Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 18.03.2002) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18. März 2002 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
A.
Der Angeklagte wurde wegen Vergewaltigung in zwei Fällen (Tatzeit jeweils 1994) und gefährlicher Körperverletzung (Tatzeit 1995) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Tatopfer war in sämtlichen Fällen die Nebenklägerin, die im Tatzeitraum zumindest zeitweise mit dem Angeklagten zusammenlebte. Die Vorgänge wurden den Strafverfolgungsbehörden erst nach Jahren im Rahmen eines Verfahrens gegen den – deshalb inzwischen rechtskräftig abgeurteilten – Bruder des Angeklagten wegen sexueller Nötigung der Nebenklägerin bekannt. Gegen das Urteil haben der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin Revision eingelegt.
Die allein gegen den Strafausspruch gerichtete Revision der Nebenklägerin hat der Senat durch Beschluß vom heutigen Tage als unzulässig verworfen. Die Revision der Staatsanwaltschaft wurde in der Hauptverhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
Entscheidungsgründe
B.
Der Angeklagte bestreitet die Taten, die Verurteilung stützt sich hauptsächlich auf die von der Jugendkammer nach sachverständiger Beratung als glaubwürdig angesehenen Angaben der Nebenklägerin.
Die Jugendkammer hatte auf Antrag der Verteidigung ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin eingeholt; dem Antrag, auch noch ein „Obergutachten” hierzu einzuholen, ist sie dagegen nicht nachgekommen. Dies ist der Kern der Revisionsangriffe.
1. Die Revision macht geltend, die Jugendkammer habe zwar antragsgemäß ein Gutachten eingeholt, entgegen dem Antrag sei jedoch kein Gutachter von der Universität München herangezogen worden. Ob die Revision darin einen eigenständigen Rechtsfehler sieht, oder ob ihre hierauf bezogenen Ausführungen Teil der Begründung dafür sein sollen, warum ein weiteres Gutachten hätte erhoben werden müssen, wird nicht deutlich, kann aber offen bleiben. Bei der Einholung eines Sachverständigengutachtens besteht kein Anspruch auf die Heranziehung eines bestimmten Sachverständigen, oder eines Angehörigen einer bestimmten Universität. Die Auswahl des Sachverständigen obliegt allein dem Gericht, § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. auch Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 157 m.w.N. in Fußn. 545).
2. Die Revision macht weiter geltend, die Jugendkammer habe über den Antrag auf Einholung eines Obergutachtens nicht entschieden und dadurch ihre Aufklärungspflicht verletzt. Die Unklarheit, ob damit eine Verletzung von § 244 Abs. 6 StPO oder von § 244 Abs. 2 StPO gerügt sein soll (vgl. auch BGH bei Kusch NStZ-RR 198, 257, 259), kann auf sich beruhen. Der Antrag auf Einholung eines Obergutachtens war hilfsweise („für den Fall, daß das Gericht den Angeklagten nicht freisprechen will”) gestellt und er ist in den Urteilsgründen mit sehr ausführlicher Begründung ausdrücklich abgelehnt.
3. Ob unzutreffendes Vorbringen, ein Beweisantrag sei nicht beschieden worden, überhaupt dahin umgedeutet werden kann, die Bescheidung des Antrags sei inhaltlich fehlerhaft, erscheint fraglich. Jedenfalls lassen aber die Ausführungen der Jugendkammer, mit denen sich die Revision nicht auseinandersetzt, die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens oder sonst einen Rechtsfehler nicht erkennen. Im übrigen vermag aber schon das Vorbringen in dem Beweisantrag die Möglichkeit eines Mangels des Gutachtens nicht zu verdeutlichen. Abgesehen von der Behauptung, ein bestimmtes Buch, das „ich … nicht hier habe”, hätte von der Sachverständigen nicht verwendet werden dürfen, beschränkt es sich auf der Grundlage einer eigenen Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin im wesentlichen darauf, das Gutachten als „unbrauchbar” zu bezeichnen.
4. Anzumerken ist folgendes:
Die Revision behauptet, „aus dem Zusammenhang des Protokolls” ergebe sich, daß in die Niederschrift über die Gutachtenerstattung und den Beweisantrag „versehentlich oder bewußt” Verfahrensgeschehen „entgegen den Tatsachen eingefügt wurde”. Diese Behauptung hat keine nachvollziehbare Grundlage.
5. Die auf Grund der nicht näher ausgeführten Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
6. Die Revision bemängelt die Kostenentscheidung. Der Senat braucht den erstmals in der Revisionsbegründung vom 28. Juni 2002 enthaltenen, wenig spezifizierten Ausführungen nicht näher nachzugehen, weil sie verspätet sind. Einwände gegen die Kostenentscheidung können nur im Rahmen einer zusätzlich zur Revision einzulegenden sofortigen Beschwerde (§ 464 Abs. 3 StPO) innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist (§ 311 Abs. 2 StPO) geltend gemacht werden (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 204 zu dem insoweit identischen Fall des § 8 Abs. 3 StrEG).
7. Nachdem auch die Revision der Nebenklägerin erfolglos war (vgl. oben vor I.), hat der Senat davon abgesehen, dem Angeklagten die durch sein erfolgloses Rechtsmittel der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung 1; BGH, Beschluß vom 8. Dezember 1999 – 1 StR 571/99; w. Nachw. bei Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 473 Rdn. 11).
Unterschriften
Nack, Wahl, Boetticher, Kolz, Hebenstreit
Fundstellen