Leitsatz (amtlich)
Ein Kreditinstitut braucht einen ausländischen Bürgen vor oder bei Vertragsschluß grundsätzlich nicht über das verbürgte Risiko aufzuklären, es sei denn, daß das Kreditinstitut wegen besonderer Umstände des Einzelfalles davon ausgehen muß, daß der ausländische Bürge über sein Vertragsrisiko nicht, hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut.
Aus einer Arresthypothek kann auf Duldung der Zwangsvollstreckung geklagt werden.
Normenkette
BGB §§ 275, 765, 1147, 1186; ZPO § 932
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 09.05.1996) |
LG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 1996 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Sparkasse nimmt die beklagte Iranerin aus einer Bürgschaft in Anspruch.
Die Beklagte besuchte seit dem Jahre 1980 mehrmals ihren Vetter Dr. M. in N., der aus dem Iran stammt und die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hat. Im August 1980 eröffnete die Beklagte ein Sparkonto bei der Klägerin, die in Geschäftsverbindung mit Dr. M. stand. Am 8. März 1985 kauften Dr. M. und seine Ehefrau ein Hausgrundstück für 800.000 DM. Der Kaufpreis sollte durch die Klägerin finanziert werden. Am 15. März 1985 unterzeichnete die Beklagte, die von Dr. M. begleitet wurde, in den Geschäftsräumen der Klägerin ein von dieser vorgelegtes, in deutscher Sprache verfaßtes Bürgschaftsformular. Dessen Inhalt hatte die Klägerin vor der Unterschrift nicht erläutert oder übersetzt. Nach der Urkunde verbürgte sich die Beklagte selbstschuldnerisch ohne zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung für alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin aus ihrer Geschäftsverbindung mit Dr. M. und seiner Ehefrau. Am 10. April 1985 gewährte die Klägerin den Hauptschuldnern ein Darlehen von 800.000 DM. Die Klägerin, die den Hauptschuldnern weitere Kredite gewährte, macht aus der Geschäftsverbindung eine restliche Gesamtforderung von mindestens 278.010,60 DM geltend.
Von der Beklagten hat die Klägerin die Erfüllung einer Verbindlichkeit der Hauptschuldner in Höhe von 251.783,91 DM nebst Zinsen und Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Arresthypothek über 255.000 DM an einer Eigentumswohnung, die die Beklagte Mitte des Jahres 1985 erwarb, begehrt. Diese Klageansprüche sind vom Landgericht voll und vom Oberlandesgericht bis auf einen Teil der Zinsforderung zuerkannt worden; die im Berufungsverfahren erhobene Widerklage der Beklagten, die Klägerin zur Bewilligung der Löschung der Hypothek zu verurteilen, ist abgewiesen worden. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin gemäß der Widerklage.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
I.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 1994 (IX ZR 168/93, WM 1994, 2274 mit zust. Anm. Bülow EWiR 1995, 7; Moritz WuB I F 1 a. – 2. 95; Meinhold-Heerlein WiB 1995, 298) in dieser Sache ausgeführt, der formularmäßige Bürgschaftsvertrag der Parteien unterliege dem deutschen Recht und sei nicht nach §§ 2 Abs. 1 AGBG, 766 BGB unwirksam.
Im Anschluß daran hat das Berufungsgericht eins rechtswirksame Bürgschaft der Beklagten (§§ 765 ff) angenommen und dazu erwogen: Die Bürgschaft sei nicht sittenwidrig. Sie enthalte keine überraschenden Regelungen. Die Beklagte habe ihre Bürgschaftserklärung nicht wegen Irrtums wirksam angefochten, weil sie nicht bewiesen habe, daß sie bei Vertragsschluß angenommen habe, es handele sich um eine Unterschrift für eine Geldanlage auf ihrem Sparkonto bei der Klägerin. Nach dem substantiierten, von der Beklagten nur pauschal bestrittenen Vorbringen der Klägerin sei davon auszugehen, daß auf dem Girokonto der Hauptschuldner noch ein Debetsaldo von 278.010,60 DM bestehe; dieser sei im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß von diesem Konto die Raten auf das Darlehen für den Hauskauf abgebucht worden seien. Der Bürgschaftsforderung könne die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch wegen eines Verschuldens der Klägerin bei Vertragsschluß entgegenhalten; der Vortrag der Beklagten biete keinen Anhaltspunkt dafür, daß Mitarbeiter der Klägerin einen Irrtum der Beklagten über das Bürgschaftsrisiko veranlaßt haben könnten.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Die Revision macht unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 29. Februar 1996 (IX ZR 153/95, WM 1996, 762, z.V.b. in BGHZ 132, 119) – zur Blankobürgschaft – geltend, die Bürgschaft der beklagten Iranerin genüge nicht der Form des § 766 BGB und sei deswegen unwirksam (§ 125 Satz 1 BGB). Die Bürgin, die – dies ist unstreitig – weder der deutschen Sprache mächtig sei noch lateinische Schrift lesen könne, habe das in deutscher Sprache verfaßte Bürgschaftsformular unterzeichnet, ohne Kenntnis von den formbedürftigen Bürgschaftsumständen erlangt zu haben. Dies stehe dem Fall gleich, daß ein Bürge eine Blankounterschrift leiste und einen anderen mündlich zur Ergänzung der Urkunde ermächtige. Ansonsten könne die Vorschrift das § 766 BGB den Bürgen nicht mehr schützen und verliere ihre Warnfunktion.
Insoweit kann der Revision nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat kein Blankett, sondern eine vollständige Urkunde unterschrieben. Zwar hat die Beklagte von den darin enthaltenen Bürgschaftsmerkmalen und von der damit verbundenen Haftung keine Kenntnis erlangt. Dies ist aber darauf zurückzuführen, daß die Beklagte die Warnfunktion der ihr vorgelegten Bürgschaftsurkunde mißachtet hat, indem sie diese unterzeichnet hat, ohne zuvor vom Inhalt der Urkunde Kenntnis zu nehmen (Senatsurt. v. 27. Oktober 1994 – IX ZR 168/93, a.a.O. 2276). Dies war ihr in zumutbarer Weise möglich. Sie wurde damals von ihrem der deutschen Sprache und Schrift kundigen Vetter, der ihr als Dolmetscher diente, begleitet; dieser hätte ihr auf eine Bitte hin die auf einer DIN-A 4-Seite befindlichen, übersichtlich gegliederten und auch für einen Rechtsunkundigen hinreichend verständlichen Vertragsbedingungen übersetzen können. Dieser Fall ist anders als derjenige einer Blankobürgschaft mit mündlicher Ermächtigung zur Ergänzung der Urkunde.
2. a) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand hat das Berufungsgericht eine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft gemäß § 138 Abs. 1 BGB im Ergebnis zu Recht verneint, selbst wenn die Beklagte sich für alle bei Vertragsschluß bestehenden und für zukünftige Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin aus der Geschäftsverbindung mit der Klägerin verbürgt haben sollte. Dabei können zugunsten der Beklagten, deren Vetter einer der beiden Hauptschuldner ist, die Grundsätze entsprechend angewendet werden, die der Senat für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit von Ehegattenbürgschaften entwickelt hat (BGH, Urt. v. 2. November 1995 – IX ZR 222/94, WM 1996, 53; v. 18. Januar 1996 – IX ZR 171/95, WM 1996, 519; v. 25. April 1996 – IX ZR 177/95, NJW 1996, 2088, z.V.b. in BGHZ 132, 328; v. 23. Januar 1997 – IX ZR 69/96, NJW 1997, 1003, z.V.b. in BGHZ).
Die 1935 oder 1936 geborene Beklagte, die die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrages darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Urt. v. 2. November 1995 – IX ZR 222/94, a.a.O. 55), hat schon nicht behauptet, daß die Bürgschaftsverpflichtung ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überschreite. Nach eigenem Vorbringen hatte die Beklagte etwa 600.000 DM zur Verfügung, die aus dem Iran stammten. Bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages hatte die Beklagte nach der Zeugenaussage ihres Vetters und Hauptschuldners im Arrestverfahren ein Sparguthaben von etwa 500.000 DM bei der Klägerin; davon erwarb die Beklagte Mitte 1985 eine Eigentumswohnung. Die Beklagte hat es hingenommen, daß der Hauptschuldner aufgrund einer unbeschränkten Vollmacht von ihrem Guthaben 1988, 300.000 DM und später 70.000 DM zur Erfüllung eigener Verbindlichkeiten verwendete. Sollte die Beklagte noch eine finanzielle Überforderung darlegen, so wäre bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit zu berücksichtigen, daß der Hauptschuldner Gynäkologe mit entsprechendem Einkommen ist, von dem eine Tilgung seiner Schulden gegenüber der Klägerin zu erwarten war (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 1996 – IX ZR 171/95, a.a.O. 522).
Außerdem steht nicht fest, daß die Beklagte über ihre finanzielle Belastung durch die Bürgschaft hinaus durch weitere, der Klägerin zurechenbare Umstände in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt worden ist. Ihre Behauptung, die Übernahme der Bürgschaft beruhe auf Unerfahrenheit und mangelndem Urteilsvermögen infolge fehlender Sprach- und Schriftkenntnis, hat die Beklagte bisher nicht bewiesen. Die Klägerin hat dagegen vorgebracht, die Beklagte sei vor Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde durch ihren Vetter und Hauptschuldner über Gegenstand und Tragweite der Bürgschaft unterrichtet worden; für die Richtigkeit dieses Vertrags spricht die Aussage des Zeugen Dr. M. – zu einer anderen Beweisfrage –. Die Beklagte hatte auch die Möglichkeit, durch ihren Vetter und Hauptschuldner vor ihrer Verpflichtung deren Inhalt zu erfahren. Sollte gemäß dem Vorbringen der Beklagten der Vetter und Hauptschuldner das Angehörigenverhältnis und ein Dankesgefühl – wegen Vermittlung einer schmerzlindernden Rückenoperation – mißbraucht haben, so hat die Beklagte nicht dargelegt, daß die Klägerin dies wußte oder hätte wissen müssen. Falls die Klägerin, wie die Beklagte behauptet hat, gegenüber dem Hauptschuldner eine Bürgschaft der Beklagten als reine Formsache bezeichnet haben sollte, so hat die Beklagte doch nicht vorgetragen, daß sich eine solche Verharmlosung des Risikos auf ihre Entschließung ausgewirkt habe. Vielmehr hat sie vorgebracht, sie habe unterschrieben aufgrund einer Erklärung des Hauptschuldners, es handele sich um eine formale Unterschrift betreffend ihr Sparkonto bei der Klägerin.
b) Da davon auszugehen ist, daß die Bürgschaft der Beklagten ein taugliches Sicherungsmittel ist, entfällt eine Änderung des Bürgschaftsvertrages zugunsten der Beklagten gemäß § 242 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 25. April 1996 – IX ZR 177/95, a.a.O. 2089 f; v. 23. Januar 1997 – IX ZR 69/96, a.a.O. 1004).
3. Die Revision rügt erfolglos die tatrichterliche Feststellung, die Beklagte habe den behaupteten Irrtum bei der Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde nicht bewiesen (§ 119 Abs. 1 Fall 1 BGB; vgl. zur Beweislast BGH, Urt. v. 11. Dezember 1958 – II ZR 148/57, WM 1959, 348, 349).
Dazu hat das Berufungsgericht im einzelnen ausgeführt: Der Behauptung der Beklagten, sie habe angenommen, es handele sich um eine Unterschrift für ihr Sparkonto, stehe die Aussage des Zeugen Dr. M. „diametral” entgegen. Danach habe die Beklagte gewußt, daß sie eine Bürgschaftserklärung unterzeichne. Ob den Bekundungen des Zeugen in allen Einzelheiten zu folgen sei, brauche nicht entschieden zu werden. Selbst wenn man dem Zeugen trotz des durchaus glaubhaft erscheinenden Inhalts seiner Aussage keinen Glauben schenken wollte wegen seines wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits, so habe doch die Beklagte ihren angeblichen Irrtum nicht bewiesen.
a) Danach hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen abgestellt, obwohl der mit der Beweisaufnahme beauftragte Richter seinen persönlichen Eindruck vom Zeugen nicht in der Niederschrift vermerkt hatte (vgl. BGH, Urt. v. 30. Januar 1990 – IX ZR 162/89, BGHR ZPO § 286 – Zeugenbeweis 1; v. 4. Dezember 1990 – XI ZR 310/89, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 – Beweiswürdigung 1). Vielmehr hat das Berufungsgericht die Richtigkeit der Zeugenaussage letztlich dahingestellt sein lassen, weil auch dann die Beklagte den ihr obliegenden Beweis nicht geführt habe. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Daran ändert es nichts, daß das Berufungsgericht ohne nähere Begründung die Aussage für „durchaus glaubhaft” gehalten hat.
b) Erfolglos macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft eine Vernehmung der Beklagten als Partei gemäß § 448 ZPO nicht erwogen und durchgeführt.
Die Vernehmung einer Partei zu ihrem eigenen Vorbringen setzt voraus, daß das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausreicht, die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung zu begründen, dafür aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Ob der Tatrichter von der Möglichkeit des § 448 ZPO Gebrauch macht, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das Revisiongericht kann nur prüfen, ob er dieses sachgemäß ausgeübt, die Ermessensgrenzen überschritten oder es überhaupt versäumt hat, von dem Ermessen Gebrauch zu machen (BGH, Urt. v. 27. Januar 1988 – IVb ZR 82/86, FamRZ 1988, 482, 485; v. 10. März 1988 – III ZR 250/86, BGHR ZPO § 448 – Ermessensgrenzen 3; v. 5. Juli 1989 – VIII ZR 334/88, NJW 1989, 3222).
Das Berufungsgericht hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es einen von der Beklagten behaupteten Irrtum bei Vertragsschluß nicht als wahrscheinlich angesehen hat. Es hat nämlich ausgeführt, die Aussage des Zeugen Dr. M. stehe diesem Vorbringen der Beklagten „diametral” entgegen und diese habe keinen weiteren Beweis angeboten. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Ansicht der Revision, die auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27. Oktober 1993 (NJW 1995, 1413) verweist, ist der Grundsatz der Waffengleichheit der Parteien eines Zivilprozesses nicht verletzt worden. Das Berufungsgericht hat zu der Behauptung der Beklagten, sie habe sich bei Unterzeichnung der Urkunde über deren Inhalt geirrt, nicht einen Zeugen der Klägerin, sondern allein den von der Beklagten benannten Dr. M. vernommen. Dieser hat das Vorbringen der Beklagten nach rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung nicht bestätigt. Weitere Beweisanträge hat die Beklagte nicht gestellt.
4. Vergeblich beanstandet die Revision die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages keine Aufklärungspflicht gegenüber der Beklagten verletzt.
Ein Schadensersatzanspruch aus einem Verschulden der Klägerin bei Vertragsschluß, mit dem die Inanspruchnahme ans der Bürgschaft abgewehrt werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 29. Juni 1966 – VIII ZR 84/64, WM 1966, 944, 945; v. 17. März 1994 – IX ZR 174/93, WM 1994, 1064, 1066), steht der Beklagten nicht zu.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats obliegen dem. Gläubiger gegenüber dem künftigen Bürgen grundsätzlich keine Sorgfaltspflichten, insbesondere keine Pflicht zur Aufklärung über das Bürgschaftsrisiko, weil dieses allgemein bekannt ist und außerdem durch die erforderliche Schriftform (§ 766 BGB) offengelegt wird. Solange der, Gläubiger insoweit nicht durch den künftigen Bürgen befragt wird, kann er davon ausgehen, daß dieser sich über die für seine Entschließung maßgeblichen Umstände, insbesondere auch über die Wahrscheinlichkeit seiner Inanspruchnahme ausreichend unterrichtet hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wann der Bürgschaftsgläubiger durch sein Verhalten und auch für ihn erkennbar einen Irrtum des Bürgen über dessen erhöhtes Risiko veranlaßt hatte. Ist dies nicht der Fall, so ist der Gläubiger grundsätzlich nicht verpflichtet, die eigene Einschätzung des Risikos zu offenbaren oder sich über den Wissensstand des künftigen Bürgen zu unterrichten (BGH, Urt. v. 17. Oktober 1985 – IX ZR 168/84, WM 1986, 11, 12; v. 22. Oktober 1987 – IX ZR 267/86, NJW 1988, 3205, 3206; v. 24. Februar 1994 – IX ZR 93/93, BGHZ 125, 206, 218; 17. März 1994 – IX ZR 174/93, a.a.O.).
a) Diese Grundsätze muß auch ein ausländischer Bürge gegen sich gelten lassen.
Bei der Anbahnung eines Vertrages hat eine Partei dem anderen Teil nur diejenigen entscheidungserheblichen Umstände mitzuteilen, über die dieser eine Aufklärung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) redlicherweise erwarten darf (BGH, Urt. v. 12. November 1969 – I ZR 93/67, NJW 1970, 653, 655; v. 17. Oktober 1985 – IX ZR 168/84, WM 1986, 11, 12; v. 9. April 1992 – IX ZR 145/91, WM 1992, 1016, 1017). Danach besteht keine regelmäßige Pflicht einer Partei, von sich aus – ungefragt – einen anderen vor oder bei Vertragsschluß über das damit verbundene Risiko zu unterrichten. Jedermann darf grundsätzlich davon ausgehen, daß sich sein künftiger Vertragspartner selbst über die Umstände, die für seine Vertragsentscheidung maßgeblich sind, sowie über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft hat. Es ist im allgemeinen nicht rechtliche Aufgabe des Vertragsgegners, gegenüber dem anderen Teil die Machteile und Gefahren zu verdeutlichen, die mit den Pflichten aus dem beabsichtigten Vertrag verbunden sind, und diese bei einem gegenseitigen Vertrag gegen die Vorteile abzuwägen. Nur ausnahmsweise kann eine Aufklärungs- und Warnpflicht nach Treu und Glauben dann bestehen, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalles davon auszugehen ist, daß der künftige Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (vgl. BGH, Urt. v. 27. November 1990 – XI ZR 308/89, BB 1991, 155; v. 16. Januar 1996 – XI ZR 151/95, NJW 1996, 1206, 1207).
Dies gilt auch bei einem Vertragsschluß mit einem Ausländer. Aus dessen Sicht hat die Vorlage einer Urkunde zur Unterschrift Warnfunktion in dem Sinne, daß von ihm eine rechtlich bedeutsame Erklärung erwartet wird. Nutzt er eine zumutbare Möglichkeit, sich Kenntnis von ihrem Inhalt zu verschaffen, nicht, so muß er das mit der Unterzeichnung der ungelesenen Urkunde verbundene Risiko tragen, daß der Inhalt der Urkunde nicht seinen Vorstellungen entspricht (vgl. BGHZ 87, 112, 114 f; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1994 – IX ZR 168/93, a.a.O. 2276).
b) Auch die Klägerin durfte bei Vertragsschluß annehmen, daß die beklagte Iranerin sich im eigenen Interesse Gewißheit über alle wesentlichen Einzelheiten einer Bürgschaft für ihren Vetter und dessen Ehefrau verschafft hatte. Die Klägerin ist nach ihrem Vorbringen damals davon ausgegangen, daß die Beklagte zumindest durch ihren Vetter – diesen hat die Klägerin zunächst für den Bruder der Beklagten gehalten (GA I 4) –, der ihr Vertrauen genoß, unterrichtet worden war (GA I 93, II 241 ff). Obwohl dieser ebenfalls aus dem Iran stammt, war von ihm eine im großen und ganzen zutreffende Aufklärung zu erwarten, weil er seit vielen Jahren in Deutschland lebte, hier Medizin studiert hatte und als Arzt arbeitete, der deutschen Sprache und Schrift mächtig war, die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hatte und in langer, vielfältiger Geschäftsverbindung mit der Klägerin stand, mit deren Hilfe er nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten bereits drei Eigentumswohnungen gekauft hatte. Daran ändert es nichts, daß die Beklagte für den Vetter – und seine Ehefrau – bürgen sollte. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin vor oder bei Vertragsschluß damit rechnen mußte, die Beklagte werde durch ihren Vetter bezüglich der Bürgschaft getäuscht.
Danach hätte sich die Klägerin nicht vor Vertragsschluß nach dem Wissensstand der Beklagten erkundigen müssen, wenn ihr der Hauptschuldner eine vollständige, von der Beklagten unterschriebene Bürgschaftsurkunde überbracht hätte. Dies ist nicht deswegen anders, weil die Beklagte in den Geschäftsräumen der Klägerin die ihr vorgelegte Bürgschaftsurkunde unterschrieben hat. Die Mitarbeiter der Klägerin wußten nach deren Vorbringen damals zwar, daß die Beklagte eine Angehörige des Hauptschuldners aus dem Iran war, dort gewöhnlich lebte und der geschäftliche Umgang mit ihr „Übersetzungshilfen” erforderte (GA I 4, 5, 93, II 243). Da die Beklagte aber bei Vertragsschluß durch ihren Vetter begleitet wurde, dessen sie sich als Dolmetscher zu bedienen pflegte, hatte diese die Möglichkeit, die Mitarbeiter der Klägerin nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunde zu fragen. Außerdem hätte sich die Beklagte vor ihrer Unterschrift eine Übersetzung der Urkunde verschaffen und Rechtsrat einholen können. Nach alledem hätte die Beklagte im eigenen Interesse die uneingeschränkte Kenntnis der Bedeutung ihrer Unterschrift in zumutbarer Weise erlangen und damit ihre volle Entscheidungsfreiheit wahren können, hat aber davon keinen Gebrauch gemacht.
5. Die Revision beruft sich jedoch mit Erfolg auf die vom Senat – zeitlich nach seinem ersten Revisionsurteil in dieser Sache – entwickelte sogenannte „Anlaß”-Rechtsprechung zu §§ 3, 9 AGBG in Bürgschaftssachen (BGH, Urt. v. 18. Mai 1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19; v. 18. Januar 1996 – IX ZR 69/95, WM 1996, 436, z.V.b. in BGHZ 132, 6; v. 7. März 1996 – IX ZR 43/95, WM 1996, 766; v. 13. Juni 1996 – IX ZR 229/95, WM 1995, 1391).
In seinem ersten Revisionsurteil vom 27. Oktober 1994 (IX ZR 168/93, a.a.O. 2277) hat der Senat ausgeführt, die Frage, ob eine Bürgenhaftung der Beklagten gemäß §§ 3, 4 AGBG auf den Kredit für den Hauskauf der Hauptschuldner zu beschränken sei, stelle sich beim derzeitigen Sachstand nicht, weil die Beklagte ihr ursprüngliches Vorbringen, sie habe bei Unterzeichnung des Bürgschaftsformulars angenommen, daß sie für die Rückzahlung dieses Darlehens – in Höhe von 800.000 DM – bürgen solle, aufgegeben habe. Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht worden, die weite Zweckerklärung der Bürgschaft, die sich auf alle bei Vertragsschluß bestehenden und auf künftige Verbindlichkeiten der Hauptschuldner erstreckt, werde nicht durch § 3 AGBG vom Vertragsinhalt ausgenommen. Selbst wenn dies anders zu werten sein sollte, so ist der Senat im Rahmen seiner allgemein geänderten Rechtsauffassung nicht an sein erstes Urteil in dieser Sache gebunden (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluß vom 6. Februar 1973 – GmS – OGB 1/72, BGHZ 60, 392, 397 f; BGH, Urt. v. 18. Januar 1996 – IX ZR 69/95, a.a.O. S. 437).
Das Berufungsgericht ist in seinem angefochtenen Urteil vom 9. Mai 1995 auf die damals schon eingeleitete neue Rechtsprechung des Senats nicht eingegangen. Es hat lediglich ausgeführt, die Voraussetzungen des § 3 AGBG lägen nicht vor, weil die Regelungen im Bürgschaftsformular nicht überraschend seien.
a) Die Beklagte hat sich für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen Dr. M. und seine Ehefrau aus ihrer Geschäftsverbindung verbürgt. Diese Bürgschaft vom 15. März 1985 wurde übernommen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Hausgrundstücks durch die beiden Hauptschuldner am 8. März 1995 und mit der Finanzierung des Kaufpreises von 800.000 DM durch die Klägerin gemäß „Schuldschein” der Hauptschuldner vom 10. April 1985 unstreitig hatten die Hauptschuldner damals weitere Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin, nach der Behauptung der Beklagten möglicherweise u.a. aus der Finanzierung der Kaufpreise für drei Eigentumswohnungen. Nach der Bürgschaftsübernahme hat die Klägerin den Hauptschuldnern ein weiteres Darlehen von 400.000 DM gewährt. Nach dem Vorbringen der Klägerin hat sich die Beklagte „für sämtliche Verbindlichkeiten” verbürgt; insoweit hat sich die Klägerin auf das Zeugnis des Hauptschuldners Dr. M. berufen. Nach dessen Zeugenaussage – zu einer anderen Beweisfrage – sollte die Beklagte nur den Kredit zur Finanzierung des Hauskaufs verbürgen; in diesem Sinne hatte sich der Zeuge auch in seiner „eidesstattlichen Versicherung” vom 4. Juli 1991 und in seiner Aussage im Arrestverfahren geäußert. Nach ihrem ursprünglichen Vorbringen hat die Beklagte den Kredit für den Hauskauf der Hauptschuldner verbürgt, nach ihrem späteren Vortrag hat sie keine Bürgschaft übernommen und besteht keine Forderung der Klägerin gegen die Hauptschuldner mehr.
Danach hätte das Berufungsgericht feststellen müssen, ob Anlaß der Bürgschaft nur die Sicherung des Kredits für den Hauskauf oder aber – gemäß dem Klagevortrag – aller weiteren damals bestehenden und der künftigen Verbindlichkeiten der Hauptschuldner aus ihrer Geschäftsverbindung mit der Klägerin war. Diese hat darzulegen und zu beweisen, daß die Bürgschaft die geltend gemachte Hauptschuld umfaßt (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1996 – IX ZR 43/95, a.a.O. 769).
Sollte die Beklagte nur den Kredit für den Hauskauf verbürgen, so wäre die formularmäßige Erstreckung der Bürgschaft auf alle übrigen bestehenden und auf künftige, bei Vertragsschluß für die Beklagte unabsehbare und von ihr nicht zu verhindernde Verbindlichkeiten der Hauptschuldner überraschend gemäß § 3 AGBG und nicht Vertragsbestandteil geworden (vgl. BGHZ 126, 174, 176 ff; 130, 19, 24 ff; BGH, Urt. v. 18. Januar 1996 – IX ZR 69/95, a.a.O.; v. 7. März 1996 – IX ZR 43/95, a.a.O. 769 f). Außerdem wiche die Erweiterung der Bürgenhaftung über den objektiven Anlaß der Verbürgung hinaus vom gesetzlichen Leitbild des § 767 Abs. 1 Satz 3, BGB ab und wäre gemäß § 9 AGBG unwirksam (vgl. BGHZ 130, 19, 31 ff; BGH, Urt. v. 18. Januar 1996 – IX ZR 69/95, a.a.O. 437; v. 7. März 1996 – IX ZR 43/95, a.a.O. 768 f); eine Formularbürgschaft erstreckt sich nur dann wirksam auf künftige Ansprüche gegen den Hauptschuldner, wenn diese schon bei Vertrags Schluß nach Grund und Umfang klar und übersichtlich umrissen sind (BGH, Urt. v. 13. Juni 1996 – IX ZR 229/95, a.a.O. 1392). Sollte die Erweiterung der Bürgenhaftung unwirksam sein, so bliebe der Bürgschaftsvertrag nach § 6 Abs. 1, 2 AGBG wirksam mit dem Inhalt, daß die Beklagte nur für die verbürgte Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldner wegen des Hauskaufs haftete (vgl. BGHZ 130, 19, 34 ff). Verfassungsrechtliche Gründe hindern nicht eine Rückwirkung der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den früher geschlossenen, noch nicht abgewickelten Bürgschaftsvertrag; nach dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes trifft die Klägerin das Risiko, daß und in welchem Umfang ein Vertrag wirksam ist, der gemäß einem von ihr verwendeten Formular zustande gekommen ist (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 1996 – IX ZR 69/95, a.a.O. 437 f; v. 29. Februar 1996 – IX ZR 153/95, a.a.O. 765 f).
b) Für den Fall, daß die Beklagte nur für die Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldner aus dem Hauskauf haftet, hat die Klägerin entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts bisher nicht schlüssig dargelegt, daß der – von den Vorinstanzen zuerkannte – hauptsächliche Klageanspruch auf Zahlung von 251.783,91 DM unter diese verbürgte Schuld fällt, wie die Revision zutreffend rügt.
Nach dem Klagevortrag handelt es sich um eine Teilforderung aus dem Girokonto der Hauptschuldner Nr. …, das nunmehr ein Soll von 278.010,60 DM ausweist (GA I 2 f, II 246, 283, IV 354, 368). Die Klägerin hat jedoch – unter Vorlage von Belegen – behauptet, der Hauskauf der Hauptschuldner sei nicht über dieses Konto finanziert worden (GA IV 353), sondern über das Konto der Hauptschuldner Nr. … und dieses habe Ende 1992 mit einer Schuld von 144.044,74 DM abgeschlossen (GA II 246, 278, 284, IV 369). Dies deutet darauf hin, daß dann nur eine solche Restschuld verbürgt ist (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klägerin hat weiterhin vorgebracht, daß, nachdem der Kredit auf dem letztgenannten Konto im April 1986 auf 1,2 Mio. DM erhöht worden sei, die Raten auf das – erhöhte – Darlehen vereinbarungsgemäß vom Konto Nr. … abgebucht worden seien (GA IV 353, 367, 370). Das Berufungsgericht hat aber schon nicht begründet, warum sich daraus nach seiner Ansicht ohne weiteres ergeben soll, daß der Debetsaldo auf diesem Konto „im wesentlichen” die Rückführung eines verbürgten Darlehens für den Hauskauf betreffen soll. Die Schuld kann andere Ursachen haben. Außerdem richtet sich eine Haftung der Beklagten für diesen Kredit nur nach seinem restlichen Bestand (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB).
II.
Da noch nicht feststeht, daß die Beklagte den eingeklagten Anspruch verbürgt hat, ist das Berufungsurteil auch insoweit aufzuheben, als die Beklagte verurteilt worden ist, die Zwangsvollstreckung aus der zugunsten der Klägerin eingetragenen Arresthypothek an ihrem Grundmiteigentumsanteil zu dulden, und die Widerklage der Beklagten, die Klägerin zur Mitwirkung an der Löschung dieser Hypothek zu verurteilen, abgewiesen worden ist.
1. Für den Fall, daß ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zuerkannt wird, hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, daß der Arresthypothek eine. „latente Verwertungsfunktion” zukomme und deswegen die Klägerin auf Duldung der Zwangsvollstreckung klagen könne (§ 932 ZPO mit §§ 1114, 1147, 1184–1186, 1190 Abs. 1, 3 BGB).
Die im Wege des Arrestes eingetragene (Höchstbetrags-)Sicherungshypothek (§ 932 ZPO mit §§ 1184, 1185, 1190 Abs. 1, 3 BGB) bietet dem Gläubiger noch keine Befriedigungsmöglichkeit, sondern sichert nur rangwahrend seine – noch nicht titulierte – Forderung in der Höhe ihrer Feststellung im Hauptprozeß, Deswegen ist die Arresthypothek zu unterscheiden von der Zwangshypothek, die eine Zwangsvollstreckung in ein Grundstück ermöglicht (§§ 866–870 ZPO), sobald der Gläubiger gegen den Eigentümer einen Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der zuerkannten Forderung erlangt hat (§ 1147 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 22. Juni 1966 – VIII ZR 50/66, NJW 1966, 2009; v. 3. August 1995 – IX ZR 34/95, NJW 1995, 2716, 2717). Ein rechtskräftiger Titel über die Arrestforderung hat nicht zur Folge, daß aus der Arresthypothek kraft Gesetzes eine Zwangshypothek wird. In der Regel kann der Arrestgläubiger, nachdem er einen Titel über die gesicherte Forderung erwirkt hat, seine Arresthypothek in eine Zwangshypothek – mit dem Rang der Arresthypothek – umwandeln lassen, und zwar entweder durch Einigung (§§ 877, 1186 BGB) oder im Vollstreckungswege (vgl. §§ 867 Abs. 1, 932 Abs. 2 ZPO) auf Antrag gegenüber dem Grundbuchamt unter Vorlage des Schuldtitels, der die Einigung und Eintragungsbewilligung des Grundeigentümers ersetzt, jeweils in Verbindung mit der Eintragung in das Grundbuch (KG OLGZ 44 – 1925 –, 177; OLG Frankfurt Rpfleger 1975, 103 f; RGRK/Thumm, BGB 12. Aufl. § 1186 Rdnr. 3; Palandt/Bassenge, BGB 56. Aufl. § 1186 Rdnr. 3; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 932 Rdnr. 14; MünchKomm/Heinze, ZPO 1992, § 932 Rdnr. 14). Könnte aus der Arresthypothek nicht auf Duldung der Zwangsvollstreckung gemäß § 1147 BGB geklagt werden (so LG Zwickau LZ 1931, 530; Staudinger/Scherübl, BGB 12. Aufl. § 1147 Rdnr. 46; Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts 9. Aufl. § 213 Arm. II 2 c), so entfiele die Umschreibungsmöglichkeit auf Grund des persönlichen Titels grundsätzlich nach Veräußerung des mit der Arresthypothek belasteten Grundstücks (Nicklisch AcP 169 – 1969 – 124, 126 ff). Eine solche Sicherungslücke besteht dagegen nicht, wenn mit Nicklisch (a.a.O. 132 ff) angenommen wird, daß die Arresthypothek einen Duldungsanspruch gegen den jeweiligen Eigentümer gewähre. Diese Ansicht hat in Rechtsprechung und Schrifttum Zustimmung gefunden (OLG Celle WM 1985, 547, 548; LG Zweibrücken NJW-RR 1995, 512; Stein/Jonas/Grunsky, a.a.O. § 932 Rdnr. 3; MünchKomm/Heinze, a.a.O. § 932 Rdnrn. 2, 4; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 55. Aufl. § 932 Rdnr. 7; Thomas/Putzo, ZPO 19. Aufl. § 932 Rdnr. 1; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 78 Anm. II 3 c; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz Bd. II 1995 § 932 Rdnr. 11). Der Senat schließt sich ihr an.
Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Arrestvollziehung in Grundstücke dingliche Wirkung im Sinne eines Pfandrechts haben müsse (Motive zum BGB Bd. III 1888, 626 f; vgl. Nicklisch a.a.O. 129 ff). Dies läßt darauf schließen, daß der Arrestgläubiger einerseits keine sofortige Verwertungsbefugnis erhalten, andererseits aber bei Veräußerung des Grundstücks nicht schutzlos sein soll. Als Sicherungshypothek ist die Arresthypothek davon abhängig, daß die gesicherte Forderung besteht; insoweit wird ein guter Glaube nicht geschützt (§§ 1137, 1184, 1185 BGB). Der Eigentümer kann einem Duldungsanspruch aus der Arresthypothek entgegenhalten, die gesicherte Forderung bestehe nicht oder nicht in voller Höhe. Der Gläubiger muß dann den Bestand der Arrestforderung beweisen (vgl. BGH, Urt. v. 30. April 1985 – X ZR 34/84, NJW 1986, 53). Danach droht keine Gefahr einer vorzeitigen Befriedigung des Arrestgläubigers.
2. Der mit der Widerklage verfolgte Löschungsanspruch ist Insoweit begründet, als der gesicherte Anspruch ungerechtfertigt sein sollte (§§ 812, 894 mit §§ 875, 876 BGB).
Unterschriften
Brandes, Kraft, Stodolkowitz, Zugehör, Ganter
Fundstellen
Haufe-Index 1444691 |
NJW 1997, 3230 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1997, 1058 |
MDR 1997, 777 |
ZBB 1997, 271 |