Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Klage mehrerer Unterhaltsberechtigter auf künftigen Unterhalt bei Bezug von Sozialhilfe und Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten an den Sozialhilfeträger
Leitsatz (amtlich)
Zur Geltendmachung von Ansprüchen auf künftigen Unterhalt durch mehrere Unterhaltsberechtigte, wenn diese laufend Sozialhilfe beziehen und der Unterhaltsverpflichtete Zahlungen an den Sozialhilfeträger leistet.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 265 Abs. 2; BGB § 185; ZPO § 265 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 30.06.1994) |
AG Ettlingen |
Tenor
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 2. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. Juni 1994 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin zu 1 ist die geschiedene Ehefrau des Beklagten; die am 3. Juli 1984 geborene Klägerin zu 2. und die am 28. Januar 1986 geborene Klägerin zu 3. sind die Kinder aus der im Jahre 1987 geschiedenen Ehe. Sie leben bei der Mutter. Der Beklagte ist in zweiter Ehe verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei in den Jahren 1989 und 1990 geborene Söhne. Seine jetzige Ehefrau ist nicht berufstätig.
Die Klägerinnen nehmen den Beklagten, der als Ingenieur tätig ist, auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Die Klägerin zu 1 hat keine eigenen Einkünfte. Sie erhält für sich und die Kinder Sozialhilfe in Höhe von monatlich bis zu 1.700 DM vom Landratsamt Enzkreis, Kreissozialamt. Dieses leitete mit Überleitungsanzeige vom 13. August 1987 die Unterhaltsansprüche der Klägerinnen gegen den Beklagten in Höhe der geleisteten Sozialhilfe auf sich über. Der Beklagte zahlte auf die übergeleiteten Ansprüche zunächst monatlich 1.206,30 DM, ab 1. Januar 1992 monatlich 1.303,76 DM an das Kreissozialamt. Ab Oktober 1993 stellte er die Zahlungen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ein, weil die Klägerinnen aus dem inzwischen ergangenen familiengerichtlichen Urteil vollstreckten.
Mit der am 11. Dezember 1991 zugestellten Stufenklage begehrten die Klägerinnen Auskunft über die Einkommensverhältnisse des Beklagten und stellten nach Erteilung der Auskunft den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, an sie eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von insgesamt 3.030 DM seit Zustellung der Klage bis zum 30. Juni 1992 und für die Zeit ab 1. Juli 1992 in Höhe von 3.155 DM zu zahlen, „abzüglich der an das Landratsamt Enzkreis übergeleiteten Ansprüche.” Bei der Ermittlung der begehrten Unterhaltsbeträge gingen die Klägerinnen von einem maßgeblichen Nettoeinkommen des Beklagten von monatlich 6.828,25 DM aus. Sie errechneten daraus unter Anwendung der Düsseldorfer Tabelle (zunächst Gruppe 8, ab 1. Juli 1992 Gruppe 9) einen Kindesunterhalt von monatlich 545 DM (Klägerin zu 3) bzw. 660 DM (Klägerin zu 2), jeweils abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils, zusammen 1.145 DM, für die Zeit bis zum 30. Juni 1992 sowie von monatlich 600 DM (Klägerin zu 3) bzw. 730 DM (Klägerin zu 2), jeweils abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils, zusammen 1.270 DM, ab 1. Juli 1992 und – nach Abzug des Kindesunterhalts sowie des Unterhalts für die beiden Kinder aus der zweiten Ehe des Beklagten in Höhe von je 600 DM – einen Ehegattenunterhaltsbetrag (als 3/7-Quote) von monatlich 1.885 DM. Der Beklagte hielt dem entgegen: Sein maßgebliches Einkommen sei niedriger als von den Klägerinnen angenommen. In dem ihm bescheinigten Verdienst seien in erheblichem Umfang Entgelte für Überstunden enthalten, die er nur im Interesse seiner neuen Familie leiste; an dieser Mehrarbeitsvergütung könnten die Klägerinnen nicht teilhaben. Im übrigen bedürften die Klägerinnen zu 2 und zu 3 keiner ganztägigen Betreuung mehr. Die Klägerin zu 1 könne deshalb zumindest eine Halbtagsbeschäftigung aufnehmen, um ihren eigenen Unterhalt jedenfalls teilweise selbst zu bestreiten.
Das Amtsgericht – Familiengericht – gab der Klage teilweise statt und verurteilte den Beklagten, für die Zeit vom 11. Dezember 1991 bis zum 30. Juni 1992 einen Unterhaltsbetrag von 2.729,12 DM an die Klägerin zu 1, von 3.143 DM an die Klägerin zu 2 und von 2.986 DM an die Klägerin zu 3 sowie ab 1. Juli 1992 laufende Unterhaltsrenten von monatlich 1.740,46 DM – abzüglich 1.303,76 DM – an die Klägerin zu 1 und von monatlich je 510 DM an die Klägerinnen zu 2 und zu 3 zu zahlen. Im übrigen wies es die Klage ab. In den Gründen des Urteils stellte das Gericht klar, daß der Unterhalt jeweils abzüglich der vom Beklagten an das Kreissozialamt gezahlten Beträge von zuletzt monatlich 1.303,76 DM zu leisten sei.
Gegen das Urteil legten sowohl die Klägerinnen als auch der Beklagte Berufung ein, dieser mit dem Begehren, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerinnen kündigten in ihrer Berufungsbegründung vom 2. Januar 1993 den Antrag an, unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von insgesamt 3.030 DM seit Zustellung der Klage bis zum 30. Juni 1992 und für die Zeit ab 1. Juli 1992 in Höhe von 3.155 DM zu zahlen, „abzüglich der an das Landratsamt Enzkreis übergeleiteten Ansprüche.”
Mit Schreiben vom 15. Februar 1993 teilte das Landratsamt Enzkreis mit, es nehme seine Überleitungsanzeige vom 13. August 1987 gegen den Beklagten zurück; damit sei die Berufung des Beklagten „nicht schon deshalb begründet, weil Frau D. nicht der Unterhalt zustand”.
Mit Verfügung vom 14. Juni 1993 wies das Berufungsgericht die Klägerinnen darauf hin, daß der geltend gemachte Unterhaltsgesamtbetrag auf die einzelnen Klägerinnen aufzuschlüsseln sei. Mit weiterer Verfügung vom 31. Januar 1994 wies es auf den gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Sozialhilfeträger bei geleisteter Sozialhilfe gemäß § 91 BSHG i.d.F. vom 27. Juni 1993 hin und gab den Klägerinnen auf, binnen drei Wochen darzulegen, für welche Zeit und in welcher Höhe jeweils für die einzelnen Klägerinnen Sozialhilfe geleistet worden sei. Die Klägerinnen kamen der Auflage nicht nach.
Nachdem in einem Einzelrichtertermin vom 11. März 1994 beide Parteien mit ihren Berufungsanträgen verhandelt hatten, verhandelte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerinnen im Senatstermin vor dem Berufungsgericht vom 16. Juni 1994 nicht, da er durch eine Verquickung unglücklicher Umstände außerstande gewesen sei, neu formulierte Anträge vorzulegen. Das Berufungsgericht traf auf Antrag des Beklagten eine Entscheidung nach Lage der Akten; es hob das angefochtene Urteil auf die Berufung des Beklagten auf und wies die Klage ab; die Berufung der Klägerinnen wurde zurückgewiesen.
Hiergegen wenden diese sich mit der zugelassenen Revision, mit der sie ihr Begehren aus der Berufungsinstanz – auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten und Entscheidung nach ihren Sachanträgen – weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Dieses hat – im Verfahren nach §§ 331 a, 251 a Abs. 2 ZPO – die Unterhaltsklage mit dem in der Berufung weiterverfolgten Klageantrag für unzulässig gehalten, da es der Klage an einem bestimmten Antrag gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehle. Es sei auch durch Auslegung des Rechtsschutzbegehrens nicht erkennbar, welche Unterhaltsbeträge im einzelnen der Beklagte für die jeweiligen Klägerinnen in dem hier in Frage kommenden Zeitraum zahlen solle. Im übrigen sei nicht ersichtlich, welche Beträge aufgrund von Leistungen des Sozialhilfeträgers abzusetzen seien. Einer Mitteilung dieser Beträge hätte es aber bedurft, da die Klägerinnen, soweit sie jeweils Sozialhilfeleistungen erhalten hätten, nicht aktivlegitimiert seien, nachdem die Unterhaltsansprüche gemäß § 91 BSHG i.d.F. vom 23. Juni 1993 (wieder) auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien, soweit der Beklagte den Unterhaltsanspruch nicht durch laufende Zahlung erfüllt habe. Allerdings sei in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob Unterhaltsansprüche aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 91 BSHG in der seit dem 27. Juni 1993 geltenden Fassung von der Neuregelung erfaßt würden. Die Frage sei aber nach dem Sinn und der Zielrichtung der neugefaßten Vorschrift zu bejahen. Da die Leistungen und Beihilfen des Sozialhilfeträgers an die Klägerinnen – wie sich aus einem Schreiben des Landratsamtes Enzkreis vom 2. Dezember 1992 ergebe – monatlich starken Schwankungen unterlägen, könne auf die Darlegung der Sozialhilfebeträge für die einzelnen Klägerinnen nicht verzichtet werden. Nachdem diese jedoch der entsprechenden Auflage vom 31. Januar 1994 nicht nachgekommen seien, sei nicht dargelegt, inwieweit ihre jeweiligen Unterhaltsansprüche die Sozialleistungen überstiegen.
Ob eine gewillkürte Prozeßstandschaft des früheren Anspruchsinhabers nach Forderungsübergang möglich sei, könne hier dahingestellt bleiben; denn die Überleitung sei vor Inkrafttreten der Änderung des § 91 BSHG zurückgenommen worden.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt dem Klageantrag nicht die notwendige Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings trifft insoweit der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts zu, daß mehrere Unterhaltsgläubiger ihre gegen denselben Unterhaltsschuldner gerichteten Ansprüche nicht in einer einheitlichen Summe geltend machen können, sondern daß sie im einzelnen aufschlüsseln müssen, welche Unterhaltsbeträge jeweils für welche Zeiträume an die einzelnen Gläubiger gezahlt werden sollen (vgl. Senatsurteil vom 8. April 1981 – IVb ZR 559/80 = FamRZ 1981, 541, 542).
bb) Ob diesen Anforderungen im Einzelfall genügt ist, ist, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, notfalls durch Auslegung anhand des sonstigen zur Klagebegründung geltend gemachten Vorbringens der Partei zu ermitteln.
Dies führt im vorliegenden Fall entgegen der Meinung des Berufungsgerichts zur ausreichenden Bestimmtheit des Klageantrags in seiner ursprünglichen und in der im Berufungsrechtszug weiter verfolgten Form. In dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 15. Juni 1992, in dem die Klägerinnen – nach Erteilung der Auskunft durch den Beklagten – den Zahlungsantrag auf Verurteilung des Beklagten zur Leistung eines Gesamtunterhalts von monatlich 3.030 DM bzw. 3.155 DM formuliert hatten, hatten sie die Beträge, wie dargelegt, im einzelnen auf den Kindesunterhalt und den Ehegattenunterhalt aufgeschlüsselt. Insoweit sind durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit des Antrags nicht ersichtlich.
Das Amtsgericht gab der Klage nur zum Teil statt, nämlich in Höhe von monatlich 475 DM (bis Juni 1992) bzw. 510 DM (ab Juli 1992) für die Klägerin zu 2, von monatlich 395 DM (bis 27. Januar 1992), bzw. 475 DM (bis Juni 1992), bzw. 510 DM (ab Juli 1992) für die Klägerin zu 3 und in Höhe von monatlich laufend 1.740,46 DM abzüglich 1.303,76 DM ab Juli 1992 für die Klägerin zu 1. Als die Klägerinnen sodann im Berufungsrechtszug den Antrag aus dem Schriftsatz vom 15. Juni 1992 wiederholten, verfolgten sie damit erkennbar ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter, soweit ihm das Amtsgericht nicht stattgegeben hatte. Der geforderte Unterhaltsgesamtbetrag von 3.030 DM bzw. 3.155 DM gliederte sich damit auf in Beträge von monatlich 660 DM (bis Juni 1992) bzw. 730 DM (ab Juli 1992) abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils für die Klägerin zu 2, von monatlich 545 DM (bis Juni 1992) bzw. monatlich 600 DM (ab Juli 1992) abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils für die Klägerin zu 3 und von monatlich 1.885 DM für die Klägerin zu 1 „abzüglich der auf das Kreissozialamt übergeleiteten Beträge.” Dies folgt nicht nur aus der im wesentlichen wörtlichen Übereinstimmung des Berufungsantrags mit dem erstinstanzlichen Antrag in dem Schriftsatz vom 15. Juni 1992, sondern auch aus der Tatsache, daß das Familiengericht zu seinem abweichenden Ergebnis gelangt war, weil es die Überstundenvergütungen des Beklagten nur zu Teilen bei der Unterhaltsbemessung für die Klägerinnen berücksichtigt hatte; mit der Berufungsbegründung begehrten diese – entgegen der Auffassung des Familiengerichts – weiterhin die Berücksichtigung des gesamten Nettoeinkommens des Beklagten einschließlich der Entgelte für die von ihnen als üblich bezeichneten und schon während der Ehe mit der Klägerin zu 1 angefallenen Überstunden. Die Klägerinnen gingen damit bei der Ermittlung ihrer Unterhaltsansprüche, wie in der ersten Instanz, von einem maßgeblichen Einkommen des Beklagten von monatlich 6.828,25 DM aus und berechneten danach die geforderten Beträge, für den Kindesunterhalt unter Anwendung der Düsseldorfer Tabelle.
cc) An dem dargelegten Verständnis der mit der Berufung weiterverfolgten Anträge ändert die Tatsache nichts, daß die Klägerinnen auf gerichtliche Aufforderung hin zum Zwecke der Aufschlüsselung der von ihnen geforderten Unterhaltsbeträge mit Schriftsatz vom 6. Juli 1993 im wesentlichen den Tenor des amtsgerichtlichen Urteils wiedergaben. Die Einzelbeträge, auf die sie damit Bezug nahmen, entsprachen, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, erkennbar nicht ihrem Berufungsbegehren und ließen deshalb keinen Schluß darauf zu, wie die mit der Berufung verlangten Unterhaltsgesamtbeträge für die verschiedenen Zeiträume auf die einzelnen Klägerinnen verteilt werden sollten.
Die Verurteilung des Beklagten durch das Familiengericht, auf die die Klägerinnen in dem genannten Schriftsatz zurückgriffen, wich allerdings bei der Ermittlung des Unterhalts teilweise von der Berechnungsmethode der Klägerinnen in ihrem Schriftsatz vom 15. Juni 1992 ab. Während die Klägerinnen den Kindesunterhalt nach der Einkommensstufe 8 bzw. 9 der Düsseldorfer Tabelle und den Ehegattenunterhalt nach Abzug des Kindesunterhalts für insgesamt vier Kinder errechnet hatten, berücksichtigte das Familiengericht beim Ehegattenunterhalt nur den Vorwegabzug für die beiden Klägerinnen zu 2 und zu 3 und ermittelte den diesen zustehenden Unterhalt – wegen der zu beachtenden Unterhaltspflicht für insgesamt fünf Personen – nach der Einkommensstufe 6 statt 7 der Düsseldorfer Tabelle (bei entsprechend niedriger angesetztem Einkommen des Beklagten). Aus dieser unterschiedlichen Berechnungsweise zogen die Klägerinnen indessen ersichtlich keine Konsequenzen für den von ihnen gestellten Berufungsantrag. Insbesondere paßten sie ihr Berufungsbegehren betragsmäßig nicht an die Unterhaltsberechnung des Familiengerichts an. Sie verlasen vielmehr im Einzelrichtertermin vom 11. März 1994 ausdrücklich den Berufungsantrag aus dem Schriftsatz vom 2. Januar 1993. Damit bestehen auch bei Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 6. Juli 1993 keine durchgreifenden Bedenken gegen die Bestimmtheit des mit der Berufung weiterverfolgten Klageantrags in dem oben unter bb) dargelegten Sinn.
b) Der Antrag enthält zwar die Einschränkung, daß der Beklagte zur Zahlung der laufenden Unterhaltsrenten an die Klägerinnen verurteilt werden sollte „abzüglich der an das Landratsamt Enzkreis übergeleiteten Ansprüche”. Auch wegen dieser Einschränkung mangelt es jedoch nicht an der Bestimmtheit des Antrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Allerdings war insoweit eine Klarstellung des Klagebegehrens geboten. Diese hätte, wie die Revision hervorhebt, nach den gegebenen Umständen dazu geführt, daß die Klägerinnen Zahlung der geltend gemachten Unterhaltsbeträge an sich verlangen wollten, soweit die Ansprüche nicht durch die in ihrer Höhe feststehenden Zahlungen des Beklagten an das Kreissozialamt erloschen waren. In diesem Sinn hatte bereits das Familiengericht den erstinstanzlich gestellten Klageantrag verstanden. Diese Auffassung des Familiengerichts machten sich die Klägerinnen im Berufungsrechtszug zu eigen. Denn sie stellten im Einzelrichtertermin vom 11. März 1994 den Antrag, die Berufung des Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückzuweisen (vgl. dazu BGH Urteil vom 11. Mai 1995 – I ZR 86/93, zur Veröffentlichung bestimmt). Damit bezogen sie auch die in ihrem Berufungsantrag enthaltene Einschränkung nur auf die von dem Beklagten (bis zum 5. Oktober 1993) geleisteten Zahlungen in Höhe von zuletzt monatlich 1.303,76 DM, nicht hingegen auf die auf das Kreissozialamt übergegangenen Ansprüche. Denn diese bewegten sich unstreitig in – wechselnder – Höhe von monatlich insgesamt bis zu 1.700 DM. Die einschränkende Formulierung des mit der Berufung weiterverfolgten Klageantrags betraf mithin nicht den teilweisen Forderungsübergang auf das Sozialamt, sondern trug dem Umstand Rechnung, daß der Beklagte die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung im Verlauf des Verfahrens teilweise erfüllt hatte. Gegen die Zulässigkeit eines Begehrens auf Leistung von Unterhalt in bestimmter Höhe, soweit die Verpflichtung nicht bereits durch Zahlungen in genannter Höhe erfüllt ist, bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken.
Wie die Revision zu Recht rügt, hätte das Berufungsgericht die Klägerinnen in Anwendung des § 139 ZPO auf die Notwendigkeit der entsprechenden Klarstellung ihres Antrags hinweisen müssen, wenn es diese nicht – wie das Familiengericht – nach dem Inhalt der Akten von sich aus vornahm.
c) Mit dem aufgezeigten Verständnis der in dem Klage- und Berufungsantrag gewählten Formulierung deckt sich, daß sich die Klägerinnen durch die Vorlage des an sie (zu Händen ihres Prozeßbevollmächtigten) gerichteten Schreibens des Kreissozialamts vom 29. Dezember 1992 und der späteren bestätigenden Mitteilung vom 10. März 1994 ersichtlich auf eine ihnen hiermit von dem Kreissozialamt erteilte Einziehungsermächtigung berufen haben.
d) Dem Klagebegehren fehlt schließlich auch nicht die – vom Berufungsgericht offengelassene, jedoch in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigende Prozeßvoraussetzung der – uneingeschränkten – Prozeßführungsbefugnis der Klägerinnen.
aa) Die Prozeßführungsbefugnis steht in der Regel den Trägern des streitigen Rechtsverhältnisses, auf der Klägerseite also dem Inhaber des geltend gemachten Anspruchs zu. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist sie rechtsfremden oder lediglich teilberechtigten Personen übertragen (vgl. dazu, insbesondere zur gewillkürten Prozeßstandschaft, Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 46 I 1 bis 3 und III 1, S. 235, 237 f; Zöller/Vollkommer, ZPO, 19. Aufl., vor § 50 Rdn. 42 bis 52; BGH Urteil vom 2. Oktober 1987 – V ZR 182/86 = NJW-RR 1988, 126, 127).
bb) Verliert der Inhaber eines Anspruchs diesen im Verlauf des Rechtsstreits, etwa durch rechtsgeschäftliche Übertragung oder durch Übergang kraft Gesetzes auf einen Dritten, so hat das auf den Prozeß keinen Einfluß, § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Der bisherige Anspruchsinhaber führt den Prozeß im eigenen Namen in (gesetzlicher) Prozeßstandschaft weiter (allerdings muß er den Klageantrag in der Regel an die veränderte materielle Rechtslage anpassen, wenn ihm nicht im Einzelfall eine Einziehungsermächtigung erteilt ist).
cc) Eine solche Prozeßführung liegt auch im vorliegenden Fall vor. Als die Klägerinnen die Klage erhoben, machten sie keine rückständigen Unterhaltsforderungen geltend, sondern beschränkten ihr Begehren auf Leistung der ab Klagezustellung fällig werdenden künftigen Unterhaltsansprüche. Diese standen ihnen uneingeschränkt als eigene Rechte zu. Auch wenn die Überleitung auf das Kreissozialamt vom 13. August 1987 grundsätzlich künftige Unterhaltsansprüche mit umfaßte (§ 90 Abs. 2 BSHG), stand sie insoweit unter der aufschiebenden Bedingung, daß in Zukunft tatsächlich Unterstützungsleistungen an die Klägerinnen erbracht wurden. Demgemäß ließ sie die Aktivlegitimation der unterhaltsberechtigten Klägerinnen für die zukünftigen Unterhaltsansprüche unberührt (vgl. Senatsurteil vom 7. Oktober 1981 – IVb ZR 598/80 = FamRZ 1982, 23, 25 m.w.N.).
Die im Verlauf des Rechtsstreits erfolgte Überleitung der Unterhaltsansprüche durch das Kreissozialamt hatte ebenso wie der Übergang der Ansprüche aufgrund der Neufassung des § 91 BSHG durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (vom 23. Juni 1993, in Kraft getreten am 27. Juni 1993, BGBl. I 944, 952) auf die Prozeßführungsbefugnis der Klägerinnen keinen Einfluß. Soweit ihre Unterhaltsansprüche danach in Höhe der ihnen jeweils gewährten Sozialhilfe auf den Sozialhilfeträger übergingen, führten sie den Rechtsstreit gemäß § 265 Abs. 2 ZPO in (gesetzlicher) Prozeßstandschaft fort.
e) Aus den dargelegten Gründen kann das angefochtene Urteil, soweit es auf die Berufung des Beklagten das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen hat, nicht bestehenbleiben.
Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Berufung der Klägerinnen hat keinen Bestand. Diese Berufung ist, wie dargelegt, entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht mangels Bestimmtheit der Berufungsanträge unzulässig.
Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, bislang keine Feststellungen zum Umfang der von dem Beklagten in der maßgeblichen Zeit seit Klagezustellung erzielten bzw. ihm zuzurechnenden Einkünfte getroffen und sich insbesondere nicht mit dem behaupteten, jedoch von den Klägerinnen als unterhaltsrechtlich unbeachtlich bezeichneten Wegfall der Mehrarbeit des Beklagten ab 1. Oktober 1992 sowie seinem Arbeitsplatzwechsel zum 31. Januar 1993 und dem damit angeblich verbundenen Rückgang seiner Einkünfte befaßt. Deshalb ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Soweit die Klägerinnen weiterhin auch insoweit Zahlung an sich verlangen, als die Unterhaltsansprüche auf den Sozialhilfeträger übergegangen sind, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob ihr Begehren insoweit trotz Verlustes der Anspruchsinhaberschaft aufgrund einer – materiell-rechtlich wirkenden – Einziehungsermächtigung durch den Sozialhilfeträger begründet ist.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 1128079 |
Nachschlagewerk BGH |