Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergewaltigung
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 24. Januar 2000 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin berichtigt, daß der Angeklagte im Fall II 2 der Urteilsgründe statt wegen sexueller Nötigung wegen Vergewaltigung verurteilt ist.
2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sowie wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen und wegen Vollrauschs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat – sowohl unzulässig erhoben als auch unbegründet.
2. Schuldspruch und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 8. August 2000 ist im Fall II 1 der Urteilsgründe hinsichtlich des tateinheitlich abgeurteilten sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) keine Strafverfolgungsverjährung eingetreten. Nach den Feststellungen wurde die Tat zwischen dem 3. September 1992 und dem 2. September 1994 in Braunsbedra (Sachsen-Anhalt) begangen. Damit gilt Art. 315 a Abs. 2 1. Alt. EGStGB in der Fassung des 2. und 3. Verjährungsgesetzes (BGBl 1993 I 1657; 1997 I 3223), so daß Strafverfolgungsverjährung nicht vor Ablauf des 2. Oktober 2000 eintreten konnte (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2000 – 4 StR 319/00 – und Beschluß vom 7. November 2000 – 4 StR 388/00). Da das angefochtene Urteil vor diesem Zeitpunkt ergangen ist, kann die Strafverfolgung nicht mehr verjähren (§ 78 b Abs. 3 StGB).
Im Fall II 2 der Urteilsgründe berichtigt der Senat den Schuldspruch dahin, daß der Angeklagte statt wegen sexueller Nötigung wegen Vergewaltigung verurteilt ist; denn die Jugendkammer hat hier die rechtlich zutreffend qualifizierte Tat (UA 13, 16) im Urteilstenor unrichtig bezeichnet (vgl. BGH NStZ 1998, 510, 511).
3. Auch die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Nach den Feststellungen ist der Angeklagte alkoholkrank (UA 12, 18). Er hatte seine ersten Erfahrungen mit Alkohol „bereits im Vorschulalter”; ab Ende 1994 trank er „durchgehend den ganzen Tag”. Wegen seines Alkoholmißbrauchs verlor er mehrere Arbeitsstellen. Seine Alkoholabhängigkeit führte zu deutlichen Persönlichkeitsstörungen, ethischem Abbau, zwanghaftem Trinkenmüssen, Kontrollverlust, Persönlichkeitsabbau und Kritikminderung (UA 18/19). Die Taten hat der Angeklagte – bedingt durch „das Zusammenwirken konkreter Alkoholisierung mit einer durch jahrelangen Alkoholmißbrauch hervorgerufenen Wesensänderung” (UA 11) – im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen.
Das Landgericht ist – sachverständig beraten – zu der Überzeugung gelangt, daß die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) mangels hinreichend konkreter Aussicht eines Behandlungserfolges „zur Bekämpfung der Alkoholkrankheit des Angeklagten” nicht ausreiche. Es sei vielmehr erforderlich, den Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, um weitere wegen seines krankhaften Zustandes zu erwartende erhebliche Straftaten des Angeklagten zu verhindern.
Diese Erwägungen tragen im Ergebnis die Maßregelanordnung nach § 63 StGB. Dem Generalbundesanwalt ist allerdings zuzugeben, daß im Urteil die der Alkoholabhängigkeit des Angeklagten zugrunde liegende Störung nicht näher dargelegt ist. Der Senat entnimmt jedoch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (UA 4, 11 f., 18 f.), daß die Alkoholsucht des Angeklagten auf einem (länger andauernden) pathologischen psychischen Defekt (s. UA 11: krankhafte seelische Störung) beruht, so daß § 63 StGB – dessen Voraussetzungen auch im übrigen vorliegen – rechtsfehlerfrei angewendet wurde (vgl. BGHSt 44, 338, 339, 340 ff.; BGH, Urteil vom 14. April 1999 – 3 StR 36/99).
Unterschriften
Meyer-Goßner, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen