Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das am 28. Januar 1993 verkündete Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin hatte mit der späteren Gemeinschuldnerin einen Vertrag über eine Maschine zur Herstellung von Linoleum geschlossen, der der Klägerin zusätzlich eine Option für drei weitere gleichartige Maschinen eröffnete. Im Vorprozeß begehrte die Gemeinschuldnerin von der jetzigen Klägerin restlichen Werklohn für die gelieferte Maschine. Die Klägerin rechnete mit vier Gegenforderungen auf, die den geltend gemachten Restbetrag überstiegen. Das Landgericht gab der Klage bis auf einen Teilbetrag statt, weil die Gegenforderungen nicht bestünden oder nicht substantiiert seien.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil die Aufrechnung der Klägerin mit der in erster Linie zur Aufrechnung gestellten Forderung durchgreiflich sei. Gegen dieses Urteil hat die Gemeinschuldnerin Revision eingelegt. Der Senat hat mit Urteil vom 17. September 1991 das Berufungsurteil aufgehoben und unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin dem jetzigen Beklagten, der als Konkursverwalter den Rechtsstreit aufgenommen hatte, den zuletzt mit der Berufung noch geltend gemachten Teilbetrag über das Urteil des Landgerichts hinaus zugesprochen; die in erster Linie zur Aufrechnung gestellte Forderung der Klägerin bestehe nicht.
Mit dem vorliegenden Rechtsstreit will die Klägerin erreichen, daß die Zwangsvollstreckung aus dem früheren Urteil des Senats für unzulässig erklärt werde. Sie habe im Vorprozeß mit drei weiteren Forderungen aufgerechnet, über die im früheren Urteil des Senats nicht entschieden worden sei.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen. Der Senat hat die Revision der Klägerin nicht angenommen, soweit sie auf die Aufrechnung mit einer weiteren vierten Forderung gestützt war. Die Klägerin beantragt nunmehr unter Teilaufhebung des angefochtenen Urteils und Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Zwangsvollstreckung in Höhe von 206.073,84 DM für unzulässig zu erklären. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage im wesentlichen damit begründet, der Bundesgerichtshof habe über die im früheren Prozeß zur Aufrechnung gestellten Forderungen entschieden und diese rechtskräftig aberkannt. Das hält den Angriffen der Revision nicht stand, doch ist das Urteil aus einem anderen Grunde aufrechtzuerhalten (§§ 563, 767 Abs. 2 ZPO).
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Forderungen der Klägerin auf Ersatz ihrer Personalkosten einschließlich der Kosten S. und die noch geltend gemachten weiteren Kosten für die Beseitigung von Mängeln der gelieferten Maschine nicht von der früheren Senatsentscheidung erfaßt. Die Rechtskraft des Urteils reicht nur so weit, wie über einen – sei es auch nur hilfsweise – zur Aufrechnung gestellten Anspruch entschieden ist (§ 322 Abs. 2 ZPO). Ein Urteil entscheidet nach herrschender Meinung nicht rechtskraftfähig über Gegenforderungen, wenn es nicht erkennen läßt, ob und auf welche Weise einzelne zur Aufrechnung gestellte Forderungen in die Abrechnung der Klagforderung einbezogen oder nicht einbezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.1991 – VII ZR 125/91, NJW 1992, 317, 318; Urt. v. 12.12.1990 – VIII ZR 355/89, NJW-RR 1991, 971, 972; Beschl. v. 25.5.1988 – VIII ZR 18/88, NJW 1988, 3210; Urt. v. 13.4.1983 – VIII ZR 320/80, NJW 1984, 128, 129; Urt. v. 24.6.1963 – VII ZR 22/62, nicht veröffentlicht; Urt. v. 10.7.1961 – VIII ZR 64/60, LM § 33 ZPO Nr. 5; vgl. noch BGH, Urt. v. 3.10.1989 – XI ZR 90/89, BGHR ZPO § 322 Abs. 2 „Aufrechnung 1”; BGH, Urt. v. 23.4.1986 – VIII ZR 93/85, WM 1986, 864, 867; BGHZ 33, 236, 242; Urt. v. 25.6.1956 – II ZR 78/55, LM § 322 ZPO Nr. 21). Eine Auslegung des Titels – die der Senat selbst vornehmen kann – ergibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen rechtskraftfähig entschieden worden wäre. Es fehlt insbesondere jeder Anhaltspunkt in den Gründen der damaligen Entscheidung dafür, daß sich der Senat die Begründung des damaligen Urteils erster Instanz ganz oder teilweise zu eigen machen wollte.
2. Das angefochtene Urteil erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als richtig (§ 563 ZPO). Der (erneuten) Geltendmachung derselben Forderungen wie im Vorprozeß im Wege der Aufrechnung steht § 767 Abs. 2 ZPO entgegen.
Das Berufungsgericht hat sich – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht mit den Voraussetzungen dieser Bestimmung befaßt.
Die Revision führt aus, § 767 Abs. 2 ZPO schließe zwar grundsätzlich nur solche Einwendungen nicht aus, die nach der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Vorprozesses entstanden seien. Die Klägerin habe aber in der Berufungsinstanz des Vorprozesses diese Gegenforderungen nicht mit Erfolg vorbringen können und deshalb auch nicht vorbringen müssen, nachdem die Klagforderung nach Auffassung des Oberlandesgerichts schon durch die in erster Linie zur Aufrechnung gestellte Forderung erloschen gewesen sei. Die Klägerin treffe daher kein Versäumnis, denn sie habe die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen näher substantiiert und vorgetragen. Diese Einwendungen der Revision bleiben ohne Erfolg.
Nach ständiger Rechtsprechung kann die Gestaltungswirkung einer Aufrechnung, die bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung des Vorprozesses erklärt werden konnte und – wie hier – auch erklärt worden war, nicht erneut im Wege einer Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden. § 767 Abs. 2 ZPO verwehrt es dem Schuldner eines durch Urteil festgestellten Anspruchs, die Vollstreckung mit Einwendungen zu bekämpfen, deren tatsächliche Grundlagen zur Zeit der letzten Tatsachenverhandlung in dem Vorprozeß, der zum Titel geführt hat, vorgelegen haben. Ob der Aufrechnungseinwand aus Unkenntnis seines Bestehens nicht geltend gemacht oder zwar erhoben wurde, aber aus prozessualen Gründen unberücksichtigt geblieben ist, rechtfertigt ebensowenig eine andere Beurteilung wie wenn der Einwand aus sonstigen Gründen nicht berücksichtigt wurde. Für die wegen Unkenntnis versäumte Aufrechnung hat dies der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen (BGHZ 34, 274, 279 f.). Für die Nichtberücksichtigung aus prozessualen Gründen (§ 530 Abs. 2 ZPO) ist dies ebenfalls ausgesprochen (BGH, Urt. v. 30.3.1994 – VIII ZR 132/92, demnächst in BGHZ 125, 351). Gleiches gilt aber auch, wenn die Aufrechnung aus sonstigen Gründen nicht beachtet worden ist.
Vergeblich verweist die Revision hiergegen auf die Rechtsprechung zum Schiedsverfahren. Allerdings beurteilt sich auch die Zulässigkeit von Einwendungen gegenüber inländischen wie ausländischen Schiedssprüchen nach der Vorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO (BGHZ 34, 274; 38, 259; Urt. v. 7.1.1965 – VII ZR 241/63, NJW 1965, 1138 = MDR 1965, 374). Hiernach ist eine materiell-rechtliche Einwendung wie die Aufrechnung im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nicht mehr zulässig, wenn der Antragsgegner sie schon vor dem Schiedsgericht hätte erheben können. In einem solchen Fall kann es aber zweifelhaft sein, ob sich das Schiedsgericht mit einer vom Schiedsbeklagten eingewendeten Gegenforderung befaßt hätte oder das nach seinem Verfahrensrecht auch nur hätte tun dürfen (BGH, Urt. v. 7.1.1965 a.a.O.). Soweit die Rechtsprechung im Rahmen des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches eine (erneute) Aufrechnung mit einer vor dem Abschluß des Schiedsgerichtsverfahrens entstandenen Forderung für möglich gehalten hat (BGH a.a.O.; BGHZ 38, 259), ist das auf Fälle beschränkt, in denen das Schiedsgericht eine Befassung mit der Gegenforderung mangels Zuständigkeit abgelehnt hat oder sonst feststeht, daß es sich mit ihr nicht befaßt hätte. In solchen Fällen steht nichts im Wege, den Aufrechnungseinwand zu wiederholen, gleichviel ob das Schiedsgericht mit Recht oder Unrecht die Aufrechnung nicht berücksichtigt hat (BGH a.a.O.; vgl. noch KG ZZP 86 (1973), 441). Vorliegend fehlt es an einer solchen ablehnenden Befassung mit der Gegenforderung. Hinzu kommt, daß dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches gemäß §§ 1042 f. ZPO eine gewisse Kontrollfunktion innewohnt (§§ 1042 Abs. 2, 1041 ZPO), die im Verhältnis der ordentlichen Gerichte untereinander den Rechtsmittelverfahren sowie den sonstigen gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfen (vgl. §§ 319 f. ZPO) vorbehalten ist. Aus diesem Grund mag es zwar angehen, sofern ein Schiedsgericht zu Unrecht sich der Entscheidung über den Aufrechnungseinwand enthalten hat, dem ordentlichen Gericht die Berücksichtigung der Aufrechnung aufzuerlegen (BGH a.a.O.; Reichel, AcP 133, 19, 24). Gleiches gilt jedoch nicht im Verhältnis der ordentlichen Gerichte untereinander, wenn der Schuldner – wie hier – letztlich die Unrichtigkeit des Vollstreckungstitels rügt. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 767 Abs. 2 ZPO käme insoweit nur eine entsprechende Anwendung im Sinne einer Reduktion der Bestimmung in Betracht. Eine solche scheidet bei dieser Interessenlage jedoch aus; vom Regelungsgegenstand her (Nichtberücksichtigung einer Einwendung im Vorprozeß) wäre insoweit allenfalls eine entsprechende Anwendung des § 321 ZPO in Betracht zu ziehen gewesen (die von OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 640 nicht erwähnt wird).
Ohne Erfolg verweist die Revision ferner auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18. September 1969 (II ZR 226/66, WM 1969, 1303). Dort ist ausgesprochen, daß eine Einwendung, die keinen Erfolg haben kann, nicht unter § 767 Abs. 2 ZPO fällt. Das umfaßt jedoch nur die Ausgrenzung der nicht schlüssigen Einwendungen. Der Schuldner ist nicht verpflichtet, unbegründete Einwendungen gegen den Anspruch zu erheben. Insbesondere hat der Schuldner nicht mit ihm noch gar nicht zustehenden Forderungen Dritter aufzurechnen. Darum geht es vorliegend nicht. Hier hatte die Klägerin eigene Ansprüche behauptet und geltend gemacht; an ihrer Rechtszuständigkeit hat sich nach Erlaß des Urteils im Vorprozeß nichts geändert. Sie war daher auch selbst der Ansicht, die Forderungen aufrechnen zu können, hatte jedoch damit keinen Erfolg. Sie bleibt daher mit der erneuten Geltendmachung im Wege der Vollstreckungsgegenklage ausgeschlossen.
Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vermag vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Die Bestimmung des § 767 Abs. 2 ZPO gibt dem Gedanken der Rechtssicherheit Vorrang vor dem Gedanken der Billigkeit. Die Vorschrift will die materielle Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils absichern und versagt hierzu dem Schuldner die Befugnis, den Aufrechnungseinwand im Wege der Vollstreckungsgegenklage wieder aufzugreifen. Sie dient nicht dazu, das ergangene Urteil auf seine inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Das hat zur Folge, daß Urteile, die der Schuldner für inhaltlich unrichtig hält, nicht mit Einwendungen angegriffen werden können, die im Vorprozeß bereits möglich waren. Die objektive Möglichkeit, den Aufrechnungseinwand geltend zu machen, bestand schon dann, wenn der Einwand überhaupt in den Prozeß eingeführt und dem Gericht zur Entscheidung unterbreitet werden konnte. Findet der Einwand – aus Gründen wie immer – keine Berücksichtigung, so ändert dies nichts daran, daß die Möglichkeit bestand, ihn zu erheben. Damit aber ist er als Einwendung gegen den ergangenen Titel ausgeschlossen. Dabei kann dahinstehen, ob der Schuldner zu einer erneuten Geltendmachung der Gegenforderung in einem selbständigen Rechtsstreit mit Aussicht auf Erfolg in der Lage ist. Ist die Gegenforderung nicht rechtskräftig aberkannt – wie oben ausgeführt – steht einer solchen Klage möglicherweise ein Verbrauch der Forderung durch eine in der Prozeßaufrechnung zugleich zu sehende materiell-rechtliche Aufrechnungserklärung entgegen.
Nach allem hat das Berufungsgericht die Vollstreckungsgegenklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Revision hat keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen