Leitsatz (amtlich)
Zur Stellung des angestellten Geschäftsführers einer GmbH.
Orientierungssatz
1. Aus dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung heraus können Gehaltserhöhungen, die zwar nicht im Anstellungsvertrag konkret festgelegt sind, aber mündlich vereinbart worden sein sollen, auch einem – regelmäßig in herausgehobener Stellung tätigen – Geschäftsführer einer GmbH zustehen, wenn dieser einen eher arbeitnehmerähnlichen Status hat und vergleichbare andere Fälle, so bei Mitgeschäftsführern und leitenden Angestellten, nachgewiesen werden.
2. Gleiches gilt für eine nicht schriftlich vereinbarte jährliche Bonuszahlung, die erst zweimal erfolgte.
Tatbestand
Der Kläger hat am 10. Februar 1983 mit der damals noch als S. GmbH firmierenden Beklagten einen Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag geschlossen. Die vorangegangenen Vertragsverhandlungen waren von dem amerikanischen Unternehmen The S. Company geführt worden, das über seine europäische Holding A. Limited in England, die die europäischen Aktivitäten der S.-Gruppe zusammenfaßte, 99,7% der Anteile an der Beklagten besaß. Nachdem sämtliche Anteile der A. an eine Gruppe englischer Investoren, die zunächst als Al. Limited, später als E. P.L.C. (E.) firmierte, veräußert worden waren, was in der Folge auch zur Umbenennung der Beklagten führte, kam es zu Verhandlungen des Klägers mit Vertretern dieser Investorengruppe. Diese Gespräche hatten vor allem die künftige Struktur des Vertriebs der Beklagten und die dem Kläger dabei zugedachte Rolle zum Gegenstand. Am 15. Juli 1985 legte der Kläger, der nicht bereit war, bestimmte, nach seiner Ansicht deutschem Recht widersprechende Maßnahmen der Gesellschaft mitzutragen, sein Amt als Geschäftsführer der Beklagten nieder. Die Beklagte kündigte den Anstellungsvertrag mit dem Kläger zum 31. Dezember 1986. Durch rechtskräftiges Urteil vom 28. Juni 1987 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe festgestellt, daß durch diese Kündigung der Anstellungsvertrag des Klägers vom 10. Februar 1983 nicht beendet worden ist.
In dem gegenwärtigen Rechtsstreit begehrt der Kläger neben verschiedenen Feststellungen – seine zugleich gegen die E. erhobene Klage ist in erster Instanz abgetrennt worden – u.a. die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Gehaltserhöhung von 5% für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1986 im Gesamtbetrag von 7.350 DM sowie eines Bonus im Gesamtwert von 61.740 DM für das Jahr 1985. Nach Ansicht des Klägers hat er einen Anspruch auf Weitergewährung dieser ihm bis 1984 bzw. 1985 gezahlten Zulagen, weil ihm The S. Company vor Abschluß seines Anstellungsvertrages vom 10. Februar 1983 zugesichert habe, sein Gehalt jährlich um 5% zu erhöhen und ihm, wie sich aus einem Schreiben dieser Gesellschaft vom 1. Oktober 1982 ergebe, einen jährlichen Bonus von 28% seines Gehaltes zu gewähren.
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen in vollem Umfange ohne Erfolg. Der Senat hat die Revision des Klägers nur angenommen, soweit das Berufungsgericht den in der Berufungsinstanz unter Ziffer 1 gestellten Zahlungsantrag über insgesamt 69.090 DM nebst Zinsen abgewiesen hat. Insoweit verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Verurteilung der Beklagten weiter. Demgegenüber beantragt die Beklagte Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt, soweit der in der Berufungsinstanz unter Ziffer 1 gestellte Zahlungsantrag abgewiesen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. a) Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf eine 5%-ige Gehaltserhöhung für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1986 in Höhe von insgesamt 7.350,– DM mit der Begründung versagt, ein Anspruch auf Gehaltserhöhung sei in dem schriftlichen Anstellungsvertrag des Klägers nicht vorgesehen. Soweit sich der Kläger unter Beweisantritt auf mündlich erteilte ergänzende Zusagen berufen hat, war diesem Beweisantritt nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht stattzugeben, weil der Kläger in das Wissen der Zeugen keine Tatsachen, sondern Rechtsauffassungen gestellt habe. Eine dahingehende Belehrung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen. Diese Auffassung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
b) Allerdings kann der Kläger einen Anspruch auf eine jährliche Anhebung seines Festgehalts um 5% nicht auf Zusagen stützen, die ihm die Konzernmuttergesellschaft der Beklagten vor seiner Einstellung gegeben haben soll. Denn der Anstellungsvertrag mit dem Kläger, nach dem sich die Rechte und Pflichten des Klägers aus seinem Dienstvertrag bemessen, ist nicht von der Konzernmuttergesellschaft, sondern von dem Aufsichtsrat der Beklagten geschlossen worden. Außerdem sind die in dem Schreiben der Konzernmutter vom 1. Oktober 1982 genannten Bedingungen nur als vorläufige, noch nicht endgültig verbindliche Vorstellungen formuliert, die ausdrücklich unter den Vorbehalt des Abschlusses des Vertrages mit der Beklagten gestellt werden („… the principal terms we would propose and which would be formally constituted into a German employment contract with S. GmbH”). Hinzu kommt, daß selbst dieses Schreiben die von dem Kläger behauptete konkrete Zusage nicht enthält, sondern lediglich in unverbindlicher Weise ausführt, die Gehaltszahlungen betreffenden Verwaltungsmethoden der S. European Division sähen eine jährliche Überprüfung des Gehalts entsprechend den jeweiligen Richtlinien von S. Deutschland (der Beklagten) vor („our salary administration procedures provide for review of salary each year according to current policy in S. Germany”). Aus einer solchen Erklärung läßt sich – jedenfalls für sich allein genommen – ein konkreter Anspruch auf eine jährliche Gehaltsaufbesserung um 5% jährlich ersichtlich nicht herleiten.
Zutreffend ist ferner, daß auch der einige Zeit später unter dem 10. Februar 1983 verbindlich abgeschlossene Anstellungsvertrag des Klägers keine Zusage einer jährlichen Gehaltserhöhung um jeweils 5% enthält. Dort heißt es lediglich unter III. 2., die Gesellschaft behalte sich Gehaltserhöhungen von Zeit zu Zeit nach Maßgabe der Leistung des Klägers bzw. einer etwaigen Erweiterung seines Verantwortungsbereichs vor.
c) Die Abweisung des Antrags auf Zahlung des Betrages der 5%-igen Gehaltserhöhung für das Jahr 1986 kann jedoch deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht den vom Kläger angebotenen Beweis für eine mündliche Abänderung dieser Abrede verfahrensfehlerhaft nicht erhoben hat. Das Berufungsgericht meint, der Kläger trage insoweit keine in das Wissen der von ihm benannten Zeugen gestellte Tatsachen, sondern lediglich Rechtsauffassungen vor. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Kläger hat dazu unter Benennung des als Steuerberater der Beklagten tätigen Wirtschaftsprüfers Dr. Sch. als Zeugen vorgetragen, die Bestimmung der Ziffer III.2. des Anstellungsvertrages sei einvernehmlich dahin modifiziert worden, daß dem Kläger eine jährliche Gehaltserhöhung von 5% der jeweils letzten Bezüge zugesagt worden sei. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß dies eine Tatsachenbehauptung und nicht die Erläuterung einer Rechtsansicht ist. Sollte das Berufungsgericht, wofür seine Urteilsbegründung allerdings keinen Anhalt liefert, der Ansicht gewesen sein, daß dieser Vortrag jedenfalls nicht hinreichend substantiiert sei, weil genauere Angaben über den Zeitpunkt der Zusage und die Person des Zusagenden fehlten, wäre es gehalten gewesen, den Kläger auf diese Bedenken hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Ergänzung seines Vortrages zu geben (§§ 139, 278 ZPO). Dies hätte im vorliegenden Fall umso näher gelegen, als der Kläger zugleich Beweis dafür angetreten hat, daß die von ihm behauptete Zusage auch wirklich praktiziert worden ist, indem die Beklagte das Gehalt in den folgenden Jahren (1984 und 1985) tatsächlich jeweils um 5% erhöht hat, und das Berufungsgericht zunächst anscheinend keine Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Beweisantritts des Klägers gehabt hat, wie sich daraus ergibt, daß es ihn zunächst aufgefordert hat, die ladungsfähige Anschrift des Zeugen aufzugeben.
d) Daneben wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß dem Kläger ein Anspruch auf jährliche Gehaltserhöhung unter bestimmten Voraussetzungen auch aus dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zustehen kann. Dieser Grundsatz gilt im Prinzip auch für Geschäftsführer, die nicht oder nicht nennenswert an der Gesellschaft beteiligt sind und deshalb insoweit arbeitnehmerähnlichen Status haben. Dies gilt, da nach diesen Grundsätzen nur Gleiches, nicht aber Ungleiches gleich zu behandeln ist und der Geschäftsführer aufgrund seiner herausgehobenen Stellung nicht schlechthin mit „normalen” Arbeitnehmern verglichen werden kann, nur, soweit vergleichbare Fälle vorhanden sind. Als solche können hier nur die Behandlung von Mitgeschäftsführern und allenfalls unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen (vgl. dazu unter 2.) leitenden Angestellten der Gesellschaft in Betracht kommen (siehe Groß, Das Anstellungsverhältnis des GmbH-Geschäftsführers … 1987 S. 334, 335 und S. 353 m.w.N.). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Geschäftsführern anderer Konzerntöchter der S.-Gruppe kommt dagegen nicht in Betracht. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist betriebs–, allenfalls unternehmensbezogen. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung im Konzern ist nach heutiger Rechtsauffassung nicht ohne weiteres anzuerkennen (vgl. BAGE 52, 380, 390f.; Staudinger/Richardi, BGB 12. Aufl. Vorbem. zu § 611ff. Rdn. 637; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch 6. Aufl. S. 751). Da der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen hat, daß sich die jährliche 5%-ige Gehaltserhöhung nicht auf ihn beschränkt, sondern in gleicher Weise auch für die anderen leitenden Angestellten gegolten habe, wird sich das Berufungsgericht damit auseinanderzusetzen haben, ob bei der Beklagten eine Praxis der Gewährung solcher Erhöhungen bestand, von der der Kläger nicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ausgeschlossen werden durfte.
2. a) Ein Anspruch des Klägers auf Bonuszahlung für das Jahr 1985 in Höhe von 61.740 DM aufgrund des Schreibens der European Division des S.-Konzerns vom 1. Oktober 1982 scheitert ebenfalls daran, daß die dort abgegeben Erklärungen für die Beklagte keine unmittelbar rechtlich verpflichtende Wirkung haben, wie bereits vorstehend unter 1. dargelegt worden ist. Der Umstand, daß das herrschende Unternehmen aufgrund seiner durch die Anteilsmehrheit vermittelten Stimmacht in der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit hat, unmittelbar Einfluß auf die Geschäftsführung der beherrschten GmbH zu nehmen und seine Wünsche durch der Geschäftsführung erteilte Weisungen durchzusetzen, bedeutet nicht, was die Revision zu verkennen scheint, daß die Organe des herrschenden Unternehmens Vertretungsmacht für die beherrschte GmbH hätten und diese durch ihre Erklärungen gegenüber Dritten unmittelbar berechtigen und verpflichten könnten. Auch die abhängige GmbH handelt vielmehr allein durch ihre eigenen Organe. Selbst die Leitungsmacht der Muttergesellschaft (ohnehin nicht der Konzerngroßmutter, vgl. Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht 3. Aufl. S. 304) im Vertragskonzern wird gemäß § 308 AktG nur durch Weisungen an die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft und nicht etwa durch einen Übergang der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht für die Tochter- auf die Muttergesellschaft ausgeübt.
Da der Anstellungsvertrag des Klägers keine Zusage über die Zahlung eines jährlichen Bonus zusätzlich zu dem Festgehalt des Klägers enthält, läßt sich auch aus ihm der eingeklagte Anspruch nicht herleiten.
Ebensowenig ist anzunehmen, daß sich die Beklagte durch die zweimalige Zahlung des Bonus in den Jahren 1983 und 1984 dem Kläger gegenüber zur Zahlung eines entsprechenden Bonus auch in allen folgenden Jahren verpflichtet hat. Eine solche Bindung tritt bei freiwilligen Sonderzuwendungen, selbst wenn sie vorbehaltlos gewährt worden sind, im allgemeinen erst nach dreimaliger vorbehaltloser Zahlung ein (vgl. BAGE 2, 302; s.a. Schaub, aaO S. 421). Für einen einem Fremdgeschäftsführer freiwillig gezahlten Bonus kann insoweit nichts anderes gelten.
b) Das Berufungsgericht hätte jedoch, wie die Revision im Ergebnis zu Recht rügt, prüfen müssen, ob es bei der Beklagten eine ständige, für sie verbindlich gewordene Praxis der Gewährung solcher Boni gab, an die sie wegen des Rechtes des Klägers auf Gleichbehandlung auch ihm gegenüber gebunden ist. Für eine solche ständige Übung spricht der Hinweis in dem Schreiben vom 1. Oktober 1982 auf ein anscheinend in allen Unternehmen der S.-Gruppe praktiziertes Leistungszulagen-Programm (VICP) für leitende Angestellte. Ein aus dieser Übung abgeleiteter Anspruch würde allerdings ähnlich wie bei der Frage nach der Verpflichtung der Beklagten zur Vornahme einer jährlichen Gehaltserhöhung (vgl. oben unter 1.) voraussetzen, daß der Bonus auch etwaigen Mitgeschäftsführern oder anderen leitenden Angestellten im Hause der Beklagten gezahlt wurde, was der Kläger bisher substantiiert nur in bezug auf die jährliche Gehaltserhöhung vorgetragen hat, während hinsichtlich des Bonus ein jedenfalls ausdrücklicher entsprechender Vortrag fehlt. Voraussetzung für ein Recht des Klägers, sich unter dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung auf die anderen leitenden Angestellten der Beklagten gezahlten Boni zu berufen, wäre allerdings zum einen, daß derartige Zahlungen nicht lediglich aufgrund individueller Zusagen, sondern einer einheitlichen, im wesentlichen für alle leitenden Angestellten gleichermaßen geltenden Handhabung erfolgten, was insbesondere bei Verwendung standardisierter Verträge im Konzernverbund der Beklagten der Fall sein könnte. Zum anderen würde ein Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung mit anderen leitenden Angestellten im Hinblick auf die herausgehobene Stellung des Geschäftsführers einer GmbH, die einen Vergleich mit anderen Dienstverpflichteten nur in beschränkten Umfange zuläßt, des weiteren voraussetzen, daß die Beklagte bei der Gestaltung der Dienstverträge keinen grundlegenden Unterschied zwischen ihren angestellten Geschäftsführern und anderen leitenden Angestellten machte, sondern auch die Geschäftsführer im wesentlichen als leitende, wenn auch mit zusätzlichen besonderen Funktionen betraute Angestellte behandelte. Diese Voraussetzung könnte insbesondere dann erfüllt sein, wenn die Dienstverträge aller leitenden Angestellten einschließlich der der Geschäftsführer abgesehen von den speziellen durch die Einräumung der Geschäftsführerfunktion bedingten Sonderbestimmungen im wesentlichen gleichgestaltet gewesen wären.
3. Damit das Berufungsgericht die Sache mit den Parteien unter den genannten Gesichtspunkten erörtern und, soweit erforderlich, gegebenenfalls nach entsprechender Ergänzung des Parteivortrages die nötigen weiteren tatsächlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache in dem im Urteilsausspruch bezeichneten Umfang unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 647917 |
BB 1990, 1436 |
ZIP 1990, 859 |
GmbHR 1990, 389 |