Entscheidungsstichwort (Thema)
Diebstahl
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 22. April 1999 wird mit der Maßgabe verworfen, daß die Angeklagten im Falle II 10 des vollendeten Diebstahls schuldig sind.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten je wegen Diebstahls in neun Fällen und wegen eines versuchten Diebstahls (II 10) zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt, und zwar den Angeklagten S. zu drei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten B. zu vier Jahren. Letzterem wurde die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von noch einem Jahr und sechs Monaten für die Wiedererteilung angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat im wesentlichen keinen Erfolg.
Der Erörterung bedarf im Hinblick auf die Einzeleinwendungen der Revision folgendes:
1. Im Fall II 8 hat das Landgericht die Angeklagten wegen Diebstahls verurteilt, weil sie Gartenmöbel entwendet haben, die im Außenverkaufsbereich eines Baumarktes gelagert waren. Ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Diebstahls hat das Landgericht nicht angenommen:
Der Baumarkt war in keiner Weise versperrt. Die Täter haben „ohne weiteres” einen den Lagerplatz abgrenzenden beweglichen Zaun hochgehoben und zur Seite gedrückt, um in das Gelände hineinzugelangen.
§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB setzt allerdings nicht voraus, daß der Täter aus einem Gebäude stiehlt; ein umzäunter Lagerplatz reicht insoweit aus (vgl. BGHR StGB § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Einsteigen 1 m.w.Nachw.).
Nach der Wortbedeutung sind die Angeklagten hier ‚eingedrungen’. Die Voraussetzungen dieses Regelbeispiels nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB haben sie damit aber nicht erfüllt, weil sie kein Werkzeug benutzten.
Die Feststellungen ergeben weiterhin nicht, daß sie ‚eingebrochen’ sind, also „unter Aufwendung nicht unerheblicher körperlicher Kraft” ein dem Eindringen entgegenstehendes Hindernis gewaltsam beseitigt hätten (vgl. Tröndle in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 243 Rdn. 7). Das „einfache” und „ohne weiteres” mögliche Hochheben und Beiseitedrücken eines beweglichen Zaunes belegt diese Voraussetzungen nicht ohne weiteres. Der Vorgang könnte hinsichtlich des Aufwandes dem Öffnen eines Gatters gleichkommen.
Aus dem gleichen Grunde sind die Voraussetzungen des ‚Einsteigens’ nicht erfüllt. Zwar wurde ein Zaun überwunden und damit der Zutritt auf einem nicht dafür vorgesehenen Wege gewählt. Erforderlich wäre aber auch hier, daß der Zaun tatsächlich ein Hindernis bildete, das es Unbefugten nicht unerheblich erschwert, auf das vom Zaun umgebene Grundstück zu gelangen (BGH StV 1984, 204). Um dies abschließend entscheiden zu können, wären zusätzliche Feststellungen zur Schwere und Beweglichkeit des Zaunes und zum erforderlichen Kraftaufwand notwendig gewesen, die das Hochheben und Beiseitedrücken als doch mit einigem Aufwand verbunden gekennzeichnet hätten.
Eine Aufhebung des Urteils im Strafausspruch (§ 243 StGB ist eine Strafzumessungsregel und hat in der Urteilsformel ebensowenig Platz wie der Umstand der Mittäterschaft) zur Nachholung von Feststellungen ist indes nicht veranlaßt. Den Ausführungen des Landgerichts kann entnommen werden, daß hier im Hinblick auf die – im Vergleich zu den übrigen Fällen – geringe Beute und die Art des Eindringens selbst bei Annahme eines Regelbeispieles nach § 243 StGB ein besonders schwerer Fall des Diebstahls nicht angenommen worden wäre.
2. Im Fall II 10 hat das Landgericht zu Unrecht nur wegen versuchten Diebstahls verurteilt. Als der Angeklagte B. mit Wissen des Angeklagten S. dem aufgebrochenen Automaten entnommene 50 DM in die Tasche steckte und flüchtete, war der Diebstahl vollendet. Die Zueignungsabsicht insoweit war entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht deshalb in Frage gestellt, weil der weitaus größere Teil der Beute wegen Eintreffens der Polizei nicht mehr abtransportiert werden konnte.
Mit dem Generalbundesanwalt kann der Senat jedoch ausschließen, daß das Landgericht eine höhere Strafe verhängt hätte, wenn es von vollendeter Tat ausgegangen wäre. Allerdings hat es unter Anwendung der §§ 23, 49 Abs. 1 StGB einen Strafrahmen von einem Monat bis zu sieben Jahren sechs Monaten (statt drei Monaten bis zu zehn Jahren) zugrundegelegt. Auch hätte das Landgericht zwar Umstände einer nur versuchten Tat, nicht aber die bloße Tatsache des Versuchs neben der Strafrahmenmilderung nochmals strafmildernd gewichten dürfen (vgl. BGH NStZ 1984, 548; BGHR StGB § 50 Strafhöhenbemessung 4). Es hat aber gesehen, daß nur 50 DM mitgenommen wurden, sodann jedoch ganz maßgebend die Strafzumessungserwägungen darauf abgestellt, daß die Täter die Wegnahme von Möbeln und Zigaretten in erheblichem Umfang und Wert beabsichtigten, diese Beute aber vergeblich zur Wegnahme bereitgestellt hatten. Die Diebstahlsvollendung wegen der Mitnahme von 50 DM fiel daneben kaum ins Gewicht.
3. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler ergeben.
Unterschriften
Schäfer, Maul, Granderath, Brüning, Schomburg
Fundstellen
Haufe-Index 540112 |
NStZ 2000, 143 |
StV 2000, 310 |
JAR 2000, 145 |