Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 19.03.1980) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 19. März 1980 verkündete Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 6.592,17 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. August 1976 abgewiesen worden ist.
Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der im Jahre 1902 geborene Kläger trat am 1. Juli 1929 als Angestellter in das Bauunternehmen F. u. A. L. GmbH in Mannheim ein und wurde 1931 Prokurist dieser Firma.
Durch Beschluß vom 27. Januar 1939 wurde die GmbH mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, deren persönlich haftender Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von 13,3 % der Kläger wurde. Am 29. Dezember 1956 sagte die Kommanditgesellschaft dem Kläger unter Hinweis auf dessen bisherige Tätigkeit als Angestellter und Geschäftsführer eine Altersversorgung in Höhe des Ruhegehalts eines verheirateten Oberregierungsrats zu. Ab 1. Januar 1971 wurde eine GmbH die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft. Der Kläger beteiligte sich am Kapital beider Gesellschaften mit je 12 %. Am 28. Februar 1971 trat er in den Ruhestand.
Am 26. März 1975 fragte die Kommanditgesellschaft beim Beklagten an, ob die Versorgungszusage an den Kläger von der Insolvenz-Versicherung erfaßt werde. Der Beklagte antwortete am 3. April 1975, er neige zu der Auffassung, daß das der Fall sei. Die Kommanditgesellschaft zahlte daraufhin entsprechende Beiträge.
Am 18. Februar 1976 wurde über das Vermögen der Kommanditgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Seit 1. März 1976 erhält der Kläger keine Versorgungsleistungen mehr.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenz-Versicherung die Versorgungsbezüge für die Zeit vom 1. März 1976 bis 31. Dezember 1976 in Höhe von insgesamt 29.694,45 DM.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in Höhe von 11.877,80 DM nebst Zinsen weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat nur zum Teil Erfolg.
1. a) Das Berufungsgericht hat die Verpflichtung des Beklagten aus § 7 BetrAVG verneint, weil der Kläger nicht zu dem gemäß § 17 BetrAVG begünstigten Personenkreis gehöre. Unabhängig von der Höhe der Beteiligung sei er als persönlich haftender, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft führender Gesellschafter weder Arbeitnehmer noch einem solchen vergleichbar, sondern Unternehmer, dem die Insolvenzsicherung das mit der kaufmännischen Tätigkeit verbundene Risiko nicht habe abnehmen sollen. Diese Ansicht entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 77, 233, 236 ff.). Der Kläger wendet sich gegen die hierin liegende einschränkende Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG inzwischen auch nicht mehr.
b) Die Revision rügt vielmehr, daß das Berufungsgericht dem Kläger die Insolvenzsicherung auch für die Zeit vom 1. Juli 1929 bis 30. September 1938 versagt hat, während der dieser Angestellter und Prokurist der GmbH, nicht aber zugleich Gesellschafter gewesen ist. Der Einwand ist berechtigt. Die Beurteilung durch das Berufungsgericht beruht auf dem Gedanken der Vertragsparität und der Auffassung, für die Einordnung eines Versorgungsberechtigten in den nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gleich Arbeitnehmern zu behandelnden Personenkreis käme es auf den Zeitpunkt der Versorgungszusage an. Beide Gesichtspunkte sind für die Abgrenzung insolvenzgesicherter von den nicht Insolvenzgesicherten, weil in einer Unternehmerstellung verdienten Pensionsansprüchen ungeeignet, wie der Senat mehrfach ausgeführt hat (vgl. BGHZ 77, 94, 233; SenUrt. v. 9.6.80 – II ZR 180/79, ZIP 1980, 562, 563; 14.7.80 – II ZR 224/79, ZIP 1980, 778, 779). Es kommt vielmehr darauf an, inwieweit das Ruhegeld durch eine Tätigkeit als Arbeitnehmer und inwieweit es durch eine solche als Unternehmer verdient worden ist. Arbeitnehmer war der Kläger, worauf die Revision zutreffend hinweist, in der Zeit vom 1. Juli 1929 bis zum 30. September 1938, bevor er die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einnahm. Unerheblich ist, daß dieser Zeitraum lange vor der Versorgungszusage vom 29. Dezember 1956 liegt. Die Dienstleistungen aus dieser Zeit zählen ihrer Art nach zu den Tätigkeiten, die in einer als Entgelt für langjährige Betriebstreue gedachte nachträgliche Versorgungszusage gewöhnlich mit einfließen (vgl. BGHZ 77, 233). Dementsprechend nimmt der Versorgungsvertrag in seiner Einleitung auf die Tätigkeit aus der Zeit vor dem 1. Oktober 1938 ausdrücklich Bezug.
Der als Arbeitnehmer verdiente und deshalb insolvenzgesicherte Teil der Rente entspricht dem Anteil, der von der Gesamtdauer der Betriebszugehörigkeit auf den Zeitraum entfällt, in dem der Kläger als Arbeitnehmer tätig geworden ist. Die Betriebszugehörigkeit betrug vom 1. Juli 1929 bis zum Eintritt des Versorgungsfalls am 28. Februar 1971 insgesamt 41 Jahre und acht Monate. Davon entfielen auf die Zeit als Arbeitnehmer neun Jahre und drei Monate. Der insolvenzgesicherte Teil der Rente beträgt danach 111/500 = 22,2 % der Gesamtrente. Von dem geltend gemachten Gesamtbetrag stehen dem Kläger mithin höchstens 6.592,17 DM zu, so daß das Berufungsgericht die Klage mit Recht in Höhe von 23.102,28 DM abgewiesen hat.
c) Ob dem Kläger die 6.592,17 DM vollen Umfangs zustehen, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Der Kläger hat die Versorgungszusage in einem Zeitpunkt erhalten, als er schon seit Jahren nicht mehr Angestellter, sondern persönlich haftender Gesellschafter und damit Unternehmer war. Deshalb ist nicht auszuschließen, daß die Unternehmerstellung für die Höhe der zugesagten Versorgung von Bedeutung gewesen ist und er infolgedessen mehr erhalten hat, als er als angestellter Geschäftsleiter erhalten hätte. Sollte das der Fall sein, wäre die vertraglich geschuldete Pension für die Bemessung des Ausfallanspruchs gegen den Beklagten insoweit zu kürzen, als sie über den Rahmen dessen hinausgeht, was auch bei einem Nichtunternehmer wirtschaftlich vernünftig und angemessen gewesen wäre (vgl. SenUrt. v. 14.7.80 – II ZR 224/79, ZIP 1980, 778, 779, 780). Da die Parteien, von anderen rechtlichen Überlegungen ausgehend, zu dieser Frage bisher nicht Stellung genommen haben, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses zur wirtschaftlichen Angemessenheit der Rente die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
2. Die Revision ist unbegründet, soweit der Kläger mit ihr einen über 6.592,17 DM hinausgehenden Betrag geltend macht. Der Kläger leitet diesen Anspruch aus der Tatsache her, daß der Beklagte in seinem Schreiben vom 3. April 1975 die Sicherungspflicht der betrieblichen Altersversorgung des Klägers positiv beurteilt und demgemäß die Beitragsbemessungsgrundlage erhöht hat; der Kläger will im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Erklärung sein Guthaben auf seinem Privatkonto der Kommanditgesellschaft belassen und für keine anderweitige Sicherung gesorgt haben.
a) Der Anspruch gegen den Träger der Insolvenz-Versicherung besteht – ungeachtet einer vertraglichen Regelung – gemäß § 7 BetrAVG schon kraft Gesetzes. Auch die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ist eine gesetzliche. Sie ist den Arbeitgebern gemäß § 10 BetrAVG als eine öffentlich-rechtliche auferlegt. Weitergehende Rechte werden zugunsten des Versorgungsberechtigten nicht begründet. § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung (AIB) bringt klar zum Ausdruck, daß die Versicherung gegen die Folgen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nach Maßgabe des Gesetzes erfolgt.
b) Der Beklagte handelt nicht rechtsmißbräuchlich, wenn er dem Kläger die gewünschten Leistungen versagt. Aus der Tatsache, daß der Beklagte Beiträge entgegengenommen hat, vermag der Kläger nichts herzuleiten. Denn diese muß der Beklagte, soweit er dem Kläger nicht verpflichtet ist, an die Gesellschaft zurückzahlen (vgl. Paulsdorff in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Weinert, Komm. z. Betriebsrentengesetz 1976 § 7 Anm. 7). Es kann nur darum gehen, ob der Kläger auf die vom Beklagten am 3. April 1975 erteilte Auskunft nach Treu und Glauben in einer Weise vertrauen durfte, daß er auf anderweitige Möglichkeiten einer Altersversicherung verzichtete. Ein solches Vertrauen hatte der Kläger aufgrund der Auskunft zu Unrecht. Das Gesetz war erst seit wenigen Monaten in Kraft und die Frage, wer gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gleich einem Arbeitnehmer in den gesetzlichen Schutzbereich fiel, gänzlich unklar sowie in der Folge, wie die zitierten Urteile des Senats zeigen, heftig umstritten. Die Auslegung des Gesetzes stand weder zur Disposition des Beklagten noch war dieser zu einer authentischen Interpretation legitimiert. Der Beklagte hat sich für die Gesellschaft und damit auch für den Kläger erkennbar dergleichen auch nicht angemaßt, wenn er in dem genannten Schreiben davon spricht, daß er zu der Auffassung neige, die Altersversicherung des Klägers sei sicherungspflichtig.
Diese vorsichtige Formulierung, auf die das Berufungsgericht mit Recht hingewiesen hat, schließt die Möglichkeit nicht aus, daß andere, insbesondere die Gerichte, das Gesetz anders interpretieren und den Kläger als Unternehmer vom Insolvenzschutz ausklammern. Es war deshalb ausschließlich dessen Sache, dieser Möglichkeit Rechnung zu tragen und für den Fall der Insolvenz in anderer Weise vorzusorgen. Daß diese Vorsorge unterblieben ist, kann der Kläger nicht dem Beklagten anlasten.
Unterschriften
Stimpel, Dr. Schulze, Fleck, Bundschuh, Brandes
Fundstellen