Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 07.05.2003) |
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 7. Mai 2003 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat beide Angeklagte des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten L. hat es eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten Z. unter Einbeziehung einer Geldstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, neun Monaten und einer Woche verhängt. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestellt: Die im Maßregelvollzug untergebrachten Angeklagten beschlossen gemeinsam auszubrechen. Sie kamen überein, den Pfleger E. zu überfallen, diesem alle Schlüssel abzunehmen und mit dessen Auto zu flüchten, „wobei sie vorhatten, das Auto nebst Schlüssel später an irgendeiner Stelle abzustellen und billigend in Kauf nahmen, daß das Fahrzeug nebst Schlüssel dem Berechtigten auf Dauer entzogen wurde”. Zur Durchsetzung ihres Vorhabens nahm der Angeklagte L. ein Küchenmesser, der Angeklagte Z. ein Nudelholz an sich. Nachdem die Angeklagten gewaltsam die Hausschlüssel des Zeugen an sich gebracht hatten, forderten sie von diesem unter Vorhalt des Messers den Autoschlüssel. Bei dem sich anschließenden Gerangel gelang es dem Angeklagten Z., den Autoschlüssel zu ergreifen. Da der Zeuge E. den Schlüssel jedoch ebenfalls zu fassen bekam, entstand ein Hin- und Herziehen, wobei der Pfleger den Bart des Schlüssels in der Hand hielt, der Angeklagte Z. hingegen an dem den Schlüsselgriff bildenden Transponder zog, der den elektrischen Mechanismus zum Öffnen des Fahrzeugs beinhaltete. Infolgedessen lösten sich die beiden Schlüsselteile voneinander, worauf der Angeklagte Z., der dabei davon ausging, dem Zeugen den gesamten Schlüssel entrissen zu haben, mit dem Transponder in der Hand zu der vom Angeklagten L. inzwischen geöffneten Außentür lief. Die Angeklagten schlossen die Tür von außen ab, so daß der Zeuge E. eingesperrt war, und ließen dessen Hausschlüssel fallen. Sodann rannten die Angeklagten zu dem Fahrzeug des Pflegers und versuchten, den Pkw mit dem Transponder zu starten. Als dies nicht gelang, ließen sie den Transponder im Fahrzeug zurück und setzten ihre Flucht zu Fuß fort.
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
Insbesondere hält der Schuldspruch wegen vollendeten schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB) rechtlicher Nachprüfung stand. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, daß beide Angeklagte bezüglich des Transponders alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Raubes erfüllt haben. Dem steht nicht entgegen, daß sie ursprünglich den gesamten Fahrzeugschlüssel des Zeugen E. wegnehmen und sich zueignen wollten.
Der Wegnahmevorsatz und die Zueignungsabsicht beurteilen sich nach den Vorstellungen, die der Täter bei Vornahme der tatbestandlichen Handlung hat. Wenn sich im Verlaufe der Tatbegehung Änderungen in bezug auf das Tatobjekt oder die Vorstellungen des Täters von diesem ergeben, ist für die Beurteilung der Kongruenz von objektivem und subjektivem Tatbestand der Zeitpunkt der letzten Ausführungshandlung entscheidend (vgl. allg. zum Vorsatz Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 48 m. w. N.; zur Zueignungsabsicht BGH NStZ 1996, 38 m. w. N.). Dies war hier der Augenblick, als der Angeklagte Z. den Transponder dem Zeugen E. entrissen hatte und sich von diesem entfernte, um sich zusammen mit dem Angeklagten L. zu dem Pkw des Zeugen zu begeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich sein Wille zur Wegnahme und seine Absicht der Zueignung auf den sinnlich wahrgenommenen Gegenstand konkretisiert, den er nach dem Gerangel mit dem Zeugen E. in Händen hielt. Denn diesen betrachtete er als notwendig und geeignet, um sein weitergehendes Ziel – die Wegnahme des Autos – erreichen zu können, was daraus folgt, daß er mit dem weggenommenen Gegenstand bis zu dem Pkw ging und versuchte, diesen mit dem Transponder zu starten. Der Irrtum über die Eignung des weggenommenen Gegenstandes zu dem vom Angeklagten Z. angestrebten weiteren Zweck beeinträchtigte indessen weder dessen Wegnahmevorsatz noch dessen Zueignungsabsicht und hindert daher nicht die Tatvollendung (vgl. Schroeder in LK 11. Aufl. § 16 Rdn. 8). Dieser Irrtum kommt auch nicht dem Angeklagten L. zugute; denn da ihm als Mittäter die Handlungen des Angeklagten Z. zugerechnet werden und das Risiko des diesem unterlaufenen Irrtums nicht außerhalb des gemeinsamen Tatplans lag, haftet er strafrechtlich in gleichem Umfange, wie wenn ihm selbst der unbeachtliche Irrtum unterlaufen wäre (vgl. Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 25 Rdn. 96).
Unterschriften
Tolksdorf, Pfister, von Lienen, Becker, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2557890 |
NStZ 2004, 386 |
RÜ 2004, 205 |