Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfallhaftung eines herrschenden Konzernunternehmens
Leitsatz (amtlich)
a) Gesellschafter einer GmbH, die das Gesellschafts- mit ihrem Privatvermögen vermischt haben und deshalb persönlich haften, können entsprechend § 129 Abs. 1 HGB dem Gesellschaftsgläubiger Einwendungen, die nicht in ihrer Person begründet sind, nur entgegenhalten, soweit die GmbH das (noch) könnte.
b) Bei Vermögenslosigkeit einer abhängigen GmbH kommt eine Ausfallhaftung des herrschenden Konzernunternehmens in entsprechender Anwendung der §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG in Betracht, wenn dieses die Geschäfte der abhängigen GmbH dauernd und umfassend selbst geführt hat und nicht dartun kann, daß der pflichtgemäß handelnde Geschäftsführer einer selbständigen GmbH die Geschäfte ebenso geführt hätte.
Normenkette
GmbHG § 13; AktG §§ 17-18, 303, 322; HGB § 129
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Duisburg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. März 1984 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin und ihr Schwesterunternehmen, die Deutsche N … GmbH, schlossen in der Zeit von 1974 bis Mitte 1976 mit sieben Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Anteile sich im wesentlichen in der Hand der Beklagten befanden, Leasingverträge ab, mit denen sie ihnen 39 Autokräne eines japanischen Herstellers überließen.
Die vereinbarten Leasingraten wurden bis einschließlich Mai 1976 regelmäßig bezahlt. Als Leasingraten von über 1, 5 Mio DM offenstanden, schloß die Klägerin – zugleich im Namen der Deutschen N … GmbH – mit fünf der sieben Gesellschaften, alle vertreten durch den Beklagten zu 1, am 5. September 1977 einen Tilgungsstreckungsvergleich, von dem die Leasingraten für 28 Kräne betroffen waren. Aufgrund dieser Vereinbarung akzeptierten die Leasingnehmer-Gesellschaften für die innerhalb eines Jahres fälligen, neu festgesetzten Raten Wechsel, die in der Folgezeit auch eingelöst wurden.
Kurz nach Abschluß des Vergleichs kam es zwischen den Beteiligten zu Unstimmigkeiten, weil die Leasingnehmer-Gesellschaften Konstruktionsmängel der Kräne geltend machten und sich weigerten, die Leasingverträge weiter zu erfüllen. Daraufhin kündigte die Klägerin alle Verträge mit Schreiben vom 5. Oktober 1978 fristlos und nahm die Autokräne zurück. Seit Anfang 1979 erwirkte sie, der auch die Deutsche N … GmbH ihre Ansprüche abgetreten hatte, wegen der rückständigen Leasingraten gegen die einzelnen Gesellschaften rechtskräftige Urteile über eine Hauptforderung von mehr als 700.000 DM. Die aufgrund dieser Titel durchgeführte Zwangsvollstreckung erbrachte knapp 44.000 DM. Alle Leasingnehmer-Gesellschaften waren schließlich vermögenslos.
Die Klägerin nimmt die Beklagten nunmehr als Gesellschafter der sieben Gesellschaften vor allem im Wege der Durchgriffshaftung in Anspruch. Ihre auf einen Teilbetrag von 500.000 DM beschränkte Klage hat sie in erster Linie auf die bereits gegen die Gesellschaften titulierten Ansprüche gestützt, in zweiter Linie auf noch ausstehende, nicht ausgeklagte Leasingraten und in dritter Linie auf Schadensersatzforderungen wegen Schäden an den Kränen bei deren Rückgabe. Sie hat im wesentlichen vorgetragen, die Beklagten hätten die Gesellschaften beherrscht und wie ein einziges Unternehmen geführt. Um die Gläubiger zu benachteiligen, hätten sie die Gesellschaften so miteinander verquickt, daß eine Vollstreckung erschwert worden sei. Auch hätten sie das Vermögen der Gesellschaften und ihr privates Vermögen nicht getrennt gehalten. Die Beklagten haben die tatsächlichen Voraussetzungen einer Durchgriffshaftung bestritten und geltend gemacht, daß den Gesellschaften Gegenrechte wegen Mängel der Kräne zustünden. Außerdem haben sie sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 mit Ausnahme eines geringen Teils des geltend gemachten Zinsanspruches stattgegeben. Soweit die Klage sich auch gegen den Beklagten zu 4 richtete, hat das Landgericht sie abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 bis 3 hat das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Die Beklagten zu 1 bis 3 beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Nach der Rechtsprechung könnten sich zwar in besonderen Fällen die Gesellschafter nicht darauf berufen, daß die GmbH eine eigene Rechtspersönlichkeit habe. Dann könnten die Gesellschaftsgläubiger ihre Vertragsansprüche auch gegen die Gesellschafter selbst geltend machen. Anspruchsgrundlage bleibe aber der jeweils mit der GmbH abgeschlossene Vertrag. Bei den eingeklagten Leasingraten greife daher, wie bei gewerbsmäßigen Vermietungen, die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB ein. Alle Forderungen seien vor dem 31. Dezember 1979 entstanden. Die Klägerin habe die Beklagten erst am 18. Mai 1982 verklagt. Zu diesem Zeitpunkt seien die Vertragsansprüche verjährt gewesen (§§ 198, 201 BGB). Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823, 826 BGB), die wegen der längeren Frist des § 852 Abs. 1 BGB noch nicht verjährt gewesen wären, habe die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.
a) Gegen diese Begründung läßt sich revisionsrechtlich nichts einwenden, soweit es um Ansprüche aus unerlaubter Handlung geht. Die Klägerin hat insbesondere außer allgemeinen Wendungen keinen konkreten Sachverhalt vorgetragen, aus dem sich schlüssig ergäbe, daß den Beklagten eine unzulässige Verschleppung des Konkurses einzelner Gesellschaften oder sonst eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft vorgeworfen werden könnte.
b) Dagegen läßt sich die Klage, soweit die Klägerin auf die persönliche Haftung der Beklagten für Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaften „durchgreifen” möchte, nicht aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abweisen. Entgegen der Ansicht der Revision dürfte es zwar in der Linie der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats liegen, Leasing-Verträge grundsätzlich mietrechtlich einzuordnen und daher auch eine zweijährige Verjährung der Leasingraten anzunehmen (vgl. BGHZ 71, 189 m. w. N.). Wenn aber ein Ausnahmetatbestand vorliegt, dessentwegen sich die GmbH-Gesellschafter auf die rechtliche Selbständigkeit der GmbH als juristische Person nicht berufen dürfen, so heißt das, daß sie zu behandeln sind, als hätten sie das von der GmbH betriebene Handelsgeschäft selbst ohne Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG) geführt. In entsprechender Anwendung der §§ 105, 128 HGB haften sie daher persönlich; entsprechend § 129 Abs. 1 HGB können sie ferner Einwendungen, die der Gesellschaft nicht zustehen, ebenfalls den Gesellschaftsgläubigern gegenüber nicht geltend machen. Das bedeutet, die Beklagten müssen sich auch entgegenhalten lassen, daß in Höhe des eingeklagten Betrages rechtskräftige Urteile gegen die Leasingnehmer-Gesellschaften ergangen sind, derentwegen die zugrundeliegenden Forderungen nicht in zwei, sondern erst in 30 Jahren verjähren (§ 218 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Verjährungseinrede der Beklagten greift schon aus diesem Grunde nicht durch. Es kommt daher auf die von der Revision aufgeworfene weitere Frage nicht an, ob nicht generell in „Durchgriffsfällen” die Verjährungsfrist im Verhältnis zu den in Anspruch genommenen Gesellschaftern gar nicht anlaufen sollte, solange die Insolvenz der primär leistungsverpflichteten GmbH nicht feststeht und der Gesellschaftsgläubiger noch keine Kenntnis vom Durchgriffstatbestand hat. Freilich erscheint es auch fraglich, ob in dieser Richtung feste Regeln entwickelt werden können. Möglicherweise wird man der für die Gesellschaftsgläubiger bestehenden Schwierigkeit, bei kurzen Verjährungsfristen die Gesellschafter früh genug in Anspruch zu nehmen, besser gerecht, wenn man im Einzelfall prüft, ob die Berufung der Gesellschafter auf die Verjährung den Umständen nach rechtsmißbräuchlich ist. Dem braucht aber hier nicht weiter nachgegangen zu werden.
c) Von seinem den Entscheidungsgründen zugrundeliegenden Standpunkt, daß Ansprüche wegen Mißbrauchs der Selbständigkeit der Rechtsform der GmbH in Frage stünden, hätte das Berufungsgericht daher prüfen müssen, ob ein solcher Tatbestand vorliegt. Die Klägerin hatte aber einen solchen Sachverhalt nicht schlüssig behauptet. Soweit sie sich darauf beruft, daß die Beklagten Gesellschafts- und Privatvermögen miteinander vermischt hätten, reichen ihre Behauptungen nicht aus. Das Landgericht hatte zwar festgestellt, daß Aufträge in einer Größenordnung von „ein paar hunderttausend DM” für den Umbau des Privathauses der Familie der Beklagten im Namen einer der Leasingnehmer-Gesellschaften erteilt und die daraus resultierenden Rechnungen aus Gesellschaftsvermögen beglichen worden waren. Der erkennende Senat hat aber bereits in einem früheren Urteil (II ZR 250/83 v. 12.11.1984 = WM 1985, 54) ausgeführt, daß einzelne Privatentnahmen der Gesellschafter, auch wenn sie weit über den Bezug von Jahresgewinnen hinausgehen, nicht ohne weiteres einen Durchgriffstatbestand bilden, sondern nur Ansprüche der betroffenen GmbH auf Rückzahlung gemäß §§ 30, 31 GmbHG auslösen können, wenn hierbei Stammkapital angegriffen wird. Es muß hinzukommen, daß die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise allgemein verschleiert wird, so daß insbesondere die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften, derentwegen die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen allein vertretbar ist, unkontrollierbar wird. Das hat aber schon das Landgericht nicht feststellen können, das lediglich ausgeführt hat, die (zentralisierte) Buchführung der Gesellschaften sei „offensichtlich” nicht so in Ordnung gewesen, „wie man angesichts der vorhandenen sachlichen Mittel hätte erwarten können”. Die Klägerin hat auch für ihre sehr allgemein gehaltenen Behauptungen in dieser Richtung keine weiteren Beweise angetreten (vgl. Schriftsätze v. 28.12.1983, S. 14 u. 19 – sowie vom 7.3.1984, S. 17). Das wäre aber um so mehr erforderlich gewesen, als die in der Buchhaltung tätige Zeugin F … im ersten Rechtszuge die Behauptung der Beklagten bestätigt hat, es sei eine „normale” Buchhaltung vorgenommen worden (Prot. v. 21.12.1982, S. 21).
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang noch behauptet hat, die Beklagten hätten für ihre privaten Bedürfnisse bei den Kunden ihrer Gesellschaften Entgelte für den Einsatz von Kränen einkassiert, ohne das auf Privatkonten zu verbuchen, ist ihr (von den Beklagten bestrittenes) Vorbringen nach Zeit, Ort, Umfang und Beteiligten nicht substantiiert, so daß es nicht zu berücksichtigen ist; auch darauf hatte das Landgericht schon hingewiesen.
II.
Die im Sachvortrag der Parteien enthaltenen unstreitigen Tatsachen und weiteren Behauptungen der Klägerin geben auch im übrigen weniger Anlaß zu prüfen, ob den Beklagten zur Last zu legen ist, im Rechtsverkehr Gesellschaften mit beschränkter Haftung rechtsmißbräuchlich verwendet zu haben. Die Entscheidung des Rechtsstreits liegt in der Beantwortung der Frage, ob und inwieweit eine persönliche Haftung der Beklagten aus konzernrechtlichen Gesichtspunkten herzuleiten ist. Das kommt hier auf dem Wege einer entsprechenden Anwendung der §§ 303, 322 Abs. 2 AktG – in Betracht.
1. Eine solche Haftung ist nicht von vornherein auszuschließen. Ob, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit Konzerntatbestände Ansprüche einer abhängigen Gesellschaft, der ihnen angehörenden Gesellschafter und – worauf es hier ankommt – der Gläubiger einer solchen Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen oder seine gesetzlichen Vertreter auslösen können, ist allerdings im Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht gesetzlich geregelt. Man ist sich aber allgemein darüber einig, daß hier wie anderswo mit Beherrschungsverhältnissen dieser Art spezifische Gefahren verbunden sind (vgl. z.B. Emmerich in Der GmbH-Konzern 1976, S. 3, 9 ff.; Ulmer, ZHR 148 (1984) 391, 396 ff. m. w. N.). Während bei der selbständigen Gesellschaft von einem gewissen Gleichlauf der Interessen der Gesellschaft, der Gesellschafter und selbst der Gesellschaftsgläubiger – nämlich an einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft – gesprochen werden kann, ist dieses für den Rechtsverkehr wesentliche Regulativ nicht mehr ohne weiteres vorhanden, wenn einer der Gesellschafter noch anderweite Unternehmensinteressen verfolgt und innerhalb der Gesellschaft die Einwirkungsmöglichkeiten besitzt, um deren Geschäftstätigkeit an seinen anderen unternehmerischen Interessen auszurichten. Die sich hieraus ergebende Gefährdungslage, die zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der abhängigen Gesellschaft führen kann, war der Grund für die aktienrechtliche Gesetzgebung zu den verbundenen Unternehmen mit Schutzvorschriften zugunsten der abhängigen Gesellschaften, der außenstehenden Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger (§§ 291 ff. AktG; vgl. Begr. z. RegE des AktG, Vorbem. z. Dritten Buch, abgedr. bei Kropff, AktG 1965 S. 373). Die Regelungsbedürftigkeit dieses Bereiches auch für die GmbH wird im Schrifttum überwiegend bejaht und eher noch als dringlicher empfunden, weil hier die Kapitalschutzvorschriften schwächer ausgebildet und die Einwirkungsmöglichkeiten des Mehrheitsgesellschafters größer sind (vgl. Emmerich a.a.O. S. 6 ff.; H. P. Westermann in Der GmbH-Konzern 1976, S. 25, 26 f.: Schilling in Festschrift Hefermehl S. 383, 397). Im Gesetzgebungsbereich ist das durch den Regierungsentwurf einer GmbH-Novelle 1971/1973 mit Vorschlägen zum Recht der verbundenen Unternehmen anerkannt worden (BT-Drucks. VI/3088 und VII/253). Auch der erkennende Senat hat in Einzelfällen, die den Minderheitenschutz in der abhängigen Gesellschaft betrafen, diese Sachlage berücksichtigt (BGHZ 65, 15; Urt. v. 5.2.1979 – II ZR 210/76 = LM HGB § 105, Nr. 46; BGHZ 80, 69; Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 242/82 = LM HGB § 112 Nr. 4).
2. Die konzernrechtliche Inanspruchnahme der Beklagten für Forderungen, die aus Verträgen stammen, die mit den sieben Leasingnehmer-Gesellschaften abgeschlossen worden waren, setzt zunächst voraus, daß zwischen diesen Gesellschaften und den Beklagten ein Konzernverhältnis bestand. Das ist nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt jedenfalls für den Beklagten zu 1 zu bejahen.
a) Nach dem Vortrag der Klägerin in der Klageschrift haben die Beklagten zu 1 bis 4 „mehr als 90% des stimmberechtigten Stammkapitals” der sieben Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehalten. Die Beklagten haben das ohne Widerspruch der Klägerin dahin ergänzt, daß in den hier in Betracht kommenden Jahren außer ihnen der Vater des Beklagten zu 1 (an einer oder zwei dieser Gesellschaften) beteiligt gewesen sei. Daraus ergibt sich in Verbindung mit den bei den Handelsregisterakten befindlichen Gesellschafterlisten, daß sich sämtliche Geschäftsanteile der Gesellschaften, mit denen die Klägerin oder ihre Schwestergesellschaft Leasingverträge abgeschlossen hatte, teils unmittelbar, teils mittelbar über einzelne ihrer Gesellschaften in der Hand von Mitgliedern der Familie der Beklagten befanden, wobei die Beteiligungsverhältnisse unter ihnen und den teilweise die Anteile verwaltenden Gesellschaften mehrfach gewechselt haben.
b) Die Beklagten haben ferner vorgetragen, daß wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligungen immer nur der Beklagte zu 1 gewesen sei; die Beklagten zu 2 bis 4 hätten, was ebenfalls der Klageschrift entspricht, die Anteile für ihn nur treuhänderisch verwaltet. Außerdem hätten sie und der Vater dem Beklagten zu 1 durch Generalvollmachten „alle mit den Beteiligungsrechten verbundenen Dispositionsbefugnissen” übertragen; für die Beklagten zu 1 bis 4 hatte das auch die Klägerin behauptet, im übrigen hat sie auch insoweit nicht widersprochen.
Der Beklagte zu 1 war bei Abschluß der Leasingverträge Geschäftsführer der sieben Gesellschaften. Die Geschäftsführung hat er – teilweise vorübergehend und auch nicht für alle Gesellschaften – im Jahre 1975, wie er behauptet, aus gesundheitlichen Gründen, an Fremdgeschäftsführer abgegeben, diesen aber Anstellungsverträge gegeben, die ihnen nur die Befugnisse eines untergeordneten Angestellten mit minimaler Entscheidungsmacht beließen; statt dessen haben die Fremdgeschäftsführer ihrerseits dem Beklagten zu 1 Generalhandlungsvollmachten erteilen müssen. Dem entspricht es, daß die Beklagten vorgetragen haben, die „Hierarchie der H …-Gruppe habe nur eine Spitze gekannt”, nämlich den Beklagten zu 1, der für alle Gesellschaften auch bei den Banken als einziger allein zeichnungsberechtigt gewesen sei.
Schließlich war die gesamte Buchführung und Finanzierung der Unternehmensgruppe bei einer weiteren Gesellschaft, der VOZ Verwaltungs- und Organisationszentrale H …-GmbH konzentriert, die von den Beklagten für diesen Zweck organisiert war. Zwischen der VOZ und den sieben Leasingnehmer-Gesellschaften bestanden Factoring-Verträge, mit denen die VOZ das gesamte Inkasso übernahm. Nach der Behauptung der Beklagten sind zwischen der VOZ und den einzelnen Gesellschaften außerdem Gewinnabführungsverträge abgeschlossen worden. Die Geschäftsanteile auch dieser Gesellschaft lagen bei Mitgliedern der Familie, und zwar wie die Handelsregisterakten ergeben, zeitweise bei den Beklagten zu 1 und 2, bei einer der Leasingnehmer-Gesellschaften sowie bei dem Beklagten zu 1 allein.
b) Dieser Sachverhalt läßt ohne weiteres erkennen, daß es sich bei den Leasingnehmer-Gesellschaften um zwar rechtlich (als juristische Personen) selbständige, aber abhängige Unternehmen handelte, auf die der Beklagte zu 1 als Gesellschafter unmittelbar (über die selbst gehaltenen Geschäftsanteile) oder mittelbar (über andere Gesellschaften oder Treuhandverträge und Generalvollmachten) einen beherrschenden Einfluß ausüben konnte. Er war damit im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG herrschendes Unternehmen. Das kann, wie der Senat in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl. u.a. Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 15 Rz. 21; Baumbach/Hueck, AktG 13. Aufl. § 15 Rz. 4; Scholz/Emerich, GmbHG 6. Aufl. Anh. II Rz. 29; sämtl. m. w. N.) im Urteil vom 13.10.1977 (BGHZ 69, 334, 337) ausgeführt hat, auch eine Einzelperson sein, die ihre wirtschaftlichen Interessen nicht nur in der betroffenen Gesellschaft, sondern auch in anderen Unternehmen maßgeblich verfolgen kann. Dieses war beim Beklagten zu 1 der Fall, der zugleich an den sieben Leasingnehmer-Gesellschaften, im übrigen aber auch ähnlich an anderen Gesellschaften beteiligt war. Durch die völlige Konzentration der Geschäftsführung in der Hand des Beklagten zu 1, wie sie oben dargelegt worden ist, waren die Leasingnehmer-Gesellschaften „unter einheitlicher Leitung” – unter ihm als „herrschendem Unternehmen” – zusammengefaßt. Jene Gesellschaften haben daher mit ihm einen Konzern im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG gebildet. Daran ändert nichts, daß zur Zentralisierung bestimmter Geschäftsführungsaufgaben, insbesondere der Finanzierung und Buchführung, die VOZ GmbH eingesetzt war; denn bei der VOZ waren die Geschäftsanteile der Leasingnehmer-Gesellschaften nicht vereinigt, und auch diese GmbH stand im unmittelbaren oder mittelbaren Anteilsbesitz und unter der Geschäftsführung des Beklagten zu 1. Unternehmensverträge zwischen dem Beklagten zu 1 und den Leasingnehmer-Gesellschaften gab es nicht, es handelte sich daher lediglich um einen „faktischen Konzern”. Da es zum Konzernrecht gehört, unter bestimmten Voraussetzungen dem herrschenden Unternehmen Verantwortung für die abhängige Gesellschaft, unter Umständen auch gegenüber ihren Gläubigern anzulasten, kommt jedenfalls der Beklagte zu 1 als Verpflichteter eines konzernrechtlich begründeten Anspruchs in Betracht.
3. Für eine solche Verantwortlichkeit sind nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalt insbesondere folgende teils unstreitigen, teils von den Beklagten bestrittenen Behauptungen erheblich: Der Beklagte zu 1 hat als (mindestens wirtschaftlicher) Alleingesellschafter und (förmlich bestellter oder jedenfalls faktischer) Geschäftsführer aller Leasingnehmer-Gesellschaften sowie der VOZ GmbH (als einer Art „Management-Gesellschaft”) die Leitungsmacht in allen von ihm abhängigen Gesellschaften uneingeschränkt und vollständig ausgeübt; dazu hat er unter anderem die Finanzierung aller Gesellschaften (über die VOZ) in seiner Hand konzentriert, eine zentrale Buchführung (bei der VOZ) eingeführt und, wie die Klägerin behauptet hat, hierbei die Geschäftsvorgänge der einzelnen Gesellschaften nicht hinreichend auseinandergehalten. Der Beklagte soll ferner, wie er wohl auch nicht bestreiten will, im Zuge einer einheitlichen Geschäftsplanung die Kräne der einzelnen Gesellschaften von Fall zu Fall zwischen diesen hin- und her dirigiert und nach Bedarf eingesetzt haben, ohne dies – so die Klägerin – zwischen den betroffenen Gesellschaften verrechnet zu haben. Die Leasingnehmer-Gesellschaften haben über kein eigenes Inkasso verfügt. Jede von ihnen hat mit der VOZ GmbH einen Factoring-Vertrag mit einer Globalabtretung aller Forderungen gegen die Kunden abschließen müssen. Die vereinbarte Factoring-Vergütung habe, so hat die Klägerin behauptet „exakt” der kalkulatorischen Gewinnspanne der Leasingnehmer-Gesellschaften entsprochen, die sie bei der Weitervermietung der Kräne habe erzielen können, so daß für sie nichts mehr übrig geblieben sei. Ohnedies habe die VOZ GmbH auf Veranlassung des Beklagten niemals auf Grund des Forderungseinzuges die in den Verträgen vereinbarten Jahresabschlußrechnungen erteilt, geschweige denn die Auszahlung eines etwaigen Jahresüberschusses auf Grund des Factoring-Verhältnisses vorgenommen. Selbst die Bezahlung aller Löhne, Gehälter und sonstiger Schulden, die in den Verträgen als Gegenleistung übernommen worden sei, habe der Beklagte durch die VOZ GmbH nur unvollständig erfüllen lassen. Daneben habe der Beklagte die Leasingnehmer-Gesellschaften zur Einsparung von Kosten im eigenen Interesse dazu veranlaßt, die LKW-Hydraulikkräne nicht mehr zu warten und zu reparieren, so daß diese verschlissen, unbrauchbar oder schrottreif geworden seien. Er habe die Einstellung der Prämienzahlungen für die Maschinenbruchversicherung verfügt. Zwei der Leasingnehmer-Gesellschaften habe er angewiesen, die Rechnungen für den Ausbau des landgutähnlichen Privatbesitzes der Familie in Höhe von 500.000 bis 800.000 DM zu bezahlen.
4. Dieser Sachverhalt enthält zunächst eine Anzahl von Behauptungen, mit denen jeweils eine bezifferbare Schmälerung des Vermögens einzelner Leasingnehmer-Gesellschaften durch bestimmte nachteilige Einzeleingriffe, des Beklagten zu 1 dargelegt worden ist. Solche Einzelmaßnahmen können nach Aktienrecht Ausgleichs- und Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft (und der außenstehenden Gesellschafter) gegen das herrschende Unternehmen sowie ihre gesetzlichen Vertreter auslösen; diese Ansprüche können dort unter gewissen Voraussetzungen auch ihre Gläubiger geltend machen (vgl. §§ 309, 310, 317, 318, 323 AktG; § 31 BGB). Es erscheint nicht ausgeschlossen, den Gläubigern einer abhängigen GmbH auf diese Weise einen entsprechenden begrenzten Schutz einzuräumen. Die aktienrechtlichen Grundregeln des faktischen Konzern (§§ 311 ff. AktG) sind zwar, weil sich Aktiengesellschaft und GmbH strukturell wesentlich voneinander unterscheiden, im faktischen GmbH-Konzern nicht anzuwenden; hier sind statt dessen bei nachteiligen Einzeleingriffen Schadensersatzansprüche der abhängigen GmbH und ihrer außenstehenden Gesellschafter aus der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht herzuleiten (BGHZ 65, 15). Das braucht aber nicht der Ansicht zu widersprechen, daß solche primär der GmbH zustehenden Ansprüche auch (analog §§ 309 Abs. 4 Satz 3, § 317 Abs. 1 und 4, § 318 Abs. 4, § 323 Abs. 1 Satz 2 AktG) von den Gesellschaftsgläubigern geltend gemacht werden können, wenn sie von der GmbH selbst keine Befriedigung erlangen (Schilling, BB 1975, 1451, 1452; Rehbinder, ZGR 1976, 386, 394; K. Schmidt ZGR 1981, 455, 475; Fischer/Lutter, GmbHG 11. Aufl. Anh. § 13 Rz. 15, Ulmer a.a.O. S. 421 f.; a. A. MünchKomm-Reuter, BGB 2. Aufl. vor § 21 Rz. 44); jedenfalls bei der mehrgliedrigen GmbH mit außenstehenden Gesellschaftern spricht viel dafür. Im vorliegenden Fall, wo sich die Anteile der Gesellschaften im Alleinbesitz des herrschenden Unternehmens (des Beklagten zu 1) befinden, liegt es dagegen nicht ohne weiteres auf der Hand, daß Schadensersatzansprüche der abhängigen GmbH gegen das herrschende Unternehmen, die von den Gläubigern geltend gemacht werden könnten, überhaupt in Betracht kommen. Denn in der GmbH sind (im Gegensatz zur Aktiengesellschaft) der oder – wenn sie einverständlich handeln – die Gesellschafter (in den Grenzen des § 30 GmbHG) frei, über Gesellschaftsvermögen zu verfügen (Sen. Urt. v. 12.12.1983 – II ZR 14/83 = NJW 1984, 1037; grundsätzlich anders Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person 1981, S. 337 ff.). Es ist nicht leicht zu begründen, demgegenüber bestehe im Konzernverhältnis eine Pflicht des herrschenden Unternehmens, für das Vermögen der „eigenen” abhängigen GmbH nachteilige Maßnahmen zu unterlassen (bejahend allerdings Ulmer a.a.O. S. 416). Damit braucht sich jedoch der Senat im gegenwärtigen Stadium des Rechtsstreits nicht näher auseinanderzusetzen. Die Haftung des Beklagten zu 1 für Verbindlichkeiten der Leasingnehmer-Gesellschaften ist unter einem anderen konzernrechtlichen Gesichtspunkt – dem der §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG – schlüssig dargetan.
5. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür sind nach dem für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalt gegeben.
a) Der Parteivortrag, wie er oben mitgeteilt worden ist, ergibt nämlich einen Befund, der sich nicht in der Behauptung von Einzeleingriffen mit bezifferbarer Schmälerung des Vermögens der betroffenen Gesellschaften mbH erschöpft. Der Zusammenhang macht deutlich, daß der Beklagte zu 1 die Leasingnehmer-Gesellschaften mit einer kaum zu übertreffenden Dichte seines Einflusses einheitlich geleitet hat. Aus der von ihm veranlaßten, nahezu lückenlosen Zentralisierung der Geschäftsführungsaufgaben für alle Gesellschaften und dem Einsatz ihrer Betriebsmittel nach Maßgabe des jeweiligen Konzernbedarfs ohne Rücksicht auf ihre vermögensmäßige Zuordnung zum Vermögen der jeweiligen Gesellschaften, wie das die Klägerin behauptet hat, ist außerdem zu ersehen, daß er die einzelnen Gesellschaften praktisch wie bloße Betriebsabteilungen eines einheitlichen Unternehmens organisiert und behandelt hat. Der Abschluß der Factoring-Verträge hat den Gesellschaften, schon wegen der behaupteten Höhe der von ihnen zu zahlenden Provision, mindestens aber wegen der Handhabung durch die VOZ, darüber nicht abzurechnen und etwaige Überschüsse nicht abzuführen, die Möglichkeit genommen, aus eigenen Erträgnissen Liquidität zu bilden und damit aus eigener Kraft wirtschaftliche Selbständigkeit herzustellen oder zu erhalten. Zu Lasten einer eigenen Existenz- und Entwicklungsfähigkeit der einzelnen GmbH war deren Geschäftstätigkeit dem vom Beklagten zu 1 bestimmten Konzerninteresse unterworfen und breitflächig auf dieses Interesse ausgerichtet.
Dem gesetzlichen Leitbild, das von einer autonomen Gesellschaft ausgeht, die ihre Belange nach eigenständigen Zielvorstellungen unabhängig verfolgt, entspricht ein solcher Zustand nicht, und es liegt auf der Hand, daß in einem Geschäftsbetrieb, in dem die Selbständigkeit der GmbH nur noch eine formale Hülle ist, auch die Schutzvorkehrungen, die das GmbH-Recht bei Einzeleingriffen des herrschenden Unternehmens für die Interessen außenstehender Gesellschafter und Gesellschaftsgläubiger bereit hält, nicht dem gesetzlichen Leitbild entsprechend funktionieren. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum setzt sich daher überwiegend die Auffassung durch, daß Grundsätze des aktienrechtlichen Konzernrechts, und zwar – weil sich die Regeln des faktischen Konzerns (§§ 311 ff. AktG) dazu nicht eignen – des Vertragskonzerns in vorsichtiger Weise heranzuziehen sind (vgl. u.a. Scholz/Emmerich a.a.O. Anh. II Rz. 141; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 14. Aufl. Schlußanh. I Rz. 29; Fischer/Lutter a.a.O. Anh. § 13 Rz. 16 ff. sämtl. m. w. N.).
b) Diesen Überlegungen ist zu folgen. Zwar hält es der Senat nicht für möglich, die Anwendung gläubigerschützender Regeln des Vertragskonzerns schlichtweg damit zu begründen, daß bei Ausübung umfassender Leitungsmacht gegenüber der abhängigen Gesellschaft durch schlüssiges Verhalten ein Beherrschungsvertrag zustande komme, so daß das herrschende Unternehmen schon deshalb die Rechtsfolgen der §§ 302 ff. AktG auf sich nehmen müsse (so insbes. Emmerich, Die AG 1975, 253, 285, 286; Scholz/Emmerich a.a.O. Anh. II Rz. 143; für die Einmann-GmbH Flume, Die juristische Person 1983, S. 130). Das wäre eine unzulässige Fiktion eines Vertrages: Da der beherrschende Gesellschafter bereits kraft Gesetzes der Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft (über die Gesellschafterversammlung) Weisungen erteilen darf, kann – auch wenn er die Grenzen dieses Rechts überschreitet – weder seinem Verhalten noch dem des Geschäftsführers, der lediglich die Weisungen entgegennimmt (und ebensowenig dem des „in sich handelnden” selbst geschäftsführenden Alleingesellschafters) ohne weiteres der Wille entnommen werden, eine zusätzliche rechtsgeschäftliche Bindung einzugehen. Die weiter im Schrifttum erörterte Frage, ob im Einzelfalle der außenstehende Gesellschafter Anspruch auf Abschluß eines Beherrschungsvertrages haben kann (Martens, DB 1970, 865, 868 f.), spielt hier keine Rolle.
Entscheidend ist, daß die Sachlage im faktischen GmbH-Konzern derjenigen ganz ähnlich sein kann, an die beim aktienrechtlichen Vertragskonzern das Gesetz Schutzvorschriften anknüpft: Durch den dort (insbesondere wegen § 76 Abs. 1 AktG) erforderlichen Beherrschungsvertrag wird die abhängige Gesellschaft der Leitung des herrschenden Unternehmens unterstellt (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG) und dessen (wenn im Konzerninteresse liegend, auch nachteiligen) bindenden Weisungen unterworfen (§ 308 Abs. 2 AktG); sie kann infolgedessen derart mit dem herrschenden Unternehmen ertrags- und vermögensmäßig zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden, daß an die Stelle der eigenen Belange des einzelnen Konzernunternehmens die des Konzerns treten (vgl. Geßler, ZHR 140 – (1976) S. 433, 437). Wird im GmbH-Konzern ein solcher, die abhängige Gesellschaft, ihre außenstehenden Gesellschafter und ihre Gläubiger ebenso gefährdender Zustand ohne vertragliche Grundlage tatsächlich hergestellt, was das herrschende Unternehmen in der mehrgliedrigen abhängigen GmbH kraft Stimmenmehrheit oder Sonderrechts verhältnismäßig leicht und als Alleingesellschafter kraft eigener Machtvollkommenheit ohne weiteres durchsetzen kann, dann ist auch hier ein vergleichbarer Schutz, jedenfalls – was hier nur interessiert – zugunsten der Gläubiger der abhängigen GmbH geboten.
So sehr darüber im Schrifttum zunehmend Einverständnis herrscht (vgl. außer den bereits Genannten auch Schilling in Festschrift Hefermehl S. 383, 398 ff.; K. Schmidt, GmbH-Rdsch. 1979, 121, 123), so schwierig ist es im Hinblick auf die höchst unterschiedlichen Stufen der tatsächlichen Konzernverwirklichung eine Formel zu finden, mit der sich deutlich genug erfassen läßt, wann die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens eine Intensität und Breite der Einwirkung auf die Belange der abhängigen GmbH annimmt, von der ab ein Anwendungsfall in Betracht kommt. Im wesentlichen wird das im Anschluß an Gesetzesvorschläge des Arbeitskreises GmbH-Reform (Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform 1972, Band 2 S. 59 und 67) unter dem Begriff des „qualifizierten faktischen Konzerns” diskutiert, der vorliegen soll, wenn das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft infolge eines von dem herrschenden Unternehmen – sachlich umfassend und zeitlich andauernd – ausgeübten Einflusses nachhaltig beeinträchtigt wird. Es kann nicht Aufgabe dieses Urteils sein, sich mit dieser Formel, den dagegen im Schrifttum – auch der Praktikabilität wegen – geäußerten Bedenken (vgl. u.a. Geßler., DB 1973, 48 ff.; H. P. Westermann a.a.O. S. 42; U. Schneider, BB 1981, 249, 259) oder anders begründeten Vorschlägen (vgl. u.a. Fischer/Lutter a.a.O. Anh. § 13 Rz. 18: Verstoß gegen die Pflicht zu ordnungsgemäßer Konzerngeschäftsführung) eingehend auseinanderzusetzen. Mit Rücksicht auf die großen Prozeßführungsschwierigkeiten der klagenden Partei spricht jedoch viel dafür, jedenfalls unter den Voraussetzungen des hier vorliegenden Einmann-GmbH-Konzerns die Klage allein schon wegen der Tatsache als schlüssig anzusehen, daß der Beklagte zu 1 die Geschäftsführung der Leasingnehmer-Gesellschaften dauernd und umfassend ausgeübt hat. Die aus diesen Umständen folgende tatsächliche Vermutung, daß auf die eigenen Belange der einzelnen Gesellschaften der Unternehmensgruppe keine Rücksicht genommen worden ist und das Konzerninteresse ihre Geschäftstätigkeit entscheidend bestimmt hat, muß allerdings das herrschende Unternehmen ausräumen können. Es muß konzernrechtlich begründeten Ansprüchen insbesondere damit begegnen können, daß es dartut, der pflichtgemäß handelnde Geschäftsführer einer, selbständigen GmbH würde deren Geschäfte unter den gegebenen Umständen nicht anders geführt haben (ähnlich § 317 Abs. 2 AktG). Das dürfte in Ausnahmefällen selbst dann gelten, wenn die GmbH einen Geschäftsbetrieb entwickelt hat, der äußerlich einer Betriebsabteilung des herrschenden Unternehmens nahekommt oder wenn eine selbständige Existenz der GmbH infolge der einseitigen Ausrichtung auf den Konzern gefährdet wäre; allerdings sind das Tatbestände, die in aller Regel eine nachhaltige Gefährdung besonders der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft deutlich anzeigen (vgl. u.a. Zöllner a.a.O. Schlußanh. I Rz. 30; Fischer/Lutter a.a.O. Anh. § 13 Rz. 17; Ulmer a.a.O. S. 398).
Das alles braucht jedoch im gegenwärtigen Stadium des Rechtsstreits nicht weiter erörtert und entschieden zu werden. Denn nach dem unstreitigen Sachverhalt und dem weiteren Klagevortrag bewegt sich der vorliegende Fall, was Dauer, Dichte und Breite der Geschäftsführung des Beklagten zu 1, die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe auf das Konzerninteresse und die Vernachlässigung der Eigenständigkeit der Einzelgesellschaften betrifft, mindestens auf einer so hohen Konzernierungsstufe, wie sie im Vertragskonzern zulässigerweise überhaupt nur erreicht werden kann. Ein solcher Sachverhalt führt ohne weiteres zur entsprechenden Anwendung vertragskonzernrechtlicher Schutzvorschriften.
c) Im Schrifttum wird daraus im wesentlichen eine sich an § 302 Abs. 1, 3 AktG (oder § 324 Abs. 3 AktG) anlehnende Verlustausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens hergeleitet, die in den Fällen des qualifizierten faktischen Konzerns das Unternehmensrisiko der abhängigen Gesellschaft auf die Konzernspitze verlagert (Scholz/Emmerich a.a.O. Anh. II Rz. 146 u. 150; Zöllner a.a.O. Schlußanh. I Rz. 29; Fischer/Lutter a.a.O. Anh. § 13 Rz. 19; Schilling a.a.O. S. 389 u. 400; K. Schmidt, ZGR 1981, 455, 473; Ulmer a.a.O. S. 422 ff.; sämtl. m. w. N.). Dem dürfte – im Anschluß an das Senatsurteil vom 5. Februar 1979 (LM HGB § 105 Nr. 46) für den Fall zu folgen sein, daß eine mehrgliederige GmbH beherrscht wird, in der ein solcher Anspruch aus dem Interesse der Gesellschaft, der außenstehenden Gesellschafter und wohl auch der Treuepflicht des herrschenden Unternehmens hergeleitet und vom außenstehenden Gesellschafter auch tatsächlich laufend durchgesetzt werden kann. Bei der GmbH, deren Anteile im Alleinbesitz des herrschenden Unternehmens stehen, erscheint es dagegen – aus Gründen, die schon oben bei den Schadensersatzansprüchen infolge Einzeleingriffs angedeutet worden sind – schwierig, eine konzerninterne Ausgleichspflicht anzunehmen. Ein eigenständiges Gesellschaftsinteresse der abhängigen GmbH im Verhältnis zum herrschenden Unternehmen ließe sich nicht begründen, wenn man es in herkömmlicher Weise nur als zusammengefaßtes gemeinschaftliches Interesse der Gesellschafter versteht (Zöllner a.a.O. Schlußanh. I Rz. 34). Der Anspruch auf Bestandsschutz für die im Alleinbesitz stehende GmbH im Konzern wird denn auch im Schrifttum aus deren satzungsmäßigem Gesellschaftszweck, den Interessen der Gesellschaftsgläubiger und der Arbeitnehmer (so Ulmer a.a.O. S. 419) sowie dem Interesse der Allgemeinheit (Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht 1982, S. 256) herzuleiten versucht (vgl. auch Fleck, ZHR 149 (1985) S. 387, 395 f.). Mit diesen Fragen braucht sich jedoch der Senat hier nicht abschließend auseinanderzusetzen. Der im Ergebnis fast einhellig verlangte Gläubigerschutz kann beim Einmann-GmbH-Konzern in Fällen wie dem vorliegenden hinreichend wirkungsvoll, aber das herrschende Unternehmen eher weniger als mehr belastend, durch eine entsprechende Anwendung der §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG hergestellt werden.
§ 303 AktG gewährt den Gesellschaftsgläubigern unter bestimmten Voraussetzungen einen unmittelbaren Anspruch gegen das herrschende Unternehmen. Die entsprechende Anwendung auf den GmbH-Konzern hängt nicht davon ab, ob man die Verlustausgleichspflicht bejaht oder verneint, auch nicht, ob die Verluste der abhängigen Gesellschaft vom herrschenden Unternehmen tatsächlich ausgeglichen worden sind oder nicht. Denn der Grund der Vorschrift besteht darin, daß nach Beendigung eines Beherrschungsvertrages die eigenständige Lebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft, auch wenn das herrschende Unternehmen die Bilanzverluste ausgeglichen hatte, wegen ihrer Ausrichtung auf das Konzerninteresse zweifelhaft ist (Baumbach/Hueck a.a.O. § 303 Rz. 1; Biedenkopf/Koppensteiner in Kölner Komm. z. AktG § 303 Rz. 1; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff a.a.O. § 303 Rz. 1). Die Gefahr, daß die früheren Verbindlichkeiten von der abhängig gewesenen GmbH nicht mehr bezahlt werden können, besteht bei Beendigung eines qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns ebenso. Die entsprechende Anwendung bedeutet nur, daß nicht – wie im Aktienrecht an die Beendigung eines Beherrschungsvertrages und deren Eintragung im Handelsregister angeknüpft werden kann, sondern sich die Gläubiger an das herrschende Unternehmen halten können, wenn das Beherrschungsverhältnis tatsächlich beendet ist. Damit werden die praktisch bedeutsamsten und gut abgrenzbaren Fälle erfaßt, in denen die abhängige GmbH förmlich aufgelöst, der Konkurs über ihr Vermögen eröffnet, der Konkursantrag mangels Masse abgelehnt oder die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in sonstiger Weise eingestellt wird. Die in § 303 Abs. 1 AktG vorgesehene Sechsmonatsfrist für die Anmeldung von Gläubigeransprüchen hängt mit der Eintragung des Endes des Beherrschungsvertrages und seiner Bekanntmachung zusammen. Sie kommt daher für den faktischen GmbH-Konzern, dem eine entsprechende Publizität fehlt, nicht in Betracht. An ihre Stelle treten die allgemeinen Verwirkungsgrundsätze.
Nach § 303 Abs. 1 AktG hat das bislang herrschende Unternehmen für die bis dahin entstandenen Verbindlichkeiten der abhängigen Aktiengesellschaft den Gläubigern Sicherheit zu leisten. Das kann insbesondere im Konkurs der abhängigen GmbH ebenso sein, solange der Ausfall nicht feststeht. Kann jedoch die abhängige Gesellschaft, weil vermögenslos, selbst nicht mehr erfüllen, hat es keinen Sinn, zunächst Sicherheiten zu gewähren. Das herrschende Unternehmen haftet dann folgerichtig unmittelbar auf Zahlung. Das gilt selbstverständlich auch, wenn man von einer Verlustausgleichspflicht auszugehen hätte und die abhängige GmbH nur deshalb, weil ihr noch ein Ausgleichsanspruch zustünde, als nicht völlig vermögenslos angesehen werden könnte. Zwar begründet § 303 Abs. 1 AktG nur eine Ausfallhaftung (vgl. insbesondere Absatz 3). Aber das herrschende Unternehmen dürfte sich vom Gläubiger unmittelbar in Anspruch genommen, gemäß § 242 BGB nicht darauf berufen, daß sich der Gläubiger zunächst an die GmbH halten und Befriedigung auf dem Umwege der Pfändung des Ausgleichsanspruchs suchen müsse.
Die Rechtslage ist, wenn die abhängige GmbH im übrigen vermögenslos ist, von da ab derjenigen ähnlich, wie sie (als Haftung der Hauptgesellschaft) beim Eingliederungskonzern (dem der faktische Einmann-GmbH-Konzern häufig nahekommen dürfte) besteht (§ 322 AktG). Für die Einwendungen, die das herrschende Unternehmen nach Beendigung des Konzernverhältnisses gegenüber den Gläubigern der abhängigen GmbH geltend (oder nicht geltend) machen kann, sind daher § 322 Abs. 2 und 3 AktG entsprechend anzuwenden.
Im vorliegenden Fall steht fest, daß das Konzernverhältnis des Beklagten zu den Leasingnehmer-Gesellschaften infolge ihrer Vermögenslosigkeit sein Ende gefunden hat und die Klägerin von diesen keine weitere Befriedigung mehr zu erlangen vermag. Die Haftung des Beklagten zu 1 wegen der früheren Verbindlichkeiten der Gesellschaften ist daher schlüssig dargetan. Auf die Einwendung, daß die Leasingnehmer-Gesellschaften die Leasingraten nicht schuldeten, weil die Kräne technisch mangelhaft gewesen seien, kann sich der Beklagte ebensowenig berufen wie auf eine Verjährung der Ansprüche; diese Einwendungen sind ihm verschlossen, soweit die Klägerin rechtskräftige Urteile gegen die Leasingnehmer-Gesellschaften erstritten hat (§ 322 Abs. 2 AktG analog).
III.
Da der Sachverhalt in den Tatsacheninstanzen unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der §§ 303, 322 AktG noch nicht erörtert worden ist und die Parteien zunächst Gelegenheit haben müssen, ihren Sachvortrag zu ergänzen, muß die Sache wegen der gegen den Beklagten zu 1 gerichteten Klage an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Unter demselben Gesichtspunkt muß auch die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 noch geprüft werden. Nach dem bislang behandelten Vortrag der Klägerin in der Klageschrift und dem der Beklagten haftet zwar allein der Beklagte zu 1 für die Klageansprüche. Die Klägerin ist aber von ihrer anfänglichen Behauptung, wonach nur der Beklagte zu 1 „alle Fäden in der Hand” gehabt habe, während die übrigen Beklagten über keine wirtschaftliche Beteiligung verfügt und keine Entscheidungsbefugnisse gehabt hätten, abgerückt, bevor durch den in diese Richtung gehenden Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz eine Geständniswirkung eintreten konnte. Ihren insoweit allerdings wechselnden und nicht ganz eindeutigen Ausführungen könnte entnommen werden, daß sie behaupten will, die Beklagten hätten Geschäftsanteile an den Leasingnehmer-Gesellschaften nicht nur formal, sondern im eigenen Interesse innegehabt und bei der Ausübung der Leitungsmacht über die Unternehmensgruppe mit dem Beklagten zu 1 gleichberechtigt und mitverantwortlich zusammengewirkt. Dann könnte für sie ebenfalls eine Haftung nach §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG – gesamtschuldnerisch neben dem Beklagten zu 1 – in Betracht kommen. Der Senat hat bereits entschieden, daß ein beherrschender Einfluß im Sinne des § 17 AktG auch von mehreren gleichgeordneten Unternehmen ausgeübt werden kann (BGHZ 62, 193, 196 ff.); „Unternehmen” in diesem Sinne können, wie oben dargetan, unter Umständen Einzelpersonen sein. Üben sie gemeinschaftlich in enger Bindung die einheitliche Leitung über die abhängigen Gesellschaften aus, so ist es nicht ausgeschlossen, daß sie – als Konzernspitze – mit den abhängigen Gesellschaften einen Konzern bilden. Die Voraussetzungen dafür, die im aktienrechtlichen Schrifttum eingehend erörtert werden (vgl. z.B. Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff a.a.O. § 17 Rz. 70 ff.), können im gegenwärtigen Prozeßstadium nicht näher geprüft werden, weil der Sachverhalt dafür nicht genügend geklärt ist.
Fundstellen
BGHZ, 330 |
NJW 1986, 188 |
ZIP 1985, 1263 |
DNotZ 1986, 358 |
JZ 1986, 901 |