Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestechlichkeit
Tenor
I. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 19. Januar 1998 werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
II. Auf die Revision des Angeklagten K wird das oben bezeichnete Urteil des Landgerichts Koblenz aufgehoben
- im Strafausspruch, soweit der Angeklagte wegen Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 1990, 1991 und 1992 verurteilt worden ist,
- im Gesamtstrafausspruch gegen diesen Angeklagten.
III. Die weitergehende Revision des Angeklagten K wird verworfen.
IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen –
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten K wegen Vorteilsannahme, Betruges, Urkundenfälschung in drei Fällen, Steuerhinterziehung in fünf Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Vom Vorwurf der Bestechlichkeit und der Vorteilsannahme in zwei weiteren Fällen ist der Angeklagte freigesprochen worden. Ebenso hat das Landgericht die Angeklagten S und L vom Vorwurf der Bestechung sowie die Angeklagten Sch und St vom Vorwurf der Vorteilsgewährung freigesprochen.
I.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertreten werden, wenden sich mit sachlich-rechtlichen Einwendungen zum einen gegen die Freisprüche der fünf Angeklagten; zum anderen begehrt die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den Angeklagten K eine Verurteilung aus dem qualifizierten Tatbestand des § 332 StGB a.F., soweit nur eine Verurteilung wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 StGB a.F. erfolgt ist. Den Revisionen bleibt der Erfolg versagt.
1. Die Freisprüche der Angeklagten weisen keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.
a) Zutreffend hat das Landgericht der rechtlichen Beurteilung die Vorschriften der §§ 331 ff. StGB in der bis 13. August 1997 geltenden Fassung zugrunde gelegt. Denn durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl. I 2038) wurden die Straftatbestände der §§ 331 bis 334 StGB erweitert und die vorgesehenen Sanktionen verschärft, so daß der zuvor geltende Rechtszustand sich als das mildere Gesetz im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB darstellt.
b) Die Tatbestände der §§ 331 bis 334 StGB a.F. erforderten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 15, 88, 97; 217, 223; 352, 355; BGHSt 39, 45, 46; BGH NStZ 1984, 24) übereinstimmend eine – ausdrücklich oder konkludent getroffene – Unrechtsvereinbarung, bei der eine bestimmte Diensthandlung für die Vorteilsgewährung als Äquivalent erbracht wird (vgl. auch Rudolphi in SK-StGB § 331 Rdn. 29 m.w.N.). Die Zuwendung von Vorteilen zur Erlangung allgemeinen Wohlwollens reichte danach nicht aus (BGH NStZ 1984, 24). Dabei hat die Rechtsprechung allerdings keinen strengen Maßstab an die Bestimmtheit namentlich künftiger Diensthandlungen angelegt. Diese mußten nicht bereits in allen Einzelheiten festgelegt sein; vielmehr reichte es aus, daß nach den Vorstellungen der Beteiligten die vorzunehmenden Handlungen einem bestimmten Aufgabenkreis des Amtsträgers zuzuordnen sowie ihrem sachlichen Gehalt nach grob umrissen waren, so daß erkennbar war, in welcher Richtung der Amtsträger tätig werden sollte (BGHSt 32, 290; BGH NStZ 1989, 74; 1996, 278 f.). Je begrenzter der Aufgabenkreis des Amtsträgers sich darstellt, um so leichter sollte danach eine solche Zuordnung möglich sein (vgl. BGHSt 39, 45; BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 4). Erst die Neufassung der Bestechungstatbestände durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption hat den engen Bezug zu bestimmten Diensthandlungen gelockert und läßt es nunmehr ausreichen, daß der Vorteil für die Dienstausübung im allgemeinen gewährt oder gefordert wird (vgl. BT Drucks. 13/8079 S. 15).
Unter Bedacht auf diese Grundsätze hat das Landgericht sich nicht zu überzeugen vermocht, daß zwischen dem Angeklagten K einerseits und den Angeklagten L und S (Fall IV 1 der Urteilsgründe) sowie St und Sch (Fall IV 2 der Urteilsgründe) andererseits hinreichend konkretisierbare, den Tatbestand der §§ 331 bis 334 StGB a.F. ausfüllende Unrechtsvereinbarungen getroffen worden sind. Diese Würdigung hält auch unter Berücksichtigung der dagegen vorgetragenen Einwendungen der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.
aa) Zwar erhielt der Angeklagte K als Leitender Regierungsdirektor des Bundesamtes für W und B (im folgenden: BWB) in der Zeit von Ende Juni 1991 bis September 1993 insgesamt 96.600 DM von der Firma R & Schw, bei der die Mitangeklagten L und S in leitender Funktion tätig waren. Die sechs Beträge in Höhe von 15.000 DM bis 19.600 DM wurden dem Angeklagten formell als Honorar für die Erstellung von Gutachten zugewandt. Tatsächlich waren die Gutachten überwiegend wertlos, jedenfalls aber weit überbezahlt. Das Landgericht sieht in den regelmäßigen „Studienaufträgen” an den Angeklagten K zurecht einen Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. StGB a.F. Auch hat das Landgericht nicht die zahlreichen Indizien übersehen, die für eine Unrechtsvereinbarung sprechen können. Indessen decken die vielfältigen, vom Tatrichter festgestellten Besonderheiten nur die Seite der Vorteilszuwendung ab: Sie zeigen insbesondere die Interessenlage des Angeklagten K auf, der aufgrund seiner finanziellen Situation dringend auf diese Zahlungen angewiesen war. Andererseits war die Firma R & Schw als Zulieferer der Rüstungsindustrie an einer guten Zusammenarbeit mit dem „in einflußreicher Position” beim BWB tätigen Angeklagten K interessiert; darüber hinaus bestanden freundschaftliche Beziehungen zwischen diesen drei Angeklagten.
Dagegen hat der Tatrichter die bestimmten Diensthandlungen als Äquivalent zur Vorteilsgewährung, zu denen der Angeklagte K als Amtsträger sich gegenüber L und S bereit erklärt haben müßte und die für die Annahme einer tatbestandsmäßigen Unrechtsvereinbarung erforderlich sind, nicht ausreichend belegen können. Für denkbare – angesichts der Höhe und der Regelmäßigkeit der Zahlungen sogar naheliegende – Einflußnahme auf Entscheidungsprozesse im Rahmen einzelner Marineprojekte zugunsten der Firma R & Schw hat die Beweisaufnahme keine ausreichenden Anhaltspunkte erbracht (UA S. 57).
Die im allgemeinen Schriftverkehr mit der Firma R & Schw enthaltenen Hinweise des Angeklagten K auf seine „Einflußnahmemöglichkeiten bei verschiedenen Werften” (UA S. 56) haben sich in der Hauptverhandlung nicht in der Weise konkretisieren lassen, daß aus diesen objektiven Anhaltspunkten – auch im Zusammenhang mit der Zuständigkeitsverteilung im BWB – ein tragfähiger Schluß auf ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarte Diensthandlungen möglich gewesen wäre. Der Angeklagte habe sich insoweit „nicht vorhandener Einflußnahmemöglichkeiten berühmt” (UA S. 58).
Wenn der Tatrichter bei dieser Beweislage zu dem Ergebnis gelangt, die Honorarzahlungen seien seitens der Angeklagten L und S erfolgt, „um sich allgemein die Geneigtheit des Angeklagten K zu sichern” (UA S. 58), so weist dies keinen Rechtsfehler auf. Eine solche Beweiswürdigung, die auf einer zutreffenden rechtlichen Grundlage erfolgt, ist vom Revisionsgericht hinzunehmen.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin hiergegen, das Landgericht habe nicht bedacht, daß bei künftigen Diensthandlungen für die Tatbestandserfüllung nach § 332 Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F. schon ausreiche, daß der Amtsträger sich „bereit gezeigt” habe, bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen, gehen fehl. Denn auch insoweit bedarf es der Feststellung, zu welchen konkreten, wenn auch nur grob umrissenen Diensthandlungen der Täter sich bereit erklärt haben soll. Gerade diese Feststellungen aber hat das Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme nicht treffen können.
Auch der Einwand des Generalbundesanwalts – unter Hinweis auf BGHSt 15, 88 –, es komme für die Tatbestandsmäßigkeit des § 332 StGB a.F. nicht darauf an, ob der Beamte tatsächlich beabsichtigt, die von ihm angebotene Pflichtverletzung auch zu begehen, so daß auch solche in Aussicht gestellten Verhaltensweisen unter den Begriff der „Diensthandlung” im Sinne der §§ 331 ff. StGB a.F. zu subsumieren seien, die von dem Beamten in dem Wissen versprochen würden, daß sie ihm tatsächlich unmöglich seien, vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn auch dies würde zunächst voraussetzen, daß eine irgendwie geartete, konkretisierbare Zusage im Sinne einer Unrechtsvereinbarung auf Seiten des Vorteilsempfängers feststellbar wäre. Eine in Beziehung zu den Honorarzahlungen stehende Absprache vermochte das Landgericht aber gerade nicht festzustellen. Der eher vage Anhaltspunkt im Schriftwechsel des Angeklagten K mit der Firma R & Schw über seine guten Kontakte zu den Werften als Hauptauftragnehmer des BWB war vielmehr Anlaß für den Tatrichter, die Möglichkeiten einer Einflußnahme durch K aufzuklären, um daraus mögliche Rückschlüsse auf eine eventuelle Unrechtsvereinbarung ziehen zu können. Die Beweisaufnahme hat eine tatsächliche Einflußnahme bei den verschiedenen in Frage kommenden Marineprojekten indes nicht bestätigt, vielmehr die Möglichkeit einer Beeinflussung der jeweiligen Hauptauftraggeber zugunsten der Firma R & Schw ausgeschlossen. Damit konnte der Tatrichter aber auch den Rückschluß auf eine Unrechtsvereinbarung nicht mehr ziehen; vielmehr stellte sich der zeitlich vor Juni 1991 – also vor Beginn der Honorarzahlungen – geführte Schriftwechsel für das Landgericht als allgemeine Prahlerei des Angeklagten K dar, ohne daß daraus eine Zuordnung zu bestimmten, wenn auch nur grob umrissenen Diensthandlungen möglich war.
Die allgemeine Zusicherung, sich für den Vorteilsgeber zu verwenden und ihn auch außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs freundlich weiterzuempfehlen, war jedenfalls nach den hier anzuwendenden Vorschriften der §§ 331 ff. StGB a.F. für eine Strafbarkeit nicht ausreichend, und zwar selbst dann nicht, wenn die Empfehlung des Amtsträgers wegen seiner allgemeinen Stellung durchaus Gewicht hatte.
bb) Auch im Fall IV 2 der Urteilsgründe, in dem die Angeklagten Sch und St vom Vorwurf der Vorteilsgewährung, der Angeklagte K vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen worden sind, decken die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, keinen Rechtsfehler auf.
Trotz der vom Landgericht aufgezeigten Besonderheiten bei der Erteilung des Gutachtenauftrags und der finanziellen Abwicklung hat das Landgericht keine Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 331 ff. StGB a.F. erkennen können. Es hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ausreichend die jeweils tragenden Erwägungen für diesen Schluß dargelegt; dies reicht aus, ohne daß es der Erörterung sämtlicher Beweisumstände bedurfte (vgl. BGHSt 39, 291, 295 f.). Die Schlußfolgerungen des Tatrichters brauchen nicht zwingend zu sein; genügend ist, daß sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2). Die hiergegen vorgetragenen Erwägungen stellen eine eigene Beweiswürdigung der Beschwerdeführerin dar, mit der sie in der Revisionsinstanz nicht gehört werden kann.
2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten K wegen Vorteilsannahme im Zusammenhang mit der Firma W weist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen Rechtsfehler auf. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt, der die Revision auch insoweit nicht vertritt, bereits darauf hingewiesen, daß nach den getroffenen Feststellungen nicht zwingend von einer pflichtwidrigen Diensthandlung auszugehen war, die der Angeklagte K in Aussicht gestellt hatte, als er den Abschluß eines Beratervertrages forderte. Vielmehr waren bei der Zusage, daß er die Firma „gern bei größeren Ausschreibungen unterstützen würde” (UA S. 12), verschiedene Hilfeleistungen denkbar, die nicht notwendig pflichtwidrig sein mußten. Wenn das Landgericht bei dieser Beweislage die dem Angeklagten günstigere Sachverhaltsvariante der rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
II.
Die Revision des Angeklagten K ist nur zum Strafausspruch erfolgreich.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben.
Allerdings hat das Landgericht für die Jahre 1990, 1991 und 1992 bei der Einkommensteuerhinterziehung einen zu großen Schuldumfang zugrunde gelegt, indem es bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (UA S. 28: z.v.E. neu) die vom Angeklagten erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit für diese Jahre (UA S. 25), die bereits Eingang in das zu versteuernde Einkommen laut Veranlagung (z.v.E. alt) gefunden hatten, nicht herausgerechnet hat. Dies führt in den drei bezeichneten Fällen indessen nur zur Aufhebung der jeweils verhängten Einzelstrafen, der Schuldspruch bleibt davon unberührt. Die Aufhebung der drei Einzelstrafen hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge. Die übrigen Einzelstrafen können bestehen bleiben, sie sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen.
Unterschriften
Harms, Häger, Nack, Boetticher, Gerhardt
Fundstellen
Haufe-Index 541031 |
NStZ 1999, 561 |
wistra 1999, 224 |