Leitsatz (amtlich)

a) Bei Leistungsfreiheit des Kfz-Haftpflichtversicherers infolge einer nur vom Versicherungsnehmer verschuldeten Obliegenheitsverletzung schließt § 158 i VVG lediglich den Rückgriff des Versicherers gegen einen Versicherten aus, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist. In einem solchen Falle kann § 158 i VVG nicht erweiternd dahin ausgelegt werden, daß der Versicherer dem Versicherten zur Leistung verpflichtet bleibt.

b) Ein Sozialversicherungsträger, der ein bei ihm versichertes Unfallopfer entschädigt hat, aber gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer nach den §§ 3 Nr. 6 PflVG, 158 c Abs. 4 VVG keinen Anspruch auf Schadensersatz hat („krankes” Versicherungsverhältnis), kann wegen seines Anspruchs aus § 1542 RVO gegen den am Unfall beteiligten, mitversicherten Fahrer unter den Voraussetzungen des § 158 i VVG keinen Rückgriff nehmen.

 

Normenkette

VVG §§ 158i, 158c Abs. 4; PflVG § 3 Nr. 6; AKB § 3 Nr. 3; RVO § 1542

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 17.09.1974)

LG Ravensburg

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. September 1974 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin fordert als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 1542 RVO Schadensersatz vom Beklagten wegen eines von ihm als LKW-Fahrer verschuldeten Unfalls, bei dem ein bei der Klägerin versicherter Arbeiter der Firma Daimler-Benz AG getötet worden ist.

Auf Weisung seiner damaligen Arbeitgeberin, der Firma Hilde M. in T./Allgäu, beförderte der Beklagte eine Ladung Hobelbretter mit einem firmeneigenen LKW von Kaufbeuren zum Werk Sindelfingen der Firma Daimler-Benz AG. Dort wies der Werkspförtner den Beklagten an, auf dem Werksgelände bis zu einer Baustelle weiterzufahren, an der die Bretter abgeladen und verwendet werden sollten. Auf diesem Fahrtabschnitt rutschte ein Holzstapel von der Ladefläche des LKWs ab und traf einen Arbeitnehmer der Firma Daimler-Benz AG, Hermann R. tödlich. Der Unfall war durch die – dem Beklagten seit Fahrtantritt bekannte – unzureichende Sicherung der Ladung verursacht worden.

Die Firma M. hatte den LKW nur für den Einsatz im Güternahverkehr haftpflichtversichert. Sindelfingen lag außerhalb der Nahverkehrszone. Wegen der vertragswidrigen Verwendung des LKWs, von der der Beklagte nichts wußte, lehnte der Haftpflichtversicherer des LKWs den Versicherungsschutz für den Unfall gemäß § 2 Nr. 2 a AKB sowohl gegenüber der Halterin (Firma M.) als auch gegenüber dem Beklagten ab und weigerte sich auch, der Klägerin Schadensersatz zu leisten.

Die Klägerin hat der Ehefrau R. Witwenrente zu gewähren. Die Versicherungsleistungen der Klägerin betrugen in der Zeit vom 23. Oktober 1970 bis 31. Dezember 1972 rund DM 17.500,00. Hiervon macht der Unterhaltsschaden, der für den Anspruchsübergang auf die Klägerin gemäß § 1542 RVO in Betracht kommt, nach der Berechnung der Landesversicherungsanstalt (LVA) Württemberg, die als Rentenversicherungsträger ebenfalls leistungspflichtig ist, insgesamt DM 6.415,39 aus. Die Parteien sind dieser Berechnung nicht entgegengetreten.

Die LKW-Halterin hat ihre Ersatzpflicht gegenüber der Klägerin anerkannt. Sie ist aber derzeit zahlungsunfähig, so daß es der Klägerin nicht gelungen ist, ihren Ersatzanspruch auch nur teilweise zu realisieren.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Ersatz eines Teils ihrer Aufwendungen. Sie beschränkt diesen Anspruch endgültig auf DM 5.000,– und hat erklärt, daß sie auch für ihre zukünftigen Aufwendungen keine weiteren Ansprüche geltend machen werde.

Der Beklagte meint, der Rückgriff der Klägerin richte sich nicht nach § 1542 RVO, sondern nach § 640 RVO, dessen Voraussetzungen aber nicht erfüllt seien.

Das Landgericht hat der Klage – bis auf einen geringfügigen Teil des Zinsanspruchs – stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

I.

Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, daß der Beklagte nicht in den Betrieb des Arbeitgebers des getöteten Arbeiters R. eingegliedert gewesen sei und sich daher nicht auf das Haftungsprivileg der §§ 636, 637 RVO berufen könne, so daß der Rückgriffsanspruch der Klägerin nicht von den einschränkenden Voraussetzungen des § 640 RVO abhänge.

In dem Unterlassen einer Prüfung, ob die Klägerin nicht doch gemäß § 640 Abs. 1 RVO Ersatz ihrer Aufwendungen vom Beklagten verlangen kann, liegt kein Rechtsfehler des Berufungsgerichts. Der Anspruch des Sozialversicherungsträgers aus § 640 Abs. 1 RVO ist ein selbständiger, „originärer” Anspruch auf Ersatz aller durch Gesetz oder Satzung bedingten Aufwendungen, die dem Sozialversicherungsträger infolge des Arbeitsunfalls entstehen (BSG JZ 1975, 127 f; BGHZ 57, 314, 317, jeweils mit weiteren Nachweisen). Er weist zwar Ähnlichkeiten – insbesondere in der Zielrichtung – mit dem aus einem Unfall erwachsenden Schadensersatzanspruch nach bürgerlichem Recht auf, ist jedoch weder in den Voraussetzungen noch seinem Inhalt nach diesem bürgerlichrechtlichen Anspruch gleichzuachten (vgl. BGHZ 57, 314, 317 f m.w.N.). Einen solchen Ersatzanspruch aus eigenem Recht hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Sie hat die Klage vielmehr ausschließlich auf einen Anspruch auf Ersatz des der Witwe des Getöteten entstandenen Unterhaltsschadens (§ 844 Abs. 2 BGB) aus übergegangenem Recht (§ 1542 RVO) gestützt. Da das Berufungsgericht diesen Anspruch als unbegründet erachtet hat, mußte es die Klage abweisen, ohne zuvor prüfen zu müssen, ob die Klägerin Aufwendungsersatz nach § 640 Abs. 1 RVO verlangen könne. Die Revision hat insoweit auch keine Rüge erhoben.

II.

Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, daß den Beklagten an der der Fahrzeughalterin zur Last fallenden Obliegenheitsverletzung – dem Verstoß gegen die Verwendungsklausel des § 2 Nr. 2 a AKB – kein Verschulden treffe. Diese Auffassung steht im Einklang mit dem Vorbringen beider Parteien und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht als entscheidende Vortrage für die Beurteilung des Schadensersatzanspruchs angesehen, ob der mitversicherte Fahrer nach einer allein vom Versicherungsnehmer (und Fahrzeughalter) verschuldeten Obliegenheitsverletzung doch Versicherungsschutz vom Kfz-Haftpflichtversicherer verlangen könne oder nicht. Diese Frage ist in der Tat erheblich (siehe unten, insbesondere III.), vom Berufungsgericht, das den Deckungsanspruch des mitversicherten Fahrers bejaht hat, aber rechtsirrig beantwortet worden.

Das Berufungsgericht leitet den Versicherungsschutzanspruch aus dem Zweck der Kfz-Haftpflichtversicherung ab, auch der Fahrer solle vor wirtschaftlich unübersehbaren Risiken im öffentlichen Interesse geschützt werden, und meint, § 158 i VVG sei zumindest im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin zu verstehen, daß der Versicherer unter den in dieser Vorschrift angegebenen Voraussetzungen für den Regelfall beim mitversicherten Fahrer nicht nur keinen Rückgriff nehmen dürfe, sondern ihm gegenüber auch zur Versicherungsleistung verpflichtet bleibe. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat § 3 Nr. 3 Satz 1 AKB übersehen oder zumindest nicht gewürdigt. Aus dieser Klausel folgt das gegenteilige Ergebnis. Die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB), die der von der Firma Mindel abgeschlossenen Kfz-Haftpflichtversicherung zugrunde liegen, bestimmen in dieser Klausel folgendes:

„Ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei, so gilt dies auch gegenüber allen mitversicherten und sonstigen Personen, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen.”

Der mitversicherte Fahrer, der an einer zur Leistungsfreiheit führenden Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers schuldlos ist, könnte daher nur dann Versicherungsschutz vom Kfz-Haftpflichtversicherer verlangen, wenn § 3 Nr. 3 Satz 1 AKB gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen würde oder auf Grund richterlicher Inhaltskontrolle als unwirksam erachtet werden müßte. Beides trifft nicht zu.

1. § 158 i VVG enthält zwar zwingendes Recht (vgl. § 158 b VVG). Die Vorschrift verbietet dem Versicherer aber nur, gegen einen Versicherten, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist (wie der Fahrer in der Kfz-Haftpflichtversicherung, § 10 Nr. 4 AKB), dann Rückgriff zu nehmen, wenn die für die Leistungsfreiheit maßgeblichen Umstände nicht auch in der Person dieses Versicherten vorliegen (so auch gleichlautend § 3 Nr. 3 Satz 2 AKB). Diese Rückgriffssperre kann dagegen nicht über den Wortlaut hinaus erweiternd zu einer gesetzlichen Anordnung des Inhalts ausgelegt werden, daß der Versicherer unter denselben tatsächlichen Voraussetzungen der mitversicherten Person auch verpflichtet bleibt, die Leistungen gemäß dem Versicherungsvertrag zu erbringen. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie aus dem normativen Zusammenhang mit § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG.

a) Die besondere gesetzliche Privilegierung eines an der Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers schuldlosen Mitversicherten in Gestalt eines Rückgriffsverbots ist nur dann sinnvoll, wenn das Gesetz davon ausgeht, daß der Versicherungsschutzanspruch des Mitversicherten – trotz der vertraglich eingeräumten Befugnis zur selbständigen Geltendmachung (z.B. § 10 Nr. 4 AKB) – in seinem Bestand abhängig ist vom Versicherungsschutzanspruch des Versicherungsnehmers (vgl. BGHZ 49, 130, 134 f; 55, 281, 283; Lorenz NJW 1971, 2145). Das bedeutet im Grundsatz, daß der Versicherer infolge einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherten leistungsfrei wird, wenn die Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherungsnehmer eintritt. Dies war auch die Vorstellung des Gesetzgebers bei der Schaffung des neuen § 158 i VVG, wie die Begründung der Blindesregierung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter” (Bundestagsdrucks. IV/2252, im folgenden abgekürzt: Begr.) zeigt. Dort heißt es, der Mitversicherte „verliere nach dem aus §§ 75, 79 VVG zu entnehmenden allgemeinen Grundsatz des Versicherungsvertragsrechts, nach dem auch bei der Versicherung für fremde Rechnung Kenntnis und Verhalten des Versicherungsnehmers für die Leistungspflicht des Versicherers entscheidend seien, seinen Versichertenschutz bereits dann, wenn lediglich von dem Versicherungsnehmer Obliegenheiten verletzt worden seien, der Mitversicherte selbst aber weder mitschuldig an der Verletzung der Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer sei noch diese Verletzung habe verhindern können oder auch nur gekannt habe” (Begr. S. 31), und weiter, das nunmehr eingefügte Rückgriffsverbot (§ 158 i VVG) „ändere nichts daran, daß der Versicherer im Falle einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers schlechthin, d.h. auch dem Mitversicherten gegenüber, leistungsfrei im Sinne von § 158 c Abs. 1 VVG (§ 3 Nr. 4 PflVG n.F.) bleibe” (Begr. S. 32). Hiernach sollte § 158 i VVG nur den Rückgriff des Versicherers gegen den Versicherten, nicht aber die Frage der Leistungsfreiheit oder der Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten bei einer nur vom Versicherungsnehmer verschuldeten Obliegenheitsverletzung regeln.

Demnach steht § 158 i VVG einer in Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltenen Vertragsklausel, die in einem solchen Fall die Leistungsfreiheit des Versicherers vorsieht (wie § 3 Nr. 3 Satz 1 AKB), nicht entgegen.

b) Dieses aus der Entstehungsgeschichte gewonnene Auslegungsergebnis hält auch einer am Zweck des § 158 i VVG ausgerichteten Überprüfung stand, sofern man den Gesetzeszusammenhang, in den die Vorschrift hineingestellt ist, insbesondere § 158 c Abs. 4 VVG in der gebotenen Weise in die Würdigung einbezieht.

Das Pflichtversicherungsgesetz in der Neufassung des Pflichtversicherungsänderungsgesetzes vom 5. April 1965, das in erster Linie den Schutz der Verkehrsopfer wirksamer gestalten sollte, verfolgt allerdings daneben auch den Zweck, den bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätigen Personen, vor allem dem angestellten Fahrer, Schutz zu gewähren und sie aus sozialen Gründen von drückenden Haftpflichtverbindlichkeiten freizustellen. Diese Schutzrichtung läßt vor allem § 2 Abs. 2 PflVG erkennen; dem gleichen Zweck soll ferner gerade der neu eingefügte § 158 i VVG dienen (Begr. S. 13, 31; BGHZ 49, 130, 139). Durch diese teilweise Verselbständigung des Versicherungsschutzes wollte der Gesetzgeber die rechtliche Stellung der mitversicherten Personen verbessern (Begr. S. 12), weil die von der herrschenden Meinung zur früheren Rechtslage vertretene uneingeschränkte Zurechnung von Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers gegenüber dem mitversicherten Fahrer als unbillige Härte empfunden worden war (vgl. BGH VersR 1967, 343, 344; Prölss VersR 1958, 497). Es ist ferner nicht zu verkennen, daß es aus der Sicht des Fahrers keinen einleuchtenden Grund dafür gibt, weshalb er nach der Regulierung des Schadens durch den Haftpflichtversicherer wegen des Rückgriffsverbots (§ 158 i VVG) im wirtschaftlichen Ergebnis praktisch Versicherungsschutz gegenießt, während er vorher den Ansprüchen des Geschädigten ausgeliefert ist, ohne für eine etwaige persönliche Inanspruchnahme Deckungsschutz erlangen zu können.

Bei der Interpretation einer Vorschrift sind indessen nicht nur die Interessen eines Beteiligten (hier: des mitversicherten Fahrers), sondern auch die jeweiligen Folgewirkungen für die andere Seite (hier: den Haftpflichtversicherer) zu beachten. Der Haftpflichtversicherer ist wegen der Obliegenheitaverletzung des Versicherungsnehmers diesem gegenüber jedenfalls leistungsfrei geworden (im vorliegenden Fall unstreitig gemäß § 2 Nr. 2 a AKB). Würde man gleichwohl die Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem mitversicherten Fahrer bejahen, so verlöre der Versicherer insoweit auch die Vergünstigungen des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG; vor allem müßte er dem mitversicherten Fahrer Deckungsschutz gegenüber dem Rückgriffsanspruch des Sozialversicherungsträgers gewähren (BGHZ 55, 281, 288; das wird von Sendtner-Voelderndorff VersR 1969, 114, auf den sich das Berufungsgericht u.a. beruft, übersehen). Die Realisierung des mit dem Pflichtversicherungsgesetz bezweckten sozialen Schutzes des Mitversicherten stellt aber allein keinen hinreichenden Grund dafür dar, als weitere Folge auch den Sozialversicherungsträger (oder einen anderen Schadensversicherer) besser zu stellen. Vielmehr hatte das Pflichtversicherungsänderungsgesetz 1965 gerade die Subsidiarität der Haftung des an sich leistungsfreien Haftpflichtversicherers gegenüber der Haftung eines Sozialversicherungsträgers (oder anderen Schadensversicherers) durch die Neufassung des § 158 c Abs. 4 VVG, die das Auslegungsergebnis der Rechtsprechung (BGHZ 25, 322, 325 f; BGH VersR 1968, 361, 362) zu § 158 c Abs. 4 VVG a.F. übernahm, klargestellt. Dabei folgte der Gesetzgeber der zitierten Rechtsprechung in der Erwägung, der an sich leistungsfreie Haftpflichtversicherer solle durch § 158 c VVG nicht mehr belastet werden, als es zur Erreichung des Schutzzwecks dieser Vorschrift – des Schutzes der Geschädigten – erforderlich sei (Begr. S. 31). Den Anwendungsbereich dieser Subsidiaritätsvorschrift wollte der Gesetzgeber durch den verbesserten Versicherungsschutz der mitversicherten Personen im Falle einer Obliegenheitsverletzung (lediglich) des Versicherungsnehmers keinesfalls einschränken. Das ergibt sich deutlich aus der in die amtliche Begründung aufgenommenen Überlegung, das Rückgriffsverbot des § 158 i VVG ändere nichts daran, daß der Versicherer bei einem solchen Sachverhalt schlechthin – auch den Mitversicherten gegenüber – leistungsfrei im Sinne des § 158 c Abs. 1 VVG (§ 3 Nr. 4 PflVG n.F.) bleibe und daher in den in § 158 c Abs. 4 VVG genannten Fällen auch wegen der Haftung eines Mitversicherten keine Leistungen an zurückgreifende Schadensversicherer oder Sozialversicherungsträger zu erbringen brauche (Begr. S. 32).

Somit führt eine Auslegung des § 158 i VVG, die den inneren Zusammenhang der §§ 158 i und 158 c VVG (§ 3 Nr. 4 und 6 PflVG) beachtet, zu folgendem Ergebnis: Obwohl der durch das 1965 geänderte Pflichtversicherungsgesetz bezweckte soziale und wirtschaftliche Schutz des Mitversicherten an sich sinnvollerweise nicht davon abhängig gemacht werden kann, ob der Haftpflichtversicherer zuerst das Unfallopfer entschädigt (Frage des Rückgriffs) oder ob der Geschädigte zufällig zuerst den mitversicherten Fahrer in Anspruch nimmt (Frage der Leistungspflicht des Versicherers), läßt sich für die Konstruktion des Gesetzes, das nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 158 i VVG eine ungleiche Behandlung beider Tatbestände trotz gleichen Schutzbedürfnisses gestattet, doch eine Rechtfertigung finden, die aber nur in der vom Gesetz gewollten uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG liegen kann (vgl. auch Prölss VersR 1968, 268, 269 r.Sp.). Diese Vergünstigungen, insbesondere diejenige des Abs. 4, sollen dem Versicherer schon bei einer nur vom Versicherungsnehmer verschuldeten Störung des Versicherungsverhältnisses zustehen. Da dieses Ergebnis aber die völlige Leistungsfreiheit des Versicherers voraussetzt, würde es nicht erreicht werden können, wenn die Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem Mitversicherten bestehen bliebe.

Die amtliche Begründung zum Pflichtversicherungsänderungsgesetz 1965 enthält keine Anhaltspunkte für die Annahme, es könnten noch weitere Gründe dafür vorhanden gewesen sein, daß § 158 i VVG sich bei dem dort geregelten Tatbestand auf ein Rückgriffsverbot beschränkt, aber keine Leistungspflicht des Versicherers gegenüber den Mitversicherten vorgeschrieben hat. Der Gesetzgeber ist vielmehr ersichtlich davon ausgegangen, daß der Mitversicherte durch eine Leistungsfreiheit des Versicherers, die ausschließlich der Versicherungsnehmer durch eine Obliegenheitsverletzung verursacht hat, infolge der Einführung des Direktanspruchs des Geschädigten gegen den Versicherer in Verbindung mit der Rückgriffssperre des § 158 i VVG im wirtschaftlichen Ergebnis (in den Grenzen des § 158 c Abs. 3 VVG) nicht mehr belastet wird (vgl. auch Prölss/Martin VVG 20. Aufl. § 158 i Anm. 2; Prölss VersR 1968, 268, 269; Rhein VW 1965, 973, 1048). Das trifft auch durchweg zu. Schon vor Einführung des Direktanspruchs gegen den Versicherer war es allgemeine Praxis, daß der Geschädigte unmittelbar mit dem Versicherer über die Schadensregulierung verhandelte (vgl. § 10 Nr. 5 AKB) und von diesem entschädigt wurde. Die Deckungsfrage wurde häufig erst im Rückgriffsprozeß geklärt (vgl. Sendtner-Voelderndorff VersR 1969, 114). Diese Übung ist durch die Einführung des Direktanspruchs noch erheblich gefördert worden, so daß es eine ganz seltene Ausnahme sein dürfte, daß der Geschädigte nur den mitversicherten Fahrer (eventuell zusammen mit dem Halter) in Anspruch nimmt, ohne auch vom Haftpflichtversicherer Schadensersatz zu verlangen (so auch Lorenz NJW 1971, 2145, 2150).

Die vorstehenden Ausführungen über den Normzusammenhang der §§ 158 c und 158 i VVG zeigen, daß auch eine den Schutzzweck des § 158 i VVG berücksichtigende Auslegung nicht dazu führen kann, den Regelungsbereich dieser Vorschrift über die ausdrücklich normierte Rückgriffssperre hinaus auf eine Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem Mitversicherten auszudehnen, weil der Versicherer sonst die ihm vom Gesetzgeber vorrangig eingeräumten Vergünstigungen des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG (§ 3 Nr. 6 PflVG) in den Anwendungsfällen des § 158 i VVG verlieren würde. Da die Aufrechterhaltung jener Vergünstigungen einen sachlich anzuerkennenden Grund für die unterschiedliche Antwort des Gesetzes auf die Frage einerseits nach der Leistungspflicht des Versicherers, andererseits nach seinem Rückgriffsrecht gegenüber dem Mitversicherten beim Tatbestand des § 158 i VVG darstellt, vermag die Methode der verfassungskonformen Auslegung (hier im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG) – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – kein anderes Auslegungsergebnis zu rechtfertigen. Mit der vom Senat vertretenen Auslegung, daß § 158 i VVG keine Regelung der Leistungspflicht des Versicherers gegenüber den Mitversicherten enthält, stimmt auch der weit überwiegende Teil des Schrifttums überein (Prölss/Märtin § 158 i Anm. 5 A; Stiefel/Wussow/Hofmann AKB 9. Aufl. § 3 Anm. 7; Bauer VersR 1969, 598; ders. ZVersWiss 1973, 343, 356 f; Lorenz a.a.O.; Sieg VersR 1966, 101, 102; a.A. nur Sendtner-Voelderndorff a.a.O., der aber den Einfluß des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG auf die Auslegung des § 158 i VVG nicht beachtet).

2. § 3 Nr. 3 Satz 1 AKB hält, soweit die Klausel beim Tatbestand des § 158 i VVG die Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer auf die mitversicherten Personen erstreckt, auch der richterlichen Inhaltskontrolle stand. Entspricht nämlich eine in allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltene Klausel dispositiven Gesetzesvorschriften oder zumindest einer Bewertungsrichtlinie, die sich aus dem Gesetz im Wege der Auslegung gewinnen läßt, so fehlt ein ausreichender Grund dafür, die Klausel als unbillig zu verwerfen. So liegt der Fall hier. Die dem Halter obliegende Pflichtversicherung des Kraftfahrzeugfahrers ist eine Versicherung für fremde Rechnung, und § 3 Nr. 3 Satz 1 AKB steht im Einklang mit dem für die Fremdversicherung geltenden § 79 Abs. 1 VVG; diese Vorschrift sieht die Möglichkeit vor, dem Versicherten einen von ihm nicht verschuldeten Vertrags- oder Obliegenheitsverstoß des Versicherungsnehmers zuzurechnen (BGHZ 49, 130, 136; vgl. auch BGHZ 26, 282, 289; BGH VersR 1967, 343, 344; Prölss/Martin § 74 Anm. 2 sowie AKB § 3 Anm. 3 und § 10 Anm. 4; Stiefel/Wussow/Hofmann § 3 AKB Anm. 4 und 5). Im übrigen zieht § 3 Nr. 3 Satz 1 AKB lediglich die Konsequenz aus § 158 i VVG, der zwar die Frage der Leistungspflicht oder -freiheit des Versicherers gegenüber dem Mitversicherten für den dort umschriebenen Tatbestand nicht geregelt hat, darauf aber absichtlich verzichtet hat, um dem Versicherer nicht die Vergünstigungen des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG zu nehmen.

III.

Wäre § 158 i VVG so auszulegen, daß der Versicherer dem mitversicherten Fahrer bei einer nur vom Versicherungsnehmer verschuldeten Obliegenheitsverletzung Deckungsschutz leisten müßte, so könnte der vorliegenden auf § 1542 RVO gestützten Klage unbedenklich stattgegeben werden; denn der Beklagte wäre geschützt, er könnte vom Kfz-Haftpflichtversicherer verlangen, die Schadenshaftung zu übernehmen. Gerade das Fehlen eines Deckungsanspruchs des mitversicherten Fahrers in Verbindung mit der Regelung des § 158 c Abs. 4 VVG macht jedoch deutlich, daß der Versicherungsschutz des Fahrers infolge der gesetzlichen Konstruktion des § 158 i VVG eine empfindliche Lücke aufweist. Der Sozialversicherungsträger, auf den an sich alle zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche des Geschädigten in Höhe seiner gesetzlichen Leistungspflicht schon im Unfallzeitpunkt übergegangen sind, kann den Haftpflichtversicherer wegen § 158 c Abs. 4 VVG (§ 3 Nr. 6 PflVG) nicht in Anspruch nehmen. Daraus folgt die notwendig eintretende, an sich nach § 1542 RVO selbstverständliche Konsequenz, daß er neben dem Halter den am Unfall schuldigen Fahrer belangt.

1. Daß der mitversicherte Fahrer in einem solchen Fall dem Sozialversicherungsträger nach § 1542 RVO Schadensersatz leisten und bei einer Insolvenz des im Innenverhältnis letztlich allein haftpflichtigen Versicherungsnehmers (Halters) den Schaden insoweit endgültig tragen soll, ist eine Lücke im Versicherungsschutz des Fahrers, die dem gesetzgeberischen Plan beim Erlaß des Pflichtversicherungsänderungsgesetzes 1965 zuwiderläuft. Wegen das dringenden sozialen Bedürfnisses sollte durch dieses Gesetz dafür Sorge getragen werden, daß die Kraftfahrzeugfahrer von Schadensersatzverpflichtungen freigestellt werden (Begr. S. 13, 31). Entsprechend dem Wesen einer – vom Gesetz (§ 1 PflVG) nur dem Halter auferlegten – Pflichtversicherung sollte das Ergebnis erreicht werden, daß jeder Fahrer, dem der Halter sein Kraftfahrzeug zum Gebrauch überlassen hat, darauf vertrauen darf, durch die Pflichtversicherung hinreichend geschützt zu sein (BGHZ 49, 130, 139; BGH VersR 1972, 166, 168), zumal ihm selbst von der deutschen Versicherungswirtschaft keine Möglichkeit angeboten wird, eine eigene allgemeine Kraftfahrerhaftpflichtversicherung abzuschließen. Da das Gesetz einen fortbestehenden Deckungsanspruch des an der Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers unschuldigen Mitversicherten nur deshalb nicht vorgesehen hat, damit der Haftpflichtversicherer nicht der Vergünstigungen des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG verlustig geht (siehe oben II. 1. b), hätte man in Anbetracht des bezweckten sozialen Schutzes des mitversicherten Fahrers vor Haftpflichtverbindlichkeiten eine andere gesetzliche Lösung erwarten dürfen, wie der Fahrer vor dem Rückgriff des Sozialversicherungsträgers geschützt werde. Dieses Problem hat der Gesetzgeber übersehen (vgl. Begr. S. 31, 32).

2. Würde es die Rechtsprechung bei dieser Gesetzeslücke belassen und § 1542 RVO uneingeschränkt zu Lasten des mitversicherten Fahrers anwenden, so würde dieser bei einem sozialversicherten Verkehrsopfer schlechter gestellt sein als (in aller Regel, siehe oben II. 1. b) bei einem nicht sozialversicherten Geschädigten, obwohl dieser Umstand außerhalb seines Einfluß- und Verantwortungsbereichs liegt. Ein solches Ergebnis würde mit dem Charakter einer Pflichtversicherung und mit dem vom Gesetzgeber im Pflichtversicherungsänderungsgesetz 1965 maßgeblich mitverfolgten Zweck eines Sozialschutzes für den Kraftfahrzeugfahrer unvereinbar sein. Es kann daher nicht hingenommen werden. Vielmehr ist es die Aufgabe der Rechtsprechung, die systemwidrige Gesetzeslücke durch Rechtsfortbildung zu schließen.

3. Die Lückenfüllung muß im Falle des Sozialversichererregresses zu dem Ergebnis gelangen, daß der mitversicherte Fahrer so gestellt wird, als wenn der Geschädigte selbst Forderungsinhaber wäre, keine Leistungen der Sozialversicherung zu beanspruchen hätte und daher – wegen seines Direktanspruchs und gemäß der allgemeinen Übung – den Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in Anspruch nähme. Das bedeutet, daß eine dem Zweck des Pflichtversicherungsgesetzes entsprechende Lückenfüllung kein anderes Ergebnis offen läßt als eine Reduktion des Anwendungsbereichs des § 1542 RVO, also einen Ausschluß des Sozialversichererregresses gegenüber dem mitversicherten Fahrer nach dem Vorbild des § 158 i VVG.

4. Durch diese Lösung wird zwar der Sozialversicherungsträger letztlich zugunsten des Kfz-Haftpflichtversicherers belastet und übernimmt gegenüber dem mitversicherten Fahrer die Funktion eines Haftpflichtversicherers, obwohl ihn kein versicherungsrechtliches Verhältnis mit dem Fahrer verbindet. Das ist aber eine Konsequenz der in § 158 c Abs. 4 VVG getroffenen gesetzlichen Wertung. Während § 158 i VVG das Insolvenzrisiko hinsichtlich des Versicherungsnehmers dem an sich leistungsfreien Haftpflichtversicherer und nicht dem an der Obliegenheitsverletzung unschuldigen Mitversicherten zuweist, belastet § 158 c Abs. 4 VVG im Verhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Haftpflichtversicherer den Ersteren mit jenem Risiko. Dann muß es aber dem Sozialversicherer auch verwehrt sein, gegen den mitversicherten Fahrer zurückzugreifen, da der Fahrer auch gegenüber dem Haftpflichtversicherer nicht verantwortlich gewesen wäre (§ 158 i VVG) und dieser wiederum dem Sozialversicherer nicht haftbar ist. Andernfalls müßte der mitversicherte Fahrer die Folgen der in § 158 c Abs. 4 VVG angeordneten Freistellung des Haftpflichtversicherers tragen. Das aber läge außerhalb des Regelungszwecks dieser Vorschrift. Vielmehr ist aus § 158 i VVG die gesetzliche Wertung abzuleiten, daß den mitversicherten Fahrer keine Verantwortung an der nur vom Versicherungsnehmer verschuldeten Obliegenheitsverletzung treffen soll. Da aber der Gesetzgeber diese Wertung nur deshalb nicht in das Gebot einer bestehenbleibenden Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem Mitversicherten umgesetzt hat, um den Anwendungsbereich des § 158 c Abs. 3 bis 5 VVG – insbesondere des Abs. 4 – nicht zu Ungunsten des Versicherers zu schmälern, und § 158 c Abs. 4 VVG die Last des (in Form der Sozialversicherungsleistungen aufzufangenden) Schadens oder zumindest das Insolvenzrisiko hinsichtlich des Versicherungsnehmers auf den Sozialversicherungsträger verlagert hat, entspricht es dem Grundgedanken der §§ 158 i und 158 c Abs. 4 VVG, daß der Sozialversicherungsträger diese Belastung nicht wiederum auf den mitversicherten Fahrer abwälzen kann.

5. Dieses Ergebnis steht auch nicht in einem unvereinbaren Widerspruch zum Zweck des gesetzlichen Anspruchsübergangs nach § 1542 RVO. Die Vorschrift soll in erster Linie verhindern, daß dem Haftpflichtigen im wirtschaftlichen Ergebnis die Last des von ihm zu verantwortenden Schadens abgenommen und auf den Sozialversicherungsträger endgültig verlagert wird; ferner soll der Forderungsübergang eine doppelte Entschädigung des Verletzten vermeiden (BGHZ 9, 179, 184 ff; 54, 377, 382; Lauterbach Unfallversicherung 3. Aufl., § 1542 RVO Anm. 1). Mit dem zweitgenannten Gesichtspunkt kollidiert die hier vertretene Einschränkung des § 1542 RVO keinesfalls. Soweit der unfallbedingte Unterhaltsschaden den Hinterbliebenen des getöteten Arbeiters Rebelato in Form der Versicherungsleistungen der Klägerin ersetzt worden ist, haben sie ihre Schadensersatzansprüche an die Klägerin verloren, die sie jedoch im Wege des Rückgriffs nur gegen die auf Grund der Obliegenheitsverletzung letztlich verantwortliche Halterin, nicht gegen den Beklagten geltend machen kann. Daß die durch den gesetzlichen Forderungsübergang begründete Rechtsstellung des Sozialversicherungsträgers somit bei einem notleidenden Haftpflichtversicherungsverhältnis schwächer ist als diejenige des Unfallopfers bzw. seiner Hinterbliebenen, findet seine rechtliche Grundlage im Gesetz selbst (§§ 158 c Abs. 4 VVG, 3 Nr. 6 PflVG). Die Reduktion des Anspruchsübergangs nach § 1542 RVO stellt aber auch keine ungerechtfertigte Entlastung des mitversicherten Fahrers dar. Wie in BGHZ 9, 179 (188, vgl. auch S. 190) ausgeführt worden ist, entspricht es der Billigkeit, daß der Schädiger nicht freigestellt werden, sondern die durch das schädigende Ereignis ausgelösten Leistungen der Sozialversicherung ersetzen soll, soweit er ohne das Bestehen der Sozialversicherung dem Geschädigten Ersatz zu leisten gehabt hätte. Das bedeutet aber, daß der Schädiger durch den Anspruchsübergang nach § 1542 RVO auch nicht schlechter gestellt werden soll, als er sich ohne Bestehen des Sozialversicherungsschutzes des Geschädigten gestanden hätte. Bei der Anwendung dieses Maßstabs wäre eine formale Betrachtungsweise verfehlt; es kommt auf das wirtschaftliche Ergebnis an. Wie oben (II. 1 b) schon dargelegt worden ist, wendet sich aber der nicht sozialversicherte Geschädigte mit seinem Schadensersatzbegehren – von ganz seltenen zu vernachlässigenden Ausnahmen abgesehen – an den Haftpflichtversicherer, dem ein Rückgriff wegen den an keiner Obliegenheitsverletzung schuldigen mitversicherten Fahrer durch § 158 i VVG verboten ist. Nur § 158 c Abs. 4 VVG führt dazu, daß der Sozialversicherungsträger sich nicht auf dieselbe Art und Weise wie der Geschädigte schadlos halten kann und deshalb versucht, doch den Fahrer in Anspruch zu nehmen. Es wäre aber geradezu unbillig, den Fahrer in diesem Fall haften zu lassen bzw. ihm das Insolvenzrisiko hinsichtlich des Halters aufzubürden; denn die auch zu seinem Schutz gesetzlich vorgeschriebene Pflichtversicherung sowie § 158 i VVG nötigen zu der Erkenntnis, daß der Schaden nicht von ihm getragen und damit letztlich sozial verantwortet werden soll, sofern der Geschädigte von irgendeinem Versicherer schadlos gehalten wird. Folglich ist der Sozialversicherer, der dem Geschädigten schon auf Grund der Versicherungsbeiträge zur Leistung verpflichtet ist, „näher daran”, den Schaden aufzufangen und das Insolvenzrisiko hinsichtlich des letztlich allein verantwortlichen Halters zu übernehmen. Dieser Betrachtungsweise können auch fiskalische Erwägungen nicht entgegengesetzt werden. Denn § 1542 RVO verfolgt nicht auch noch den weiteren Zweck, den Sozialversicherer als Träger eines allgemeinen Versorgungsaufgaben dienenden Vermögens im öffentlichen Interesse möglichst weitgehend finanziell zu entlasten (vgl. BGH NJW 1969, 98, 100; Marschall von Bieberstein, Reflexschäden und Regreßrechte 1967, S. 274).

6. Nach alledem ist es gerechtfertigt, dem Sozialversicherer einen auf § 1542 RVO gestützten Rückgriffsanspruch gegen den mitversicherten Fahrer im Wege der rechtsfortbildenden Lückenfüllung nach dem Vorbild des § 158 i VVG zu versagen, sofern der Fahrer wegen einer nur vom Versicherungsnehmer (Kraftfahrzeughalter) verschuldeten Obliegenheitsverletzung den Versicherungsschutz gegenüber dem Haftpflichtversicherer verloren hat (§ 3 Nr. 3 Satz 1 AKB). Da die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 158 i VVG, 3 Nr. 3 Satz 1 AKB hier erfüllt sind, ist der Klageanspruch unbegründet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Hauß, Dr. Bukow, Dr. Buchholz, Knüfer, Dr. Hoegen

 

Fundstellen

Haufe-Index 1745819

BGHZ

BGHZ, 138

NJW 1976, 1892

Nachschlagewerk BGH

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