Leitsatz (amtlich)
1. Im Liquidationsstadium kann eine Einlageforderung unabhängig von ihrer Werthaltigkeit gepfändet werden, wenn die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und ihr Vermögen sich in der Einlageforderung erschöpft und wenn außerdem entweder keine weiteren Gläubiger vorhanden sind oder diese ihre Ansprüche nicht weiterverfolgen und die Gesellschaft die Mittel für einen Prozeß gegen den Einlageschuldner weder besitzt noch von einem dieser Gläubiger vorgeschossen erhält. Die Zulässigkeit der Pfändung hängt nicht davon ab, daß etwaige andere Gläubiger etwas von dem Vorhandensein der noch offenen Einlageforderung wissen.
2. Ist die Einlageforderung einverständlich mit einer Gegenforderung des Gesellschafters verrechnet worden, so muß dieser, wenn er sich auf die Erfüllung seiner Einlageschuld beruft, im Streitfall beweisen, daß sein eigener Anspruch im maßgebenden Zeitpunkt vollwertig war.
Tatbestand
Die Beklagten und ein Herr W. gründeten im Jahre 1982 die I. GmbH unter Übernahme von je 17.000,– DM des 51.000,– DM betragenden Stammkapitals. Am 25. Juni 1984 übertrugen der Beklagte zu 2 und W. ihre Geschäftsanteile auf den Beklagten zu 1. Die Klägerin erwirkte gegen die GmbH am 15. Januar 1988 einen Titel auf Zahlung von 32.750,60 DM nebst Zinsen und am 22. August 1988 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, durch den u.a. die angeblichen Ansprüche der Gesellschaft gegen die Beklagten auf Einzahlung der Stammeinlagen gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen wurden. Durch Beschluß des Amtsgerichts Syke vom 1. September 1988 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgewiesen. Die Gesellschaft wurde deshalb am 30. September 1988 im Handelsregister gelöscht.
Die Klägerin hat die Beklagten im Urkundenverfahren auf Zahlung von je 17.000,– DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat durch Vorbehaltsurteil den Beklagten zu 1 zur Zahlung von 14.000,– DM und den Beklagten zu 2 zur Zahlung von 13.000,– DM, jeweils nebst Zinsen, verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Dieses Urteil hat es im Nachverfahren bestätigt. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage, soweit sie noch Gegenstand des Rechtsstreits war, abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin insoweit ihre Ansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Einlageforderungen der GmbH gegen die Beklagten seien nicht wirksam gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen worden. Diesen Standpunkt greift die Revision mit Erfolg an.
a) Einlageansprüche einer GmbH sind unter der Voraussetzung abtretbar und pfändbar, daß der Gesellschaft dafür eine vollwertige Gegenleistung zufließt (BGHZ 53, 71, 72 ff.; Sen.Urt. v. 11. März 1985 – II ZR 42/84, WM 1985, 730). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden ist, auch für den Teil der Stammeinlage, der nach § 7 Abs. 2 GmbHG vor der Anmeldung zwingend eingezahlt werden muß (Rowedder, GmbHG 2. Aufl. § 19 Rdn. 43; a.A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 13. Aufl. § 19 Rdn. 26). Nach Eintragung der Gesellschaft spielt die Unterscheidung zwischen jener Mindesteinlage und dem Rest in keiner Hinsicht mehr eine Rolle.
Nach den insoweit von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war die der Pfändung zugrundeliegende Forderung der Klägerin gegen die GmbH bei Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 22. August 1988 nicht mehr vollwertig, weil die Gesellschaft damals bereits in Vermögensverfall geraten war. Die Revision wendet sich jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Feststellung mangelnder Vollwertigkeit stehe die Rechtskraft des Vorbehaltsurteils des Landgerichts nicht im Wege. Sie weist darauf hin, daß die Klägerin schon im Vorverfahren an einer Stelle ihres Vortrages vom „Zusammenbruch” der Gesellschaft gesprochen habe. Damit sei die Klage bereits damals unschlüssig gewesen. Wenn einer unschlüssigen Klage im Urkundenverfahren stattgegeben und das Vorbehaltsurteil rechtskräftig werde, könne ein diesbezüglicher Einwand des Beklagten im Nachverfahren nicht mehr nachgeholt werden. Das entspricht in der Tat der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 12. Oktober 1990 – V ZR 111/89, NJW 1991, 1117). Indessen handelt es sich hier nicht um einen solchen Fall. Mangelnde Vollwertigkeit der Gegenforderung steht, wie sogleich näher ausgeführt werden wird, der Abtretbarkeit und der Pfändung einer Einlageforderung nicht in jedem Fall entgegen. Zu den Ausnahmen hat im Vorverfahren keine Partei etwas vorgetragen. Das war auch nicht nötig. Die Beklagten konnten sich damit begnügen, dem Klageanspruch – insoweit – ohne Begründung zu widersprechen (vgl. BGHZ 82, 115, 118 f.; BGH, Urt. v. 1. Oktober 1987 – III ZR 134/86, NJW 1988, 1468), und die Klägerin brauchte zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit der Pfändung keine näheren Einzelheiten vorzutragen, solange die Beklagten das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht bestritten.
b) Auch wenn die Forderung des Gläubigers nicht vollwertig ist, kann eine Einlageforderung gepfändet werden, wenn die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und ihr Vermögen sich in der Einlageforderung erschöpft und wenn außerdem entweder keine weiteren Gläubiger vorhanden sind oder diese ihre Ansprüche nicht weiterverfolgen und die Gesellschaft die Mittel für einen Prozeß gegen den Einlageschuldner weder besitzt noch von einem dieser Gläubiger vorgeschossen erhält (Sen.Urt. v. 22. November 1962 – II ZR 8/62, LM GmbHG § 19 Nr. 4, v. 30. November 1967 – II ZR 68/65, WM 1968, 33, 34 f., v. 31. Mai 1976 – II ZR 90/74, WM 1976, 713, 714 und v. 11. März 1985 aaO). Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall zwar nicht bereits bei Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegeben; sie traten aber ein (vgl. zur Heilung von Vollstreckungsmängeln Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. § 766 Rdn. 42; Zöller/Stöber, ZPO 17. Aufl. § 766 Rdn. 27), als die Gesellschaft mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Abweisung des Konkurseröffnungsantrags vom 1. September 1988 gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9. Oktober 1934 aufgelöst wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind freilich zahlreiche weitere Verbindlichkeiten der Gesellschaft, deren Entstehung bis in das Jahr 1986 zurückreichte, nicht beglichen worden. Es hat sich aber offensichtlich kein Gläubiger gefunden, der bereit gewesen wäre, im Interesse der gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger der mittellosen Gesellschaft die Kosten für einen Prozeß gegen die Einlageschuldner zur Verfügung zu stellen. Das von einer Gläubigerin beantragte Konkursverfahren ist nicht eröffnet worden, weil weder die Antragstellerin noch ein anderer Gläubiger den vom Konkursgericht angeforderten Kostenvorschuß von 7.000,– DM eingezahlt hat. Auch in der Folgezeit hat niemand die Aufnahme der Liquidation mit dem Ziel betrieben, die Einlageforderungen zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger einzuziehen; dem Prozeßstoff lassen sich jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür entnehmen. Das Berufungsgericht ist trotz dieser Sachlage der Auffassung, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß kein sonstiger Gläubiger bereit sei, die erforderlichen Kostenvorschüsse im Interesse aller Gläubiger zu leisten. Voraussetzung für eine solche Annahme sei, daß den anderen Gläubigern die Existenz der Einlageforderungen bekannt sei; hierfür gebe es aber keine Anhaltspunkte. Dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsstandpunkt kann nicht beigetreten werden.
Der Grundsatz der bei Abtretung und Pfändung einer Einlageforderung zu beachtenden Vollwertigkeit der Gegenleistung dient dazu, die Kapitalgrundlage der Gesellschaft im Interesse ihrer – bereits vorhandenen oder erst später hinzutretenden – Gläubiger zu sichern. Er gilt im Prinzip auch nach Auflösung der Gesellschaft. In diesem Stadium werden zwar keine weiteren Verbindlichkeiten durch werbende Tätigkeit mehr begründet; das Gesellschaftsvermögen darf jedoch nicht dadurch unter Beeinträchtigung der Gesamtheit der Gläubiger geschmälert werden, daß über die Einlageforderung, bevor sie erfüllt ist, zugunsten eines bestimmten Gläubigers verfügt wird. Insoweit – freilich auch nur insoweit – wirkt sich jener Grundsatz im Liquidationsstadium in der Weise aus, daß, wie sonst nur im Konkursverfahren, die Voraussetzungen für eine gleichmäßige Befriedigung der vorhandenen Gläubiger geschaffen werden. Die Mittel aus der Einlageforderung können indessen nur in der Weise dem Gesellschaftsvermögen und damit dem Zugriff aller Gesellschaftsgläubiger zugeführt werden, daß entweder die Gesellschaft selbst durch ihre Liquidatoren oder, wenn ein Konkurs stattfindet, der Konkursverwalter die Forderung – notfalls gerichtlich – einzieht. Unterbleibt dies, weil die Geldmittel dafür nicht vorhanden sind, dann bleibt es dem einzelnen Gläubiger überlassen, selbst und im eigenen Interesse auf die Forderung zuzugreifen. Die Einzelzwangsvollstreckung ist, wenn ein Konkursverfahren nicht durchgeführt wird oder abgeschlossen ist, auch im Liquidationsstadium zulässig. Der Gläubiger ist, wie das Reichsgericht und der Senat betont haben, in diesem Stadium nicht gehalten, die zur Durchsetzung der Forderung nötigen Mittel der Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger zur Verfügung zu stellen oder – gegebenenfalls erneut – die Konkurseröffnung zu beantragen (RGZ 156, 23, 29; Sen.Urt. v. 22. November 1962 aaO). Würde man ihm in einer derartigen Situation die Einzelvollstreckung versagen, dann brauchte, wenn der Gläubiger nicht bereit ist, die Prozeßkosten im Interesse aller aufzubringen, der mit der Einlage säumige Gesellschafter diese überhaupt nicht zu leisten. Das wäre ein Ergebnis, das nicht hingenommen werden kann. Man mag der Ansicht sein, die „konkursfreie Liquidation” müsse durch Änderung der Gesetzeslage in das Insolvenzrecht einbezogen werden (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 2. Aufl. § 11 VI 3 c, S. 281 f.). Nach geltendem Recht ist es jedenfalls vorzugswürdiger, wenn ein einzelner Gesellschaftsgläubiger sich aus der Einlageforderung befriedigt, als wenn der Gesellschafter praktisch von seiner Leistungspflicht frei wird (vgl. K. Schmidt aaO § 37 II 2 f, S. 930 f.).
Für diese Beurteilung kann es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Rolle spielen, aus welchen Gründen ein Konkurs- oder besonderes Liquidationsverfahren unterbleibt, insbesondere, ob die anderen Gläubiger ein solches Verfahren deswegen nicht betreiben, weil sie die Kosten scheuen, weil sie die Prozeß- oder Vollstreckungsaussichten pessimistisch beurteilen oder weil sie von der noch offenen Einlageforderung gar nichts wissen. Der Einzelvollstreckungsgläubiger ist nicht verpflichtet, zunächst nach anderen Gläubigern und deren Kenntnisstand zu forschen; das wäre ihm im allgemeinen aus tatsächlichen Gründen auch nicht möglich. Schon gar nicht braucht er etwaige andere Gläubiger über das Vorhandensein des Vollstreckungsgegenstandes aufzuklären. In der Einzelzwangsvollstreckung ist es Sache jedes einzelnen Gläubigers, sich um seine Belange zu kümmern und sie wahrzunehmen. Findet weder ein Konkurs- noch ein Liquidationsverfahren statt, so gilt nach Auflösung der Gesellschaft auch für die Vollstreckung in Einlageforderungen der Grundsatz der Einzelzwangsvollstreckung. Deren Zulässigkeit hängt nicht davon ab, daß etwaige andere Gläubiger etwas von dem Vorhandensein des Vollstreckungsgegenstandes wissen.
2. Das Berufungsgericht hat in beiläufigen Bemerkungen ausgeführt, die Klage wäre, wenn man von der von ihm angenommenen Unwirksamkeit der Pfändung absehe, in Höhe der vom Landgericht zugesprochenen Beträge begründet, weil die Beklagten ihre Einlagen in diesem Umfang nicht geleistet hätten. Gegen diesen Teil der Darlegungen des Berufungsgerichts wendet sich der Beklagte zu 2 mit seiner Revisionserwiderung zu Unrecht; denn die Beurteilung des Berufungsgerichts ist insoweit im Ergebnis zutreffend.
a) Die Beklagten weisen darauf hin, daß der Beklagte zu 1 im ersten Rechtszug vorgetragen habe, die von ihm im Jahre 1986 unstreitig insgesamt eingezahlten 39.470,50 DM seien als Einlagen gekennzeichnet gewesen und nur irrtümlich als Darlehen verbucht worden. Diesen Vortrag habe der Beklagte zu 2 sich in seiner Berufungsbegründung zu eigen gemacht. Das trifft zwar zu. Der Beklagte zu 1 hat aber seinerseits seinen erstinstanzlichen Vortrag im Berufungsrechtszug dahingehend korrigiert, daß die Einzahlungen unverzüglich auf seinem Einlagekonto verbucht worden wären, wenn man damals nicht angenommen hätte, alle Einlagen seien – durch wertmäßige Anrechnung der von den Gesellschaftern bei Gründung der Gesellschaft eingebrachten Kraftfahrzeuge – längst geleistet; das sei gemeint gewesen, wenn in der von ihm vorgelegten, mit dem Datum vom 10. Januar 1987 versehenen „Aktennotiz” das Wort „irrtümlicherweise” gebraucht worden sei. Der Beklagte zu 2 hat dem seine eigene Darstellung angepaßt und vorgetragen, die Beteiligten hätten sich, als der Beklagte zu 1 die Unwirksamkeit der Sacheinbringung entdeckt habe, darauf geeinigt, daß dieser die Dinge insgesamt durch Verrechnung mit seinen Ansprüchen „aus Einlagen oder Darlehen … in Ordnung bringen” solle. Danach kann nach dem eigenen Vortrag beider Beklagten nicht davon ausgegangen werden, die Zahlungen des Beklagten zu 1 aus dem Jahre 1986, die sich der Höhe nach weder mit dem noch offenen Teil seiner eigenen Einlage noch mit dem Gesamtbetrag des damals nicht eingezahlten Teils des Stammkapitals deckten, seien von vornherein zur Tilgung von Einlageforderungen bestimmt gewesen. Es handelte sich vielmehr um schlichte Einzahlungen, die, soweit mit ihnen nicht Entnahmen des Beklagten zu 1 ausgeglichen werden sollten, als Darlehensgewährungen zu bewerten sein dürften. Diese ursprüngliche Zweckbestimmung konnte durch die spätere Qualifizierung als Stammeinlageleistungen auch im Hinblick darauf nicht mehr geändert werden, daß der Beklagte zu 1, als er die Gelder einzahlte, annahm, alle Einlagen seien bereits vollständig erbracht (vgl. BGHZ 37, 75, 79; Sen.Urt. v. 20. September 1982 – II ZR 236/81, ZIP 1982, 1320 = WM 1982, 1200).
b) Der Beklagte zu 1 hat in seiner mit dem 10. Januar 1987 datierten „Aktennotiz” angeordnet, die von ihm im Jahre 1986 dem Gesellschaftsvermögen zugeführten Geldbeträge sollten von seinen Darlehenskonten in Höhe der noch offenen Einlagereste auf das Konto „noch einzuzahlende Stammeinlagen” umgebucht werden. Das Berufungsgericht hat die darin liegende Verrechnung, soweit sie die ursprüngliche Einlage des Beklagten zu 1 betraf, mit der Begründung für unwirksam gehalten, auch der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Gesellschafter-Geschäftsführer könne nicht wirksam einen die Begleichung seiner Einlageschuld betreffenden Verrechnungsvertrag mit sich selbst schließen oder insoweit namens der Gesellschaft die Aufrechnung erklären. Der Beklagte zu 1 weist demgegenüber in seiner Revisionserwiderung darauf hin, daß er nach seinem unter Beweis gestellten Tatsachenvorbringen vor der Umbuchung das Einverständnis seiner Mitgesellschafter eingeholt habe. Waren diese bereits 1984 wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden, dann handelte es sich überdies um eine Einmann-Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagte zu 1 war. Ob die Begründung des Berufungsgerichts unter diesen Umständen zutrifft, ist nicht zweifelsfrei; jedenfalls das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG gilt nicht für Geschäfte des Alleingesellschafters mit sich selbst (BGHZ 105, 324, 333), und es dürfte auch bei gleichmäßiger Befangenheit aller Gesellschafter nicht gelten (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 47 Rdn. 124 f. m.w.N.). Bedenken könnten auch gegen die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts bestehen, wonach die Verrechnung mit der Einlageschuld des Beklagten zu 2 deswegen unwirksam sein soll, weil nicht ersichtlich sei, warum der Beklagte zu 1, wenn er schon seine eigene Einlage auf diese Weise nicht habe erbringen können, seine Darlehensforderung teilweise für den Beklagten zu 2 habe „opfern” wollen; ersterer war zumindest im Innenverhältnis zu letzterem zur Erfüllung der ursprünglich von diesem übernommenen Einlage verpflichtet. Auf dies alles kommt es indessen nicht an; denn die noch offenen Einlageforderungen sind aus einem anderen rechtlichen Grund nicht erfüllt worden.
Eine Einlageschuld kann nach der Rechtsprechung des Senats auch bei Einverständnis der Gesellschaft nur mit einer vollwertigen Gegenforderung verrechnet werden (BGHZ 15, 52, 57, 60; BGHZ 42, 89, 93; BGHZ 90, 370, 373). Es ist, wie das Berufungsgericht hervorgehoben hat, „weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die Einzahlungen des Beklagten zu 1 im Zeitpunkt der Aufrechnung der Gesellschaft noch unverbraucht zur Verfügung standen”, daß also sein Rückzahlungsanspruch durch das Gesellschaftsvermögen noch gedeckt war. Darlegungs- und beweispflichtig waren in diesem Punkt die Beklagten. Im Aktienrecht wird freilich insoweit überwiegend die Gesellschaft für beweisbelastet gehalten (vgl. Lutter, KK z. AktG 2. Aufl. § 66 Rdn. 22 m.N. zum Meinungsstand). Auch für das GmbH-Recht wird die Ansicht vertreten, die einseitig aufrechnende Gesellschaft trage die Beweislast für die fehlende Vollwertigkeit, wenn sie aus diesem Grunde die Wirksamkeit der Aufrechnung nicht mehr gelten lassen wolle (Lutter/Hommelhoff aaO § 19 Rdn. 24). Ob dem letzteren zuzustimmen wäre, mag auf sich beruhen. Jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall der einverständlichen Verrechnung besteht kein überzeugender Grund, den GmbH-Gesellschafter von seiner Einlagepflicht zu befreien, wenn ungeklärt bleibt, welchen Wert seine Gegenforderung im Zeitpunkt der Verrechnung hatte; das verbieten die grundsätzlich streng anzuwendenden Kapitalsicherungsvorschriften (h.M. im GmbH-Recht, auch für den Fall der einseitigen Aufrechnung durch die Gesellschaft, vgl. Hachenburg/Ulmer aaO § 19 Rdn. 71 m.w.N.). Daß es sich bei den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft um den Gesellschaftern nur schwer zugängliche Tatsachen handelte (so Hefermehl/Bungeroth in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, 1973-1984, § 66 Rdn. 49), läßt sich für die GmbH in aller Regel nicht sagen. Ist ein Gesellschafter tatsächlich nicht in der Lage, den Beweis für die Vollwertigkeit seiner Forderung im Aufrechnungs- oder Verrechnungszeitpunkt zu führen, so muß er dies im einzelnen vortragen; die Gesellschaft kann dann unter Umständen gehalten sein, zunächst nähere Einzelheiten über ihren damaligen Vermögensstand vorzutragen und etwa erforderliche Unterlagen vorzulegen. Hier spielen diese Erwägungen, zu denen es an jeglichem Vortrag fehlt, keine Rolle. Der Beklagte zu 1 hat als Gesellschafter-Geschäftsführer die Verrechnung mit sich selbst vorgenommen; der Beklagte zu 2 war damit, wie er selbst vorgetragen hat, einverstanden.
c) Der Beklagte hat sich in den Tatsacheninstanzen darauf berufen, die jetzt geltend gemachte Einlageforderung sei bei seinem Ausscheiden noch nicht fällig gewesen, weil es an einem Beschluß nach § 46 Nr. 2 GmbHG gefehlt habe. Das Berufungsgericht hat unabhängig davon, ob die Übertragung der Gesellschaftsanteile nach § 16 Abs. 1 GmbHG der Gesellschaft gegenüber wirksam geworden ist, einen stillschweigenden Einforderungsbeschluß darin gesehen, daß die Gesellschafter, wie sich schon aus der Eröffnungsbilanz ergab, diesen Teil der Einlagen als durch die Einbringung ihrer Privatfahrzeuge geleistet angesehen haben. Dem ist zuzustimmen. Gehen die Gesellschafter davon aus, daß sie die Einlagen erbracht haben, dann kann deren Fälligkeit nicht von einem – erneuten – Einforderungsbeschluß abhängen, für den aus der Sicht der Gesellschafter gar kein Anlaß besteht (vgl. für die Einmann-Gesellschaft Scholz/K. Schmidt, GmbHG 7. Aufl. § 46 Rdn. 55; RGZ 138, 106, 113).
Fundstellen
Haufe-Index 649009 |
BB 1992, 1515 |
NJW 1992, 2229 |
ZIP 1992, 992 |
GmbHR 1992, 522 |
ZBB 1992, 222 |