Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrug
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. April 2000 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß der Angeklagte in den Fällen 13, 14, 43, 47, 54, 56, 60, 62, 68, 77, 94, 99, 109, 113, 118, 119 und 124 der Anklage freigesprochen wird.
Soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Betrugs unter Einbeziehung von 16 Einzelstrafen aus zwei Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 18. Oktober 2000 unzulässig, die Sachrüge ist unbegründet. Allerdings war der Angeklagte hinsichtlich der nicht als erwiesen angesehenen Einzelfälle auch formell freizusprechen.
1. Nach den Feststellungen planten die früheren Mitangeklagten S. und St., eine GmbH zu übernehmen, über diese Waren zu bestellen, die gelieferten Waren jedoch nicht zu bezahlen, sondern weiterzuverkaufen und den Erlös für sich zu behalten. Der von St. in den betrügerischen Zweck des Unternehmens voll eingeweihte Angeklagte veranlaßte einen rechtskräftig verurteilten früheren Mitangeklagten, in der GmbH die Position des Geschäftsführers auszuüben. In der Folgezeit wurden von Mitarbeitern der GmbH, teilweise auch vom Angeklagten selbst, in 101 Fällen Waren bezogen, die nicht bezahlt wurden. Bei den Lieferfirmen entstand ein Gesamtschaden von mindestens 600.000 DM.
Das Landgericht hat den Angeklagten als Mittäter eines Betrugs angesehen. Es ist davon ausgegangen, daß er über die von ihm selbst eingeräumten acht Fälle hinaus in weiteren Fällen Warenbestellungen selbst vorgenommen habe. Da die GmbH in betrügerischer Absicht übernommen worden sei und die Tatbeteiligung des Angeklagten in der ausgeübten Geschäftsleitung liege, stellten sich – nach Auffassung des Landgerichts – die Betrugshandlungen gegenüber den verschiedenen Lieferanten als ein Betrug dar.
2. Die angefochtene Entscheidung weist weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch einen sachlich-rechtlichen Fehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts zu den vom Angeklagten für die GmbH entwickelten Aktivitäten und zu seiner Beteiligung am Gesamterfolg der GmbH enthält keinen Rechtsfehler. Die urteilsfremden Behauptungen, insbesondere zu Aussagen von Zeugen, mit denen die Verteidigung die Beweiswürdigung angreift, können im Rahmen der Sachrüge vom Revisionsgericht nicht berücksichtigt werden (vgl. Kuckein in KK 4. Aufl. § 337 Rdn. 27 und § 352 Rdn. 16).
b) Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte sei Mittäter und nicht nur Gehilfe des Betrugs gewesen, hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Sie wird von den getroffenen Feststellungen getragen.
Der Angeklagte hat im eigenen Interesse mit seinen Mittätern S. und St. an der Umsetzung des gemeinsamen Tatentschlusses arbeitsteilig zusammengewirkt und für den Erfolg der Betrugshandlungen wesentliche Tatbeiträge geleistet. In wichtigen Funktionen war er am Aufbau, der Organisation und dem Betrieb der nach seinem Kenntnisstand von vorneherein auf Betrug angelegten GmbH beteiligt. Er hat nicht nur den Geschäftsführer angeworben, der auch die Geschäftsanteile der GmbH unter falschem Namen notariell kaufte, sondern während des gesamten Tatzeitraums innerhalb der GmbH eine eher leitende Funktion ausgeübt. Die Aufforderungen zur Abgabe der Angebote wurden im wesentlichen von ihm gefertigt. Bei Rückfragen von Lieferanten, die andere Mitarbeitern nicht sofort beantworten konnten, stand er als Ansprechpartner zur Verfügung (UA S. 35). Teilweise hat der Angeklagte die Bestellungen bei den Lieferanten selbst aufgegeben. Er hat auch gefälschte, ungedeckte Schecks erstellt, die in mehreren Fällen Lieferanten übergeben wurden, um eine Bezahlung vorzutäuschen. Somit hatte er Tatherrschaft inne. Da der Angeklagte mit 10 % am Bruttoumsatz und damit am Gesamterfolg der GmbH beteiligt war, hatte er ein erhebliches Eigeninteresse am Funktionieren des betrügerischen Systems.
c) Dem Angeklagten sind als Mittäter die unter II. 1 bis 101 der Urteilsgründe dargestellten Betrugshandlungen zuzurechnen, so daß sie bei der Strafzumessung von der Strafkammer zu seinen Lasten berücksichtigt werden konnten. Zwar ist dem Generalbundesanwalt darin zuzustimmen, daß der Angeklagte nicht in allen ihm vom Landgericht angelasteten Fällen die Bestellungen selbst vorgenommen oder veranlaßt hat und die Überzeugung der Strafkammer zum Umfang der von ihm selbst durchgeführten Bestellungen auf einer kaum tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Da aber die Mittäterschaft auf dem Prinzip des arbeitsteiligen Handelns beruht, sind ihm als Mittäter die Tatbeiträge der anderen Tatbeteiligten und somit alle für die GmbH erfolgten Bestellungen zuzurechnen, auch soweit er diese nicht selbst ausgeführt hat (vgl. BGHSt 24, 286, 288; BGHR StGB § 25 II Mittäter 20; Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 25 Rdn. 61; Lackner, StGB 22. Aufl. § 25 Rdn. 9 und Rdn. 14).
d) Den Angeklagten beschwert es nicht, daß die Strafkammer einen besonders schweren Fall im Sinne des § 263 Abs. 3 StGB a.F. mit zweifelhafter Begründung abgelehnt sowie sämtliche unter II. 1 bis 101 der Urteilsgründe mitgeteilten betrügerischen Warenbestellungen nur als eine Betrugstat gewertet hat. Da sich die Tätigkeiten des Angeklagten nicht in der Gründung und Leitung der GmbH erschöpften, sondern er nach den Feststellungen auch selbst mindestens acht Bestellungen vorgenommen hat und in weiteren Fällen in anderen Funktionen an der Durchführung der Betrugstaten beteiligt gewesen ist, bestehen gegen die Annahme nur eines Falles des Betruges rechtliche Bedenken. Bei zutreffender rechtlicher Behandlung hätten diejenigen Einzelfälle, bei denen der Angeklagte selbst gehandelt hat, als jeweils selbständige Betrugstaten und die übrigen Fälle, die ihm nur auf Grund seiner allgemeinen Leitungs- und Organisationstätigkeit innerhalb der GmbH nach mittäterschaftlichen Grundsätzen zuzurechnen sind, als ein weiterer Fall des Betrugs abgeurteilt werden müssen (vgl. BGH wistra 1998, 148, 150 und 1999, 179, 180). Wenn der Angeklagte wegen mehrerer in Tatmehrheit zueinander stehender Betrugsfälle verurteilt worden wäre, hätten mehrere Einzelstrafen gebildet werden müssen, so daß gegen ihn mit Sicherheit keine geringere Gesamtfreiheitsstrafe als die ausgesprochene verhängt worden wäre.
3. Die Urteilsformel war um den teilweisen Freispruch zu ergänzen, weil die Fälle 13, 14, 43, 47, 54, 56, 60, 62, 68, 77, 94, 99, 109, 113, 118, 119 und 124 der Anklage als Einzeltaten des Angeklagten angeklagt waren und sich das Tatgericht insoweit (UA S. 33, 36) zu einer Überführung des Angeklagten außerstande gesehen hat (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 260 Rdn. 13).
Unterschriften
Kutzer, Miebach, Winkler, Pfister, von Lienen
Fundstellen
Haufe-Index 564841 |
wistra 2001, 217 |