Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Übergangs eines abgeschlossenen Fernwärmeversorgungsvertrags auf Dritten. Mangelnde Annahme einer Realofferte des Versorgungsunternehmens bei schon bestehendem Fernwärmeversorgungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Ein konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie kommt grundsätzlich nicht in Betracht, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, auf Grund dessen die Energielieferungen erbracht werden.
Normenkette
AVBFernwärmeV § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 27.2.2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als Energieversorgungsunternehmen die Bezahlung von Fernwärme, die sie für die Wohnungseigentumsanlage "A. , " in H. in der Zeit von Januar 1999 bis einschließlich Mai 2001 geliefert hat. Die Beklagten sind die Mitglieder der für diese Wohnanlage gebildeten Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Klägerin hatte mit der früheren Eigentümerin des Wohngebäudes, der Firma N. , am 5. November/13.12.1996 einen Fernwärmeversorgungsvertrag abgeschlossen. Mit Schreiben v. 15.1.1998 bestätigte die A. GmbH, die das Wohngebäude von der N. erworben hatte, gegenüber der Klägerin, dass sie mit Wirkung ab 1.6.1997 gem. § 32 AVBFernwärmeV in den Fernwärmeversorgungsvertrag eingetreten sei. Die A. GmbH begründete sodann mit notariell beurkundeter Teilungserklärung v. 14.7.1997 gem. § 8 WEG Wohnungseigentum mit 120 Wohnungseinheiten und veräußerte erstmalig am 23.7.1998 eine Wohneinheit; die A. GmbH ist noch Eigentümerin eines Teils der Wohnungseinheiten. Mit Schreiben v. 17.9.2001 teilten die Beklagten, vertreten durch die Wohnungseigentumsverwalterin, der Klägerin mit, dass nunmehr die "WEG A. " mit Wirkung v. 14.6.2001 in den Fernwärmeversorgungsvertrag eingetreten sei. Die Klägerin hat ihren Entgeltanspruch aus der Belieferung des Wohnblocks "A. " und eines weiteren Wohnblocks mit Fernwärme für den Zeitraum von Februar 1999 bis Februar 2001 zunächst gegenüber der A. GmbH geltend gemacht und insoweit zwei obsiegende rechtskräftige Urteile erwirkt. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. GmbH ist mangels Masse abgewiesen worden.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin nunmehr die Beklagten auf Bezahlung der gelieferten Fernwärme für den Zeitraum von Januar 1999 bis Mai 2001i. H. v. umgerechnet 112.096,57 EUR in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, zwischen den Parteien sei für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Fernwärmeversorgungsvertrag nicht zustande gekommen. Der ursprünglich zwischen der Klägerin und der N. geschlossene Fernwärmevertrag, in den die A. GmbH gemäß Erklärung v. 15.1.1998 eingetreten sei, sei weder durch die notarielle Beurkundung der Teilungserklärung auf die Beklagten übergangen, noch seien diese gem. § 32 Abs. 4 und 5 AVBFernwärmeV vor dem 14.6.2001 in den mit der Klägerin geschlossenen Fernwärmevertrag eingetreten.
Mit der Entnahme von Fernwärmeenergie sei auch kein Vertrag gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits abgeschlossen worden. Bei der Bereitstellung von Energie durch das Versorgungsunternehmen handele es sich um ein Vertragsangebot in Form einer Realofferte, wobei sich nach Treu und Glauben aus der Sicht des Versorgungsunternehmens bestimme, wem dieses Angebot gemacht werde. Bestehe bereits ein Versorgungsvertrag, so werde das Versorgungsunternehmen seinen Vertragspartner mit der zur Verfügung gestellten Energie versorgen wollen. Die Entnahme von Fernwärme an der Hausanschluss-Station habe die Klägerin, die nach ihrem eigenen Vortrag keine Kenntnis von der Begründung des Wohnungseigentums gehabt habe, aus ihrer Sicht somit nicht als Annahme ihres Angebots auf Abschluss eines Versorgungsvertrages verstehen können.
Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB scheide aus, weil sie die Fernwärme im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit Rechtsgrund geleistet habe.
II.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Klägerin ohne Erfolg, so dass ihre Revision zurückzuweisen ist.
1. Soweit das Berufungsgericht sowohl einen Übergang des zwischen der Klägerin und der N. geschlossenen und von der A. GmbH fortgeführten Fernwärmeversorgungsvertrages v. 5.11./13.12.1996 auf die Beklagten wie auch deren Eintritt in diesen Vertrag nach § 32 AVBFernwärmeV gemäß Erklärung v. 12.9.2001 für die Zeit vor dem 14.6.2001 verneint hat, wendet sich die Revision hiergegen nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Beklagten zur Bezahlung der im Zeitraum v. 1.1.1999 bis 31.5.2001 gelieferten Fernwärme auch nicht auf Grund eines gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV geschlossenen Vertrages verpflichtet.
a) Zwar ist in dem Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig ein Vertragsangebot in Form einer so genannten Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages zu sehen, das von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2003 - VIII ZR 279/02, BGHReport 2003, 914 = NJW 2003, 3131, unter II 1a m. w. N.; s.a. Hempel in Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 2 AVBEltV Rz. 92 ff.). Durch diesen Rechtsgrundsatz, der in § 2 Abs. 2 AVBEltV/AVBGasV/AVBWasserV/AVBFernwärmeV lediglich wiederholt ist, wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklich schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden; dabei soll ein vertragsloser Zustand bei Energielieferungen vermieden, nicht aber dem Versorgungsunternehmen ein weiterer Vertragspartner verschafft werden (Hempel in Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 2 AVBEltV Rz. 83, 117).
Die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlen jedoch, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, auf Grund dessen die Energielieferungen erbracht werden. In einem solchen Fall erbringt das Versorgungsunternehmen, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt, durch die Zurverfügungstellung der Energie die seinem Vertragspartner geschuldete Versorgungsleistung. Wird hierbei von einer Person, die bisher im Verhältnis zum Versorgungsunternehmen noch nicht als Abnehmer aufgetreten ist, aus den vorhandenen Versorgungsleitungen Energie entnommen, ist dies aus der Sicht des Versorgungsunternehmens daher auch nicht als Annahme eines auf Abschluss eines (weiteren) Energielieferungsvertrages gerichteten Vertragsangebots zu verstehen. Vielmehr ist, um unterschiedliche Versorgungsverträge für das gleiche Versorgungsverhältnis zu vermeiden, grundsätzlich von dem Vorrang des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten auszugehen (vgl. OLG Hamm v. 26.1.1983 - 20 U 162/82, ZIP 1983, 329 f.; OLG Karlsruhe RdE 1984, 25 [28]; OLG Karlsruhe NZM 1999, 86; OLG Brandenburg RdE 2000, 72 [73]; RdE 2002, 20 [21]; Hempel in Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 2 AVBEltV Rz. 118; Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, 1981, Bd. I, § 2 AVBEltV Rz. 24; a. A. OLG Hamm RdE 1988, 212 [214]; zustimmend Hempel in Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 2 AVBEltV Rz. 125; s.a. OLG Frankfurt v. 5.10.1988 - 13 U 213/87, NJW-RR 1989, 889 [890]). Soweit die Revision sich weiter für ihre gegenteilige Ansicht auf das Urteil des OLG Saarbrücken v. 5.11.1993 (OLG Saarbrücken, Urt. v. 5.11.1993 - 4 U 75/93-13, NJW-RR 1994, 436 f.) beruft, betrifft dieses einen vertragslosen Zustand nach Erlöschen des bisherigen Versorgungsvertrages und ist somit nicht einschlägig.
b) Wenn daher die Beklagten als Wohnungseigentümer über die vorhandene eigene Hausanschluss-Station in dem der Klage zu Grunde liegenden Zeitraum, in welchem noch der Fernwärmeversorgungsvertrag mit der A. GmbH bestand, Fernwärme entnommen haben, konnte dies die Klägerin nicht als Annahme eines auf Abschluss eines zusätzlichen Wärmelieferungsvertrages gerichteten Angebots auffassen. Damit scheidet aber ein vertraglicher Entgeltanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten - neben der bereits titulierten Forderung gegen die A. GmbH - aus.
c) Dass der Klägerin auch ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber den Beklagten bereits deshalb nicht zusteht, weil die Lieferungen auf Grund eines bestehenden Wärmeversorgungsvertrages an die A. GmbH erbracht worden sind, hat das Berufungsgericht ebenfalls ohne Angriff durch die Revision festgestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 1147604 |
BGHR 2004, 998 |
NJW-RR 2004, 928 |
NZM 2004, 425 |
WM 2004, 2450 |
ZMR 2005, 57 |
RdE 2004, 221 |
WuM 2004, 354 |
GuT 2004, 192 |
Info M 2005, 99 |
MietRB 2004, 323 |
NJW-Spezial 2004, 99 |
ZNER 2005, 62 |
IWR 2004, 72 |