Entscheidungsstichwort (Thema)
Maklervertrag. Provisionsanspruch. Wegfall der Geschäftsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage eines Maklervertrags, wenn der Vertragspartner des nachgewiesenen Hauptvertrags nicht in der Lage ist, die übernommenen Pflichten zu erfüllen (hier: das angemietete Geschäftslokal bezugsfertig herzustellen).
Normenkette
BGB § 652 Abs. 1, § 242
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 23.12.2004; Aktenzeichen 31 S 14443/04) |
AG München |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des LG München I, 31. Zivilkammer, v. 23.12.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin beauftragte im Jahre 2000 die beklagte Maklerin, ihr für den Betrieb einer Tierarztpraxis geeignete Räumlichkeiten zur Anmietung nachzuweisen oder zu vermitteln. Auf Grund eines entsprechenden Nachweises der Beklagten schloss die Klägerin am 30.5.2000 mit einer Firma B. Gesellschaft für Wohn- und Gewerbebau mbH (im Folgenden "B. ") über eine Gewerbefläche in einem damals noch im Rohbauzustand befindlichen Gebäude einen Mietvertrag für zunächst fünf Jahre, beginnend mit dem 1.9.2000. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Vermieterin das Objekt nach den Wünschen der Klägerin auszubauen und bezugsfertig herzustellen.
Die Klägerin zahlte an die Beklagte am 31.7.2000 die vereinbarte Maklerprovision i.H.v. 8.400 DM (entsprechend. 4.294,85 EUR).
Die Firma B. war jedoch nicht in der Lage, die von der Klägerin gemieteten Räumlichkeiten (und auch das Gebäude im Übrigen) fertigzustellen. Mahnungen und Fristsetzungen der Klägerin blieben erfolglos. Mit Schreiben v. 19.2.2001 focht die Klägerin den Mietvertrag mit der Firma B. wegen arglistiger Täuschung über deren Erfüllungsfähigkeit und -willigkeit an. Sie nimmt nunmehr die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten Maklerprovision in Anspruch.
Die Vorinstanzen haben die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Beide Vorinstanzen halten den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Provision unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage des Maklervertrages nach § 313 i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB (jeweils n.F.) für begründet. Geschäftsgrundlage des Maklervertrages sei der Umstand gewesen, dass die Firma B. die Räumlichkeiten, welche Gegenstand des nachgewiesenen Mietvertrages waren, bezugsfertig bis zu dessen Beginn herstellen werde. Dadurch dass dies nicht der Fall gewesen sei, sei diese Geschäftsgrundlage weggefallen und habe der Klägerin die Rechte aus § 346 BGB n.F. eröffnet.
2. Diese Betrachtungsweise vermag der Senat nicht zu teilen.
a) Bei der Rechtsauffassung der Vorinstanzen bleibt zum einen - wie die Revision mit Recht beanstandet und auch die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt - unberücksichtigt, dass die neu gestalteten Bestimmungen der §§ 313, 346 BGB erst mit Wirkung zum 1.1.2002 in Kraft getreten und daher auf den Streitfall noch nicht anwendbar sind (Art. 229 § 5 EGBGB).
b) Aber auch nach den früher geltenden Grundsätzen (BGH v. 5.1.1995 - IX ZR 85/94, BGHZ 128, 230 [236] = MDR 1995, 1025; Urt. v. 15.11.2000 - VIII ZR 324/99 = BGHReport 2001, 103 = NJW 2001, 1204 [1205], jeweils m.w.N.) lässt sich hier ein Fehlen oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien unstreitig zunächst wirksam abgeschlossenen Maklervertrages nicht feststellen. Das Nichtzustandebringen der bezugsfertigen Herstellung des angemieteten Objekts betraf vielmehr den Hauptvertrag zwischen der Klägerin als Mieterin und der Firma B. als Vermieterin und löste hinsichtlich des Maklervertrages zwischen der Klägerin als Auftraggeberin und der Beklagten als Maklerin diejenigen Rechtsfolgen aus, die in der Rechtsprechung für ein Einwirken von Störungen des Hauptvertrages auf den Provisionsanspruch des Maklers entwickelt worden sind.
3. Danach gilt hier folgendes: § 652 Abs. 1 S. 1 BGB macht das Entstehen eines Provisionsanspruchs des Maklers nur vom Zustandekommen des Hauptvertrages, nicht von dessen Ausführung abhängig. Demnach schließen Umstände, die einen wirksamen Abschluss des Hauptvertrages verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen (Formnichtigkeit, Gesetzwidrigkeit, Sittenwidrigkeit, anfängliche objektive Unmöglichkeit [§ 306 BGB a.F.], Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung) eine Provisionspflicht aus. Dagegen lassen Umstände, die ohne eine im (Haupt-)Vertragsschluss selbst liegende Unvollkommenheit lediglich die Leistungspflichten aus dem Vertrag beseitigen (wie nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung, Rücktritt oder einverständliche Vertragsaufhebung), den Provisionsanspruch regelmäßig unberührt (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 14.12.2000 - III ZR 3/00, MDR 2001, 325 = BGHReport 2001, 106 = NJW 2001, 966 [967], m.w.N.).
4. Zu den zuletzt genannten, nur die Durchführung des nachgewiesenen oder vermittelten Geschäfts betreffenden Umständen zählt es auch und gerade, dass der Partner des - wirksam zustande gekommenen - Hauptvertrages die übernommenen Pflichten ggü. dem Auftraggeber des Maklers nicht erfüllt (BGH, Beschl. v. 30.11.2000 - III ZR 79/00, NJW-RR 2001, 562, betreffend anfängliches Unvermögen des Verkäufers zu Eigentumsverschaffung nach §§ 440, 325 BGB a.F.). Diese Konstellation lag hier vor. Diese Gefahr fällt grundsätzlich in den Risikobereich des Auftraggebers, nicht dagegen in den des Maklers. Daran ändert es nichts, dass der Hauptvertrag hier über ein Objekt geschlossen worden war, das erst noch fertiggestellt werden musste. Die Fertigstellung war Gegenstand der von der Firma B. als Vermieterin im Hauptvertrag wirksam übernommenen Vertragspflicht, deren Erfüllung nicht etwa an rechtlichen Hindernissen, sondern ausschließlich an der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gescheitert war.
5. Allerdings hat der Senat es für möglich gehalten, dass der Maklervertrag einer - sei es auch ergänzenden - Auslegung dahin fähig ist, dass er den Makler zur Rückzahlung der Provision verpflichtet, wenn der wirtschaftliche Zweck des Hauptvertrages verfehlt wird, auch ohne dass die Voraussetzungen für einen "gesetzlichen" Wegfall des Provisionsanspruchs eintreten. Insoweit bedarf es indessen jeweils einer auf die Besonderheiten des Einzelfalls abgestellten Prüfung, deren Ergebnisse unterschiedlich ausfallen können und sich nicht verallgemeinern lassen (BGH, Urt. v. 20.2.1997 - III ZR 81/96, NJW 1997, 1583 f.). Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, dass ein solcher Fall hier vorliege. Die Beklagte hat sich hier durchgängig dahin eingelassen, sie sei selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Firma B. die Gewerberäume und damit auch die Tierarztpraxis bezugsfertig herstellen werde. Wäre sie nicht dieser Annahme gewesen, hätte sie von vornherein davon abgesehen, das Vorhaben der Firma B. zu bewerben und hierfür Mieter zu akquirieren. Zu der Behauptung der Klägerin, die Beklagte sei schon seit 1998 mit der Vermarktung des Objekts beauftragt gewesen und habe gewusst, dass es keinerlei Baufortschritt am Rohbau gegeben habe, weil B. hierzu die Mittel fehlten, die fehlende Leistungsfähigkeit sei der Beklagten also bekannt gewesen, fehlt es an Feststellungen. Dies bedeutet, dass nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt auf seiten der Beklagten hier lediglich die normale Erwartung bestanden hat, der Hauptvertrag werde wie vorgesehen durchgeführt. Besondere provisionsschädliche Umstände, wie sie im Senatsurteil v. 20.2.1997 (a.a.O.) festgestellt worden waren, waren daher aus der Sicht der Beklagten nicht zutage getreten; daher besteht hier kein Anlass, die normale Risikoverteilung zugunsten des Maklerkunden und zu Lasten des Maklers zu verschieben.
6. Daraus folgt zugleich weiter, dass hier von einem Fehlen oder einem Wegfall der Geschäftsgrundlage keine Rede sein kann. Es gilt vielmehr uneingeschränkt der Rechtssatz, den der IVa-Zivilsenat des BGH bereits in seinem Urteil v. 7.7.1982 (BGH, Urt. v. 7.7.1982 - IVa ZR 50/81, MDR 1983, 36 = NJW 1982, 2662 [2663]) formuliert hat: Dass der Vertragspartner des Maklers das von ihm mit dem Abschluss des vermittelten Vertrages erstrebte Ziel erreicht, ist im Allgemeinen nicht Geschäftsgrundlage des Maklervertrages, sondern Beweggrund des Vertragspartners, der zum Abschluss des Maklervertrages führt. Für den Makler ist das Erreichen des Ziels ohne Bedeutung, sein Geschäftswille beruht hierauf regelmäßig nicht.
7. Das Berufungsurteil kann daher mit der ihm gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Denn die Klägerin trägt durchgängig vor, die Firma B. als Vermieterin und Vertragspartei des Hauptvertrages habe ihr vorgespiegelt, zur Herstellung des Objekts in der Lage zu sein. Dieser durch zahlreiche Indizien im Einzelnen substantiierte und zudem unter Zeugenbeweis gestellte Sachvortrag ist geeignet, eine arglistige Täuschung darzutun, indem die Firma B. entweder eine nicht vorhandene Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit positiv vorspiegelte oder den Mangel ihrer Leistungsfähigkeit und -willigkeit treuwidrig verschwieg. Sollte der Hauptvertrag wegen dieser arglistigen Täuschung anfechtbar gewesen sein, so ist dies ein Umstand, der bereits das wirksame Zustandekommen betrifft und dementsprechend in den Risikobereich des Maklers fällt (BGH, Urt. v. 14.12.2000 - III ZR 3/00, MDR 2001, 325 = BGHReport 2001, 106 = NJW 2001, 966 [967], m.w.N.).
Auch die - bestrittene - Behauptung der Klägerin, die mangelnde Leistungsfähigkeit der B. sei der Beklagten von vornherein bekannt gewesen, kann in der Weise entscheidungserheblich werden, dass ein etwaiges Verschweigen dieses Umstandes eine positive Vertragsverletzung des Maklervertrags durch die Beklagte darstellen und einen auf Rückzahlung der Provision gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin begründen kann.
Die Zurückverweisung gibt daher dem Berufungsgericht Gelegenheit, diesen Fragen weiter nachzugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 1406405 |
BGHR 2005, 1430 |
BauR 2006, 578 |
NJW-RR 2005, 1506 |
IBR 2005, 575 |
NZM 2005, 711 |
WM 2005, 2146 |
ZMR 2005, 964 |
ZfIR 2005, 831 |
JA 2006, 81 |
MDR 2005, 1395 |
GuT 2005, 220 |
Info M 2005, 207 |
MietRB 2006, 39 |
MietRB 2006, 67 |
NJW-Spezial 2005, 486 |
RdW 2005, 598 |
IWR 2005, 72 |
LL 2006, 16 |