Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 24.11.1977)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Revisionen der Angeklagten Z. und W. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. November 1977

    • a)

      im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilung wegen gemeinschaftlicher fortgesetzter Urkundenunterdrückung wegfällt,

    • b)

      in sämtlichen Strafaussprüchen mit den betreffenden Feststellungen aufgehoben.

  • 2.

    Die weitergehende Revision des Angeklagten Z. wird verworfen.

  • 3.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen, die auch über die Kosten der Rechtsmittel zu entscheiden hat.

 

Gründe

Die Revision des Angeklagten Z. beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts.

1.

Die Verfahrensrügen sind im wesentlichen offensichtlich unbegründet. Es bedarf lediglich folgender Erörterungen:

a)

Die Revision beanstandet zu Unrecht, daß das Landgericht die als wahr unterstellten Tatsachen, die die Zeugen S., G., P. und W. bekunden sollten, zwar als wahr behandelt, sie aber als unerheblich angesehen hat. Tatsachen, die das Gericht als wahr unterstellt, unterliegen in derselben Weise der freien Beweiswürdigung wie festgestellte Tatsachen. Der Tatrichter ist nicht gehindert, eine zunächst als wahr unterstellte Behauptung im Urteil als unerheblich zu behandeln; einer vorherigen Unterrichtung des Angeklagten bedarf es nicht.

b)

Die Rüge, die Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des Zeugen Claus Jürgen Wo. verletze das Prozeßrecht, ist nicht ordnungsgemäß erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der ablehnende Beschluß ist nicht mitgeteilt; daß es sich um einen Hilfsbeweisantrag gehandelt hat, behauptet die Revision nicht.

c)

Die Verlesung der Aussage des Zeugen van Gi. vor der niederländischen Zollfahndungsbehörde verletzt nicht § 251 Abs. 2 StPO. Die Strafkammer hatte aus den im Urteil (UA S. 391) dargelegten, in der Hauptverhandlung erörterten Erwägungen die Überzeugung gewonnen, daß der im Ausland lebende Zeuge in der Hauptverhandlung nicht erscheinen werde. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch von der Revision nicht dargelegt.

Deshalb durfte auch der Antrag vom 1. November 1977 auf Vernehmung des Zeugen van Gi. vor dem Prozeßgericht in der Hauptverhandlung abgelehnt werden. Hält ein bekannter Zeuge sich in einer bekannten Ort des Auslandes auf, so darf er als unerreichbar angesehen werden, falls nur seine Vernehmung in der Hauptverhandlung zur Erforschung der Wahrheit beizutragen vermag, aber nicht herbeigeführt werden kann. In einem solchen Falle ist die Vernehmung vor einem ersuchten Richter nutzlos und damit überflüssig, weil sie sich zur Sachaufklärung nicht eignet (BGH Urteil vom 2. November 1976 - 1 StR 502/76).

Mit dieser Erwägung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei den Antrag auf kommissarische Vernehmung des Zeugen van Gi. abgelehnt. Im übrigen hat das Landgericht die verlesene Aussage nur insoweit verwertet, als sie nicht in Widerspruch zu der später von dem Angeklagten Z. in Holland erwirkten schriftlichen "Erklärung" des Zeugen van Gi. steht.

2.

Die sachlichrechtlichen Einzelangriffe der Revision sind ebenfalls unbegründet.

Die Strafkammer ist nicht davon ausgegangen, daß sich der Angeklagte wegen des Herstellens der unechten Labels und wegen ihres Gebrauchs in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht hat. Sie hat lediglich rechtsfehlerfrei festgestellt, daß beide Begehungsformen des § 267 Abs. 1 StGB verwirklicht worden sind (UA S. 447). Bei den drei Diebstahlstaten legten die Umstände nicht den Schluß nahe, es habe Gesamtvorsatz vorgelegen; die Strafkammer hat deshalb mit Recht Tatmehrheit angenommen. Die Feststellungen tragen jedoch nicht die tateinheitliche Verurteilung wegen Urkundenunterdrückung. Zwar mögen die Zollplomben als Urkunden im Sinne des § 274 StGB anzusehen sein. Die Angeklagten haben sie jedoch nicht in der Absicht entfernt, hierdurch einem anderen Nachteil zuzufügen. Ihnen ging es nur darum, an das Fleisch heranzukommen. Die Entfernung der Zollplomben kann Siegelbruch nach § 136 Abs. 2 StGB sein; die Verfolgung dieses Vergehens ist jedoch mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeschieden worden. Daß die Angeklagten nach der Entnahme des Fleisches an den Kühlzügen wieder Plomben angebracht haben, was Urkundenfälschung (§ 267 StGB) sein könnte, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Neue Feststellungen sind hierzu nicht zu erwarten.

Der Senat hat deshalb den Schuldspruch geändert, auch soweit er den Angeklagten Witte betrifft, dessen Revision auf den Strafausspruch beschränkt ist (§ 357 StPO).

3.

Wegen dieser Änderung des Schuldspruchs ist der Strafausspruch im Komplex "Fleischschmuggel" aufzuheben; mit Rücksicht auf den inneren Zusammenhang der Strafzumessungserwägungen konnten auch die übrigen Strafaussprüche nicht bestehenbleiben.

Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revisionen zu verwerfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018751

NStZ 1981, 296

NStZ 1981, 96

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