Verfahrensgang
OLG Rostock (Urteil vom 17.01.2000) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Januar 2000 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 50.000,00 DM als unzulässig abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind aus der LPG P. S. hervorgegangen, die 1983 aufgeteilt wurde in die LPG (P.) S. (Klägerin), die sich seit dem 1. Juni 1991 in Liquidation befindet, und die LPG (P.) K., deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Beide Genossenschaften kamen überein, ab 1. Januar 1983 die Kosten der Nutzung der Anlage zur Aufbereitung, Lagerung und Vermarktung von Speisekartoffeln (ALV-Anlage) je zur Hälfte zu tragen. Die Eigentumsverhältnisse an der ALV-Anlage blieben streitig.
Am 15. Mai 1991 vereinbarten die Parteien im Wege des Vergleichs in dem Verfahren umgekehrten Rubrums vor dem Kreisgericht Sch. – 1 C 7/91 HS –, dessen Gegenstand ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung war, sich hinsichtlich der ALV-Anlage wie folgt auseinanderzusetzen: Ausgehend davon, daß beide Seiten an der Anlage je zur Hälfte berechtigt seien, sollte die hiesige Klägerin der hiesigen Beklagten ihren hälftigen Anteil an der Anlage gegen Zahlung des hälftigen Werts derselben übertragen. Der Verkehrswert sollte durch zwei vom Gericht bestellte unabhängige Gutachter ermittelt werden. Mit Zahlung des Übernahmepreises sollte die Anlage der Beklagten zum Alleinbesitz und Alleineigentum übergeben werden.
Auf Grund dieses Vergleichs wurde ein Gutachten der Sachverständigen Sa. und M. eingeholt. In dem Verfahren 10/4 O 531/93 des Landgerichts R. hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der Hälfte des von den Sachverständigen ermittelten Verkehrswerts der Anlage in Anspruch genommen. Ihrer Klage ist durch Urteil vom 29. November 1999 teilweise stattgegeben worden. Über die Berufung der Klägerin ist noch nicht entschieden.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten anteilige Nutzungskosten für die ALV-Anlage sowie für verschiedene weitere Räumlichkeiten, den Kaufpreis für die Technik der ALV-Anlage und Ersatz ihrer Aufwendungen für die Feldbestellung, insgesamt 167.166,05 DM. Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen überwiegend stattgegeben, nämlich durch Teilurteil vom 21. September 1998 in Höhe von 41.076,93 DM und durch Schlußurteil vom 16. November 1998 in Höhe weiterer 50.000,00 DM (Kaufpreis für die Technik der ALV-Anlage) nebst Zinsen sowie Zinsen auf einen der Klägerin bereits mit dem Teilurteil zuerkannten Betrag. Auf die Rechtsmittel beider Parteien hat das Oberlandesgericht die landgerichtlichen Entscheidungen geändert. Im Revisionsverfahren ist nur noch von Bedeutung, daß es hinsichtlich der mit dem Schlußurteil zugunsten der Klägerin ausgeurteilten 50.000,00 DM nebst Zinsen die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Insoweit hat der Senat die Revision der Klägerin angenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Darstellung der Klägerin haben die Parteien am 21. November 1991 vereinbart, daß die Beklagte das Inventar der ALV-Anlage – Förderbänder, Fraktionierer, Steintrenner, Sortiertische, Palettenfüllgeräte, Palettenanteil, E-Ausrüstung, Werkstattausrüstung, diverse Ersatzteile – für 50.000,00 DM erwerbe. Das Landgericht hat diese Forderung nach Durchführung einer Beweisaufnahme für begründet erachtet.
Das Berufungsgericht hält die Klage insoweit für unzulässig, weil die Parteien sich in dem Vergleich vom 15. Mai 1991 über die Auseinandersetzung der ALV-Anlage einschließlich der technischen Geräte und das weitere Verfahren bindend geeinigt hätten. Die von der Klägerin behauptete Einigung der Parteien über einen Eigentumserwerb gegen Zahlung von 50.000,00 DM möge eine Modifikation oder Ausfüllung des Vergleichs in dem Sinne bedeuten, daß die Parteien den durch Sachverständige zu bestimmenden Übernahmepreis einvernehmlich festsetzten. Auch den behaupteten Übernahmepreis könne die Klägerin jedoch nur in dem Ursprungsverfahren im Verbund mit den anderen Positionen geltend machen, was auch wegen der wechselseitigen Verknüpfung der Werte von Grundstücken, Gebäuden und Geräten wirtschaftlich allein sinnvoll sei. Die Klägerin müsse ihre Forderung in dem Rechtsstreit 10/4 O 531/93 des Landgerichts R., der das Verfahren 1 C 7/91 HS des Kreisgerichts Sch. fortsetze, verfolgen. Die dortige Rechtshängigkeit stehe der Zulässigkeit der Geltendmachung im vorliegenden Rechtsstreit entgegen.
II. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Kaufpreisforderung der Klägerin ist weder in dem Verfahren 10/4 O 531/93 des Landgerichts R. (= 6 U 13/00 des Oberlandesgerichts R.) bereits rechtshängig, noch ist sie allein in jenem Verfahren, bei dem es sich im übrigen auch nicht um die Fortsetzung des Verfahrens 1 C 7/91 HS des Kreisgerichts Sch. handelt, geltend zu machen.
1. Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann eine Streitsache während der Dauer der Rechtshängigkeit nicht anderweitig anhängig gemacht werden. Eine später rechtshängig gemachte Klage mit demselben Streitgegenstand einer bereits anhängigen ist deshalb unzulässig. Voraussetzung für die Unzulässigkeit der Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit ist demnach die Identität der Streitgegenstände, die hier jedoch nicht gegeben ist.
Der Kaufpreis für die Technik der ALV-Anlage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon Gegenstand des Rechtsstreits 10/4 O 531/93 des Landgerichts R.. Jenes Verfahren betrifft das auf das Verkehrswertgutachten der Sachverständigen Sa. und M. gestützte Verlangen der Klägerin auf Zahlung der Hälfte des von den Sachverständigen ermittelten Verkehrswerts der ALV-Anlage. Die Sachverständigen haben die – zusammenfassend als Technik oder Inventar der ALV-Anlage bezeichneten – Geräte jedoch nicht in ihre Bewertung einbezogen. Sie haben sich, wie im Tatbestand des Berufungsurteils auch zutreffend festgestellt ist, lediglich zu den Werten der Grundstücke und Gebäude der Anlage geäußert, nicht aber zu dem Wert des Inventars. Da das Inventar von den Sachverständigen nicht berücksichtigt worden ist, umfaßt die auf ihrem Gutachten basierende Klage naturgemäß nicht den in das Gutachten nicht einbezogenen Wert des Inventars der ALV-Anlage.
2. Der Geltendmachung der Kaufpreisforderung im hiesigen Verfahren stehen auch sonstige Rechtsgründe nicht entgegen.
Der Vergleich der Parteien vom 15. Mai 1991 betrifft, wie das Berufungsgericht mit Recht annimmt, die ALV-Anlage insgesamt und umfaßt damit auch deren Inventar. Danach wäre auch insoweit der Verkehrswert durch zwei unabhängige Sachverständige zu ermitteln gewesen. Das schließt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, jedoch nicht aus, daß die Parteien in Abänderung des Vergleichs einvernehmlich auch eine anderweitige Regelung über das Inventar wirksam treffen konnten. Anhaltspunkte für eine wechselseitige Verknüpfung der Werte von Grundstücken und Gebäuden einerseits und der Technik der ALV-Anlage andererseits, die nach Ansicht des Berufungsgerichts einer Geltendmachung in verschiedenen Verfahren entgegenstehen soll, sind dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.
Die sich auf Grund des Vergleichs ergebenden Forderungen der Parteien sind in keinem Falle im Ursprungsverfahren 1 C 7/91 HS des Kreisgerichts Sch. geltend zu machen, das mit Abschluß des Vergleichs endgültig beendet war. Auf einem Vergleich beruhende Ansprüche sind – von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen – regelmäßig in einem neuen Verfahren zu erheben. Dementsprechend hat die Klägerin ihren Anspruch auf Auszahlung des hälftigen Verkehrswerts der Grundstücke und Gebäude auch in einem neuen Verfahren, dem Rechtsstreit 10/4 O 531/93 des Landgerichts R., geltend gemacht, bei dem es sich nicht um eine Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens 1 C 7/91 HS des Kreisgerichts Sch. handelt.
III. 1. Die Behauptung der Klägerin, die Parteien hätten sich hinsichtlich des Inventars der ALV-Anlage dahin geeinigt, daß die Beklagte es zum Preise von 50.000,00 DM erwerbe, ist mit Rücksicht auf den Inhalt der das Inventar betreffenden Rechnung der Klägerin vom 30. Januar 1992 dahin zu verstehen, daß die Einigung der Parteien die Übertragung (lediglich) des Anteils der Klägerin an dem Inventar auf die Beklagte betraf. Es heißt in der Rechnung „Wir berechnen Ihnen den Anteil des Inventars der LPG P S. an der ALV-Anlage”. Nach Sachlage kam auch nur eine solche Anteilsübertragung in Betracht, da die Parteien an der gesamten ALV-Anlage nach ihrem Vergleich vom 15. Mai 1991 je zur Hälfte berechtigt waren.
2. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die – von seinem abweichenden Standpunkt aus unterbliebenen – Feststellungen zu der von der Klägerin behaupteten Einigung der Parteien über den Erwerb des Inventars durch die Beklagte zum Preise von 50.000,00 DM treffen kann, über die das Landgericht bereits Beweis erhoben hatte.
Unterschriften
Röhricht, Henze, Goette, Kurzwelly, Münke
Fundstellen