Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbewerber. Aufzeigen von Kaufalternativen. Abbildung eines Lottoscheins in Werbeanzeige. WirtschaftsWoche. „Um Geld zu vermehren, empfehlen wir ein anders Papier”. Substitution durch Kundenkreis. Vergleichende Werbung. Pauschale Herabsetzung. Konkretes Wettbewerbsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Als Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 UWG ist derjenige anzusehen, der in einem tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerbsverhältnis zum werbenden Unternehmen steht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Konkurrenzunternehmen oder Konkurrenzangebote (Waren oder Dienstleistungen) einander gegenüberstehen und dem Werbeadressaten dabei Kaufalternativen aufgezeigt werden, die geeignet sind, die Kaufentscheidung des Umworbenen zu beeinflussen. Bei Branchenverschiedenheit ist erforderlich, daß der angesprochene Verkehr eine Substitution ernsthaft in Betracht zieht.
Normenkette
UWG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 29. Juli 1999 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, die eine Gesellschafterin des Deutschen Lotto- und Totoblocks ist, führt in Bayern Gewinnspiele durch, darunter das Mittwochs- und Samstagslotto.
Die Beklagte betreibt ein Verlagsunternehmen, in dem unter anderem die Zeitschrift „WirtschaftsWoche” erscheint. Sie warb für diese Zeitschrift im Branchendienst „W. & V. werben und verkaufen” vom 12. Juni 1998 mit der nachstehend verkleinert wiedergegebenen Anzeige, die die Abbildung eines Spielscheins in der von der Klägerin seit Jahren verwendeten Aufmachung zeigt:
Die Klägerin hat die Werbeanzeige wegen Verstoßes gegen § 1 UWG als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat vorgetragen, ihr Ruf und Ansehen als Lottospielbetreiberin werde zur positiven Herausstellung der überlegenen Qualität des eigenen Produkts der Beklagten – der Zeitschrift „WirtschaftsWoche” – durch offene Anlehnung ausgenutzt. Ferner hat die Klägerin die Auffassung vertreten, der in der Werbeanzeige enthaltene Slogan „Um Geld zu vermehren, empfehlen wir ein anderes Papier” sei als kritisierende vergleichende Werbung unzulässig, da eine pauschale qualitative Aussage zu Lasten des Lottospiels und zugunsten der „WirtschaftsWoche” gemacht werde. Überdies werde zu einer Substitution ihres Angebots durch das der Beklagten aufgefordert. Das Lottospiel werde unsachlich als Geldverschwendung herausgestellt und pauschal herabgewürdigt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die „WirtschaftsWoche” wie nachstehend wiedergegeben zu werben:
(Es folgt ein Ausschnitt aus der oben wiedergegebenen Anzeige der Beklagten bestehend aus der Abbildung des Lottoscheines und der Unterzeile „Um Geld zu vermehren, empfehlen wir ein anderes Papier”.).
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgebracht, es fehle bereits an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, weil die Parteien nicht denselben Kundenkreis hätten. Die Klägerin wende sich an Glücksspielinteressenten; sie, die Beklagte, vertreibe dagegen Verlagsprodukte. Die mit der Werbeanzeige angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Werbung nicht als Empfehlung, statt eines Lottoscheins die Zeitschrift „WirtschaftsWoche” zu kaufen. Aus dem Anzeigentext ergebe sich auch eindeutig, daß die „WirtschaftsWoche” nur als Werbeträger und nicht als Kaufgegenstand beworben werde. Der Lottoschein sei als Werbemittel gewählt worden, um das Wortspiel mit dem „Papier” im Slogan aufzugreifen. Aus einem derartigen Gag könne kein Wettbewerbsverhältnis hergeleitet werden.
Es fehle aber auch an einer wettbewerbsrechtlich unzulässigen Rufausbeutung, da die Leistungen der Parteien einen sehr weiten Abstand voneinander hätten. Eine unlautere vergleichende Werbung im Sinne der EG-Richtlinie 97/55 liege ebenfalls nicht vor. Sie, die Beklagte, vergleiche ihre Leistungen nicht mit denen eines anderen individualisierbaren Wettbewerbers. Es gehe vielmehr um eine erkennbar ironische assoziative Verknüpfung zweier Dienstleistungen, die offensichtlich nichts miteinander zu tun hätten. Sofern dennoch von einem Werbevergleich ausgegangen werde, genüge dieser dem Sachlichkeitsgebot; eine Herabsetzung oder Verunglimpfung des von der Klägerin veranstalteten Gewinnspiels sei nicht gegeben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen (OLG Hamburg GRUR 2000, 243).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage für unbegründet erachtet, weil es sich bei der beanstandeten Werbemaßnahme nicht um unzulässige vergleichende Werbung gehandelt habe. Dazu hat es ausgeführt:
Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch könne nicht auf § 1 UWG gestützt werden. Das Landgericht habe allerdings zutreffend angenommen, daß zwischen den Parteien aufgrund der beanstandeten Werbung der Beklagten ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Gewerbetreibende stünden nicht nur dann in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander, wenn ihr Kundenkreis identisch sei. Es könne auch genügen, daß sich der Verletzer durch die Art und Weise der Werbung in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stelle und dadurch eine gegenseitige Absatzbehinderung eintrete. Im Streitfall sei ein konkretes Wettbewerbsverhältnis gegeben, obwohl die Parteien in ganz verschiedenen Branchen tätig seien. In der beanstandeten Werbeanzeige sei der Lottoschein der Klägerin abgebildet; gleichzeitig werde die „WirtschaftsWoche” der Beklagten als ein „anderes” Papier für das Geldvermehren empfohlen. Dadurch sei die Klägerin in ihrem eigenen Marktstreben „irgendwie betroffen”.
Die angegriffene Werbeaussage falle unter den Begriff der „vergleichenden Werbung” i.S. von Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/450/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (vgl. jetzt § 2 Abs. 1 UWG), da sie durch die Abbildung des Lottoscheins die Dienstleistung der Klägerin ohne weiteres erkennbar mache. Die Klägerin sei trotz Branchenverschiedenheit auch als Mitbewerber zu erkennen, weil durch die angegriffene Werbung selbst das Wettbewerbsverhältnis begründet werde.
In der beanstandeten Werbung würden Waren für den gleichen Bedarf bzw. für dieselbe Zweckrichtung verglichen (Art. 3a Abs. 1 lit. b der Richtlinie 97/55/EG). Die Funktionsidentität zwischen dem Gewinnspiel „Samstagslotto” und der beworbenen Wirtschaftszeitung ergebe sich daraus, daß es in beiden Fällen um die Möglichkeit der Geldvermehrung gehe. Die nach Art. 3a Abs. 1 lit. c der genannten Richtlinie erforderliche Voraussetzung, wonach wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften verglichen werden müßten, sei ebenfalls gegeben. Das Gewinnspiel der Klägerin werde durch die Werbung der Beklagten auch nicht herabgesetzt oder verunglimpft (Art. 3a Abs. 1 lit. e der Richtlinie 97/55/EG). Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde das Lottospiel der Klägerin nicht als Geldverschwendung herausgestellt und auch nicht unterschwellig so bewertet. In der Werbung der Beklagten werde unter der Abbildung des Lottoscheins lediglich ein anderes Papier empfohlen. Das Gewinnspiel der Klägerin werde dabei in keiner Weise schlechtgemacht. Schließlich könne auch nicht von einer unlauteren Rufausbeutung i.S. von Art. 3a Abs. 1 lit. g der Richtlinie 97/55/EG ausgegangen werden, weil es jedenfalls an der Ausnutzung des unstreitig weithin bekannten Lottoscheins in unlauterer Weise fehle.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei auch nicht unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten aus § 1 UWG begründet. Die Fallgruppen der unlauteren Rufausbeutung und der pauschalen Herabsetzung hätten im Streitfall wegen der Einordnung der beanstandeten Werbemaßnahme als vergleichende Werbung keine eigenständige Bedeutung.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die angegriffene Werbung ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
1. Dem Berufungsgericht ist allerdings nicht darin beizutreten, daß die in Rede stehende Werbeaussage der Beklagten unter den Begriff der vergleichenden Werbung im Sinne von § 2 Abs. 1 UWG (= Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 97/55/EG) falle.
a) Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch ist nunmehr von dem während des Revisionsverfahrens am 14. September 2000 in Kraft getretenen § 2 UWG auszugehen, mit dem die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. EG Nr. L 290 = GRUR 1998, 117 ff.) in deutsches Recht umgesetzt wurde (Gesetz zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften vom 1. September 2000, BGBl. I S. 1374).
b) Vergleichende Werbung ist gemäß § 2 Abs. 1 UWG jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Unerläßliches Erfordernis eines jeden Werbevergleichs ist es daher, daß der Werbende einen für den Verkehr erkennbaren Bezug zwischen (mindestens) zwei Wettbewerbern, zwischen deren Waren oder Dienstleistungen bzw. ihren Tätigkeiten oder sonstigen Verhältnissen herstellt (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.1999 – I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1101 = WRP 1999, 1141 – Generika-Werbung; Urt. v. 21.6.2001 – I ZR 69/99, GRUR 2002, 75, 76 = WRP 2001, 1291 – „SOOOO … BILLIG!”?; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 2 Rdn. 24). Als Mitbewerber ist anzusehen, wer in einem tatsächlichen oder doch potentiellen Wettbewerbsverhältnis zum werbenden Unternehmen steht. Es kommt darauf an, ob aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die angebotenen Waren oder Dienstleistungen austauschbar sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn Konkurrenzunternehmen oder Konkurrenzangebote (Waren oder Dienstleistungen) einander gegenüberstehen und dem Werbeadressaten dabei Kaufalternativen aufgezeigt werden, die geeignet sind, die Kaufentscheidung des Umworbenen zu beeinflussen. Der Absatz des einen Unternehmens muß mithin auf Kosten des anderen gehen können (vgl. Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 599; § 2 Rdn. 24). Dabei dürfen die Anforderungen an die Austauschbarkeit nicht allzusehr abgesenkt werden. Entscheidend ist, ob ein durchschnittlich informierter, verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher (vgl. zum Verbraucherleitbild BGH, Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 – Orient-Teppichmuster) eine Substitution ernsthaft in Betracht zieht (Köhler/Piper aaO § 2 Rdn. 24). Das kann in bezug auf die sich im Streitfall gegenüberstehenden Angebote nicht angenommen werden.
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Parteien in völlig verschiedenen Branchen tätig. Die Klägerin führt mit 15 weiteren Gesellschafterinnen u.a. das „Samstagslotto” im Deutschen Lotto- und Totoblock durch, während die Beklagte als Verlag u.a. die Zeitschrift „WirtschaftsWoche” herausgibt. Dementsprechend bieten die Parteien auch völlig unterschiedliche Produkte an (Gewinnspiel einerseits und Zeitschrift andererseits). Die angegriffene Werbung fordert, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang mit Recht angenommen hat, nicht direkt zu einer Substitution der einen gewerblichen Leistung durch die konkurrierende andere auf und legt einen Austausch auch nicht nahe. Es fehlt auch jegliche Funktionsidentität in bezug auf die sich gegenüberstehenden Leistungen.
Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, daß es sich bei den Parteien um Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 UWG handelt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts reicht dafür nicht aus, daß die Klägerin durch die angegriffene Werbemaßnahme in ihrem eigenen Marktstreben „irgendwie betroffen” ist und daß das „Samstagslotto” in der beanstandeten Werbeanzeige durch den abgebildeten Lottoschein nebst Unterzeile verbal und gedanklich zu der beworbenen Wirtschaftszeitung der Beklagten in Beziehung gesetzt wird, indem diese als „anderes Papier” empfohlen wird. Denn das Berufungsgericht geht selbst davon aus, daß insoweit allenfalls entfernt und nur mittelbar eine Substitutionsmöglichkeit angedeutet wird, so daß sie nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.
2. Die beanstandete Werbung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer pauschalen Herabsetzung des von der Klägerin veranstalteten Gewinnspiels gemäß § 1 UWG als wettbewerbswidrig angesehen werden.
Für eine solche rechtliche Prüfung ist trotz der neuen Bestimmung des § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG auch weiterhin Raum. Denn die Neuregelung zur vergleichenden Werbung bezieht sich allein auf einen Vergleich, mit dem der Werbende sich selbst oder seine Waren bzw. Dienstleistungen zu einem oder mehreren Mitbewerbern und dessen Waren oder Dienstleistungen vergleichend in Beziehung setzt. Fehlt es daran, gelten für die Fälle der pauschalen Herabsetzung – wie bislang – die zu § 1 UWG entwickelten Grundsätze (vgl. BGH GRUR 1999, 1100, 1102 – Generika-Werbung; GRUR 2002, 75, 77 – „SOOOO … BILLIG!”?; BGH, Urt. v. 14.12.2000 – I ZR 147/98, GRUR 2001, 752, 753 = WRP 2001, 688 – Eröffnungswerbung; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 350 ff., 598 ff.). Danach kommt es darauf an, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse oder Absatzmethoden darstellt. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn über die bloße Kritik hinaus Umstände hinzutreten, die die Kritik in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2001, 752, 753 – Eröffnungswerbung m.w.N.; GRUR 2002, 75, 77 – „SOOOO … BILLIG!”?; Köhler/Piper aaO § 2 Rdn. 19). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
a) Für einen unmittelbar auf § 1 UWG gestützten Unterlassungsanspruch ist an sich ein konkretes Wettbewerbsverhältnis erforderlich. Ob dieses im Streitfall gegeben ist, was von der Revisionserwiderung in Zweifel gezogen wird, kann offenbleiben, weil das Leistungsangebot der Klägerin durch die angegriffene Werbung nicht in einer gegen § 1 UWG verstoßenden Weise pauschal herabgewürdigt wird.
b) Das Berufungsgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, daß das Lottospiel der Klägerin nicht als Geldverschwendung oder gar als „sinnlose Geldverschwendung” herausgestellt und auch nicht unterschwellig so bewertet werde. Die Beklagte empfehle unter der Abbildung des Lottoscheins nur „ein anderes Papier”. Die Alternative als solche werde nicht besonders hervorgehoben. Das Anderssein bleibe letztlich auf der Stufe einer Binsenwahrheit angesiedelt, nämlich daß ein bloßer Zufall wie beim Lottospiel die Geldvermehrung weniger wahrscheinlich machen werde als bei Geldanlagen mit fachkundiger Information und Kenntnis durch die „WirtschaftsWoche” der Beklagten. Gegen eine abfällige oder sonst unangemessene Kritik spreche auch, daß das Wortspiel mit dem Lottoschein (aus Papier) und den in Wirtschaftsmagazinen empfohlenen Wertpapieren (ebenfalls aus Papier) die angesprochene Alternative eher noch verharmlose und neutralisiere.
Dieser Beurteilung kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Berufungsgericht habe bei seiner tatrichterlichen Würdigung übersehen, daß die angegriffene Werbeaussage durch die in der rechten unteren Ecke der Werbeanzeige enthaltene weitere Aussage „Unsere Leser verstehen was von Geldanlagen” verstärkt werde; beide Aussagen im Zusammenhang enthielten die wenig verhüllte Wertung, daß derjenige, der Lotto spiele, von Geldanlagen nichts verstehe und sein Geld gewissermaßen zum Fenster hinauswerfe. Damit ersetzt die Revision die tatrichterliche Würdigung in revisionsrechtlich unzulässiger Weise lediglich durch ihre eigene Wertung. Im übrigen ist auch zu berücksichtigen, daß Werbung zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie lebt und begleitet wird. Solange der Werbende mit ironischen Anklängen nur Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber – weil der Verkehr die Aussage nicht wörtlich und damit ernst nimmt – keine Abwertung des konkurrierenden Angebots verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2001 – I ZR 89/99, GRUR 2002, 72, 74 = WRP 2001, 1441 – Preisgegenüberstellung im Schaufenster; Eck/Ikas, WRP 1999, 251, 269 f.). Im vorliegenden Fall empfiehlt die Beklagte – worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist – lediglich in sachlich-humorvoller Weise ein „anderes Papier”.
3. Der Revision kann auch nicht darin beigetreten werden, daß die angegriffene Werbung unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Rufausbeutung gegen § 1 UWG verstößt.
a) Das Berufungsgericht hat dazu angenommen, die mit der Abbildung des Lottoscheins verbundene Erkennbarmachung des „Samstagslottos” reiche nicht aus für eine Ausnutzung des unstreitig weithin bekannten Lottoscheins in unlauterer Weise. Anderenfalls wäre jede vergleichende Werbung unzulässig, weil sie begrifflich voraussetze, daß ein Mitbewerber oder dessen Erzeugnisse erkennbar gemacht werden. Es müßten vielmehr besondere, über die bloße Nennung der Marke hinausgehende Umstände hinzutreten, die den Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung rechtfertigten. Derartige Umstände seien im Streitfall nicht ersichtlich. Die Beklagte nehme den Lottoschein der Klägerin zwar mit dem durchaus geistreichen Wortspiel („ein anderes Papier”) in ihre Werbung auf. Damit hänge sie sich jedoch nicht unlauter an den guten Ruf des „Samstagslottos” an und nutze dessen Ausstrahlungswirkung auch nicht unlauter aus. Die Werbeaussage, wonach „ein anderes Papier” zur „Geldvermehrung” empfohlen werde, spreche vielmehr ausdrücklich dagegen.
b) Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Revision wendet demgegenüber ohne Erfolg ein, die Werbung der Beklagten gehe weit über eine bei vergleichender Werbung zulässige bloße Erkennbarmachung des Lottoscheins der Klägerin hinaus. Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, der Lottoschein werde als prominenter Blickfang in der Werbeanzeige abgebildet und wecke dadurch die Aufmerksamkeit für das Angebot der Beklagten. Diese Anlehnung an das Produkt der Klägerin hat es für sich allein aber mit Recht nicht als unlauter angesehen. Solche Umstände, die den Vorwurf einer wettbewerbswidrigen Rufausnutzung begründen (vgl. BGHZ 139, 378, 387 – Vergleichen Sie), hat das Berufungsgericht nicht feststellen können.
Soweit die Revision geltend macht, die Anlehnung an das Produkt der Klägerin erweise sich auch deshalb als unlauter, weil es dem Leistungswettbewerb fremd sei, die Marke, den Handelsnamen oder andere Unterscheidungskennzeichen eines Mitbewerbers nur zu dem Zweck in der Werbung einzusetzen, die Aufmerksamkeit auf sich oder die eigenen Produkte zu lenken, verhilft ihr das ebenfalls nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat insoweit unbeanstandet angenommen, daß der abgebildete Lottoschein als solcher nicht in seiner Bedeutung unlauter ausgenutzt wird, auch wenn die Werbung durch die Abbildung einen verstärkten scherzhaften Vergleich aufgrund des Wortspiels enthält. Des weiteren hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, daß durch die Nutzung des weithin bekannten Lottoscheins keine wesentliche Beeinträchtigung der Klägerin bzw. des Deutschen Lotto- und Totoblocks zu besorgen ist, zumal sich die Werbeanzeige wegen ihres sich schnell verbrauchenden Wortspiels nicht beliebig wiederholen lassen wird. Dagegen hat die Revision ebenfalls nichts erinnert.
III. Danach war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Pokrant, Schaffert
Fundstellen
Haufe-Index 767902 |
NJW 2002, 2781 |
BGHR 2002, 839 |
BGHR |
GRUR 2002, 828 |
Nachschlagewerk BGH |
AfP 2002, 431 |
MDR 2002, 1263 |
WRP 2002, 973 |
Mitt. 2002, 425 |