es nicht, daß auf der Seite eines der Beteiligten (hier: auf der Seite des Vaters des Klägers) das gleiche Interesse vorliegt, das der Gesetzgeber in einer einen anderen Fall betreffenden Gesetzesvorschrift schützen wollte ("Schutzzweck"). Es muß vielmehr geprüft werden, ob der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlaß der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre.
2. Zitierung: Festhaltung BGH, 1984-01-18, IVa ZR 73/82, NJW 1984, 1463.
Normenkette
PflVG 1965 § 3 Nr. 9; BGB § 426 Abs. 2 S. 1; VVG § 67 Abs. 1, 2 Hs. 1; VAG § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.12.1986; Aktenzeichen 9 U 127/85 ZfSch 1987, 82) |
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.05.1985; Aktenzeichen 2/7 0 83/84) |
Fundstellen
Haufe-Index 537919 |
BGHZ, 140 |
NJW 1988, 2734 |
JZ 1989, 145 |