Tenor
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. November 1999 aufgehoben und das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 9. März 1999 abgeändert, soweit der im Freistellungsantrag enthaltene Antrag auf Gewährung von Versicherungsschutz abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wegen der von der H. GmbH, Spedition und Logistik, S.straße 24, F., gegen sie erhobenen Schadensersatzansprüche in Höhe von 298.938,96 DM nebst 5% Zinsen seit 2. August 1996 aus dem Verlust von 9.269 kg Substanzen für die Erzeugung von Parfum am 31. Juli/1. August 1996 in Moskau Versicherungsschutz zu gewähren nach Maßgabe der Versicherungspolice Nr. … für Haftung nach KVO und CMR vom 23. April 1996.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, eine Transportunternehmerin, verlangt von der Beklagten Deckungsschutz aus einer zum 1. Februar 1996 genommenen Versicherung für ihre Haftung nach KVO und CMR. Dem Vertrag liegen gedruckte Versicherungsbedingungen (AVB) und Besondere Vereinbarungen zugrunde. Alle Vertragsunterlagen befinden sich auf dem Geschäftspapier des Versicherungsmaklers B., der die Versicherungspolice in Vollmacht der beteiligten Versicherer unterzeichnete. Nach Nr. 17 AVB liegt die Geschäftsführung aus dem Vertrag in seinen Händen, er ist auch zur Entgegennahme von Deklarationen und Anzeigen bevollmächtigt.
Nach Nr. 13 AVB sind die Versicherer von der Leistung frei, wenn die Versicherungsnehmerin mit einer fälligen Prämienanmeldung und/oder Prämienzahlung länger als zwei Wochen nach empfangener Mahnung mit Hinweis auf die Rechtsfolgen in Verzug bleibt. Nr. 16 AVB enthält unter der Überschrift „Prämienvereinbarungen” Bestimmungen über die Grundsätze der Prämienberechnung. Darin ist auch die Verpflichtung der Versicherungsnehmerin geregelt, zum Zweck der Prämienberechnung das gesamte Frachtaufkommen bis zum 20. des auf den Transport folgenden Monats anzumelden. Nr. 1 der Besonderen Vereinbarungen lautet auszugsweise:
„Die Ziffer 16.3 der Versicherungs-Bedingungen erhält folgenden Wortlaut:
Die Prämie (zuzüglich Versicherungssteuer) beträgt, bezogen auf das jeweilige Brutto-Frachtentgelt, …
Die Versicherungsnehmerin hat die Prämienanmeldungen monatlich nachträglich jeweils bis zum 10. des Folgemonats vorzunehmen. Es sind ausschließlich die deklarierten Transporte versichert.”
Die Klägerin übernahm als Subunternehmerin am 26. Juli 1996 von der H. GmbH in F. einen Lkw-Transport von französischem Parfum nach Moskau. Dort ging die Ladung am 31. Juli 1996 verloren. Die Firma H. ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts F. vom 16. Januar 1998 verurteilt worden, an den Transportversicherer der Auftraggeber wegen dieses Schadensfalles 298.938,96 DM nebst 5% Zinsen seit 2. August 1996 zu zahlen. Die Firma H. hat die Klägerin, der sie den Streit verkündet hatte, zur Zahlung dieses Betrages aufgefordert.
Die Klägerin hat dem Versicherungsmakler B. den Schadensfall am 5. August 1996 telefonisch und nach ihrer Darstellung mit Schreiben vom selben Tage, verbunden mit einer Prämienanmeldung für Juli, auch schriftlich gemeldet. Die Beklagte bestreitet den Zugang dieses Schreibens und behauptet, die Prämienanmeldung für Juli 1996 sei erst am 19. September 1996 beim Makler eingetroffen. Für verspätet deklarierte Transporte bestehe nach Nr. 1 der Besonderen Vereinbarungen kein Versicherungsschutz.
Mit ihrer auf Freistellung von den Ansprüchen der Firma H. und Feststellung der Gewährung von Versicherungsschutz gerichteten Klage ist die Klägerin in den Vorinstanzen nicht durchgedrungen, wobei sie den über die Freistellung hinausgehenden Feststellungsantrag nach einem Hinweis des Berufungsgerichts zurückgenommen hatte. Im Revisionsverfahren beantragt sie festzustellen, daß die Beklagte ihr Versicherungsschutz zu gewähren habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin wegen der von der Firma H. erhobenen Schadensersatzansprüche Versicherungsschutz zu gewähren.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat sich die Beklagte zu Recht auf Leistungsfreiheit berufen, weil die Klägerin den Transport nicht rechtzeitig im Sinne von Nr. 1 der Besonderen Vereinbarungen deklariert habe. Bei der Bestimmung, daß nur deklarierte Transporte versichert seien, handele es sich um einen Risikoausschluß. Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz, daß die Prämienanmeldungen jeweils bis zum 10. des Folgemonats vorzunehmen seien, ergebe sich, daß Versicherungsschutz nur für innerhalb der dort genannten Frist deklarierte Transporte gewährt werde. Dies solle das Risiko des Versicherers eingrenzen, daß der Versicherungsnehmer zur Prämienmanipulation nicht alle Transporte deklariere und Transporte erst bei einem eingetretenen Schadensfall nachmelde. Dem stehe nicht entgegen, daß die Besonderen Vereinbarungen ihrem Wortlaut nach nur Nr. 16.3 AVB ersetzten und die Regelung über die Leistungsfreiheit bei Verzug mit der Prämienanmeldung unberührt ließen. Nach dem Sinn und Zweck der Besonderen Vereinbarungen habe die Deklaration dadurch speziell und abschließend geregelt werden sollen. Möglicherweise sei dies beim Abfassen der Bedingungen versehentlich nicht ausdrücklich erwähnt worden. Dieser etwaige Widerspruch wirke sich zu Lasten der Klägerin aus, weil beide Bedingungswerke vom Makler stammten. Bei solchen Maklerbedingungen sei nicht der Versicherer, sondern der Versicherungsnehmer Verwender im Sinne des AGB-Gesetzes, so daß auch eine Unwirksamkeit der Besonderen Vereinbarungen nach § 9 AGBG nicht anzunehmen sei. Es sei auch zweifelhaft, ob es sich bei den Besonderen Bedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, weil unklar sei, ob sie nicht nur für diesen Vertrag formuliert worden seien.
Die behauptete Prämienanmeldung mit Schreiben vom 5. August 1996 habe die Klägerin nicht bewiesen. Der Zeuge B., der Versicherungsmakler, habe eine Prämienanmeldung für Juli 1996 erst am 19. September 1996 erhalten.
II. Die verspätete Prämienanmeldung hat nicht den Ausschluß des Versicherungsschutzes zur Folge. Die gegenteilige Auslegung des Versicherungsvertrages durch das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft. Dabei ist der revisionsrechtlichen Prüfung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrunde zu legen, daß die Besonderen Vereinbarungen nur für den Vertrag mit der Klägerin formuliert worden und demzufolge Individualvereinbarungen sind. Bei ihrer Auslegung hat das Berufungsgericht den Wortlaut nicht hinreichend beachtet und das Verhältnis zu den AVB nicht richtig gesehen.
1. Die Besonderen Vereinbarungen regeln die Rechtsfolgen einer verspäteten Deklaration nicht. Im letzten Satz von Nr. 1 steht nicht, daß die Transporte innerhalb einer bestimmten Frist deklariert werden müssen. Danach genügt es, wenn sie überhaupt deklariert worden sind. Das ist hier am 19. September 1996 geschehen, worauf der Versicherungsmakler noch am selben Tag die Prämienrechnung erstellt hat. Daß der Versicherungsschutz von einer Deklaration bis zum 10. des Folgemonats abhängen soll, ergibt sich auch nicht aus dem vorletzten Satz in Nr. 1 der Besonderen Vereinbarungen. Dagegen spricht, daß nach dem eindeutigen Wortlaut im ersten Satz von Nr. 1 nur Nr. 16.3 AVB abgeändert wird, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen. Nr. 16 AVB bezieht sich insgesamt nur auf die Prämie und die Anmeldung des Frachtaufkommens bis zum 20. des auf den Transport folgenden Monats als Grundlage der Prämienberechnung. Was gelten soll, wenn das Frachtaufkommen nicht innerhalb dieser Frist angemeldet wird, ist dagegen in der in den Besonderen Vereinbarungen nicht erwähnten Bestimmung Nr. 13 AVB geregelt. Daraus ist zu entnehmen, daß sich die Rechtsfolgen einer verspäteten Deklaration des Transports allein daraus und nicht aus den Besonderen Vereinbarungen ergeben. Der vom Berufungsgericht gesehene, auf ein mögliches Redaktionsversehen beim Abfassen der Bedingungen durch den Makler zurückgeführte etwaige Widerspruch besteht danach nicht. Er würde sich im übrigen auch nicht zu Lasten der Klägerin auswirken. Der Versicherungsmakler hat nicht nur bei Abschluß des Vertrages die Versicherer vertreten, sondern war von ihnen nach Nr. 17 AVB auch mit der gesamten Geschäftsführung aus dem Vertrag beauftragt. Dementsprechend ist allein er der Klägerin gegenübergetreten und hat auch alle Rechtshandlungen als Vertreter der Versicherer vorgenommen einschließlich der mit der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG verbundenen Leistungsablehnung. Unter solchen Umständen ist der Makler von vornherein Vertreter des Versicherers und nicht der treuhänderische Sachwalter des Versicherungsnehmers (vgl. Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 43 Rdn. 4; BK/Gruber, Vorbem. §§ 43-48 VVG Rdn. 2).
2. Die Voraussetzungen für die Leistungsfreiheit nach Nr. 13 AVB sind unstreitig nicht erfüllt. Deshalb kann offenbleiben, ob die Prämienanmeldung rechtlich als Obliegenheit oder als Rechtspflicht einzuordnen ist. Da auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Obliegenheiten nach den Nrn. 6 bis 10 AVB in Nr. 12 AVB hingewiesen wird und Nr. 13 AVB den Verzug mit der Prämienanmeldung und der Prämienzahlung gesondert regelt, liegt es hier nahe, die Prämienanmeldung als eine Nebenpflicht anzusehen, die dem Prämienermittlungsinteresse des Versicherers dient (vgl. allgemein zur Rechtsnatur der Deklarationspflicht in der KVO/CMR-Versicherung: OLG Hamm VersR 1993, 1519 unter 1; OLG Stuttgart VersR 1994, 721 f.; Römer in Römer/Langheid, VVG § 6 Rdn. 8; Kollhosser, aaO § 187 Rdn. 17). Um einen Risikoausschluß handelt es sich bei der nach Durchführung des Transports vorzunehmenden Deklaration in einer laufenden Versicherung mit Generalpolice keinesfalls (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1975 – I ZR 23/73 – VersR 1975, 417 unter III 2; Kollhosser, aaO § 187 VVG Rdn. 15; Enge, Transportversicherung 3. Aufl. S. 185).
III. Da der von der Firma H. gegen die Klägerin erhobene Anspruch bisher weder durch rechtskräftiges Urteil noch in anderer Weise festgestellt worden ist (§§ 154 Abs. 1, 156 Abs. 2 VVG), hat sie nur Anspruch auf die Feststellung, daß die Beklagte ihr vertragsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren habe (vgl. BGHZ 79, 76, 78). Diesem Klageziel, das sie von Anfang an erkennbar verfolgt hat, hat sie auf Anregung des Senats ihren Antrag angepaßt.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Prof. Römer, Dr. Schlichting, Terno, Seiffert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.01.2001 durch Heinekamp Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 547098 |
NJW-RR 2001, 593 |
NVersZ 2001, 189 |
VersR 2001, 368 |