Leitsatz (amtlich)
a) War dem Eigentümer des Stammgrundstücks der Überbau auf Grund eines Mietvertrags über die überbaute Fläche gestattet, berührt der Ablauf des Vertrags sein Eigentum am Überbau nicht; er ist aber verpflichtet, dem Eigentümer des überbauten Grundstücks das Eigentum am Überbau zu verschaffen.
b) Dem Eigentümer des rechtmäßig überbauten Grundstücks kann das Eigentum am Überbau durch Bestellung einer Dienstbarkeit zu Lasten des Stammgrundstücks (Ausschluss der Ausübung des Überbaurechts) oder durch Aufhebung der Gestattung und Trennung des Überbaus vom übrigen Gebäude verschafft werden.
c) Der Erwerb des Stammgrundstücks berechtigt den Erwerber nicht, den auf Grund eines von seinem Rechtsvorgänger abgeschlossenen Mietvertrags errichteten Überbau auf dem fremden Grundstück zu unterhalten.
Normenkette
BGB §§ 535, 912, 1018
Verfahrensgang
OLG Bremen (Urteil vom 08.08.2003) |
LG Bremen |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des OLG in Bremen v. 8.8.2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag v. 2.2.1998 kauften die Kläger von dem Voreigentümer Z. Teileigentum an dem Grundstück P. 95-97 (im Folgenden: P.) in B. . Die im Erdgeschoss gelegenen Räume des Sondereigentums erstrecken sich über die Grundstücksgrenze hinweg auf eine Teilfläche von 42 m2 des Nachbargrundstücks, dessen Nießbraucher der Beklagte ist. Die Räume werden von der Firma P. zum Betrieb eines Supermarkts genutzt. Auf der Teilfläche befindet sich das Getränkelager. Der Beklagte hatte die Teilfläche am 11.1.1973 an den damaligen Eigentümer des Grundstücks P. B. vermietet. Der Rechtsvorgänger im Teileigentum Z. war, anders als die Kläger, in den Vertrag eingetreten. Der Mietvertrag war auf 20 Jahre geschlossen und konnte vom Mieter um 10 Jahre verlängert werden.
Das LG hat die Klage auf Rückzahlung geleisteten Mietzinses rechtskräftig abgewiesen, da die Zahlungen auf Rechnung des Mieters Z. erfolgt seien. Auf Widerklage hat es die Kläger zur Herausgabe der Teilfläche verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom OLG zugelassenen Revision streben die Kläger weiterhin die Abweisung der Widerklage an.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht stellt fest, dass die Räume auf der Teilfläche zu einem einheitlichen Gebäude gehören, das von dem Eigentümer des Grundstücks P. über dessen Grenze gebaut worden ist. § 912 BGB finde jedoch keine Anwendung, da der Überbau auf vertraglicher Grundlage beruhe. Mit dem inzwischen eingetretenen Ende des Mietvertrags sei die Duldungspflicht des Beklagten erloschen. Anderes gelte auch nicht deshalb, weil der Eigentümer des Grundstücks P. gewechselt habe.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.
II.
Der Beklagte kann nach § 985 i. V. m. § 1065 BGB Herausgabe der Teilfläche verlangen, denn sie ist Bestandteil des Grundstücks, auf dem der Nießbrauch lastet. Der Grenzüberbau, dessen tatsächliche Voraussetzungen die Revision nicht in Zweifel zieht, verschafft den Klägern kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB).
1. Der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, der Mietvertrag v. 11.1.1973 habe dem Überbau nur eine Grundlage auf Zeit verschafft, ist nicht zu beanstanden.
a) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Mietvertrag beschränke sich darauf, in Abweichung von den Rechtsfolgen der §§ 912 ff. BGB, das Entgelt für die Benutzung des Nießbrauchsgrundstücks festzulegen, die Gestattung des Überbaus selbst sei dagegen außerhalb des Vertrags erfolgt. Dies ist ungeeignet, einen Auslegungsfehler des Berufungsgerichts (§§ 133, 157 BGB) aufzuzeigen. Die Rüge geht am Wortlaut und am inneren Zusammenhang des Vertrags vorbei. Danach war der Mieter, der die Teilfläche in ihrem bestehenden Zustand übernahm, berechtigt, die erforderlichen Baumaßnahmen (auf eigene Kosten) vorzunehmen. Zu äußerlichen Veränderungen bedurfte er allerdings der vorherigen Zustimmung des Vermieters. Diese hatte jedoch, soweit sie erforderlich geworden sein sollte, ihre Grundlage im Mietvertrag.
b) Die Zweifel der Revision an der Möglichkeit, den Überbau befristet zu gestatten, sind, was die dinglichen Wirkungen der Grenzüberschreitung anbelangt, dagegen begründet. Für die Entscheidung über den Herausgabeanspruch des Beklagten kommt es aber nicht hierauf, sondern darauf an, ob die Kläger berechtigt sind, den in ihrem Eigentum stehenden Überbau auf dem fremden Grundstück zu unterhalten.
aa) Die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Überbauung seines Grundstücks (rechtmäßiger Überbau) führt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dazu, dass der Überbauende entgegen der Grundregel der §§ 946, 94 Abs. 1 BGB Eigentümer des auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeteils wird (§ 95 Abs. 1 S. 2 BGB entspr.). Die Gebäudeeinheit erweist sich unter dieser Voraussetzung, wie in den Fällen des gutgläubigen Überbaus (§ 912 BGB), gegenüber der Einheit von Boden und Gebäude als das stärkere Band (BGH BGHZ 62, 141 [144]; v. 23.2.1990 - V ZR 231/88, BGHZ 110, 298 [300 f.] = MDR 1990, 609; Urt. v. 3.12.1954 - V ZR 93/53, LM BGB § 912 Nr. 1; Urt. v. 21.1.1983 - V ZR 154/81, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1112; vgl. bereits RG RGZ 109, 107 [110]). Die dinglichen Wirkungen folgen beim rechtmäßigen Überbau aus dem rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten, im Falle des § 912 BGB aus den Willensmomenten des Tatbestands (Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, Ausbleiben des Widerspruchs; BGH, Urt. v. 18.12.1970 - V ZR 73/68, NJW 1971, 426 [428]; Staudinger/Roth, BGB, § 912 Rz. 67). Hinzu tritt jeweils der aus dem Überbautatbestand (Gebäudeeinheit, Zuordnung des einheitlichen Gebäudes zu einem Stammgrundstück) folgende Schutzgedanke, Wertvernichtungen zu vermeiden. Er findet in § 912 BGB unmittelbar Ausdruck (Motive III 43; BGH BGHZ 53, 5 [11]; v. 4.12.1987 - V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 [314] = MDR 1988, 394) und bestimmt auch die Eigentumslage beim rechtmäßigen Überbau. Insoweit besteht zwischen dem rechtmäßigen und dem gesetzlich geregelten gutgläubigen Überbau kein Unterschied (klarstellend BGH BGHZ 62, 141 [144]; gegenüber Urt. v. 13.7.1966 - V ZR 8/64, WM 1966, 1185, wo es der Senat offen gelassen hatte, ob die dinglichen Wirkungen des gestatteten Überbaus § 912 BGB folgen).
bb) Damit ist die rechtliche Bedeutung der (hier im Mietvertrag erteilten) Zustimmung aber nicht erschöpft. Wie § 912 BGB beim gutgläubigen Überbau schafft sie bei der rechtmäßigen Grenzüberbauung den Rechtsgrund dafür, dass der Nachbar den fremden Gebäudeteil auf seinem Grundstück dulden muss. Die auf dem Willen der Beteiligten beruhende Legitimation der Überbauung begrenzt zugleich deren Umfang und Bestand. Dies hat der Senat wiederholt ausgesprochen (BGH, Urt. v. 13.7.1966 - V ZR 8/64, WM 1966, 1185, für die Grundstücksleihe zum Zweck des Überbaus; Urt. v. 18.12. - V ZR 73/68, NJW 1971, 426 [428], für die räumliche Überschreitung der Gestattung). Freilich bedeutet dies nicht, dass mit dem Ende der Gestattung, hier mit dem Ablauf des Mietvertrags v. 11.1.1973, der Überbau ohne weiteres Bestandteil des überbauten Grundstücks und damit zum Gegenstand des Nießbrauchs des Beklagten geworden wäre. Bei der Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück zu einem nur vorübergehenden Zweck (§ 95 Abs. 1 S. 1 BGB) ist für die Eigentumslage die Zwecksetzung im Zeitpunkt der Verbindung mit dem Grund und Boden maßgeblich (BGH, Urt. v. 16.5.1956 - V ZR 146/54, LM Preisstopp VO Nr. 7; BGHZ 23, 57 [59]). Eine nachträgliche Änderung der Zweckbestimmung durch den Eigentümer des Gebäudes berührt dessen Eigenschaft als vom Grundstück gesonderte, bewegliche Sache nicht. Zur Zurückführung in den Bestandteilsverband des Grundstücks ist eine dingliche Einigung der beiden Eigentümer erforderlich (BGH in den vorstehenden Entscheidungen; BGH, Urt. v. 19.9.1979 - V ZR 41/77, NJW 1980, 771; v. 31.10.1986 - V ZR 168/85, MDR 1987, 394 = NJW 1987, 774; vgl. auch Urt. v. 25.5.1959 - V ZR 173/57, NJW 1959, 1487). Entsprechendes gilt, wenn die befristete Zweckbestimmung mit Ablauf der vereinbarten Zeit entfällt. Denn das Merkmal der Verbindung zu einem nur vorübergehenden Zweck besteht gerade darin, dass der Verbindende bei der Errichtung des Bauwerks den Willen hat, dieses bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht "in das Eigentum seines Vertragspartners übergehen zu lassen" (BGH BGHZ 8, 1 [6]; v. 20.5.1988 - V ZR 269/86, BGHZ 104, 298 [301] = MDR 1988, 946; Urt. v. 22.12.1995 - V ZR 334/94, BGHZ 131, 368 [370] = MDR 1996, 678 = NJW 1996, 916 f.; Urt. v. 15.5.1998 - V ZR 83/97, MDR 1998, 1281 = WM 1998, 1633). Für die Beendigung der Berechtigung zum Überbau sind diese Gesichtspunkte in gleicher Weise maßgeblich. Der kraft Gestattung auf Zeit Überbauende hat sich die Befugnis, sein Eigentum auf dem fremden Grundstück zu unterhalten, zwar nur auf Zeit gesichert. Seiner Eigentümerrechte am Überbau, etwa des Rechts, für dessen Übertragung auf den Grundstückseigentümer, je nach den Umständen, ein Entgelt zu verlangen oder den Gebäudeteil, je nach Bauweise, insgesamt oder zu Teilen anderweit zu nutzen, hat er sich nicht begeben. Im Unterschied zu dem Gebäude, das einen Scheinbestandteil auf dem fremden Grundstück bildet, liefe ein Eigentumswechsel am Überbau kraft Fristablaufs ohnehin sachenrechtlichen Grundsätzen zuwider. Immobiliareigentum, zu dem der Überbau zählt (BGH BGHZ 62, 141 [145]; v. 23.2.1990 - V ZR 231/88, BGHZ 110, 298 [300] = MDR 1990, 609), ist auf Zeit im Sachenrecht nicht vorgesehen (vgl. § 925 Abs. 2 BGB).
cc) Wie eine Übertragung des Eigentums am Überbau auf den Eigentümer des überbauten Grundstücks rechtlich vor sich geht, hat der Senat noch nicht abschließend entschieden. Soll ein Eingriff in die Gebäudesubstanz unterbleiben, kommt die Belastung des Stammgrundstücks mit einer Dienstbarkeit in Betracht, die die Ausführung des Überbaurechts ausschließt (§ 1018 BGB, 3. Alt.; BGH, Urt. v. 26.4.1961 - V ZR 203/59, LM BGB § 912 Nr. 9). Der Senat hält dies aber nicht für die einzige Möglichkeit, den Überbau in den Bestandteilsverband des überbauten Grundstücks zurückzuführen. In Frage kommt auch ein der Begründung des Eigentums am Überbau gegenläufiges Geschäft. In diesem Falle muss mit der erforderlichen Einigung über die Beendigung des Überbaurechts (vgl. Augustin in RGRK/BGB, 12. Aufl., § 921 Rz. 21) die Beseitigung der Gebäudeeinheit einhergehen, die den Überbau zum Bestandteil des Stammgrundstücks macht. Dies kann durch baulichen Abschluss des Überbaus von dem übrigen Gebäude erfolgen. Eine rechtsbegründende Dokumentation im Grundbuch ist nicht möglich, da der Überbau als Grundstücksbelastung nicht eintragungsfähig ist (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.1954 - V ZR 93/53, LM BGB § 912 Nr. 1) und die Bestandsverzeichnisse der Grundbücher von der Änderung unberührt bleiben (§ 2 GBO i. V. m. dem Liegenschaftskataster). Die Diskontinuität gegenüber den allgemeinen Regeln der rechtsgeschäftlichen Begründung und Aufhebung dinglicher Rechte (§ 873 BGB) ist in der Eigenart des gestatteten Überbaus begründet, die den rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten mit der gesetzlichen Anordnung des § 912 BGB verbindet (oben aa). Die Aufgabe des Besitzes an der Teilfläche, die Gegenstand des Herausgabeanspruchs ist, kann durch die vom Berufungsgericht aufgezeigten Maßnahmen (Abriss des Anbaues; baulicher Abschluss des Getränkelagers vom Supermarkt im Übrigen, ggf. mit Eröffnung eines Zutritts vom Grundstück des Beklagten aus) erfolgen.
2. Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, diese Rechtslage erfahre durch den Wechsel des Eigentums an dem Grundstück, von dem aus der Überbau erfolgt (Stammgrundstück), keine Änderung.
a) Die Rechtsnachfolge im Eigentum am Stammgrundstück berührt die dingliche Rechtslage, das Eigentum am Überbau, ebenso wenig wie der Ablauf der Zeit, für die der Überbau gestattet war. Die dem Rechtsvorgänger schuldrechtlich, hier durch Mietvertrag, erteilte Gestattung, die Grenze mit dem Bau zu überschreiten, bietet allerdings für den Rechtsnachfolger, der in den Mietvertrag nicht eingetreten ist, keine Grundlage dafür, den Überbau beizubehalten. Unzutreffend ist aber die Folgerung der Revision, wegen der nur schuldrechtlichen Wirkung der rechtsgeschäftlichen Gestattung rücke zu Gunsten des Rechtsnachfolgers im Eigentum am Stammgrundstück die gesetzliche Regelung des § 912 BGB an die Stelle des vom Rechtsvorgänger abgeschlossenen Vertrages. Die gesetzliche Duldungspflicht des Eigentümers des überbauten Grundstücks beruht auf dem nachbarrechtlichen Tatbestand der rechtswidrigen, aber gutgläubigen Überbauung und dem Ausbleiben des Widerspruchs hiergegen (oben zu 1 b). Ihr Gegenstand, das fremde Eigentum am Überbau, ist, insoweit vergleichbar der gutgläubig erworbenen fremden Sache (§ 932 BGB) oder dem auf Grund Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung erworbenen Eigentum (§§ 946 ff., 951 BGB), einem Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung entzogen. Wer immer der Eigentümer des Überbaus ist, hat diesen gegenüber dem Grundstückseigentümer mit Rechtsgrund inne. Von der gleichen Rechtsstellung des Eigentümers am Überbau ist der Senat, worauf die Revision abhebt, allerdings auch in Fällen der gestatteten, mithin rechtmäßigen Überbauung der Grenze ausgegangen (BGH, Urt. v. 21.1.1983 - V ZR 154/81, MDR 1983, 568 = NJW 1983, 1112; v. 25.2.1983 - V ZR 299/81, MDR 1983, 833 = NJW 1983, 2022). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren Überbauungen, die auf eine rechtsgeschäftliche Gestattung zurückgingen, die, wie die Duldung kraft gesetzlicher Anordnung im Falle des § 912 BGB, auf Dauer erfolgt war. Die Sachlage war zwar mit dem versehentlichen Überbau nach § 912 BGB insofern nicht vergleichbar, als den Beteiligten im Gestattungsfall die Überbauung der Grundstücksgrenze bewusst ist, sie mithin die Möglichkeit haben, das Eigentum am Überbau durch Bestellung einer Grunddienstbarkeit rechtlich zu sichern (§§ 1018, 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Interesse an der Erhaltung des mit dem Überbau geschaffenen Wertes, das der Duldungspflicht nach § 912 BGB zu Grunde liegt (oben 1 b), bietet aber eine hinreichende Grundlage, dem Gestattungswillen, auch wenn er sich nicht in einer Dienstbarkeit niedergeschlagen hat, wohl aber wie im Falle des § 912 BGB auf Dauer angelegt ist, Bestand zu verleihen ("Verdinglichung der Zustimmung"; vgl. Staudinger/Roth, BGB, § 912 Rz. 69). Den "Erst Recht"-Schluss vom Fortbestand des rechtswidrigen auf den des rechtmäßigen Überbaus beim Eigentumswechsel hat der Senat mit Tatbestandselementen des § 912 BGB, nämlich damit begründet, im Hinblick auf die dem Rechtsvorgänger am Stammgrundstück erteilte Gestattung falle dem Rechtsnachfolger weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last.
Dies schafft indessen keine Grundlage dafür, den Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks für einen fremden Überbau auf bestimmte Zeit gestattet hat, auch nach deren Ende zu binden. Die Bindung widerspräche seiner autonomen Befugnis als Teilnehmer am Rechtsverkehr, schuldrechtliche Rechtsverhältnisse im Rahmen zwingender Vorschriften mit beliebigem Inhalt einzugehen. Der Eigentümer, der auf die Ausübung eines Teiles seiner Rechte am Grundstück (§ 903 BGB) auf Zeit verzichtet, behält sich vor, nach deren Ablauf von seinem Eigentum wieder in vollem Umfang Gebrauch zu machen, mithin den Überbau zu gleichen oder veränderten Bedingungen weiterhin zu dulden oder Herausgabe der überbauten Fläche zu verlangen. Verfehlt ist es, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, den Grundstückseigentümer nach Erlöschen des Mietzinsanspruchs auf die gesetzliche Überbaurente zu verweisen, die auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Grenzüberbaus abstellt (§ 912 Abs. 2 S. 2 BGB). An die Stelle der mit Ablauf der schuldrechtlichen Bindung eröffneten Möglichkeit, frei die Nutzungen (§ 100 BGB) des Grundstücks zu ziehen, träte der "versteinerte" (Staudinger/Roth, BGB, § 912 Rz. 47), einer Anpassung etwa nach § 323 ZPO entzogene, Rentenanspruch. Der Gesichtspunkt der Erhaltung des mit dem Überbau geschaffenen Wertes tritt demgegenüber zurück. Die Laufzeit von Mietverträgen, die der Gebäudeerrichtung- und Nutzung dienen, ist im Rechtsverkehr regelmäßig so bemessen, dass die Kosten der Gebäudeerrichtung, der mit der Nutzung erzielte Gewinn und die Abschreibung der Substanz in einem kalkulierten Verhältnis stehen. In dieses, von den Beteiligten verantwortete Wertverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Werterhaltung einzugreifen, besteht kein Anlass. Der Eingriff ließe eher eine Wertvernichtung durch Fixierung überholter Verhältnisse befürchten.
b) Praktische Probleme treten, wenn der Überbau nach dem Wechsel des Eigentums am Stammgrundstück seine Rechtsgrundlage behalten soll, nicht auf. Herrscht unter den Beteiligten Einverständnis, kann der neue Eigentümer an Stelle seines Rechtsvorgängers durch dreiseitigen Vertrag Mieter werden. Lässt der Mietvertrag eine Untervermietung zu, kann sich der Rechtsnachfolger hierdurch eines Herausgabeanspruchs erwehren (§ 986 Abs. 1 S. 1 BGB). Im Falle des Eigentumswechsels am überbauten Grundstück tritt der Erwerber nach Maßgabe der §§ 578, 566 ff. BGB in den Mietvertrag ein.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1118749 |
BGHZ 2004, 301 |
NJW 2004, 1237 |
BGHR 2004, 571 |
DWW 2004, 202 |
EBE/BGH 2004, 3 |
DNotI-Report 2004, 53 |
EWiR 2004, 595 |
JurBüro 2004, 510 |
NZM 2004, 277 |
WM 2004, 1971 |
ZIP 2004, 912 |
ZMR 2004, 489 |
ZfIR 2004, 329 |
DNotZ 2004, 373 |
MDR 2004, 681 |
GuT 2004, 104 |
MietRB 2004, 177 |
ZNotP 2004, 233 |
GuG 2004, 47 |
JWO-MietR 2004, 89 |