Leitsatz (amtlich)
Der Notar, dem bei der Beurkundung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses erklärt wird, die neuen Einlagen seien bereits voll „eingezahlt”, muß sich darüber vergewissern, daß die Beteiligten die Bedeutung dieses Begriffs im Zusammenhang mit der Übernahme einer Bareinlageverpflichtung kennen; notfalls muß er sie darüber aufklären.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der D. GmbH (im folgenden: GmbH oder Gemeinschuldnerin). Deren Gesellschafter, die D. S.A. (im folgenden: D.) – eine Gesellschaft französischen Rechts – und ein niederländischer Staatsbürger namens K., traten, nachdem die Gemeinschuldnerin in zunehmende Finanzierungs- und Liquiditätsschwierigkeiten geraten war, im Juli 1991 mit der Kreissparkasse Kr. Verhandlungen über einen Kredit in Höhe von 600.000 DM ein. Die Bank verlangte neben Bürgschaften der Gesellschafter auch, daß diese auf die Rückforderung von Darlehen, die sie der GmbH gewährt hatten, verzichteten. Am 1. August 1991 beschlossen die Gesellschafter, ihre der Gemeinschuldnerin gewährten Darlehen ganz oder teilweise in Eigenkapital umzuwandeln. Am 9. August 1991 beurkundete der verklagte Notar einen Gesellschafterbeschluß über eine Erhöhung des bisherigen Stammkapitals von 175.000 DM auf 400.000 DM. Von dem Erhöhungsbetrag von 225.000 DM übernahm die D. 150.000 DM und K. 75.000 DM. In dem beurkundeten Beschluß war vermerkt, daß die neuen Geschäftsanteile voll eingezahlt seien. Eine entsprechende Versicherung der Geschäftsführer war auch in der Anmeldung zum Handelsregister enthalten. Die Kapitalerhöhung wurde am 27. August 1991 eingetragen. Einzahlungen auf den Erhöhungsbetrag von 225.000 DM leisteten die Gesellschafter nicht. Am 2. September 1991 übertrug K. seine Geschäftsanteile auf die D. Der Abtretungsvertrag enthielt folgende Vereinbarung: „Der Erwerber verpflichtet sich, den Veräußerer … von allen Inanspruchnahmen wegen der übertragenen Geschäftsanteile, sei es durch Dritte oder die Gesellschaft, freizustellen, wobei der Veräußerer ausdrücklich versichert, daß die übertragenen Geschäftsanteile nicht mit Rechten Dritter belastet sind.” Auf Antrag der GmbH vom 4. September 1991 wurde am 16. September 1991 über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet.
Der Kläger, der sich entsprechende Ansprüche hat abtreten lassen, nimmt den Beklagten auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der dem früheren Gesellschafter K. dadurch entstanden sei, daß dieser infolge der beurkundeten Barkapitalerhöhung verpflichtet sei, die von ihm übernommenen 75.000 DM in bar einzuzahlen. Die Vorinstanzen (das Berufungsurteil ist veröffentlicht in WM 1995, 854 m. Anm. Hegmanns WuB VIII C. § 17 BeurkG 2.95 sowie Trölitzsch EWiR 1995, 851) haben der auf Zahlung gerichteten Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.
1. Das Berufungsgericht hat, ohne sich in diesem Zusammenhang mit der Behauptung des Klägers zu befassen, die Gesellschafter hätten den Beklagten unter Vorlage des Protokolls vom 1. August 1991 auf die von ihnen beabsichtigte „Darlehensumwandlung” hingewiesen, ausgeführt, dieser habe seine ihm nach § 17 BeurkG obliegende Belehrungspflicht verletzt, weil er die Gesellschafter nicht von sich aus befragt habe, ob sie wirklich eine Barkapitalerhöhung durchführen wollten und tatsächlich die 225.000 DM in bar eingezahlt hätten. Wäre der Beklagte dieser Belehrungspflicht nachgekommen, dann wäre die Kapitalerhöhung nicht nur nicht im Wege der Begründung von Bareinlageverpflichtungen, sondern überhaupt nicht zustande gekommen. Insoweit greift die Revision das Berufungsurteil ohne Erfolg an.
a) Die Belehrungspflicht, die dem Notar durch § 17 Abs. 1 BeurkG auferlegt ist, soll gewährleisten, daß dieser eine rechtswirksame Urkunde über das von den Beteiligten beabsichtigte Rechtsgeschäft errichtet. Der Notar muß zu diesem Zweck den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und deren Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben (Senatsurt. v. 28. April 1994 – IX ZR 161/93, NJW 1994, 2283). Dabei darf er zwar regelmäßig die tatsächlichen Angaben der Beteiligten ohne eigene Nachprüfung als richtig zugrunde legen; er muß aber unter anderem bedenken, daß die Beteiligten möglicherweise entscheidende Gesichtspunkte, auf die es für das Rechtsgeschäft ankommen kann, nicht erkennen oder rechtliche Begriffe, die auch unter Laien gebräuchlich sind und die sie ihm als Tatsachen vortragen, falsch verstehen (Senatsurt. v. 7. Februar 1991 – IX ZR 24/90, WM 1991, 1046, 1048 m.w.N.). Läßt sich dies und damit eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts oder des Willens der Beteiligten nicht ausschließen, dann muß der Notar entsprechende Fragen stellen (§ 17 Abs. 2 S. 1 BeurkG; Haug, Die Amtshaftung des Notars, 1989, Rdnr. 472; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 5. Aufl., Kap. II Rdnr. 31 f).
Die Beurkundung, die der Beklagte hier vorzunehmen hatte, gab Anlaß zu einer solchen Aufklärung des Sachverhalts. Die von ihm behauptete Mitteilung der Gesellschafter, die neuen Geschäftsanteile seien voll „eingezahlt”, schloß die Möglichkeit nicht aus, daß die Gesellschafter damit die Verrechnung der übernommenen Einlagen mit Ansprüchen gegen die Gesellschaft wegen früherer Darlehen meinten; denn auch in einem solchen Fall war das Geld bei der Gesellschaft „eingezahlt” worden. Der Notar braucht zwar nicht „ins Blaue hinein” nachzufragen und zu belehren (Senatsurt. v. 27. Oktober 1994 – IX ZR 12/94, WM 1995, 118, 120). Eine Aufklärung war aber bei der hier beurkundeten Kapitalerhöhung, bei der angeblich die neuen Einlagen schon vorher voll eingezahlt worden waren, deswegen geboten, weil der Begriff „Bareinzahlung” nach den Erfahrungen der Praxis häufig nicht richtig verstanden wird. Es wird vielfach gemeint, eine übernommene Bareinlage könne durch Verrechnung mit bereits bestehenden Forderungen gegen die Gesellschaft, insbesondere aus früheren Darlehensgewährungen, erbracht werden. Schon vor längerer Zeit ist die Vermutung geäußert worden, daß die Mehrzahl aller Kapitalerhöhungen auf diese Weise, nämlich durch „Umwandlung” von Gesellschafterforderungen, abgewickelt werde (Priester, Festschrift Döllerer 1988 S. 475; vgl. auch Langenfeld GmbHR 1981, 53). Nach deutschem Recht können indessen gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen zulässigerweise nur im Wege der Sacheinlage (§§ 5 Abs. 4, 56 GmbHG) zur Erfüllung einer Einlageverpflichtung verwendet werden (BGHZ 110, 47 ff; BGHZ 113, 335, 340 f; BGHZ 125, 141, 149 f). Wird in einem solchen Fall gleichwohl ein Kapitalerhöhungsbeschluß beurkundet und im Handelsregister eingetragen, der die nach § 56 Abs. 1 GmbHG erforderlichen Angaben nicht enthält, so ist ein Gesellschafter, der einen derartigen neuen Anteil übernimmt, verpflichtet, die Einlage unbeschadet seines bestehenbleibenden, aber vielfach praktisch wertlosen Darlehensrückzahlungsanspruchs in bar einzuzahlen (BGHZ 113, 335, 346). Diese einschneidende Rechtsfolge gebietet es, daß der Notar, dem bei der Beurkundung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses erklärt wird, die neuen Einlagen seien bereits „eingezahlt”, sich darüber vergewissert, daß die Beteiligten die Bedeutung dieses Begriffs kennen, und sie notfalls darüber aufklärt. Hierzu bestand im vorliegenden Fall um so mehr Anlaß, als der Geschäftsführer der D. und der Gesellschafter K. Ausländer – nämlich Franzose bzw. Niederländer – waren und nicht alle europäischen Rechtsordnungen einen gleich strengen Umgehungsschutz gegen verdeckte Sacheinlagen kennen.
b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Gesellschafter hätten bei Kenntnis der Rechtslage eine Kapitalerhöhung, die sie zur Einzahlung von Bareinlagen verpflichtete, nicht durchgeführt. Dies greift die Revision nicht an. Sie weist aber darauf hin, daß – die Wertlosigkeit der eingebrachten Darlehensforderungen unterstellt – die Gesellschafter auch bei Durchführung der Kapitalerhöhung durch Einbringung der Forderungen als Sacheinlagen gemäß §§ 56 Abs. 2, 9 Abs. 1 GmbHG den vollen Betrag hätten bar einzahlen müssen. Sie wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Kapitalerhöhung wäre in diesem Fall, wenn sie überhaupt beurkundet worden wäre, jedenfalls nicht mehr im Handelsregister eingetragen worden, weil das Registergericht die Werthaltigkeit der eingebrachten Darlehensforderungen hätte prüfen müssen und diese Prüfung nicht mehr vor der etwas mehr als einen Monat nach der Beurkundung angeordneten Konkurseröffnung hätte abgeschlossen werden können. Die Revision verweist auf die in der Berufungsinstanz vorgetragene Behauptung des Beklagten, K. und der Geschäftsführer der D. hätten dann sowohl ihm, dem Beklagten, als auch dem Registergericht gegenüber die einzubringenden Forderungen als vollwertig bezeichnet; eine Nachprüfung durch das Registergericht finde insoweit in der Praxis nicht statt.
Mit diesem Angriff gegen das Berufungsurteil hat die Revision keinen Erfolg. Der Beklagte hätte die Gesellschafter vor der Beurkundung einer Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen auch über die von der Revision aufgezeigte Rechtsfolge (Bareinzahlungsverpflichtung, soweit der Wert der einzubringenden Forderungen die Beträge der dafür übernommenen Stammeinlagen nicht erreichte) belehren müssen. Wäre dies geschehen, dann wäre es auch nicht zu einer Sachkapitalerhöhung gekommen. Denn die Forderungen gegen die Gesellschaft waren, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, nichts wert, und die Gesellschafter wußten das; die beabsichtigte Kapitalerhöhung sollte – zusammen mit der Aufnahme eines neuen Kredits – gerade dazu dienen, das damals vor dem Konkurs stehende Unternehmen zu sanieren. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, daß es in der damaligen Situation auf der Hand lag, daß das Vermögen der Gesellschaft zur Befriedigung aller fälligen Schulden nicht ausreichte. Da aber, wie das Berufungsgericht unbeanstandet festgestellt hat, die Gesellschafter zur Einzahlung von Bargeld nicht bereit waren, hätten sie bei ordnungsgemäßer Belehrung auch von einer Kapitalerhöhung durch Einbringung ihrer Forderungen als Sacheinlagen, die wiederum zu einer Bareinzahlungspflicht geführt hätte, abgesehen.
2. Das Berufungsgericht hat darin, daß die D. sich im Vertrag vom 2. September 1991 verpflichtet hat, ihren Mitgesellschafter K. von „allen Inanspruchnahmen wegen der übertragenen Geschäftsanteile” freizustellen, weder eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO noch einen Vorteil gesehen, den sich K. und damit auch der Kläger als Zessionar auf den in Gestalt der Bareinzahlungsverpflichtung entstandenen Schaden anrechnen lassen müßten. Es hat dazu ausgeführt, für diese Vereinbarung sei, soweit es um die durch die Kapitalerhöhung ausgelöste Einzahlungspflicht gehe, die Geschäftsgrundlage weggefallen, weil die Vertragschließenden übereinstimmend davon ausgegangen seien, daß die Einlageverpflichtungen aus der Kapitalerhöhung durch Verrechnung mit den Darlehensrückzahlungsforderungen bereits erfüllt seien. Außerdem sei der Freistellungsanspruch keine adäquate Folge der Amtspflichtverletzung des Beklagten und überdies bei wertender Betrachtung nicht dazu bestimmt, den vom Beklagten verursachten Schaden auszugleichen.
Diese von der Revision angegriffene Beurteilung ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es mag in diesem Zusammenhang offenbleiben, ob ein Anspruch des Zedenten gegen seine Mitgesellschafterin, ihn von seiner Bareinzahlungspflicht freizustellen, nicht schon deswegen entfällt (s. aber auch unten 4), weil er sich der Vereinbarung bei interessengerechter Auslegung nicht zweifelsfrei entnehmen läßt und es deshalb bei der Rechtsmängelhaftung des Anteilsveräußerers gegenüber der Käuferin nach den §§ 434, 440 BGB bleibt (vgl. Soergel/Huber, BGB 12. Aufl. § 434 Rdnr. 77, 86). Der zwischen den Gesellschaftern geschlossene Anteilsübertragungsvertrag hat jedenfalls nichts mit dem vom Beklagten pflichtwidrig beurkundeten Kapitalerhöhungsbeschluß zu tun. Eine Anrechnung des Freistellungsanspruchs im Wege des Vorteilsausgleichs scheidet schon deshalb aus. Auch als anderweitige Ersatzmöglichkeit muß ein solcher Anspruch außer Betracht bleiben. Hierunter fallen nur Ersatzansprüche, die aus denselben tatsächlichen Vorgängen erwachsen und damit ihre Rechtsgrundlage in demselben Tatsachenkreis haben wie der Anspruch aus der Amtspflichtverletzung (BGHZ 31, 148, 150; Senatsurt. v. 11. März 1993 – IX ZR 202/91, WM 1993, 1193, v. 27. Mai 1993 – IX ZR 66/92, WM 1993, 1513, 1517 u. v. 24. Juni 1993 – IX ZR 84/92, WM 1993, 1896, 1898). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Der auf dem Vertrag beruhende Anspruch des Geschädigten gegen seine Mitgesellschafterin hat darüber hinaus auch deshalb unberücksichtigt zu bleiben, weil er nicht dazu bestimmt ist, den Beklagten als Schädiger letztlich auf Kosten der Vertragspartnerin des geschädigten Gesellschafters zu entlasten (vgl. BGHZ 70, 7, 9 f).
3. Der Beklagte hat behauptet, die D. habe inzwischen – auch – die von K. geschuldete Bareinlage gezahlt. Das Berufungsgericht hat diesen vom Kläger bestrittenen Vortrag als unsubstantiiert angesehen und den vom Beklagten insoweit angetretenen Beweis nicht erhoben. Die Revision beanstandet dies als verfahrensfehlerhaft. Auch dieser Angriff ist jedoch unbegründet. Der Einwand ist allerdings als solcher beachtlich. K. haftete nach der Anteilsübertragung zusammen mit der D. für die Einzahlung der auf seinen Geschäftsanteil entfallenden Einlage gesamtschuldnerisch (§ 16 Abs. 3 GmbHG; vgl. BGHZ 68, 191, 197; BGH, Urt. v. 26. September 1994 – II ZR 166/93, ZIP 1994, 1855). Auch wenn er im Verhältnis zu seiner Mitgesellschafterin verpflichtet sein sollte, für die Einzahlung seiner Einlage zu sorgen, und er ihr dementsprechend den für ihn verauslagten Betrag zu erstatten hätte, wäre doch im Außenverhältnis zum Kläger die Einlagepflicht erfüllt. Der Beklagte wäre daher weder zur Zahlung an K. noch nach Abtretung des Schadensersatzanspruchs an den Kläger zur Zahlung an diesen (vgl. BGHZ 71, 167, 170 m.w.N. zur Umwandlung des Freistellungsanspruchs des Zedenten in der Hand des Gläubigers als Zessionar), sondern allenfalls zur Freistellung K.s von einer sich etwa aus dem Innenverhältnis zur Anteilserwerberin ergebenden Verbindlichkeit verpflichtet. Die Klage auf Zahlung an den Kläger wäre damit nicht – mehr – begründet.
Gleichwohl ist das Berufungsgericht dem die angebliche Zahlung durch die D. betreffenden Vortrag des Beklagten zu Recht nicht nachgegangen. Für einen erheblichen Parteivortrag reicht es zwar in der Regel aus, daß er sich auf Tatsachen bezieht, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtsfolge zu begründen; nähere Einzelheiten braucht die darlegungspflichtige Partei nur dann vorzutragen, wenn sie, insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen des Gegners, für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 23. April 1991 – X ZR 77/89, WM 1991, 1737, 1739 u. v. 10. Oktober 1994 – II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1854). Vor allem kann von einer Partei nicht die Mitteilung von Einzelheiten verlangt werden, über die sie kein zuverlässiges Wissen besitzt; sie kann unter Umständen genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen (BGH, Urt. v. 13. Juli 1988 – IVa ZR 67/87, NJW-RR 1988, 1529). Anders ist es jedoch, wenn für die behaupteten Tatsachen offensichtlich jeder tatsächliche Anhaltspunkt fehlt und sie sozusagen „ins Blaue hinein” aufgestellt und „aus der Luft gegriffen” sind; ein Beweisantritt für solche Tatsachen ist rechtsmißbräuchlich und damit unzulässig (BGH, Urt. v. 25. Februar 1992 – X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968). So liegt der Fall hier. Nicht nur der Gesellschafter K., sondern, wie die vorgelegten Urkunden erkennen lassen, auch die weitere Gesellschafterin, die D. selbst, haben ihre Ansprüche gegen den Beklagten „erfüllungshalber” an den Kläger abgetreten, und in dem vom Kläger als Konkursverwalter verfaßten Bericht an das Konkursgericht vom 18. November 1991 ist ausgeführt, daß die Forderung gegen die D. wahrscheinlich klageweise durchgesetzt werden müsse. Der Beklagte hat darüber hinaus selbst vorgetragen, die Anwälte der D. hätten ihm mitgeteilt, ihre Mandantin sei von K. durch Täuschung zu dem Kapitalerhöhungsbeschluß veranlaßt worden, so daß ihr im Innenverhältnis Schadensersatzansprüche gegen ihren Mitgesellschafter zustünden. Unter diesen Umständen hätte der Beklagte erklären müssen, woraus sich für ihn die Vermutung ergebe, daß die D. trotzdem die Einlageschuld K. durch Zahlung in die Konkursmasse beglichen habe.
4. Das Berufungsurteil muß aber aus einem anderen Grund aufgehoben werden. Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten bestanden bei Konkurseröffnung die vorhandenen Konkursforderungen ausschließlich aus Bankverbindlichkeiten, für die sich die Gesellschafter in vollem Umfang verbürgt haben sollen. Der Beklagte hat sich darauf berufen, daß durch die Einzahlung der im Zuge der Kapitalerhöhung übernommenen Einlagen und ihre Verwendung für die Befriedigung der Banken deren Bürgschaftsforderungen gegen die Gesellschafter und damit auch gegen K. sich in entsprechender Höhe ermäßigten, so daß diesem letztlich kein Schaden entstanden sei. Das Berufungsgericht hat diesen Einwand nicht gelten lassen, weil die Bürgschaftsschulden sich erst infolge der Einlagezahlung verringerten und der darin bestehende Vorteil damit nur eine Folge der Erfüllung der Bareinzahlungspflicht, nicht aber bereits der Amtspflichtverletzung des Beklagten sei.
Diese Beurteilung ist, wie die Revision zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft; die Erfüllung der Einzahlungspflicht aus der Übernahme des neuen Geschäftsanteils ist ebenso eine Folge der Amtspflichtverletzung wie die durch diese bewirkte Zahlungspflicht selbst. Trifft der Sachvortrag des Beklagten im übrigen zu, so wird die Vermögenslage der Gesellschafter durch die mit der Einlagezahlung und deren Verwendung zur Begleichung der Bankschulden untrennbar verbundene Rückführung ihrer Bürgschaftsverbindlichkeiten ausgeglichen, so daß ihnen letztlich kein Schaden entstanden ist. Allerdings erstreckt sich, wovon offenbar auch der Beklagte ausgeht, die von der D. in der Vereinbarung vom 2. September 1991 eingegangene Freistellungsverpflichtung auch auf die Verbindlichkeiten aus den vom Zedenten im Zusammenhang mit seiner Gesellschafterstellung übernommenen Bürgschaften. Das wirkt sich jedoch nicht zu Lasten des Beklagten aus. Dieser kann dadurch, daß K. seine Gesellschafterstellung auf einen Dritten – seine Mitgesellschafterin – übertragen hat, nicht schlechter gestellt sein, als wenn der Geschädigte den Übertragungsvertrag nicht geschlossen hätte, sondern Gesellschafter geblieben wäre. Der Zedent erleidet seinerseits, wenn ihm im Hinblick auf die Verminderung der Bürgschaftsverpflichtungen ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten versagt wird, keinen Nachteil. Denn wenn diese Verminderung durch die Einlageleistung tatsächlich eintritt, hat, was in anderem Zusammenhang offengelassen worden ist (s.o. 2), im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern und Partnern des Vertrages vom 2. September 1991 die D. für die Einzahlung der auf K. entfallenden Einlage zu sorgen. Sie hat – davon ist jedenfalls für die Revisionsinstanz auszugehen – unabhängig von der durch die Kapitalerhöhung begründeten Einzahlungspflicht die Bürgschaftsverpflichtungen K. übernommen. Dann entspricht es nicht dem Vertragszweck, wenn sie dadurch, daß der Anteilsveräußerer im Wege der Einzahlung der Einlage die Mittel zur Tilgung eines Teils der durch die Bürgschaften gesicherten Forderungen zur Verfügung stellt, insoweit von den übernommenen Bürgschaftsverbindlichkeiten befreit wird. Der Anteilsübertragungsvertrag ist deshalb, soweit die Einlageleistung zu einer entsprechenden Rückführung der Bürgschaftsschulden führt, so auszulegen, daß die D. ihren Mitgesellschafter in diesem Umfang von der Einlagepflicht zu befreien hat. Der sich daraus ergebende Anspruch des Geschädigten kommt zwar, wie oben ausgeführt worden ist, als solcher dem Beklagten nicht zugute. Der Schaden des Zedenten mindert sich aber ungeachtet des Anteilsübertragungsvertrages, durch den K. von seinen Bürgschaftsverpflichtungen freigeworden ist, um den Betrag, um den diese infolge der Einlageleistung zurückgeführt werden können. Das alles gilt freilich, wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Revisionsverhandlung im Grundsatz zutreffend geltend gemacht hat, nicht auch im Hinblick auf die erst nach der Beurkundung des Kapitalerhöhungsbeschlusses gegenüber der Kreissparkasse Kr. eingegangene Bürgschaft, falls es zu ihr ohne jenen Beschluß nicht gekommen wäre, diese selbst also eine Folge der Pflichtverletzung des Beklagten sein sollte. Hierzu fehlt es jedoch bisher an tatsächlichen Feststellungen.
5. Damit zu den vorstehend unter Nr. 4 erörterten Fragen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat weist darauf hin, daß jede neben den Bankschulden etwa vorhandene weitere Konkursforderung sowie jede Masseschuld einer Schadensminderung durch Verringerung der Bürgschaftsverpflichtungen der Gesellschafter entgegensteht.
Fundstellen
Haufe-Index 650065 |
BB 1996, 125 |
NJW 1996, 524 |
ZIP 1996, 19 |
DNotZ 1996, 572 |
GmbHR 1996, 217 |