Leitsatz (amtlich)

Beider Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruches, der als Geldsummenanspruch der Umstellung in Verhältnis 1:1 unterliegt, sind Aktivbestandteile des Nachlasses in Reichsmark zu bewerten, Nachlaßverbindlichkeiten sind mit ihrem vollen Reichsmarkbetrag anzusetzen, sofern nicht § 2313 BGB eingreift. Die Behandlung solcher Forderungen und Verbindlichkeiten durch die Umstellungsgesetze ist hierbei nicht zu berücksichtigen.

Hat eine einheitliche Geschäftsverbindung zwischen mehreren Personen zu beiderseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten geführt, die gegenseitig verrechnet werden, und sind diese nur teilweise sicher und unzweifelhaft, so dürfen die zweifellos bestehenden Ansprüche oder Verbindlichkeiten aus einer solchen Geschäftsverbindung nicht als solche behandelt und die ungewissen Forderungen bezw. Verbindlichkeiten als ungewiss ausser Ansatz bleiben. Die hieraus sich ergebende unbillige Benachteiligung des Pflichtteilsberechtigten verlangt, dass das Rechtsverhältnis als ein ganzes behandelt und die beiderseitigen Forderungen insoweit unberücksichtigt bleiben, als die sicheren bei dem Bestehen ungewisser Forderungen sich mit diesen decken.

 

Normenkette

UmstG §§ 13, 16, 18 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 2313

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 30.11.1951)

 

Tenor

Das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30. November 1951 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist der einzige Sohn und gesetzliche Erbe des am 3. Mai 1945 zu B. verstorbenen Feinmechanikers Walter E., der in B.-Sch. eine feinmechanische Werkstätte betrieb. Der Verstorbene hat die Beklagte zu 1), mit der er bis zu seinem Tode zusammenlebte und die seit 1925 auch in dem Betrieb der Werkstätte tätig war, zur Alleinerbin eingesetzt. Der Kläger macht gegen sie seinen Pflichtteilsanspruch geltend. Er behauptet, zu dem Nachlass gehöre die feinmechanische Werkstätte, deren Wert zur Zeit des Erbfalls von ihm mit 8.010 RM veranschlagt wird, ausserdem eine Forderung gegen die Firma A.-Werke AG in B.-F., B.allee … in Höhe von 10.000 bis 24.000 RM. Der Wert des Gesamtnachlasses betrage – abgesehen von diesen Anspruch – 10.533,65 RM. Mit der Klage macht der Kläger einen Teilbetrag des im Verhältnis 1: 1 von RM in DM-West umgestellten Pflichtteilsanspruchs in Höhe von 3.000 DM-West geltend und hat beantragt,

1.) die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 3.000 DM-West zu verurteilen mit der Massgabe, dass die Leistung nur auf ein Konto des Klägers bei einem Kreditinstitut oder dem Postscheckamt in den Westsektoren von Berlin erfolgen darf,

2.) den Beklagten zu 2) zur Duldung der Zwangsvollstreckung in des eingebrachte Gut seiner Ehefrau zu verurteilen.

Die Beklagten haben um Abweisung der Klage gebeten.

Sie behaupten, zwischen dem Erblasser und der Besagten zu 1) sei mündlich vereinbart worden, dass sie an dem Betrieb zur Hälfte beteiligt sein solle. Sie habe für ihre Tätigkeit in denselben weder Lohn noch Gehalt bekommen. Die Werkstätte habe daher nur zur Hälfte zum Nachlass gehört. Der von dem Kläger angegebene Wert des Nachlasses sei überhöht. Der Nachlass sei überschuldet gewesen. Ausser anderen geringfügigen Schulden hatten Verbindlichkeiten gegenüber den A.-Werken im Höhe von 11.416,87 RM und gegenüber der Commerzbank im Betrag von 1.089,56 RM bestanden. Dem Kläger stehe daher kein Pflichtteilsanspruch zu.

Das Landgericht in Berlin hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht nach dem Klageantrag erkannt. Mit der im Berufungsurteil zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, hilfsweise Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Der Kläger hat um Zurückweisung der Revision gebeten.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt, ihr kann der Erfolg nicht versagt werden.

1) Da ausser dem Kläger gesetzliche Erben seines verstorbenen Vaters nicht vorhanden sind, hat er gegen die Beklagte als dessen testamentarische Erbin einen Pflichtensteilsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des Nachlasses (§§ 1924 Abs. 1, 2303 Abs. 1 BGB). Massgebend für die Berechnung der Höhe des Anspruchs ist der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Todes des Erblassers (2311 Abs. 1 Satz 1 a.a.O.). Bestehen Nachlassverbindlichkeiten, so sind diese zunächst von dem Wert des Aktivbestandes des Nachlasses abzusetzen. Verbleibt dabei ein Überschuss der Aktiven über die Nachlaßschulden, so ist der Pflichtteil von den Differenzbetrag zu errechnen; übersteigen die Verbindlichkeiten den Wert der Nachlassaktiven, so ist ein Pflichtteilsanspruch nicht entstanden. Veränderungen, die der Nachlass nach dem Eintritt des Erbfalls erfährt, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Das ist vom Berufungsrichter nicht verkannt worden. Rechtlichen Bedenken unterliegt jedoch die Berücksichtigung und die Bewertung einzelner Aktiv- und Passivposten des Nachlasses des Walter E. zum Zwecke der Ermittlung des Wertes des Nachlasses.

2) Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte an der unter dem Namen des Verstorbenen betriebenen feinmechanischer Werkstätte als Teilhaberin im Innenverhältnis beteiligt war. Da gewerbliche Unternehmen bezw. Beteiligungen an solchen Aktivbestandteil eines Nachlasses sein können (Urteil des Senats vom 22.1.1951 – IV ZR 172/50 – Lindenmaier-Möhring Nachschlagewerk Nr. 1 zu § 1922), hängt von der Entscheidung dieser Frage ab, ob der Wert des Betriebes und des Betriebsvermögens in voller Höhe oder nur zur Hälfte bei der Errechnung des Pflichtteilsanspruchs zu berücksichtigen ist. Der Berufungsrichter sieht eine rechtsverbindliche Beteiligung der Beklagten zu 1) auf Grund der Aussage des Zeugen L. nicht als erwiesen an. Die Revision rügt, dass diese Feststellung getroffen sei, ohne die weiter von den Beklagten für die gegenteilige Behauptung angebotenen Beweise zu erheben.

Das Berufungsurteil und die Revision scheinen davon auszugehen, dass die Nichterweisbarkeit zu Ungunsten der Beklagten zu berücksichtigen sei. Damit wird die Beweislast verkannt. Der Pflichtteilsberechtigte ist für alle Tatsachen beweispflichtig, von denen der Grund und die Höhe des von ihm erhobenen Anspruchs abhängt. Ob sich die Beweislast umkehrt oder ob es bei der Beweiswürdigung als Umstand zu Gunsten des beweisbelasteten Pflichtteilsberechtigten zu würdigen ist, wenn der Erbe seine gesetzliche Auskunftspflicht verletzt (§ 2314 BGB ist hier nicht zu entscheiden; denn es ist nichts dafür dargetan, dass die Beklagten schuldhaft diese Pflicht nicht erfüllt hätten. Zur vollständigen Aufklärung hätten daher die von den Beklagten benannten Zeugen M. und Käthe R. über die Beteiligung der Beklagten zu 1) an dem Unternehmen und der erneut benannte Zeuge L. über die Darlehensgewährung nach Massgabe der Schriftsätze vom 15. Oktober 1949 und 14. April 1950 (Bl 48, 49 und 77 GA) vernommen werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Bei dem Ergebnis, zu dem der Vorderrichter gelangt ist, hätte er sich ohne die Anhörung der genannten Zeugen nicht zum Nachteil der Beklagten mit der Feststellung begnügen dürfen, dass sie einen Beweis für ihre Behauptung nicht erbracht hätten.

Aus den gleichen Gründen hätte das Berufungsgericht nicht darüber hinweggehen dürfen, dass die Beklagten in den Schriftsätzen vom 14. April bezw. 14. Juli 1949 (Bl. 20 und 37 GA) Beweis dafür erboten hatten, dass die von dem Kläger angegebenen Werte des Geschäftsinventars übersetzt waren, nachdem diese Anträge in der Berufungsinstanz ausdrücklich wiederholt worden waren (Bl. 120 GA). Entweder hätte der Sachverständigenbeweis erhoben oder dargelegt werden müssen, warum davon abgesehen wurde.

3) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, wenn es im Gegensatz zum Landgericht eine Überschuldung des Nachlasses deshalb nicht für gegeben hält, weil die Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der Firma A.-Werke und der Commerzbank nicht mit ihrem vollen ursprünglichen Reichsmarkbetrag, sondern nur mit einem Zehntel desselben in Abzug gebracht werden dürften. Es meint, eine Verbindlichkeit habe die Zahlung eines bestimmten Betrages zum Gegenstand, von dem man annehme, dass ihn der Schuldner einmal zahlen werde. Daher sei man berechtigt, den Betrag der Schuld von dem der Aktiven abzuziehen. An und für sich bedeute eine Verbindlichkeit noch keine Minderung der vorhandenen Sachwerte, erst durch die Zahlung komme sie materiell zur Geltung. Es werde diese Zahlung fingiert, auf dieser Fiktion beruhe der Grundsatz des § 2311 BGB. Da Schulden aber durch die Währungsumstellung generell im Verhältnis 10: 1 umgestellt seien, lasse sich diese Fiktion nicht mehr aufrecht erhalten. Daraus folge, dass Verbindlichkeiten, die vor der Währungsreform noch nicht erfüllt gewesen seien, nur in der Höhe abgesetzt werden könnten, wie sie nach der Währungsreform fortbestünden. Das Gleiche gelte von Forderungen, die zu einem Nachlass gehörten. Es handele sich nicht um die Berücksichtigung einer nach dem Erbfall eingetretenen Änderung des Nachlasswertes, sondern um die Ermittlung des inneren Wertes von Forderungen und Verbindlichkeiten, die nur in der Höhe berücksichtigt werden könnten, wie sie tatsächlich erfüllt zu werden brauchten. Das habe allerdings zur Folge, dass der Pflichtteilsanspruch verschieden hoch sei, je nachdem er vor oder nach der Währungsumstellung geltend gemacht werde. Diese dürfe aber als allgemeine gesetzliche Regelung bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht unberücksichtigt bleiben. Das Ergebnis dieser Auffassung entspreche dem Wesen des Pflichtteilsanspruchs, nämlich den Pflichtteilsberechtigten wirtschaftlich so zu stellen, als ob er zur Hälfte des gesetzlichen Erbteils Erbe geworden wäre. Diese Erwägungen des Berufungsrichters halten einer Nachprüfung nicht stand. Sie beruhen auf einer Verkennung des Wesens des Pflichtteilsanspruchs und der Währungs- und Umstellungsgesetzgebung des Jahres 1948, hier insbesondere der Berliner Umstellungsverordnung vom 4. Juli 1948.

Das deutsche Recht unterscheidet zwischen Geldsummen- und Geldwertansprüchen. Beide Arten sind auf Leistung von Geld gerichtet, die ersteren haben jedoch die Leistung einer durch ein Vielfaches der Währungseinheit bestimmten Geldmenge zum Gegenstand, während die letzten auf Leistung einer Geldmenge gerichtet sind, deren Umfang durch eine Beziehung zu nichtwährungsrechtlichen Elementen bestimmt werden, wie dem Preis einer Ware zu einer bestimmten Zeit oder dem Wert eines Gegenstandes oder einer sogenannten Indexzahl, und infolgedessen dem Umfang nach – gemessen an Währungseinheiten – unbestimmt sind. Wegen ihrer Bindung an eine von vornherein bestimmte Anzahl von Währungseinheiten unterlagen Geldsummenansprüche bei dem Währungsverfall nach dem ersten Weltkrieg der Aufwertung nach § 242 BGB und nach den Aufwertungsgesetzen in den Jahren 1924 und folgende. Geldwertansprüche bedurften einer Aufwertung nicht, denn bei ihnen ergab sich die Anpassung an die Wertminderung der Währung durch den für sie gewählten Maßstab, dessen Anwendung der Veränderung der Kaufkraft des Geldes hinreichend Rechnung trug. Auch der Umstellung nach den Währungs- und Umstellungsgesetzen unterliegen grundsätzlich Geldwertansprüche nicht, sofern sie nicht nach einem umstellungsfähigen Grundbetrag zu berechnen sind (Beschluss von 26. Juni 1952 – IV ZB 47/52).

Pflichtteilsansprüche sind Geldsummenansprüche. Ihr Betrag wird durch den Bestand und den Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalles endgültig und eindeutig festgelegt. Nachträgliche Änderungen der Berechnungsgrundlagen sind ohne Einfluss auf die Höhe der Pflichtteilsleistung. Dass der Pflichtteilsberechtigte wirtschaftlich so dastehen soll, als sei er zur Hälfte seines gesetzlichen Erbteils Erbe geworden, berührt nur die Berechnung der Höhe des Anspruchs, nicht aber ändert sich deswegen sein nach § 2311 BGB errechneter Umfang entsprechend dem jeweiligen Wert oder Bestand des Nachlasses. Der Gläubiger des Anspruchs teilt in der Regel nicht die Risiken, die mit Vermögensbesitz durch Einflüsse des Wirtschaftslebens oder der Gesetzgebung verbunden sind. Dieses Risiko hat nur der Erbe zu tragen. Gerade weil der Pflichtteilsanspruch ein Geldsummenanspruch und kein Geldwertanspruch ist, unterlag er der Aufwertung, wie in RGZ 116, 5 hervorgehoben wird. Deswegen gehört er auch zu denjenigen Geldforderungen, auf die das Umstellungsgesetz anzuwenden ist. Dies wird durch die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 3 UmstG = Art-Nr. 36 a 3 BerlUmstVO noch ausdrücklich bestätigt.

Sind aber Pflichtteilsansprüche umstellbare Forderungen nach den Umstellungsgesetzen, so werden sie von diesen so erfasst, wie sie bei ihrem Inkrafttreten bestanden. War ein Pflichtteilsrecht nicht zur Entstehung gelangt, weil der Nachlass zur Zeit des Erbfalls überschuldet war, oder war er vor der Währungsreform durch Zahlung oder aus einem anderen Grunde erloschen, dann hat ein umstellungsfähiges Recht nicht bestanden. Es folgt daraus, dass keine „rückwirkende” Umstellung stattfinden kann, wie es z.B. Münzel in DRZ 1949, 417 für möglich hält, eine Ansicht, die in dem Urteil des III. Zivilsenats vom 24. Januar 1952 – III ZR 192/50 – (NJW 1952, 700) mit zutreffenden Gründen abgelehnt wird, ebenso vom Oberlandesgericht Celle in NJW 1952, 706. Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 22. November 1951 – IV ZR 37/51 – ist ein abweichender Standpunkt nicht zu entnehmen, wie in der Anmerkung dazu bei Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk Nr. 1 zu § 2313 BGB ausgeführt wird. Wie der Senat vielmehr in den Urteil vom 29. März 1951 – IV ZR 29/50 (Lindenmaier-Möhring a.a.O. Nr. 2 zu UmstG §§ 13, 16) und dann wiederholt ausgesprochen hat, hat die Umstellungsgesetzgebung, um das von ihr verfolgte Ziel der Neuregelung des Geldwesens zu erreichen, Härten in Kauf nehmen müssen. Billigkeitsgründe könnten daher für die Auslegung der Währungsgesetze nicht herangezogen werden. Es ist deshalb kein Platz für Erwägungen, wie sie die Oberlandesgerichte München (NJW 1950, 73), Düsseldorf (ebenda S. 602) und Koblenz (NJW 1950, 720) angestellt haben, um Härten in solchen Fällen auszugleichen, in denen die Umstellung des Pflichtteilsanspruchs im Verhältnis 1: 1 den davon betroffenen Erben nachteilig trifft, oder – wie hier – den Gläubiger des Anspruchs, den Pflichtteilsberechtigten benachteiligt. Erwägungen, wie sie auch der Berufungsrichter anstellt, laufen darauf hinaus, das Ergebnis, zu dem die Währungsgesetze notwendig führen, dadurch zu korrigieren, dass man in der Aufwertungsrechtsprechung vom Reichsgericht entwickelte Grundsätze wie den von der Berücksichtigung des „inneren Wertes” der Forderung und des gesetzgeberischen Grundes für die Ausgestaltung des Inhalts der Forderung auf den umgestellten Anspruch anwendet. Neben der Umstellung kann aber nicht selbständig eine „Ab- oder Aufwertung” auf Grund des § 242 BGB stattfinden. Denn die Umstellung unterscheidet sich dadurch wesentlich von der Aufwertung nach § 242 a.a.O. oder dem Aufwertungsgesetz vom 10. Juli 1925, dass hier kein Ausgleich für von einem Währungsverfall betroffene Ansprüche zwischen Gläubiger und Schuldner gefunden werden soll, sondern dass lediglich vor der Währungsreform entstandene Schuldverhältnisse der neuen Währung und dem neu geschaffenen Geldumlauf angepasst werden sollen (vgl. v. Caemmerer, SJZ 1948, 499). Demgemäss werden alle von dem Umstellungsgesetz nach § 13 betroffenen Schuldverhältnisse rein schematisch umgestellt, ohne dass wie bei der Aufwertung auf einen „inneren Wert” nach Massgabe ihrer Entstehungszeit und des damals bestehenden Grades der Kaufkraftminderung der Währung Rücksicht genommen wird. Daher unterliegen alle Ansprüche ungeachtet der Zeit ihrer Entstehung derselben Umstellung. Die Währungsgesetzgebung hat sich zu dem Satz Mark = Mark bekannt, wie es in den Vorschriften der §§ 2 des WhhrG und § 18 Abs. 1 UmStG zum Ausdruck kommt. Wenn es aber dem Gesetzgeber zwar mässig und auch billig erschien, abweichend von dem Aufwertungsrecht der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, von der Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falles abzusehen und im Interesse einer klaren und fasten Ordnung des Geldwesens alle Geldsummenansprüche gleichmässig zu behandeln, so muss das in Kauf genommen werden trotz aller Härten im Einzelfall oder bei bestimmten Gruppen von Ansprüchen. Die Gründe, die zur Anerkennung von Aufwertungsansprüchen geführt habe, sind bei der Währungsumstellung nicht gegeben. Billigkeitserwägungen würden zu einer erneuten Rechtsunsicherheit und auch wieder zu anderen Härten führen, wie Willms in NJW 1950, 351 zutreffend ausgeführt hat und wie auch der Berufungsrichter nicht verkennt. Die einzige Möglichkeit, einen Ausgleich für die durch die schematische Umstellung der Geldforderungen geschaffene Lage mit den Verhältnissen des einzelnen Falls zu finden, bietet das im Umstellungsgesetz vorgesehene Verfahren nach § 21 UmstG (jetzt nach dem Vertragshilfegesetz von 26. März 1952 [BGBl S. 198]). Ausserhalb dieses Verfahrens fehlt jede rechtliche Grundlage für die Berücksichtigung der durch die Währungsneuordnung geschaffenen Lage zum Zwecke der Ermittlung des Nachlasswertes für vor der Umstellung entstandene Pflichtteilsansprüche. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich der Erbe Sachwerte hat erhalten können oder ob die Nachlassaktiven durch den Währungsverfall und die Währungsneuordnung betroffen wurden. Ob den Ausführungen des Berufungsurteils darüber zuzustimmen wäre, dass der innere Wert der Forderung auf der Fiktion beruht, dass der Anspruch auf eine Zahlung in der Währung zur Zeit der Entstehung des Anspruchs führt, und dass diese Fiktion wegfällt, wenn die Währung vor der Zahlung geändert wird, kann demnach dahinstehen. Es erübrigt sich auch, auf die Bedenken der Revision hierzu einzugehen.

4) Vorausgesetzt, dass der Bestand und der Wert des Nachlasses des Walter E. richtig ermittelt sind, würde dem Landgericht abweichend vom Berufungsrichter darin zuzustimmen sein, dass der Nachlass zur Zeit des Erbfalls überschuldet war und dass infolgedessen dem Kläger ein Pflichtteilsanspruch nicht zusteht. Rechtliche Bedenken bestehen jedoch abgesehen von den bereits oben erwähnten auch insoweit, als von beiden Vorderrichtern die Verbindlichkeit des Erblassers gegenüber der Firma A.-Werke in Höhe von 11.416 RM in Ansatz gebracht wird. Nach § 2313 Abs. 1 und 2 BGB bleiben bei der Feststellung des Wertes des Nachlasses für die Pflichtteilsberechnung ungewisse oder unsichere Rechte und zweifelhafte Verbindlichkeiten ausser Ansatz. Die Forderung der A.-Werke beruht aber möglicherweise auf einer fortlaufenden Geschäftsverbindung, die zwischen dem Erblasser und dieser Firma bestand. Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, die in der Berufungsinstanz nicht angegriffen und vom Berufungsurteil offenbar übernommen worden sind, hatte Walter Engelke von den Werken Vorauszahlungen erhalten, für die infolge der Kriegsereignisse Gegenleistungen von dem Empfänger nicht mehr erbracht wurden und deren Rückzahlung daher von den A.-Werken verlangt wurde. Die Werke haben für ihre Forderung auch gegen die Beklagte zu 1) bei dem Amtsgericht Schöneberg am 20. März 1951 in der Sache 3 C 104/51 ein Urteil über 982,21 DM erwirkt. Dieses Urteil war jedoch zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht rechtskräftig geworden; das Berufungsverfahren war bei dem Landgericht in Berlin unter dem Aktenzeichen 25 S 246/.. anhängig. Wenn das Landgericht und das Berufungsgericht diese Forderung unter die Passiven des Nachlasses Engelke als unzweifelhafte Nachlassverbindlichkeit aufgenommen haben, so würde dem zugestimmt werden können, wenn aus der Geschäftsverbindung andere Forderungen und Verbindlichkeiten zweifellos nicht vorhanden wären. Das ist aber nicht so. Der Kläger hatte sich darauf berufen, dass seinem Vater gegen die A.-Werke eine Forderung von 10.000 bis 24.000 RM zugestanden habe, um welche sich der Wert des Nachlasses erhöhe, Diese Forderung soll auf einem Auftrag beruhen, den die A.-Werke dem Erblasser für die Entwicklung eines Oscillographen erteilt hätten. Die Firma A.-Werke hat den Landgericht eine Auskunft dahin erteilt, dass die Unterlagen aus der Zeit vor der Kapitulation infolge der Kriegsereignisse verloren gegangen seien und dass sie die Frage nicht beantworten könne, ob sie dem Erblasser einen Entwicklungsauftrag für Oscillographen erteilt habe und ob etwaige Forderungen aus diesem Auftrag am 3. Mai 1945 wenigstens teilweise abgerechnet worden seien. Die vom Landgericht vernommenen Zeugen Me. und F. haben Bekundungen gemacht, die zu Gunst der Richtigkeit der klägerischen Behauptungen zu werden sind. Das Landgericht hat jedoch bei dieser Sachlage trotzdem den Bestand und die Höhe der Forderungen für ungewiss erachtet und die Forderung unter den Aktiven nicht zum Ansatz gebracht. Es hätte dann aber auch die Gegenforderung der Werke an den Erblasser nicht ohne weiteres unter den Passiven des Nachlasses angesetzt werden dürfen. Es hätte geprüft werden müssen, ob es sich bei den Beziehungen Walter E. zu den A.-Werken nicht um eine einheitliche Geschäftsverbindung handelt, die zu gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten geführt hat, die von Zeit zu Zeit miteinander verrechnet wurden. Denn unter diesen Voraussetzungen würde auch der Verbindlichkeit des Erblassers aus der erhaltenen Zuvielzahlung die Eigenschaft der gewissen Verbindlichkeit im Sinne des § 2313 Abs. 2 BGB nicht mehr zukommen. Diese wäre nur dann vorhanden, wenn gewiss ist, dass eine Gegenforderung, die zur Verrechnung geeignet war, nicht bestand. Solange diese zweifelhaft war, muss auch die Verbindlichkeit des Nachlasses aus zuviel erhaltenen Betragen (Vorauszahlung) als unsicher und zweifelhaft behandelt werden. Das Gegenteil anzunehmen, würde eine unbillige Benachteiligung des Klägers bedeuten. Es kann, wenn sich aus einem einheitlichen Lebensverhältnis beiderseitige Forderungen und Verbindlichkeiten möglicherweise ergeben haben, die, soweit sie sich decken würden, durch Verrechnung getilgt würden, ein Teil der Ansprüche aus diesem Verhältnis, deren Entstehungstatbestand geklärt ist, nicht als sicher im Sinne des § 2313 Abs. 2 BGB behandelt werden, während hinsichtlich des anderen Teils die Frage ihres Bestandes nicht geklärt werden kann. Die beiderseitigen Rechte und Verbindlichkeiten, die in einem solchen Zusammenhang stehen, sind einheitlich zu behandeln. Der Rechtsstreit zwischen der Beklagten zu 1) und den Askania-Werken hat die Klärung nicht erbracht. Das Urteil ist zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht rechtskräftig gewesen. Die Beklagte hat gegenüber dem Anspruch der A.-Werke nur mit einem viel geringeren angeblichen Gegenanspruch aufgerechnet. Abgesehen davon, dass dieses Urteil in diesem Rechtsstreit die Parteien dieses Prozesses nicht bindet, darf bei der Würdigung des Verhaltens der Beklagten nicht ausser acht gelassen werden, dass sie im Hinblick auf die Folgen für den hier anhängigen Rechtsstreit nicht daran interessiert war, etwaige Forderungen des Erblassers in voller Höhe geltend zu machen.

Da das Berufungsgericht den Sachverhalt noch nicht unter diesem Gesichtspunkt geprüft und den Parteien keine Gelegenheit gegeben hat, dazu Stellung zu nehmen kann der Rechtsstreit in dieser Instanz nicht zum Abschluss gebracht, sondern muss an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. In der erneuten Verhandlung wird sich dann das Gericht auch darüber schlüssig zu machen haben, ob es nicht zur Aufklärung des Sachverhalts von der Möglichkeit Gebrauch machen will, die Beklagte zu 1), die über die geschäftlichen Verhältnisses des Erblassers durch ihre langjährige Mitarbeit im Betrieb unterrichtet war, gemäss § 448 ZPO über die Geschäftsverbindung mit den A.-Werken zu vernehmen.

In dieser Verhandlung wird auch die Frage nochmals erörtert werden müssen, ob nicht auch die an die Beklagte auf Grund eines Lebensversicherungsvertrages gezahlte Versicherungssumme als Aktivbestandteil des Nachlasses zu betrachten ist. Das Berufungsurteil enthält darüber nur die Feststellung, dass die Lebensversicherungssumme nicht berücksichtigt worden ist, ohne dass ersichtlich ist, ob diese Feststellung das Ergebnis einer rechtlichen und sachlichen Prüfung des Parteivorbringens ist. Zwar gehört die Versicherungssumme aus einer Kapitalversicherung, wie sich aus § 167 Abs. 2 VVG ergibt, im Zweifel nicht zum Nachlass, auch wenn sie den Erben zugewandt ist. Da dies aber von der Auslegung des Versicherungsvertrages abhängt, hätte geprüft werden müssen, ob hier nicht abweichend von der Regel die Lebensversicherungssumme bezw. der Anspruch darauf Nachlassbestandteil geworden ist. Abgesehen hiervon hat das Berufungsgericht nicht geprüft, ob nicht wenigstens die Prämiensumme, die der Erblasser aufgewandt hat, als Schenkung des Erblassers an die Beklagte zu 1) Grundlage für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch bildet (RGZ 128, 190).

Aus diesen Gründen war, wie geschehen, zu erkennen.

 

Unterschriften

Dr. Lersch, Ascher, Raske, Kregel, v. Werner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1678617

BGHZ, 134

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