Leitsatz (amtlich)
a) Zum Begriff des „Auftraggebers” im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO.
b) Auf die sogenannte Sekundärverjährung hat es keinen Einfluß, wenn der Mandant nach seinen Rechtskenntnissen die Möglichkeit eines Regreßanspruchs gegen den Rechtsanwalt und den Zeitpunkt der Verjährung eines solchen Anspruchs selbst hätte erkennen können.
c) Die Beauftragung eines Rechtsmittelanwalts, dem nicht auch die Aufgabe übertragen wird, einen etwaigen Regreßanspruch gegen den erstinstanzlichen Anwalt zu verfolgen, befreit diesen während des Mandats nicht von der Pflicht, bei gegebenem Anlaß sein eigenes Verhalten zu überprüfen und den Mandanten auf die Möglichkeit eines Regreßanspruchs gegen ihn und dessen Verjährung hinzuweisen.
Normenkette
BNotO § 19 Abs. 1 S. 2; BRAO § 51b
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach |
OLG Koblenz |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird – unter Zurückweisung der Anschlußrevision der Beklagten – das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. September 1997 aufgehoben, soweit die Klage in Höhe eines Betrages von 39.596,50 DM nebst 5 % Zinsen von 29.988,86 DM seit dem 1. November 1990 und von 9.607,64 DM seit dem 7. Mai 1993 abgewiesen worden ist.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin weitere 9.607,64 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 7. Mai 1993 zu zahlen. Insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 15. März 1996 zurückgewiesen.
Im übrigen Umfang der Aufhebung (29.988,86 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. November 1990) wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine Volksbank (im folgenden: Klägerin), hatte sich zur Absicherung eines von ihr an G. P. ausgereichten Zwischenfinanzierungskredits für einen Hauskauf von einer Bausparkasse die Rechte aus einem Teil der Bausparverträge abtreten lassen, die diese mit P. geschlossen hatte. Dabei war vereinbart, daß eine für die Bausparkasse an erster Rangstelle eingetragene Grundschuld auch zur Sicherung der Kreditforderung der Klägerin – im Rang nach den Ansprüchen der Bausparkasse – dienen sollte. Im Jahre 1981 verkaufte P. das Grundstück. Mit der Abwicklung des Kaufvertrags wurde der beurkundende Notar C. beauftragt. Mit Schreiben vom 19. Oktober 1981 ermächtigte die Bausparkasse den Notar, die für sie eingetragene Grundschuld löschen zu lassen, wenn der ihr zustehende Kreditbetrag an sie überwiesen werde und die Zustimmung der Klägerin vorliege. Dazu heißt es in dem Schreiben wörtlich:
„Wir haben … (die Klägerin) gebeten, Ihnen die erforderliche Zustimmungserklärung unter Bekanntgabe eventueller Auflagen einzureichen.”
Ohne daß der Notar und die Klägerin miteinander Kontakt aufnahmen, zahlte jener die der Bausparkasse und den nachrangigen Grundpfandrechtsgläubigern zustehenden Beträge aus; den danach verbleibenden Rest des Kaufpreises überwies er an P.. Die Klägerin erhielt nichts; bei Berücksichtigung ihrer Forderung gegen P. hätte sie 72.902,14 DM bekommen. Die für die Bausparkasse eingetragene Grundschuld wurde ebenso wie die übrigen Grundpfandrechte im Grundbuch gelöscht.
Durch ein Schreiben P. vom 30. Mai 1986 erfuhr die Klägerin von der Löschung der Grundschuld. Versuche, die Darlehensforderung gegen P. zu realisieren, blieben erfolglos. Mit Schreiben vom 13. Juni 1989 beauftragte die Klägerin die damals zwischen dem Beklagten zu 2 und dem im Laufe des Rechtsstreits verstorbenen Ehemann der Beklagten zu 1 (Vater des Beklagten zu 2) bestehende Anwaltssozietät, unter anderem einen etwaigen Schadensersatzanspruch gegen den Notar „unter Einbeziehung der Verjährungsfrage” zu prüfen und gegebenenfalls „baldmöglichst” geltend zu machen. Der Beklagte zu 2, der die Sache bearbeitete, führte zunächst einen Schriftwechsel mit P. und dem von diesem beauftragten Rechtsanwalt. Am 27. Februar 1990 reichte er Klage gegen den Notar ein. Diese wurde wegen Verjährung rechtskräftig abgewiesen.
Die Klägerin verlangt im jetzigen Rechtsstreit, der durch einen am 9. Dezember 1993 erlassenen Mahnbescheid eingeleitet worden ist, von den Beklagten Ersatz des ihr infolge des verlorenen Vorprozesses entstandenen Schadens, den sie einschließlich ihr entgangener Zinsgewinne und der Kosten des Prozesses gegen den Notar auf insgesamt 170.210,04 DM berechnet hat. Sie wirft ihnen vor, der Beklagte zu 2 habe ihr zustehende Schadensersatzansprüche gegen den Notar schuldhaft pflichtwidrig verjähren lassen. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 110.232,32 DM, das Berufungsgericht nur in Höhe von 52.287,77 DM stattgegeben. Gegen die Abweisung ihrer weitergehenden Klage wendet sich die Klägerin mit der Revision. Der Senat hat das Rechtsmittel unter Berücksichtigung des der Klägerin vom Berufungsgericht angelasteten Mitverschuldens nur insoweit angenommen, als die Klage in Höhe von 39.596,50 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Die Beklagten verfolgen mit der Anschlußrevision ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt in Höhe eines Teilbetrages von 9.607,64 DM nebst Zinsen zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und im übrigen Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Die Beklagten haben der Klägerin den entstandenen Schaden dem Grunde nach zu ersetzen. Der Beklagte zu 2 (im folgenden: Beklagter) hat seine Anwaltspflichten dadurch schuldhaft verletzt, daß er einen gegen den Notar bestehenden Schadensersatzanspruch der Rechtsvorgängerin der Klägerin hat verjähren lassen.
1. Der Klägerin stand gegen den Notar wegen schuldhafter Verletzung seiner Amtspflichten ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser durfte, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aufgrund des Schreibens der Bausparkasse vom 19. Oktober 1981 von der ihm übersandten Löschungsurkunde nur mit Zustimmung der Klägerin Gebrauch machen. Die ihm insoweit übertragene Tätigkeit gehörte zu der von ihm übernommenen Abwicklung des beurkundeten Grundstückskaufvertrags. Hierbei handelte es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts um ein selbständiges Betreuungsgeschäft im Sinne des § 24 Abs. 1 BNotO (vgl. BGH, Urt. v. 11. Februar 1983 - V ZR 300/81, DNotZ 1983, 509, 512; ferner Urt. v. 21. November 1996 - IX ZR 220/95, WM 1997, 325, 326; Urt. v. 19. März 1998 - IX ZR 242/97, ZIP 1998, 836, 837, z. Abdr. in BGHZ 138, 179 best.). Die Weisung der Bausparkasse, die Grundschuld (nur) bei Vorliegen der dabei genannten Voraussetzungen löschen zu lassen, verpflichtete den Notar auch der Klägerin gegenüber, entsprechend dieser Weisung zu verfahren. Freilich beruht das nicht, wie das Berufungsgericht offenbar angenommen hat, auf einem „Vertrag”; der in der Weisung liegende „Auftrag” löste vielmehr die dem Notar bei ihrer Ausführung obliegenden Amtspflichten aus. In den Schutzbereich dieser Pflichten war auch die Klägerin als „andere” im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO einbezogen; denn der Notar sollte bei der Ausführung des „Auftrags”, die Grundschuld im Zuge der Abwicklung des Grundstückskaufvertrags löschen zu lassen, nach der ausdrücklichen Weisung der Bausparkasse auch die Interessen der Klägerin berücksichtigen. Das hat das Berufungsgericht der Sache nach zutreffend dargelegt, und darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Die Klägerin hatte damit gegen den Notar Anspruch auf Ersatz des ihr durch den Verlust der dinglichen Absicherung ihres Kreditrückzahlungsanspruchs entstandenen Schadens.
2. Der Schadensersatzanspruch gegen den Notar war noch nicht verjährt, als dem Beklagten im Juni 1989 das Mandat übertragen wurde.
a) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, die für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 1 BGB maßgebliche Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen habe die Klägerin noch nicht allein durch das Schreiben ihres Kreditnehmers vom 30. Mai 1986 erlangt, durch das sie von der Löschung der Grundschuld erfahren habe. Da der Anspruch gegen den Notar nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO vorausgesetzt habe, daß keine anderweitige Ersatzmöglichkeit bestand, habe der Klägerin ein gewisser Zeitraum zur Verfügung gestanden, in dem sie habe prüfen können, ob sich ihre Rückzahlungsansprüche gegen den Kreditnehmer noch ohne die ihr durch die Grundschuldlöschung entzogene Sicherung realisieren ließen. Im Juni 1986 habe die Klägerin, wie die Beweisaufnahme ergeben habe, die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis ohne ihr Verschulden noch nicht gehabt; vielmehr sei dies erst für Juli oder (spätestens) August 1986 anzunehmen. Bei Beauftragung des Beklagten im Juni 1989 habe somit die dreijährige Verjährungsfrist noch unterbrochen werden können. Der Beklagte sei gehalten gewesen, den sichersten Weg zu wählen und deshalb für eine Verjährungsunterbrechung zu sorgen. Bei Klageeinreichung im Februar 1990 sei es dafür zu spät gewesen.
b) Diese rechtliche Beurteilung greift die Anschlußrevision jedenfalls im Ergebnis zu Unrecht an.
aa) Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO setzt die Haftung des Notars, wenn er seine Amtspflicht nur fahrlässig verletzt hat – für ein vorsätzliches Verhalten ergeben sich im vorliegenden Fall aus dem Prozeßstoff keine Anhaltspunkte –, voraus, daß der Geschädigte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag; diese Einschränkung gilt aber nach dem zweiten Halbsatz dieser Bestimmung nicht bei Amtsgeschäften der in den §§ 23, 24 BNotO bezeichneten Art „im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Auftraggeber”. Nach herkömmlicher und allgemeiner Auffassung ist Auftraggeber in diesem Sinne neben demjenigen, der den Notar um eine Amtstätigkeit ersucht, jeder, dem gegenüber dieser selbständig und ausdrücklich Amtspflichten übernimmt. Dies hat der Bundesgerichtshof auch dann noch bejaht, wenn ein Notar sich auf Ersuchen einer Kapitalanlagegesellschaft an potentielle Anleger – ohne von diesen dazu aufgefordert worden zu sein – mit einer Erklärung wendet, die ihnen als Grundlage für bedeutsame Vermögensentscheidungen dienen soll (BGHZ 134, 100, 112 f m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Notar unmittelbar der Klägerin gegenüber keine Amtspflicht übernommen; er hat zu ihr gerade keinen Kontakt aufgenommen und ihre nach der Weisung der Bausparkasse erforderliche Zustimmung zur Löschung der Grundschuld nicht eingeholt.
In Rechtsprechung und Schrifttum ist zunehmend eine Ausdehnung des Auftraggeberbegriffs zu beobachten (vgl. BGH, Urt. v. 11. Februar 1983 aaO; Reithmann DNotZ 1970, 5, 17; Haug, in: Seybold/Schippel, BNotO 6. Aufl.; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 3. Aufl. § 19 Rdnr. 94). Dies hat den Senat zu der Erwägung geführt, ob nicht eine Primärhaftung des Notars – also eine Haftung ohne die Möglichkeit, den Geschädigten auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zu verweisen – allgemein dort geboten ist, wo ein Rechtsberater, der ein Geschäft im Sinne der §§ 24, 25 BNotO nicht als Notar besorgt, einem in den Schutzbereich eines solchen Vertrages einbezogenen Dritten ebenfalls für einen ihm dabei pflichtwidrig zugefügten Schaden einzustehen hätte. Die selbständigen Betreuungstätigkeiten im Sinne der genannten Vorschriften der Bundesnotarordnung können auch von Privatpersonen auf vertraglicher Grundlage übernommen werden; insbesondere gehören solche Tätigkeiten zum Aufgabenkreis der Rechtsanwälte (vgl. § 24 Abs. 2 BNotO). Diese haften, wenn sie ihre Pflichten verletzen, auch Dritten gegenüber regelmäßig primär. Andererseits besteht in diesem Bereich kein besonderes Schutzbedürfnis des Notars; denn er kann die Ausführung solcher Aufträge ablehnen.
Die Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO geht auf die inhaltlich gleiche Bestimmung des § 21 Abs. 1 Satz 3 der Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937 (RGBl. I S. 191) zurück. Vor deren Inkrafttreten war die Notarhaftung nicht durch ein Reichsgesetz geregelt. Sie richtete sich deshalb nach den einzelnen Landesrechten. Diese – insbesondere auch das preußische – ordneten im allgemeinen die Betreuungsgeschäfte, auch wenn sie von einem Notar wahrgenommen wurden, als sogenannte „Rechtskundigentätigkeiten” dem privaten Vertragsrecht zu; so verstand sie jedenfalls das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung (grundlegend RGZ 49, 269, 273 f; vgl. auch die Nachweise bei Seybold/Hornig, RNotO,1937, § 21 Anm. I 1; Grunau DNotZ 1937, 529, 539; Daimer, Die Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars, 1939, § 33 Rdnr. 2; Daimer/Reithmann, Die Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars 4. Aufl. Rdnr. 253; Haug, Die Amtshaftung des Notars 2. Aufl. Rdnr. 201). Die durch die Reichsnotarordnung bewirkte Einbeziehung jener Notartätigkeiten in den öffentlich-rechtlichen Bereich hatte auf der einen Seite zur Folge, daß nunmehr für sie die Haftungsregel des § 21 Abs. 1 Satz 1 RNotO galt, wonach der Notar jedem „anderen”, dem gegenüber ihm eine Amtspflicht oblag, bei deren Verletzung zum Schadensersatz verpflichtet war. Andererseits wäre aber die damals noch unmittelbar für die notariellen Amtsgeschäfte geltende Vorschrift des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nunmehr auch auf die bis dahin einer privatrechtlichen Haftung unterliegenden Betreuungsgeschäfte anzuwenden gewesen.
Diese Auswirkungen lassen vor dem Hintergrund der früheren Rechtslage trotz des Fehlens von Gesetzesmaterialien Schlüsse darauf zu, was der Gesetzgeber der Reichsnotarordnung mit der Regelung in § 21 Abs. 1 Satz 3 bezweckt hat. Bis dahin war die Haftung des Notars im Bereich der Betreuungsgeschäfte als solche vertraglicher Art primär ausgestaltet. Das hatte Oberneck in der 1929 – also acht Jahre vor dem Inkrafttreten der Reichsnotarordnung – erschienenen 8.- 10. Auflage seines Buches „Das Notariatsrecht” noch besonders betont: „Nach Vertragsrecht dagegen” (nämlich im Gegensatz zur Subsidiärhaftung nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) „ist die Haftung eine prinzipale” (aaO S. 146; Hervorhebung im Original). Mit der Einführung der Subsidiärhaftung auch in diesem Bereich wäre die Rechtsstellung eines bei einem derartigen Geschäft durch eine Pflichtverletzung des Notars geschädigten „Auftraggebers” geschwächt worden. Das wollte der Gesetzgeber der Reichsnotarordnung vermeiden; darauf hat der Senat schon an anderer Stelle hingewiesen (BGHZ 134, 100, 112; Urt. v. 19. März 1998 - IX ZR 242/97, WM 1998, 921, 922). Der Gesetzgeber hat deshalb die Amtshaftung bei den selbständigen Betreuungsgeschäften insoweit prinzipiell in Annäherung an vertragliche Grundsätze ausgestaltet. Das betonen ausdrücklich Seybold/Hornig (aaO § 21 Anm. I 1: „die Ausnahme von der Verweisungsmöglichkeit … bedeutet im Ergebnis eine gewisse Annäherung an die bisherige Rechtsprechung des Reichsgerichts”) und Daimer/Reithmann (aaO Rdnr. 253: „in der Tat steht die Betreuungstätigkeit dem Privatrecht näher als dem öffentlichen Recht. Alle Betreuungstätigkeiten können auch von Privatpersonen ausgeführt werden. Beim Anwaltsnotar ist die Unterscheidung zwischen notarieller und anwaltlicher Betreuungstätigkeit kaum zu treffen …”).
Auf der anderen Seite hatte die nunmehr öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Betreuungstätigkeiten der Notare aber nach der Vorstellung der Gesetzesverfasser insoweit auch eine Ausweitung der Notarhaftung zur Folge. Auch das läßt sich aus dem vor dem Inkrafttreten der Reichsnotarordnung bestehenden Rechtszustand erschließen. Oberneck hatte das alte Recht in diesem Zusammenhang wie folgt erläutert: „Die Haftung nach Amtsrecht ist in anderer Richtung allerdings eine härtere als die nach Vertragsrecht. … Während die Haftung nach Vertragsrecht nur zugunsten des anderen Vertragsteils eintreten kann, haftet der Notar nach Amtsrecht jedem, der durch eine Täuschung in dem Vertrauen auf die richtige Handhabung der amtlichen Einrichtung durch Schuld des Beamten bzw. des Notars einen Schaden erleidet. Der Kreis dieser sogenannten Dritten ist vom Reichsgericht sehr weit gezogen worden …” (aaO S. 147 f; Hervorhebungen im Original). Daß dies damals so gesehen wurde, ergibt sich auch aus einer noch im Jahre 1937 erschienenen Erläuterung des neuen Rechts: „Über den Kreis der sonst vertraglich Schadensberechtigten hinaus gewährt § 839 BGB einen Schadensersatzanspruch allen denjenigen, denen gegenüber dem Notar eine Amtspflicht obliegt …” (Grunau DNotZ 1937, 455, 472). Soweit die Rechtsstellung des Geschädigten durch die nunmehr angeordnete Geltung der Amtshaftungsregeln über die Vertragshaftungsgrundsätze hinaus gestärkt wurde, erschien eine Primärhaftung unter dem Gesichtspunkt, den Geschädigten nicht schlechterzustellen als nach Vertragsrecht, nicht erforderlich. Dies alles erklärt die Beschränkung der Aufhebung der Verweisungsmöglichkeit – und damit der Primärhaftung – auf das Verhältnis des Notars zum „Auftraggeber”.
Die Regelung der Haftung des Notars auf dem Gebiet der selbständigen Betreuungsgeschäfte in § 21 Abs. 1 Satz 3 RNotO und sodann in § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO dürfte somit auf folgendem Grundgedanken beruhen: Der Anwendungsbereich der Haftungsbeschränkung durch die Subsidiaritätsklausel soll aus Gründen der Gleichbehandlung von im entscheidungserheblichen Sachverhalt gleichliegenden Fällen auf solche Tatbestände von Pflichtverletzungen eingegrenzt werden, die, wenn sie nicht nach Amtshaftungsgrundsätzen zu beurteilen wären, schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln nicht zu einer Haftung führen würden. Der Gesetzgeber der Reichsnotarordnung hätte damit – unbewußt, aber der Sache nach – im Bereich der notariellen Betreuungsgeschäfte eine Forderung erfüllt, die erst später ganz allgemein im Amtshaftungsrecht erhoben worden ist und auch heute noch erhoben wird (vgl. RGRK-BGB/Kreft 12. Aufl. § 839 Rdnr. 490; MünchKomm-BGB/Papier 3. Aufl. § 839 Rdnr. 299). Der Einwand der anderweitigen Ersatzmöglichkeit soll nach dieser Meinung nur dort zulässig sein, wo der Amtsträger Pflichten verletzt, die nur als öffentlich-rechtliche denkbar sind, die also im Zusammenhang mit der betreffenden Tätigkeit eine Privatperson nicht treffen könnten. Die Rechtsprechung hat diesem Anliegen für die Fälle der Teilnahme eines Amtsträgers am allgemeinen Straßenverkehr (BGHZ 68, 217, 220 ff) und der als hoheitliche Aufgabe ausgestatteten Straßenverkehrssicherungspflicht (BGHZ 75, 134, 136 ff; 118, 368, 370 ff; 123, 102, 104 ff) Rechnung getragen.
Der Senat hat weiter erwogen, ob dieser nach der Entstehungsgeschichte naheliegende Grundgedanke der Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO dazu führen könnte, die nach dem Gesetzeswortlaut durch den Hinweis auf das „Verhältnis zwischen dem Notar und dem Auftraggeber” bewirkte Beschränkung der im Bereich der Betreuungsgeschäfte grundsätzlich bestehenden Primärhaftung mit Rücksicht auf die inzwischen eingetretene Rechtsentwicklung als im wesentlichen überholt anzusehen. Als die Reichsnotarordnung geschaffen wurde, galt der Grundsatz, daß – vom „echten” Vertrag zugunsten Dritter abgesehen – nur die am Vertragsschluß Beteiligten aus der Verletzung von Vertragspflichten Rechte herleiten können. Das Reichsgericht erkannte zwar bereits in bestimmten Fällen an, daß neben den Vertragsparteien auch Dritte durch die Vertragsabreden geschützt sein und aus der Verletzung solcher Vertragspflichten eigene Ansprüche herleiten können (vgl. RGZ 87, 64, 65; 87, 289, 292; 91, 21, 24; 102, 231, 232 f; 127, 218, 219 ff; 152, 175, 176). Diese Rechtsprechung nahm in den betreffenden Fällen einen Vertrag zugunsten eines Dritten an. Erst seit Ende der fünfziger Jahre haben Rechtsprechung und Rechtswissenschaft das Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entwickelt (BGH, Urt. v. 15. Mai 1959 - VI ZR 109/58, NJW 1959, 1676 f; BGHZ 49, 350, 353 f; Gernhuber, Festschrift Nikisch, 1958, S. 249; Larenz NJW 1960, 77, 78 ff). Wie weit dabei der jeweils geschützte Personenkreis zu ziehen ist, richtet sich nach der etwaigen Drittbezogenheit der Leistung und ist eine Frage der (ergänzenden) Vertragsauslegung (BGHZ 56, 269, 273; BGH, Urt. v. 26. November 1986 - IVa ZR 86/85, WM 1987, 257, 259 m.w.N.). Der Begriff des „anderen” im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO – ebenso wie der des „Dritten” im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB – richtet sich demgegenüber zwar nach dem Zweck, dem die jeweilige Amtspflicht dient; es kommt darauf an, ob diese den Schutz des Dritten bezweckt oder mitbezweckt (BGH, Urt. v. 28. September 1959 - III ZR 92/58, DNotZ 1960, 157). Das dürfte in der Sache jedoch keinen wesentlichen Unterschied zur Bestimmung des Kreises vertraglich geschützter Dritter bedeuten. Auch nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO kommt es entscheidend darauf an, ob das Interesse des Dritten nach der besonderen Natur des Amtsgeschäfts von diesem berührt wird (BGHZ 58, 343, 353; BGH, Urt. v. 11. Februar 1983 aaO S. 511). Bei Tätigkeiten im Sinne der §§ 23, 24 BNotO wird der Kreis der geschützten Personen durch den Inhalt des „Auftrags” konkretisiert und kann dadurch unter Umständen im Vergleich zu Urkundsgeschäften eingeschränkt sein (KG DNotZ 1978, 182, 183). Es trifft zwar zu, daß sich der Kreis der geschützten Personen gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO vornehmlich nach objektiven Kriterien bestimmt. Das ist aber beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht grundsätzlich anders (vgl. MünchKomm-BGB/Gottwald aaO § 328 Rdnr. 81). Auf der anderen Seite gilt die hier erforderliche Voraussetzung, daß die Einbeziehung Dritter und die damit für den Schuldner verbundene Haftungserweiterung erkennbar sein muß (BGHZ 133, 168, 173 m.w.N.), wegen der Begrenzung des geschützten Personenkreises durch den Inhalt des „Auftrags” auch bei den Betreuungsgeschäften im Sinne der §§ 24, 25 BNotO. Sollte es gleichwohl Fälle geben, in denen eine Primärhaftung des Notars weiter ginge als etwa die Haftung eines Rechtsanwalts bei Übernahme der gleichen Tätigkeit, so könnte daran gedacht werden, das Privileg der Subsidiärhaftung im Bereich der Betreuungsgeschäfte auf solche Fallgestaltungen zu beschränken.
bb) Wie die vorstehend aufgeworfenen Fragen zu beantworten sind und ob etwa diese Erwägungen wenigstens dazu führen könnten, als „Auftraggeber” auch bei Fehlen eines irgendwie gearteten Kontakts zum Notar solche Personen anzusehen, deren Interessen zu wahren dem Notar – wie hier – vom „Ansuchenden” aufgegeben worden ist, braucht für den vorliegenden Fall indessen nicht entschieden zu werden. Hier kommt es nur darauf an, ob der Schadensersatzanspruch gegen den Notar bereits verjährt war, als die Klägerin den Beklagten im Juni 1989 mit der Prüfung und Durchsetzung des Anspruchs beauftragte. Das wäre zwar grundsätzlich der Fall gewesen, wenn dieser Anspruch nicht voraussetzte, daß ein anderweitiger Ersatzanspruch nicht bestand. Denn dann wäre der Anspruch gegen den Notar sogleich mit der von diesem pflichtwidrig veranlaßten Löschung der Grundschuld entstanden; ob er bestehenblieb oder später möglicherweise dadurch entfiel, daß sich die durch das Grundpfandrecht gesicherte Darlehensforderung gegen P. anderweitig durchsetzen ließ, wäre für den Zeitpunkt der Schadensentstehung ohne Bedeutung gewesen (vgl. BGHZ 100, 228, 231; 114, 150, 152; 119, 69, 70 f). Da die Klägerin von der Löschung bereits durch das Schreiben P.s vom 30. Mai 1986 erfuhr, hätte sie, wenn man dies als ausreichend ansähe, damit die nach § 852 Abs. 1 BGB erforderliche Kenntnis erlangt, und der Anspruch gegen den Notar wäre, als die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 13. Juni 1989 den Beklagten beauftragte, bereits verjährt gewesen.
Indessen konnte die Kenntnis vom Verlust der Sicherungsgrundschuld bei den hier bestehenden Besonderheiten auch dann nicht als ausreichend erachtet werden, wenn der Notar der Klägerin ohne Verweisungsmöglichkeit haftete. Es ist zwar im allgemeinen nicht erforderlich, daß der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Jedoch kann bei unübersichtlicher oder zweifelhafter Rechtslage Unkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 259; v. 24. Februar 1994 - III ZR 76/92, NJW 1994, 3162, 3164). So wäre es im hier zu entscheidenden Fall gewesen. Nach allem, was aus der Sicht der Klägerin der Rechtsprechung und den Äußerungen im Schrifttum zu entnehmen war, konnte „Auftraggeber” im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO nur jemand sein, mit dem sich der Notar in der betreffenden Angelegenheit zumindest in Verbindung gesetzt hatte. Daran fehlte es hier. Die Kenntnis davon, daß in einem Fall wie dem vorliegenden trotzdem die Haftung des Notars nicht nach dem Subsidiaritätsprinzip eingeschränkt sei, hätte, wenn das tatsächlich so gewesen wäre, damals von der Klägerin nicht erwartet werden können (vgl. für einen ähnlichen Fall auch BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, z.V.b.). Es bleibt deshalb dabei, daß die Verjährung des Ersatzanspruchs gegen den Notar erst im Juli oder August 1986 begann und der Beklagte deshalb bei seiner Beauftragung im Juni 1989 noch die Möglichkeit gehabt hätte, für eine Unterbrechung der Verjährung zu sorgen.
II.
Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit die Klägerin Ersatz ihres Zinsschadens für die Zeit vom 1. November 1981 bis zum 31. Oktober 1990 verlangt, überwiegend und, soweit sie – über die erstinstanzlichen Kosten hinaus – Ersatz der ihr im Vorprozeß erwachsenen Kosten der Berufungs- und der Revisionsinstanz beansprucht, insgesamt für unbegründet gehalten. Das greift die Revision mit Erfolg an.
1. Die Klägerin hat den auf 64.534,10 DM berechneten und beziffert eingeklagten Zinsschaden für die Zeit vom 1. November 1981 bis zum 31. Oktober 1990 durch „Vorlage der fortlaufend im Hause der Klägerin geführten Berechnungen über den Passivzinsaufwand und Erläuterung dieser Berechnung durch einen nachzubenennenden Sachbearbeiter” unter Beweis gestellt (GA 43) und dabei auf den – aus den beigezogenen dortigen Prozeßakten ersichtlichen – Vortrag des Beklagten als ihres Prozeßbevollmächtigten im Rechtsstreit gegen den Notar verwiesen. Dort hieß es in der Klageschrift, zu dem Verlust der Forderung gegen P. komme „noch der entgangene Gewinn, da die Klägerin mit dem ihr zustehenden Geldbetrag nicht arbeiten konnte” (Bl. 7 d. Akten 3 O 92/90 LG Bad Kreuznach). Das Landgericht hat der Klage nur den auf 4.556,38 DM berechneten Zinsschaden für die Zeit vom 1. August 1989 (Zeitpunkt, in dem die Klageerhebung gegen den Notar möglich gewesen wäre) bis zum 31. Oktober 1990 zugesprochen und im übrigen ausgeführt, die Klägerin habe nicht dargetan, „weshalb ihr im damaligen Prozeß bereits seit 01.11.1981 Zinsen zugestanden haben sollen”. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin dazu erklärt, der Zinsanspruch gegen den Notar sei als Schadensersatzanspruch begründet, weil sie bei rechtzeitiger Auskehrung des Verkaufserlöses mit dem Geld hätte arbeiten können. Das Berufungsgericht hat die Berufung in diesem Punkt mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe auch in der Berufungsinstanz nicht hinreichend substantiiert dargetan, weshalb ihr die bereits seit dem 1. November 1981 geltend gemachten Zinsen zustehen sollten.
Diese Behandlung des Zinsschadenskomplexes ist, wie die Revision mit Recht rügt, verfahrensfehlerhaft. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich ohne weiteres, daß sie den bezifferten Zinsbetrag als entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) verlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Geschäftsbank den ihr infolge Vorenthaltens eines Geldbetrags entgangenen Gewinn abstrakt in der Weise berechnen, daß sie die im fraglichen Zeitraum üblichen Sollzinsen zugrunde legt, wobei sie, wenn sie verschiedene Geschäftsarten betreibt, den Schaden nach dem Durchschnittssollzins zu berechnen hat (BGHZ 62, 103, 105 ff; 104, 337, 344 ff). Bei der Berechnung des Durchschnittsgewinns kommen der Bank die Darlegungs- und Beweiserleichterungen des § 287 ZPO und des § 252 BGB zu Hilfe.
Auf dieser Grundlage hätte das Berufungsgericht dem Beweisantritt der Klägerin nachgehen und jedenfalls den als Zeugen benannten Sachbearbeiter vernehmen müssen. Daß die Klägerin diesen noch nicht namentlich benannt hatte, ist unschädlich; die Revision weist darauf zutreffend hin (vgl. BGH, Urt. v. 6. November 1997 - I ZR 102/95, WRP 1998, 377, 380 m.w.N.). Zumindest hätte der Klägerin, falls sich eine hinreichende Aufschlüsselung ihres Aktivgeschäftsvolumens nicht ergeben hätte, der marktübliche Zinssatz der Anlageart zuerkannt werden müssen, die den geringsten Zinsertrag bringt; die marktüblichen Sollzinsen für die einzelnen Anlagearten lassen sich der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank entnehmen (BGHZ 104, 337, 348).
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte für verpflichtet gehalten, der Klägerin die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits gegen den Notar zu ersetzen, dies für die in den Rechtsmittelinstanzen entstandenen Kosten jedoch verneint. Tatsächlich haben die Beklagten, wie die Revision mit Recht geltend macht, für die gesamten Kosten jenes Prozesses einzustehen.
a) Die Beklagten vertreten in ihrer Revisionserwiderung freilich die Ansicht, sie hafteten schon für die Kosten der ersten Instanz nicht. Sie berufen sich darauf, daß sie in den Tatsacheninstanzen vorgetragen hätten, der Beklagte habe von einer Klageerhebung gegen den Notar abgeraten. Indessen trifft schon dies nicht zu. In dem von der Revisionserwiderung bezeichneten Schriftsatz vom 2. Mai 1994 heißt es lediglich, der Beklagte habe die Erfolgsaussichten der Klage für gering gehalten und den Vorstand der Klägerin darauf hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist in jenem Schriftsatz ausgeführt, es habe nach Absprache zwischen dem Vorstand und dem Beklagten im Prozeß gegen den Notar davon ausgegangen werden sollen, daß die Verjährung erst nach dem negativen Ergebnis einer Besprechung mit dem Anwalt des Schuldners P. am 11. Oktober 1989 begonnen habe.
Die Haftung der Beklagten beruht darauf, daß der Beklagte zu 2 es verschuldet hat, daß die Ansprüche gegen den Notar verjährt sind. In einem solchen Fall liegt es nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, daß der Geschädigte auch bei nur geringen Erfolgsaussichten versucht, die gefährdeten Ansprüche gerichtlich doch noch durchzusetzen. Der Zurechnungszusammenhang ist nur dann durchbrochen, wenn in ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingegriffen und damit eine weitere Ursache gesetzt wird, die den Schaden erst herbeiführt (BGH, Urt. v. 14. Juli 1994 - IX ZR 204/93, WM 1994, 2162, 1263; v. 10. Oktober 1996 - IX ZR 294/95, WM 1997, 72, 76). Davon kann hier auch auf der Grundlage des von den Beklagten vorgetragenen Sachverhalts jedenfalls deswegen keine Rede sein, weil der Beklagte zu 2 danach der Klägerin nicht ernstlich von der Klageerhebung abgeraten hat.
b) Einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz der ihr in den Rechtsmittelinstanzen des Prozesses gegen den Notar entstandenen Kosten hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, mit der Beauftragung der Berufungs- und Revisionsanwälte sei ein eigenständiger Pflichten- und Verantwortungsbereich entstanden, mit dem der Beklagte, auch wenn er entsprechend der Behauptung der Klägerin Korrespondenzanwalt geblieben sein sollte, nichts mehr zu tun gehabt habe.
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Zu der Belastung der Klägerin mit den Kosten jenes Prozesses ist es, wie bereits erwähnt, gekommen, weil infolge des Anwaltsfehlers des Beklagten nicht rechtzeitig die Verjährung unterbrochen worden ist. Die verspätete Klage hat der Beklagte selbst für die Klägerin erhoben, ohne von der Führung des Prozesses abgeraten zu haben. Daß er die Erfolgsaussichten der Klage für gering gehalten haben will, beseitigt, wie ebenfalls bereits dargelegt, seine Verantwortung nicht. Es ist nach dem schon oben Gesagten eine dem Beklagten zuzurechnende Folge des von ihm begangenen Fehlers, daß der Prozeß nach Unterliegen der Klägerin in erster Instanz in den Rechtsmittelzügen fortgeführt und auch dort verloren wurde. Ob das anders zu beurteilen wäre, wenn er nach dem erstinstanzlichen Prozeßverlust von der Weiterverfolgung des Anspruchs abgeraten und sich von der Fortführung des Rechtsstreits in den höheren Instanzen distanziert hätte, mag hier auf sich beruhen, weil der Beklagte einen solchen Sachverhalt nicht vorgetragen hat. Auf die Frage, inwieweit der Beklagte als Korrespondenzanwalt das Prozeßgeschehen in den höheren Instanzen beeinflußt hat, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
3. Die Beklagten wenden sich mit ihrer Anschlußrevision dagegen, daß das Berufungsgericht der Klägerin den Ersatzanspruch wegen der – erstinstanzlichen – Kosten des gegen den Notar geführten Prozesses in vollem Umfang und nicht wegen des ihr im Verhältnis zum Notar zur Last fallenden Mitverschuldens nur zur Hälfte zugesprochen hat. Damit können sie keinen Erfolg haben. § 254 BGB ist unanwendbar, wenn die Verhütung des entstandenen Schadens dem Schädiger allein oblag (BGHZ 96, 98, 101 m.w.N.). Die Beurteilung der Frage, inwieweit ein Anspruch gegen den Notar bestand und ob ein solcher bereits verjährt war, war allein Sache des Beklagten.
III.
Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten waren, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Erlaß des Mahnbescheids am 9. Dezember 1993 nicht verjährt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Anschlußrevision der Beklagten sind unbegründet.
1. Allerdings trat, wie auch das Berufungsgericht gesehen hat, die Verjährung nach dem damals noch geltenden § 51 (jetzt § 51 b) BRAO an sich spätestens Ende August 1992 ein; denn sie beginnt, wenn, wie hier, infolge einer schuldhaften Pflichtverletzung des Rechtsanwalts eine Verjährungsfrist versäumt worden ist, mit Eintritt der Verjährung. Mit ihm ist der Schaden entstanden (BGH, Urt. v. 14. Juli 1994 aaO S. 2164), worauf es nach § 51/51 b BRAO grundsätzlich ankommt; das Mandat des Beklagten bestand Ende August 1989, als der Anspruch gegen den Notar spätestens verjährte, noch fort.
2. Nach den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts begann jedoch auf der Grundlage der vom Bundesgerichtshof zur sogenannten Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze (grundlegend BGHZ 94, 380, 386 ff) mit Ablauf jener primären Verjährungsfrist Ende August 1992 die Verjährung erneut, weil der Beklagte vor diesem Zeitpunkt Anlaß gehabt habe, sein eigenes Verhalten zu überprüfen und die Klägerin auf die Möglichkeit eines Regreßanspruchs gegen sich selbst hinzuweisen, dies jedoch nicht getan habe. Dazu habe bereits Veranlassung bestanden, als der Notar in seiner Klageerwiderung vom 2. Mai 1990 die Verjährungseinrede erhoben habe; erst recht habe der Beklagte eine solche Überprüfung vornehmen müssen, als die Klage durch das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 5. Dezember 1990 wegen Verjährung abgewiesen worden sei.
Die Richtigkeit dieser rechtlichen Beurteilung ziehen die Beklagten zu Unrecht in Zweifel.
a) Mit der Anschlußrevision wird geltend gemacht, ein Sekundäranspruch sei deswegen nicht entstanden, weil das Mandat des Beklagten mit Abschluß der ersten Instanz des Prozesses gegen den Notar beendet gewesen sei und danach bis zum Eintritt der Primärverjährung im Juli/August 1992 noch genügend Zeit bestanden habe, die Klägerin auf etwaige Regreßansprüche gegen den Beklagten hinzuweisen; dies zu tun sei Sache der für die Berufungsinstanz bestellten Prozeßbevollmächtigten gewesen.
Diese Ansicht ist nicht zutreffend. Der Rechtsanwalt, der einen konkreten Anlaß hat, sein Verhalten auf von ihm begangene Fehler zu überprüfen, braucht zwar nicht sofort danach den Mandanten auf die Möglichkeit eines Regreßanspruchs gegen sich selbst und dessen Verjährung hinzuweisen; es genügt, wenn er dies so rechtzeitig tut, daß die Verjährung noch unterbrochen werden kann. Wird jedoch das Mandat – nach Eintritt eines konkreten Überprüfungsanlasses – beendet, so muß der Anwalt den Hinweis im Rahmen der Abwicklung des Mandats erteilen (BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 - IX ZR 100/95, WM 1996, 2066, 2068 f, zur Steuerberaterhaftung). Das Berufungsgericht hat zwar nicht festgestellt, wann das Mandat des Beklagten endete. Jedenfalls aber bestand es bis zur Beauftragung der Berufungsanwälte. Sollte es, wovon die Anschlußrevision offenbar ausgeht, damit erloschen sein, dann bestand die Hinweispflicht schon zu diesem Zeitpunkt.
Diese Pflicht entfiel nicht sogleich deswegen wieder, weil die Klägerin nunmehr von den für die Berufungsinstanz beauftragten Rechtsanwälten vertreten wurde. Eine solche Rechtsfolge tritt nur dann ein, wenn der Mandant rechtzeitig vor Ablauf der Verjährung gerade wegen der Frage, ob der Anwalt ihm durch einen Fehler einen Schaden zugefügt hat, für diesen erkennbar anderweitig anwaltlich beraten wird (BGH, Urt. v. 14. November 1991 - IX ZR 31/91, WM 1992, 579, 581 f; v. 29. April 1993 - IX ZR 101/92, WM 1993, 1508, 1510; v. 28. September 1995 - IX ZR 227/94, WM 1996, 33, 34, zur Steuerberaterhaftung). Daß im vorliegenden Fall die Berufungsanwälte auch damit beauftragt gewesen wären, einen Regreßanspruch gegen den Beklagten (und dessen mit ihm soziierten Vater) geltend zu machen, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Allerdings ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, seinen Mandanten auch bei eingeschränktem Mandat vor Gefahren, die ihm bekannt oder für ihn offenkundig sind, zu warnen, wenn er Grund zu der Annahme hat, daß sich der Mandant der ihm drohenden Nachteile nicht bewußt ist (BGH, Urt. v. 13. März 1997 - IX ZR 81/96, NJW 1997, 2168, 2169; v. 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2247). Es ist hier nicht zu entscheiden, ob sich daraus ergibt, daß ein für einen höheren Rechtszug bestellter Prozeßbevollmächtigter den Mandanten für den Fall des Prozeßverlustes auf die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs gegen den erstinstanzlichen Anwalt und die dafür geltende Verjährungsfrist dann hinweisen muß, wenn sich ihm aufdrängen muß, daß jener einen Fehler begangen hat. Die Voraussetzungen einer solchen, das eigentliche Mandat sprengenden Warnpflicht sind jedenfalls wesentlich enger als die Pflicht des Anwalts, über einen möglichen Regreß gegen sich selbst wegen Verletzung seiner Mandatspflichten zu belehren. Jene Warnpflicht ist deshalb kein ausreichender Ersatz für diese letztgenannte Hinweispflicht; damit entfällt der Grund dafür, den Rechtsanwalt von der Pflicht zur Belehrung über eigene Fehler bereits von dem Augenblick an zu entbinden, in dem ein anderer Anwalt die Tätigkeit seines Vorgängers fortsetzt.
b) Die Beklagten meinen weiter, eine Pflicht des Beklagten zu 2, die Klägerin auf etwaige Ansprüche gegen sich selbst und auf die insoweit laufende Verjährungsfrist hinzuweisen, habe deswegen nicht bestanden, weil die Klägerin, deren Vorstandsmitglied R. ein Volljurist gewesen sei, selbst über das nötige Fachwissen verfügt habe und deshalb nicht belehrungsbedürftig gewesen sei; jedenfalls treffe sie an der Versäumung der Verjährungsfrist ein Mitverschulden.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die Erfüllung der mit dem Anwaltsmandat verbundenen Pflichten obliegt allein dem Rechtsanwalt. Der Mandant muß auch dann, wenn er über eine juristische Vorbildung verfügt, darauf vertrauen können, daß der beauftragte Anwalt die anstehenden Rechtsfragen fehlerfrei bearbeitet, ohne daß eine Kontrolle notwendig ist. Deshalb kommt ein Mitverschulden auch eines rechtskundigen Mandanten grundsätzlich nicht in Betracht, soweit es um die rechtliche Bearbeitung des dem Anwalt anvertrauten Falles geht (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1991 - IX ZR 41/91, NJW 1992, 820; v. 17. November 1994 - IX ZR 208/93, WM 1995, 212, 213 f). Das gleiche gilt für die sich aus dem Anwaltsvertrag ergebende Pflicht zur Aufklärung des Mandanten über die Möglichkeit eines Regreßanspruchs und über die dafür geltende Verjährungsfrist. Es würde zudem eine nicht hinnehmbare Rechtsunsicherheit in das Verjährungsrecht hineintragen, wenn die Länge der Verjährungsfrist davon abhinge, ob der Rechtsanwalt den Umfang der Rechtskenntnisse des Mandanten richtig eingeschätzt hat. Die Hinweispflicht entfällt deshalb nur dann, wenn der Anwalt auf Grund konkreter Umstände davon ausgehen darf, daß der Mandant wegen der Haftungsfrage anderweitig anwaltlich beraten wird oder auf andere Weise von dem Regreßanspruch und dessen Verjährung Kenntnis erhalten hat (BGH, Urt. v. 21. September 1995 aaO; Urt. v. 28. September 1995 aaO).
c) Schließlich wird in der Revisionserwiderung geltend gemacht, der Beklagte habe deswegen keinen Anlaß gehabt, sich über einen etwa von ihm begangenen Fehler Gedanken zu machen, weil – das trifft in der Tat zu – das Landgericht Bad Kreuznach die Klage mit der Begründung abgewiesen habe, die Klägerin habe die erforderliche Kenntnis auch insoweit schon am 1. Mai 1986 gehabt, als es um die fehlende anderweitige Ersatzmöglichkeit ging. Sei das richtig gewesen, dann sei der Anspruch gegen den Notar bereits vor der Beauftragung des Beklagten verjährt gewesen.
Auch in diesem Punkt kann der Revisionserwiderung jedoch nicht zugestimmt werden. Wann jene Kenntnis vorlag, war nicht leicht zu beurteilen. Zwischen dem vom Landgericht angenommenen Zeitpunkt und dem 11. Oktober 1989, den der Beklagte damals im Prozeß für maßgeblich erklärte, lag auch der Zeitraum von Juni 1986 bis Februar 1987; der Ablauf einer daran anknüpfenden dreijährigen Frist fiel in den Zeitraum, in dem der Beklagte als von der Klägerin beauftragter Anwalt für die rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung zu sorgen hatte. Dies war Anlaß genug, die Frage, was richtig war und ob ihn, den Beklagten, ein Versäumnis traf, spätestens nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils einer nochmaligen Überprüfung zu unterziehen. Letztlich läuft die Ansicht der Revisionserwiderung darauf hinaus, den Beklagten treffe an der unrichtigen Beurteilung der Verjährungsfrage kein Verschulden. Das ist aber, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schon deswegen nicht richtig, weil er, wenn der Verjährungszeitpunkt ihm ungewiß erschien, den sichersten Weg hätte gehen und entsprechend der Anregung der Klägerin in ihrem Schreiben vom 13. Juni 1989 den Regreßanspruch gegen den Notar „baldmöglichst” durch Klageerhebung hätte geltend machen müssen.
IV.
Das Berufungsurteil muß somit im Rahmen der Annahmeentscheidung des Senats aufgehoben werden. Hinsichtlich der Rechtsmittelkosten des Prozesses gegen den Notar ist die Sache zur Endentscheidung reif; insoweit ist das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Bezüglich des entgangenen Zinsgewinns ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen zur Höhe dieses Anspruchs getroffen werden können.
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Zugehör, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.04.1999 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541367 |
Nachschlagewerk BGH |