Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entscheidung über die Hereinnahme eines disparischen Schecks im Wert von mindestens 5.000 DM zum Einzug über ein Gehaltskonto hat ein Bankangestellter nicht nur eigenes Wissen, sondern auch in den Kontounterlagen verfügbare Informationen über den Arbeitgeber des Einreichers zu berücksichtigen.
2. Zur groben Fahrlässigkeit bei der Hereinnahme disparischer Schecks zum Einzug.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 5. Februar 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 1. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende GmbH verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz, weil diese bei der Hereinnahme von 18 Inhaberverrechnungsschecks zur Einziehung grob fahrlässig nicht erkannt habe, daß die Schecks abhanden gekommen seien.
Bei der Filiale S. der Beklagten unterhielt P. seit längerer Zeit ein Girokonto, auf das sein Gehalt überwiesen wurde. P. war, wie dem in der kontoführenden Filiale tätigen Bankangestellten Sc. aus der Geschäftsbeziehung bekannt war, seit Anfang 1992 bei der Klägerin in D. als Buchhalter beschäftigt. In der Zeit zwischen Mai/Juni 1992 und Februar 1993, nachdem Sc. im April 1992 in eine andere Filiale der Beklagten versetzt worden war, reichte P. 18 Inhaberverrechnungsschecks über insgesamt 104.260,06 DM per Post bei der Filiale S. der Beklagten zur Einziehung ein. Die gutgeschriebenen Scheckbeträge hob er weitgehend ab.
Im Februar 1993 wurde das Anstellungsverhältnis zwischen der Klägerin und P. mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Gleichzeitig erkannte P. an, der Klägerin, die sich weitere Schadensersatzansprüche vorbehielt, 95.000 DM zu schulden. Zur Ermittlung solcher Ansprüche und zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Scheckverkehr beauftragte die Klägerin eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die ihr 23.641,50 DM netto in Rechnung stellte.
Diesen Betrag und die von den Beklagten eingezogenen Scheckbeträge, insgesamt 127.901,56 DM zuzüglich Zinsen, verlangt die Klägerin von der Beklagten ersetzt. Die Klägerin behauptet, alle 18 Verrechnungsschecks über Beträge zwischen etwa 1.000 und 15.000 DM seien von P. entwendet worden. Die Inhaberverrechnungsschecks seien entweder zu ihren Gunsten oder von ihr für Dritte ausgestellt worden. Bei der Hereinnahme durch die Beklagte hätten alle Schecks nicht auf P. gelautet. Die Einreichung disparischer Schecks durch einen Buchhalter des Scheckausstellers oder -empfängers auf sein privates Girokonto sei ein äußerst ungewöhnlicher Vorgang. Die Beklagte habe die materielle Scheckberechtigung von P. deshalb nachprüfen müssen.
Die Beklagte hat bei 17 Schecks die Identität der streitgegenständlichen mit den von ihr zur Einziehung hereingenommenen bestritten und behauptet, alle von P. eingereichten 18 Schecks seien auf ihn ausgestellt oder giriert gewesen. Sie hat die Auffassung vertreten, zu einer Nachprüfung der materiellen Scheckberechtigung habe kein Anlaß bestanden, zumal P. gegenüber Sc. erklärt habe, neben seiner Tätigkeit als Leiter der Finanzabteilung akquiriere er für seinen Arbeitgeber auf Provisionsbasis Kunden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat zur Klageabweisung ausgeführt:
Die Klägerin stehe, ohne daß geklärt werden müsse, ob die von P. zur Einziehung eingereichten Schecks der Klägerin entwendet worden seien, ein Schadensersatzanspruch aus §§ 990, 989 BGB i.V. mit Art. 21 ScheckG gegen die Beklagte nicht zu. Der Beklagten falle bei der Hereinnahme der Schecks grobe Fahrlässigkeit nicht zur Last. Die Klägerin habe deren Vortrag, die ihr vorgelegten Schecks seien auf P. ausgestellt oder auf ihn giriert gewesen, nicht substantiiert bestritten. Die Beklagte habe deshalb keinen Anlaß gehabt, den Verdacht zu hegen, die Schecks seien abhanden gekommen.
Das gelte im Ergebnis selbst dann, wenn die von P. eingereichten Schecks auf die Klägerin oder von ihr ausgestellt gewesen seien. Das Wissen des Bankangestellten Sc., daß P. in der Buchhaltung der Klägerin beschäftigt war, sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Die Beklagte müsse sich nur das Wissen der Angestellten zurechnen lassen, die über die Hereinnahme der Schecks mitentschieden hätten. Sc. habe dabei nicht mitgewirkt. Er habe sein Wissen vor seiner Versetzung in eine andere Filiale der Beklagten weder niederlegen noch seinen Nachfolger, den Bankangestellten Sch., der seit dem 1. Juli 1992 in der Filiale S. tätig sei, darüber informieren müssen. Sch. habe über die berufliche Tätigkeit von P. keine Kenntnis gehabt. Er habe deshalb nicht fahrlässig gehandelt, als er die von P. übersandten Inhaberverrechnungsschecks ohne Prüfung, ob sie abhanden gekommen seien, zur Einziehung hereingenommen habe. Gleiches gelte für den namentlich nicht bekannten Sachbearbeiter, der vor dem 1. Juli 1992 über die Hereinnahme der von P. eingereichten Schecks entschieden habe.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Hauptbegründung des Berufungsurteils ist tatbestandswidrig. Grobe Fahrlässigkeit der Beklagten bei der Hereinnahme der Inhaberverrechnungsschecks kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Einreichung der Schecks durch P. sei schon deshalb nicht verdachterregend gewesen, weil die Klägerin die Behauptung der Beklagten, die Schecks seien auf P. ausgestellt oder giriert gewesen, nicht substantiiert bestritten habe. Das Gegenteil ist richtig.
Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils hat die Klägerin vorgetragen: Bei der „Hereinnahme” durch die Beklagte hätten „alle” Verrechnungsschecks „nicht auf den Namen des J. P. gelautet”. Die Beklagte habe „sich erkundigen müssen, vor welchem Hintergrund P. die auf seine Arbeitgeberin lautenden bzw. die von dieser für andere Personen ausgestellten Verrechnungsschecks der Beklagten vorlege”. Unter Berücksichtigung der „Disparität”, auf die sich die Klägerin ausdrücklich berufen hat, kann dies nur dahin verstanden werden, daß die Inhaberschecks bei Hereinnahme durch die Beklagte weder auf P. lauteten noch auf ihn giriert waren. Andernfalls könnte von Disparität, d.h. von Personenverschiedenheit von Einreicher und im Scheck genannten Berechtigten keine Rede sein.
Mit diesem im Tatbestand des Berufungsurteils festgehaltenen Vorbringen der Klägerin ist die in den Entscheidungsgründen getroffene Feststellung, die Klägerin habe nicht substantiiert bestritten, daß die vorgelegten Schecks auf P. ausgestellt oder giriert gewesen seien, unvereinbar. Der Beschluß des Berufungsgerichts, mit dem es die von der Klägerin beantragte Tatbestandsberichtigung abgelehnt hat, löst den Widerspruch nicht. Der Erklärungsversuch des Berufungsgerichts, die eingereichten Schecks hätten bei der – unterstellten – Entwendung auf die Klägerin gelautet, seien bei Hereinnahme durch die Beklagte aber infolge von Manipulationen auf P. ausgestellt oder giriert gewesen, scheitert schon daran, daß die Schecks nach dem Vorbringen der Klägerin bei der „Hereinnahme” durch die Beklagte auf die Klägerin lauteten.
Die danach widersprüchlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten, was von Amts wegen zu beachten ist (BGH, Urteil vom 9. Juli 1993 – V ZR 262/91, WM 1993, 1643, 1644; BGH, Urteil vom 9. März 1995 – III ZR 44/94, NJW-RR 1995, 1058, 1060), keine geeignete Entscheidungsgrundlage, so daß die dem Tatbestand sonst zukommende Beweiskraft (§ 314 ZPO) entfällt und der erkennende Senat daran nicht gebunden ist (BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 – II ZR 275/94, WM 1996, 1314; BGH, Urteil vom 27. September 1996 – V ZR 115/95, WM 1997, 121, 122 m.w.Nachw.).
2. Auch die Hilfsbegründung, die Beklagte habe bei der Hereinnahme der Schecks selbst dann nicht grob fahrlässig gehandelt, wenn diese nicht auf den Einreicher P. ausgestellt oder giriert gewesen seien, trägt die Abweisung der Klage nicht. Der Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte müsse sich das Wissen ihres Angestellten Sc., daß P. bei der Klägerin als Buchhalter beschäftigt war, nicht zurechnen lassen, da Sc. an der Hereinnahme der Schecks nicht mitgewirkt habe, kann nicht beigetreten werden.
a) Die Zurechnung von Wissen ist nach § 166 BGB zu beurteilen. Diese Vorschrift gilt nicht nur bei rechtsgeschäftlicher Vertretung, sondern analog auch bei Wissensvertretung. Wessen Wissen einer Bank zuzurechnen ist, läßt sich nur in wertender Beurteilung entscheiden. Maßgeblich zu berücksichtigen ist dabei, daß die Wissenszurechnung dem Schutz des Rechtsverkehrs dienen soll. Dieser verlangt, daß derjenige, der es mit einer Organisation, wie etwa einer Bank, zu tun hat, grundsätzlich nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden darf als derjenige, der einer natürlichen Person gegenübersteht. Die Nutzung einmal erlangten Wissens steht deshalb nicht im Belieben der Bank. Informationen, deren Relevanz für spätere Geschäftsvorgänge für den konkret wissenden Angestellten erkennbar ist, müssen vielmehr dokumentiert und über einen gewissen Zeitraum verfügbar gehalten werden. Außerdem muß sichergestellt werden, daß die Informationsmöglichkeit auch genutzt wird (BGHZ 132, 30, 37 m.w.Nachw.).
Die Grenzen der Wissenszurechnung, durch die eine Bank nicht schlechter gestellt werden darf als eine natürliche Person, sind unter Berücksichtigung des beschränkten menschlichen Erinnerungsvermögens und der berechtigten Erwartungen des Rechtsverkehrs zu ziehen. Dem Erinnerungsvermögen sind nicht nur zeitliche Grenzen gesetzt. Es ist vielmehr auch in erheblichem Umfang situationsabhängig (BGHZ 132, 30, 39).
Bei der Erledigung unbedeutender Geschäfte ist es gering. Von einem Bankangestellten, der solche Arbeiten ausführt, sind keine besonderen Erinnerungsleistungen und deshalb grundsätzlich auch keine Recherchen in Karteien oder Speichern zu erwarten oder zu verlangen.
Bei bedeutenderen Geschäften ist dies anders. Die Bank darf, schon um die grundsätzliche Gleichstellung mit einer natürlichen Person nicht zur inhaltsleeren Fiktion werden zu lassen, nicht dadurch besser stehen, daß mehr oder wenig zufällig an Stelle des konkret wissenden, (bisher) zuständigen, jedoch kurzzeitig abwesenden, für längere Zeit abgeordneten oder versetzten Bankangestellten ein Vertreter oder Nachfolger handelt, der über geschäftsrelevantes Wissen nicht verfügt. Es darf keinen wesentlichen Unterschied machen, ob der Geschäftsinhaber persönlich handelt oder aber ein Angestellter, der mit der Aufgabe betraut ist. Der Geschäftsverkehr erwartet vielmehr und darf erwarten, durch einen Mitarbeiterwechsel in der Bank keine Nachteile zu erleiden (Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 60 Rdn. 154). Die Bank muß deshalb dafür sorgen, daß das für spätere Geschäftsvorgänge relevante Wissen eines abwesenden oder versetzten Bankangestellten an den Vertreter oder Nachfolger weitergegeben wird oder für ihn in einer Kartei oder auf einem elektronischen Speichermedium zur Verfügung steht. Geschieht dies nicht, so muß sich die Bank aus Gründen des Verkehrsschutzes so behandeln lassen, als habe sie von der Information Kenntnis (vgl. MünchKomm/Schramm, BGB 3. Aufl. § 166 Rdn. 21a; Bohrer DNotZ 1991, 124, 130).
b) Für die Hereinnahme eines Schecks zum Einzug bedeutet dies nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß einer Bank nicht nur das präsente Wissen der konkret mit der Bearbeitung des Schecks befaßten Angestellten, sondern das in den beteiligten Bankabteilungen, in der Regel Schalterabteilung oder Posteingangsstelle und Scheckabteilung, vorhandene Wissen zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 19. Januar 1993 – XI ZR 76/92, WM 1993, 541, 543; s. auch BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 – VIII ZR 297/94, WM 1996, 824, 825; Rehbein EWiR 1993, 489, 490). Als vorhanden anzusehen ist dabei das Wissen, das bei sachgerechter Organisation dokumentiert und verfügbar ist und zu dessen Nutzung unter Berücksichtigung der geschäftlichen Bedeutung des Vorgangs Anlaß bestand (vgl. BGHZ 132, 30, 38; Senatsurteil vom 21. Mai 1996 – XI ZR 199/95, WM 1996, 1618, 1620, zur Veröffentlichung in BGHZ 133, 36 ff. vorgesehen). Abweichend von älteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1974 – II ZR 98/73, WM 1974, 1000 f. und II ZR 48/73, WM 1974, 1040, 1041), an denen nach der Grundsatzentscheidung des V. Zivilsenats vom 2. Februar 1996 (BGHZ 132, 30 ff.) zur Wissenszurechnung nicht mehr festgehalten werden kann, bestimmen sich die Sorgfaltspflichten der Bank und damit auch die Wissenszurechnung nicht nur nach den konkret getroffenen Organisationsmaßnahmen. Andernfalls könnte sie eine Haftung aus der Hereinnahme abhanden gekommener Schecks schon dadurch vermeiden, daß sie wechselnde (Schalter-)Angestellte abschließend über die Hereinnahme von Schecks entscheiden läßt und ihnen keinen Einblick in die in der Kontenabteilung bekannten Verhältnisse des Einreichers gewährt (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 798; Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 61 Rdn. 156).
c) Zum Wissen einer Bank, dessen Relevanz für spätere Geschäftsvorgänge erkennbar ist und das deshalb bei ordnungsgemäßer Organisation verfügbar gehalten werden muß, gehören bei Konten, die als Lohn- oder Gehaltskonten geführt oder – wie hier – benutzt werden, auch Kenntnisse über die Berufstätigkeit und den Arbeitgeber des Kontoinhabers (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 811). Bei solchen Konten ergeben sich nicht nur die Höhe des Nettolohnes oder -gehalts, sondern in aller Regel auch der Arbeitgeber des Kunden aus den monatlichen Lohn- oder Gehaltsüberweisungen, ohne daß es einer besonderen Dokumentation bedarf. Die Kenntnis über die Höhe und die Stetigkeit der Lohn- und Gehaltseingänge machen sich Kreditinstitute bei der Bemessung des Rahmens, in dem sie Kontoüberziehungen zulassen, zunutze. Ihnen trotz der gebotenen grundsätzlichen Gleichbehandlung von natürlichen Personen und Organisationen bei der Zurechnung von Wissen gleichwohl zu gestatten, die in den Kontounterlagen verfügbare Information, daß der Kunde bei einem bestimmten Arbeitgeber beschäftigt ist, beim Scheckinkasso ungenutzt zu lassen, besteht kein überzeugender Grund.
Die für die endgültige Hereinnahme von Schecks zuständigen Bankangestellten müssen von der insoweit bestehenden Informationsmöglichkeit vielmehr bei nicht unbedeutenden Geschäften, bei denen, wie dargelegt, Recherchen in Kontounterlagen oder Speichern zu verlangen sind, Gebrauch machen. Die Einziehung von Schecks mit einem Betrag von 5.000 DM und mehr ist kein unbedeutendes Geschäft. Für solche Schecks gilt nicht das Abkommen über das beleglose Scheckeinzugsverfahren (BSE-Abkommen), das aus Kostengründen eine Prüfung einzuziehender Schecks durch die bezogene Bank nicht vorsieht, sondern u.a. das GSE-Abkommen (Abkommen über den beleglosen Einzug von Scheckgegenwerten ab 5.000 DM – Großbetrag-Schecks; abgedruckt in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch Anh. 10 zu §§ 60-63). Solche Schecks werden auch bei automatisierter Bearbeitung der bezogenen Bank vorgelegt, damit sie – im eigenen Interesse – die Echtheit der Unterschrift des Ausstellers prüfen kann. Dies zeigt, daß bezogene Kreditinstitute solche Geschäfte nicht als unbedeutend ansehen. Die Grenze beim Scheckinkasso anders zu ziehen, besteht kein überzeugender Grund.
Bei der Entscheidung über die Hereinnahme von disparischen Schecks ist ein Bankangestellter, wenn der Scheckbetrag mindestens 5.000 DM beträgt, gehalten, nicht nur eigenes Wissen, sondern auch in den Kontounterlagen verfügbare Informationen über den Arbeitgeber des Einreichers zu berücksichtigen. Aus diesen Unterlagen der Beklagten hätte sich, davon ist hier auszugehen, ergeben, daß Pfeiffer bei der Klägerin in Düsseldorf tätig war. Die Kenntnis davon muß sich die Beklagte daher zurechnen lassen, ohne daß es darauf ankommt, ob es zutrifft, daß Inhaberverrechnungsschecks im kaufmännischen Verkehr so gut wie nie weitergegeben werden (so Aden NJW 1994, 413, 416; ders. EWiR 1997, 23 f.; Steiner Kreditwesen 1996, 189, 190; s. auch Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 – XI ZR 58/95, WM 1996, 248, 249; LG Stuttgart ZIP 1997, 141, 143), bei Einreichung eines solchen Schecks also stets der Verdacht besteht, der Scheck sei dem wahren Berechtigten abhanden gekommen.
3. Das Berufungsurteil, dessen Hilfsbegründung danach nicht trägt, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO). Ausgehend vom Vorbringen der Klägerin und dem Wissen, das der Beklagten zuzurechnen ist, läßt sich grobe Fahrlässigkeit der Beklagten nicht bei der Hereinnahme aller Schecks verneinen, so daß ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 990, 989 BGB i.V. mit Art. 21 ScheckG in Betracht kommt.
a) Die Einreichung von disparischen Inhaberverrechnungsschecks aus kaufmännischem Verkehr, die vom Arbeitgeber des Einreichers für Dritte ausgestellt oder aber an ihn adressiert sind, durch einen Arbeitnehmer zur Einziehung über ein privates Girokonto ist ein ganz ungewöhnlicher verdachterregender Vorgang. Wenn eine Bank die sachliche Berechtigung des Einreichers gleichwohl nicht prüft, handelt sie grundsätzlich grob fahrlässig, insbesondere wenn der Einreicher beim Scheckempfänger oder -aussteller als Buchhalter angestellt ist und die Bank dies weiß (BGH, Urteil vom 19. März 1959 – II ZR 98/57, WM 1959, 593, 594; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1969 – II ZR 22/69, WM 1969, 1383; Senatsurteil vom 10. Oktober 1989 – XI ZR 130/88, WM 1989, 1799).
b) Ob der Einreicher P. behauptet hatte, nebenberuflich für seinen Arbeitgeber auf Provisionsbasis Kunden zu akquirieren, ist ohne Belang. Die Beklagte konnte aufgrund dieser Mitteilung nicht davon ausgehen, P. arbeite als selbständiger Handelsvertreter mit Inkassobefugnis für die Klägerin. Nur bei selbständigen Handelsvertretern mag die Hereinnahme disparischer Schecks wegen einer möglicherweise bestehenden Inkassobefugnis ausnahmsweise nicht als grob fahrlässig anzusehen sein (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1963 – II ZR 45/62, WM 1963, 891, 892; BGH, Urteil vom 24. Mai 1965 – II ZR 210/62, WM 1965, 705, 706 f.; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1965 – II ZR 159/63, WM 1965, 1075, 1076).
Hier lag die Annahme, P. könne Inkassobefugnis haben, fern. Aus der Sicht einer sorgfältigen Bank in der Position der Beklagten gab es keinen Grund, der die in D. ansässige Klägerin veranlaßt haben könnte, an sie gerichtete Verrechnungsschecks durch ihren angestellten Kundenakquisiteur über dessen Privatkonto bei einer Bankfiliale in S. einziehen zu lassen. Durch die notwendige Übersendung per Post wurden die Verrechnungsschecks ersichtlich einer Verlustgefahr ausgesetzt. Außerdem gingen für die Klägerin Zeit und damit Zinsen verloren. Ferner wurde die Verbuchung der Kundenzahlungen offensichtlich erschwert.
c) Erst recht konnte die Beklagte nicht annehmen, die Klägerin habe die Schecks an ihren Arbeitnehmer zur Begleichung von Provisionsansprüchen weitergegeben, die mit den Beträgen der einzelnen eingereichten Schecks natürlich nicht übereinstimmen. Eine solche Annahme liegt fern. Das gilt besonders bei von der Klägerin für Dritte ausgestellten Schecks.
d) Die Beklagte kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, P. habe schon während seiner Buchhaltertätigkeit für einen anderen Arbeitgeber an diesen adressierte Verrechnungsschecks zum Einzug über sein Privatkonto eingereicht, ohne daß es Beanstandungen gegeben habe. Wenn die Beklagte in diesen Fällen die sachliche Berechtigung von P. nicht geprüft hat, hat sie schon damals grob fahrlässig gehandelt. Die Fortsetzung grob fahrlässigen Verhaltens, das ohne Konsequenzen geblieben ist, mindert den Schuldvorwurf nicht. Vorausgegangenes, bei der Einziehung anderer Schecks gezeigtes Fehlverhalten vermag bei der späteren Hereinnahme unverdächtiger Schecks grobe Fahrlässigkeit nicht zu begründen (Senatsurteil vom 29. September 1992 – XI ZR 265/91, WM 1992, 1849, 1850), die Bank aber auch nicht zu entlasten.
III.
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es fehlen schon Feststellungen darüber, ob die von der Beklagten hereingenommenen Schecks, die sich das Berufungsgericht nicht hat vorlegen lassen, der Klägerin abhanden gekommen sind und ob sie bei Hereinnahme durch die Beklagte auf P. lauteten oder giriert waren. Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Fundstellen
Haufe-Index 650401 |
BGHZ, 202 |
NJW 1997, 1917 |
ZIP 1997, 1023 |
MDR 1997, 766 |
ZBB 1997, 271 |