Leitsatz (amtlich)
1. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau.
2. Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt.
3. Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
KG Berlin (Entscheidung vom 01.04.2021; Aktenzeichen 10 U 1062/20) |
LG Berlin (Entscheidung vom 06.08.2020; Aktenzeichen 27 O 658/19) |
Tenor
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. April 2021 - 10 U 1062/20 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage unter Abänderung des Urteils der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 6. August 2020 abgewiesen worden ist in Bezug auf folgende Äußerungen:
"Dort sei sie, laut italienischen Medien, auf der Station für Hämodynamik behandelt worden. Sie hatte aber bereits irreversible Schäden erlitten."
wie geschehen in "SUPERillu" Nr. 28 vom 4. Juli 2019 auf Seite 83 in dem Artikel mit der Überschrift "Todesdrama im Italien-Urlaub!"
II. Die Berufung der Beklagten wird auch insoweit zurückgewiesen.
III. Die weitergehende Revision des Klägers und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 75 %, der Kläger trägt 25 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Wortberichterstattung in Anspruch, die den Tod seiner Ehefrau zum Gegenstand hat.
Rz. 2
Der Kläger war mit der Schauspielerin M. verheiratet. Das Ehepaar verbrachte mit seinen drei Kindern den Sommerurlaub 2019 auf der Insel Elba. Am 28. Juni 2019 erlitt M. während eines Bootsausflugs mit dem Kläger beim Baden einen plötzlichen Herzstillstand ("Sudden Cardiac Death"). Der Kläger steuerte das Boot umgehend an den Strand. Dorthin kam ein Hubschrauber, aus dem sich mangels Landemöglichkeit ein Notarzt abseilte und versuchte, die Verunglückte auf dem Boot zu reanimieren. Schließlich wurde M. in ein Krankenhaus auf dem Festland gebracht. Auch dort scheiterten jedoch alle Wiederbelebungsversuche.
Rz. 3
Am 30. Juni 2019 teilte der damalige Rechtsanwalt des Klägers der Presseagentur dpa mit, dass M. während eines Aufenthalts in Italien völlig unerwartet gestorben sei und dass weitere Angaben auf Bitten der Familie nicht gemacht würden. Eine Entbindung der behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht erfolgte nicht.
Rz. 4
Die Beklagte veröffentlichte am 4. Juli 2019 in der von ihr verlegten Zeitschrift "SUPERillu" den nachfolgenden Artikel mit der Überschrift "Todesdrama im Italien-Urlaub!" (Kursivdruck nur hier):
"Plötzlich und unerwartet verstarb die beliebte Schauspielerin L[…] M[…] [(Vor- und Nachname der Ehefrau des Klägers)] während des Familienurlaubs auf Elba. Sie hinterlässt ihren Ehemann und die drei gemeinsamen Kinder.…
Mit ihrem Ehemann, dem italienischen Produzenten und Regisseur G[…] R[…] [(Vor- und Nachname des Klägers)], … und den drei Kindern … war die sportliche, gesundheitsbewusste Schwäbin an Bord eines Bootes vor Sant’Andrea auf der Insel Elba, schwamm und tauchte. Plötzlich habe sich die 47-Jährige unwohl gefühlt. Ihr Mann zog sie ins Boot, raste zum Hafen, wo M[…] am Strand von einem Notarzt behandelt worden sei. Ein Rettungshubschrauber flog sie in die 70 Kilometer entfernte Misericordia-Klinik in Grosseto. Dort sei sie, laut italienischen Medien, auf der Station für Hämodynamik behandelt worden. Sie hatte aber bereits irreversible Schäden erlitten."
Rz. 5
Mit der Klage hat der Kläger verlangt, die Beklagte zur Unterlassung der Veröffentlichung oder Verbreitung der oben in Kursivschrift gedruckten Textpassagen zu verurteilen.
Rz. 6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts dahingehend abgeändert, dass es die Klage hinsichtlich der Passage: "…wo M[…] am Strand von einem Notarzt behandelt worden sei. Ein Rettungshubschrauber flog sie in die 70 Kilometer entfernte Misericordia-Klinik in Grosseto. Dort sei sie, laut italienischen Medien, auf der Station für Hämodynamik behandelt worden. Sie hatte aber bereits irreversible Schäden erlitten" abgewiesen hat. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgt die Beklagte die vollumfängliche Klageabweisung weiter, der Kläger begehrt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
A.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass sich die Berichterstattung in zwei Teile mit unterschiedlicher Erzählperspektive gliedern lasse. Zunächst werde der Hergang des Unglücks aus der Nahsicht eines den Kläger bei der Bewältigung des Notfalls begleitenden Augenzeugen berichtet. Dann folge ein Text, mit welchem über das Geschehen im Anschluss an die Bergung der M. von der Warte eines Außenstehenden berichtet werde.
Rz. 8
Von den Äußerungen im ersten Teil sei der Kläger unmittelbar und nicht bloß reflexhaft im Kernbereich seiner Privatsphäre betroffen. Die Rettungsbemühungen des angesichts der akuten Notsituation auf sich gestellten Klägers seien unter höchster emotionaler Belastung geschehen und hätten vor der Küste auf dem Boot stattgefunden, so dass die innere Privatsphäre sowohl thematisch als auch räumlich betroffen sei. In der Abwägung überwöge insoweit das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Interessen der Beklagten. Die Belange der Beklagten beschränkten sich auf das Anliegen, das schaulustige Publikum mit spektakulären Einzelheiten über die (vermeintlichen) näheren Umstände des Todes zu versehen. Das Aufgreifen von Details des Geschehens müsse vom Kläger nicht hingenommen werden. Der Kläger könne nicht den öffentlichen Personen zugeordnet werden und könne daher einen besonderen Schutz seines Privatlebens beanspruchen, insbesondere in Momenten größter emotionaler Belastung. Die Beklagte gebe die Distanz eines Berichterstatters auf und schildere die Situation, als verfüge sie hinsichtlich des Hergangs des Unglücks über Informationen aus erster Hand. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liege nicht auf dem zeitgeschichtlichen Ereignis, der plötzlichen dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Ehefrau des Klägers, sondern auf der Ausbreitung der Einzelheiten seiner erfolglos gebliebenen Rettungsbemühungen. Auf einen Zeugen der Geschehnisse auf dem Meer könne sich die Beklagte nicht berufen, weshalb an einer Schilderung der letztlich auf Mutmaßungen beruhenden Abläufe kein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe.
Rz. 9
Von der Berichterstattung im zweiten Teil, in der es um die notfallmäßige Versorgung der Ehefrau des Klägers und das Ergebnis dieser Bemühungen gehe, sei der Kläger nicht individuell betroffen. Hier stehe nicht mehr der Kläger im Mittelpunkt des Berichts, sondern es gehe um die Umstände und die Ursachen des plötzlichen Todes seiner Ehefrau. Das Recht auf ungestörte Trauer des Angehörigen sei nicht tangiert. Dieses könne allenfalls dann betroffen sein, wenn durch die Beklagte solche Details an die Öffentlichkeit getragen worden wären, durch deren Offenlegung sich Trauer und Leid verstärkten. Die Berichterstattung über Tod und Sterben müsse sich maßgeblich an der Frage des Respekts vor dem Leid der Hinterbliebenen und der Distanz zum Geschehen messen lassen. Hier fehle es an einer plakativen Herausstellung der näheren Umstände des Todes wie auch an der Aufgabe der gebotenen Distanz und des den Hinterbliebenen geschuldeten Respekts, schließlich auch an der Ausbreitung allein für die Angehörigen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Details. Die Berichterstattung im zweiten Teil erschöpfe sich in der Schilderung der Abfolge der Notfallversorgung und des tragischen Tods der Ehefrau des Klägers. Die Distanz bleibe auch insoweit gewahrt, als die weiteren Behandlungsbemühungen im Krankenhaus geschildert würden und unter Berufung auf italienische Medien mitgeteilt werde, dass die Schauspielerin "bereits irreversible Schäden erlitten" habe. Mit einer derart pauschalen Darstellung von Rettungsversuchen und Diagnose werde, solange auf die medizinischen Hintergründe nicht eingegangen werde, letztlich nicht mehr mitgeteilt als der Umstand, dass jede Hilfe zu spät gekommen sei und dass eine natürliche Todesursache vorgelegen habe. Der Kläger könne auch nicht allein deshalb eine Beeinträchtigung seines Rechts auf ungestörte Trauer geltend machen, weil ein Fehlverhalten des behandelnden medizinischen Personals beim Umgang mit Presseanfragen zur Offenlegung der Todesursache geführt habe; dies ergebe sich insbesondere nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Äußerungen im zweiten Teil beschrieben Maßnahmen, die von Dritten zur Rettung von M. unternommen worden seien und beträfen allein die verstorbene Ehefrau. Der Kläger und sein weiteres Verhalten bzw. Erleben der Situation würden hier nicht thematisiert.
B.
Rz. 10
Die Revision der Beklagten betrifft folgende, von den Vorinstanzen beanstandete Textpassage: "Mit ihrem Ehemann, dem italienischen Produzenten und Regisseur G[…] R[…],… und den drei Kindern … war die … Schwäbin an Bord eines Bootes vor Sant’Andrea auf der Insel Elba, schwamm und tauchte. Plötzlich habe sich die 47-Jährige unwohl gefühlt. Ihr Mann zog sie ins Boot, raste zum Hafen."
Rz. 11
Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil dem Kläger ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung dieser Textberichterstattung entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.
I.
Rz. 12
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass durch die von der Revision der Beklagten betroffene Textberichterstattung das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung der Privatsphäre beeinträchtigt wird.
Rz. 13
1. Das Recht auf Achtung der Privatsphäre gesteht jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 15; vom 7. Juli 2020 - VI ZR 246/19, AfP 2020, 508 Rn. 34). Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl räumlich als auch thematisch bestimmt. Er umfasst einen räumlich bestimmten - insbesondere häuslichen, aber auch außerhäuslichen - Bereich, in dem der Einzelne die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein, und in dem er zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann, und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, "in Ruhe gelassen zu werden" (vgl. BVerfGE 120, 180, 199 f., juris Rn. 47; BVerfG, NJW 2000, 2194, 2195, juris Rn. 4; jeweils mwN). Thematisch umfasst der Schutz der Privatsphäre insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 15 mwN). Dazu gehören grundsätzlich auch - regelmäßig in Abhängigkeit von Detailreichtum und Tiefe der Informationen - Vorfälle aus dem Familienbereich (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 2018 - VI ZR 284/17, NJW 2018, 3509 Rn.11 mwN) sowie Situationen großer emotionaler Belastung wie bei der Trauer um einen Angehörigen oder eine nahestehende Person, da sie Gefühlsäußerungen, persönliche Regungen und Handlungen auslösen können, die erkennbar nicht für die Augen Dritter bzw. Unbeteiligter bestimmt sind (Senatsurteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 15 mwN). Eine derartige vom Schutz der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein. Privatheit und die berechtigte Erwartung, nicht zum Objekt von Schaulust und Sensationsgier in Momenten der Trauer um einen nahen Angehörigen - oder vorher: im Moment des Bangens um dessen Leben - zu werden, können auch außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit bestehen und am Schutz der Privatsphäre teilhaben (vgl. Senatsurteil aaO Rn. 41).
Rz. 14
2. Nach diesen Maßstäben beeinträchtigt die Veröffentlichung der vom Berufungsgericht beanstandeten Textpassage das Recht des Klägers auf Achtung der Privatsphäre.
Rz. 15
a) Nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Lesers dieser Veröffentlichung (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, AfP 2021, 336 Rn. 11 mwN) befasst sich diese Textpassage damit, dass die Familie des Klägers mit dem Boot vor der Insel Elba unterwegs war, dass M. schwamm und tauchte und sich plötzlich unwohl fühlte und dass der Kläger sie ins Boot zog und zum Hafen brachte.
Rz. 16
b) Damit ist sowohl der räumliche als auch der thematische Bereich der Privatsphäre des Klägers betroffen. Denn das Unglück ereignete sich während eines Bootsausflugs, mit dem sich die Familie einen Rückzug an einen Ort ermöglichte, wo sie - je nach den Gegebenheiten vor Ort - frei von öffentlicher Beobachtung und der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle sein konnte und der die Möglichkeit bot, sich in gewisser Abgeschiedenheit zu entspannen. Die Schilderung des Unglücksfalls und der Rettungsmaßnahmen des Klägers greift aber vor allem deshalb thematisch in die Privatsphäre des Klägers ein, weil dieser auf dem Boot plötzlich einer Situation höchster emotionaler Belastung ausgesetzt war, in der er auf sich allein gestellt um das Leben seiner Ehefrau kämpfen musste. In diesem Kontext beeinträchtigt auch die Mitteilung, dass M. "schwamm und tauchte" und sich plötzlich unwohl fühlte, nicht nur deren Privatsphäre, sondern - wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen und von der Revision der Beklagten insoweit nicht angegriffen - auch unmittelbar die des Klägers, weil diese Veränderung des Gesundheitszustands während des gemeinsamen Bootsausflugs der Anlass für die beschriebenen Rettungsmaßnahmen des Klägers war.
Rz. 17
c) Eine Selbstöffnung des Klägers hinsichtlich des hier geschilderten Geschehens liegt nicht vor. Zwar kann der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme dort entfallen, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 14. Dezember 2021 - VI ZR 403/19, juris Rn. 16 mwN). Der Kläger hat aber ausweislich der im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen tatbestandlichen Feststellung des Landgerichts durch seinen Rechtsanwalt der Presseagentur dpa nur das völlig unerwartete Ableben seiner Ehefrau bei einem Aufenthalt in Italien mitteilen lassen und mit der Erklärung, dass weitere Angaben auf Bitten der Familie nicht gemacht würden, deutlich gemacht, dass er mit der Preisgabe der Umstände des Todes nicht einverstanden ist.
II.
Rz. 18
Die Beeinträchtigung ist rechtswidrig. Das Schutzinteresse des Klägers überwiegt das durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützte Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung.
Rz. 19
1. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 21; vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 15; jeweils mwN).
Rz. 20
a) Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Dabei ist bei wahren Tatsachenbehauptungen, die die Privatsphäre betreffen, ungeachtet ihrer Wahrheit von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (vgl. Senatsurteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 23 mwN).
Rz. 21
b) Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können. Zum Kern der Presse- und Meinungsfreiheit gehört es, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht. Im Rahmen der Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie lediglich die Neugier der Leser befriedigen. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. nur Senatsurteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 23 mwN).
Rz. 22
c) Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr damit beizumessen ist, ist von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt. Eine in der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson kann einen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen, nicht aber eine Person des öffentlichen Lebens. Außerdem muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten kann, die z.B. Politiker bei Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betrifft, und der Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solchen Aufgaben hat (vgl. nur Senatsurteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 24 mwN aus der Rechtsprechung des EGMR).
Rz. 23
d) Stets abwägungsrelevant ist auch die Intensität des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Diese ist als gering zu werten, wenn es sich um zutreffende Tatsachen handelt, die entweder belanglos sind oder sich allenfalls oberflächlich mit der Person des Betroffenen beschäftigen, ohne einen tieferen Einblick in seine persönlichen Lebensumstände zu vermitteln und ohne herabsetzend oder gar ehrverletzend zu sein (vgl. Senatsurteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 25).
Rz. 24
2. Nach diesen Grundsätzen lässt sich der vorliegende Eingriff in die Privatsphäre des Klägers nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen.
Rz. 25
a) Zwar war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Ehefrau des Klägers eine in Deutschland sehr bekannte Schauspielerin, so dass sie den Personen des öffentlichen Lebens zuzuordnen ist. Auch besteht an der Information über den plötzlichen Tod der M. ein nicht unerhebliches Interesse der Öffentlichkeit, das sich nicht auf die Mitteilung über das unerwartete Ableben als solches beschränkt, das der Kläger der Presse hatte bekanntgeben lassen, sondern sich gerade in einem Fall wie dem vorliegenden auch auf die Umstände des Todes erstreckt. Die Tatsache, dass das Leben eines mitten im Leben stehenden - der Beschreibung des Artikels zufolge "sportlichen, gesundheitsbewussten" - Menschen in einer unbeschwerten Zeit (Urlaub) ein jähes Ende nehmen kann, ist von öffentlichem Interesse und kann zu einer sachbezogenen Debatte und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen. Dasselbe gilt für die Frage, welche Rettungsbemühungen in einem solchen Fall veranlasst sind und was sie einem Ehepartner, der den Unglücksfall miterleben muss, physisch und psychisch abverlangen.
Rz. 26
b) Allerdings ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers so gewichtig, dass die Berichterstattung insoweit als rechtswidrig zu beurteilen ist. Das ergibt sich nicht schon allein daraus, dass überhaupt über das den Kläger belastende Geschehen um den plötzlichen Tod seiner Ehefrau berichtet wird. Die zur Rechtswidrigkeit der Berichterstattung führende Intensität des Eingriffs liegt aber darin begründet, dass die letztlich zum Tod führende Verschlechterung des Gesundheitszustands der Ehefrau des Klägers in einer öffentlichkeitsabgewandten Situation geschildert wird, mit der der Kläger konfrontiert war und in der er Rettungsmaßnahmen ergreifen und um das Leben seiner Ehefrau kämpfen musste. Der Revision der Beklagten ist zwar darin Recht zu geben, dass die Schilderung kurz und nüchtern gehalten ist und die Gefühle des Klägers nicht thematisiert. Dennoch gewährt sie einen Einblick in den außergewöhnlichen emotionalen Zustand, in dem sich der Kläger in dieser Situation befunden haben muss. Der Bericht ermöglicht so einen Blick sowohl auf das den Augen der Öffentlichkeit verschlossene Ringen um das Leben als auch auf das mit seinem Erleben und seinen Aktionen unweigerlich verbundene Gefühlsspektrum des Klägers. Ob die Beschreibung stilistisch, wie vom Berufungsgericht angenommen und von der Revision der Beklagten angegriffen, in diesem Teil des Berichts aus der Nahsicht eines den Kläger begleitenden Augenzeugen erfolgt, ist für die Abwägung unerheblich. Der Umstand, dass die beanstandeten Textzeilen den Kläger nicht herabsetzen oder in einem schlechten Licht darstellen und sogar geeignet sind, ihn von einem etwaigen Verdacht zu entlasten, ändert an der Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre nichts.
Rz. 27
c) Darauf, dass darüber hinaus nach der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und von der Revision der Beklagten wohl in Zweifel gezogenen tatsächlichen Feststellung des Landgerichts die Tatsachenbehauptung unwahr ist, dass sich M. plötzlich unwohl gefühlt habe, kommt es nach alldem für das zugunsten des Klägers ausfallende Abwägungsergebnis ebenso wenig an wie auf die Erwägung des Berufungsgerichts, dass sich die Beklagte auf einen Zeugen der dramatischen Ereignisse auf dem Meer nicht berufen könne und ihre Schilderung der Abläufe nur auf Mutmaßungen beruhe. Unerheblich ist an dieser Stelle auch, ob und inwieweit die beanstandeten Informationen, wie vom Kläger vermutet, auf Schweigepflichtverletzungen von Ärzten und Rettungskräften zurückgehen.
Rz. 28
3. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten spielt es für die Abwägung keine Rolle, ob die beanstandeten Textpassagen für das Verständnis des nachfolgenden Textes unabdingbar sind und ob der nach der Verurteilung zur Unterlassung der Veröffentlichung des beanstandeten Teils verbleibende Text dann noch Sinn macht. Anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden muss, in dem sie gefallen ist (vgl. nur Senatsurteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, AfP 2021, 336 Rn. 11 mwN). Dies hindert nicht, die Veröffentlichung einer nach diesem Grundsatz in ihrem Aussagegehalt zutreffend erfassten Äußerung, die rechtswidrig ist, weil sie den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, ohne Rücksicht auf die Sinnhaftigkeit des dann verbleibenden Textes zu verbieten. Die Beklagte verkennt, dass der Klageantrag und die ihm stattgebende Verurteilung lediglich zum Gegenstand haben, künftig die Verbreitung bestimmter Äußerungen zu unterlassen, nicht aber, den jeweiligen Artikel, der die beanstandeten Äußerungen enthält, künftig ohne diese zu veröffentlichen. Wie ein Artikel über die Umstände des Todes der Frau M. sinnvoll gestaltet werden könnte, ohne die beanstandeten Äußerungen zu wiederholen, ist für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Belang.
C.
Rz. 29
Die Revision des Klägers betrifft folgende, vom Berufungsgericht für rechtmäßig erachtete Textpassagen:
"…wo M[…] am Strand von einem Notarzt behandelt worden sei. Ein Rettungshubschrauber flog sie in die 70 Kilometer entfernte Misericordia-Klinik in Grosseto. Dort sei sie, laut italienischen Medien, auf der Station für Hämodynamik behandelt worden. Sie hatte aber bereits irreversible Schäden erlitten."
Rz. 30
Die Revision des Klägers ist insoweit begründet, als das Berufungsgericht seine Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung folgender Textpassage abgewiesen hat:
"Dort sei sie, laut italienischen Medien, auf der Station für Hämodynamik behandelt worden. Sie hatte aber bereits irreversible Schäden erlitten."
Rz. 31
Insoweit steht dem Kläger ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
Rz. 32
Im Übrigen ist seine Revision unbegründet.
I.
Rz. 33
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Kläger auch durch die den Gegenstand seiner Revision bildenden Textpassagen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung als Recht auf Achtung der Privatsphäre unmittelbar beeinträchtigt.
Rz. 34
1. Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Insoweit kann für das Persönlichkeitsrecht unbeschadet seiner Ausbildung als ein erst durch Güterabwägung und Interessenabwägung im Einzelfall zu ermittelndes Schutzgut nichts anderes gelten als für die in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter und absoluten Rechte (Senatsurteile vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 211, juris Rn. 21 mwN; vom 15. April 1980 - VI ZR 76/79, NJW 1980, 1790, 1791, juris Rn. 11).
Rz. 35
2. Zwar kann durch eine Presseberichterstattung in seinem Persönlichkeitsrecht unmittelbar betroffen nicht nur sein, wer im Mittelpunkt der Veröffentlichung steht oder auf wen sie zielt. Doch muss die Persönlichkeitssphäre des Dritten selbst als zum Thema des Berichts zugehörig erscheinen, damit das Erfordernis der Unmittelbarkeit noch gewahrt bleibt. Nicht genügen kann, wenn der Dritte sich wegen seiner engen Beziehung zum Dargestellten durch eine Berichterstattung, die ihn selbst weder ausdrücklich noch stillschweigend erwähnt, persönlich betroffen fühlt. Ebenso wenig reicht aus, dass Leser den beanstandeten Bericht zum Anlass nehmen, den Dritten auf den Bericht anzusprechen und zu belästigen. Solche Ausstrahlungen auf die Person des Dritten, in denen sich gar nicht der Inhalt der Veröffentlichung, sondern nur noch die persönliche Verbundenheit zu der in die Öffentlichkeit gerückten Person ausdrückt, bleiben als bloße Reflexwirkungen schutzlos (vgl. Senatsurteile vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 212 f., juris Rn. 24; vom 15. April 1980 - VI ZR 76/79, NJW 1980, 1790, 1791, juris Rn. 12).
Rz. 36
Demnach hängt es von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt (vgl. einerseits Senatsurteil vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 212 f., juris Rn. 23, 25; OLG Hamburg, ZUM 2005, 168 f., juris Rn. 18-20; andererseits Senatsurteil vom 5. März 1974 - VI ZR 89/73, VersR 1974, 758, 759, juris Rn. 28-30; OLG Düsseldorf, AfP 2000, 574 f., juris Rn. 19 f.; LG Berlin, Urteil vom 18. Juli 2002 - 27 O 241/02, AfP 2002, 540, 541; OLG Dresden, NJW 2012, 782, 783, juris Rn. 21 ff.).
Rz. 37
3. Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von den Textpassagen, die den Gegenstand seiner Revision bilden, unmittelbar betroffen.
Rz. 38
a) Die angegriffenen Textpassagen befassen sich mit der Fortsetzung der vom Kläger eingeleiteten Rettungsmaßnahmen durch professionelle Dritte an Land, nämlich mit der Behandlung durch den Notarzt am Strand, mit dem Helikopterflug ins Krankenhaus und mit der Behandlung dort. In diesem Zusammenhang wird auch die Diagnose "irreversible Schäden" mitgeteilt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts betrifft dies den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht unmittelbar. Zwar trifft die Beurteilung des Berufungsgerichts zu, dass der Kläger nicht mehr im Mittelpunkt der Schilderung steht; er wird hier noch nicht einmal erwähnt. Allerdings ist bei der Deutung einer Aussage ausgehend vom Wortlaut, der den Sinn nicht abschließend festlegen kann, der sprachliche Kontext, in dem die Äußerung steht, zu berücksichtigen. Bei der Erfassung des Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, AfP 2021, 336 Rn. 11 mwN). Die geschilderten, im Ergebnis erfolglosen Rettungsmaßnahmen Dritter stehen in einem unmittelbaren inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den zuvor im Artikel beschriebenen Rettungsmaßnahmen des Klägers. Die Rolle des Klägers wechselt zwar von einer aktiven zu einer passiven, dennoch ist er für den Leser auch in seinem passiven Part, in dem andere seinen Kampf um das Leben seiner Frau fortsetzen, gleichsam "zwischen den Zeilen" präsent. Dies gilt unabhängig davon, ob er - was vom Berufungsgericht nicht festgestellt und in dem Artikel auch nicht mitgeteilt ist - seine Frau auf dem Flug nach Grosseto begleiten durfte. Der gesamte Abschnitt von dem Unglück im Meer bis zum Ende der Behandlung im Krankenhaus betrifft die letztlich zum Tod führende Verschlechterung des Gesundheitszustands der Ehefrau des Klägers und das unmittelbare Erleben dieses Prozesses durch den Kläger, wenn auch am Ende möglicherweise in räumlicher Hinsicht nur aus der Ferne. Die Einbeziehung seiner Person wird noch verstärkt durch das beigefügte - nicht angegriffene - Bild aus früheren Zeiten, das ihn zusammen mit seiner Ehefrau zeigt und in seinem Untertitel unter anderem auf die zehnjährige Ehe verweist, sowie durch die Aussage in der einleitenden Zusammenfassung, dass M. ihren Ehemann und die drei gemeinsamen Kinder hinterlässt. Die Persönlichkeitssphäre des Klägers erscheint damit selbst als zum Thema des Berichts zugehörig und ist nicht nur reflexartig betroffen.
Rz. 39
Auch insoweit wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung der Privatsphäre tangiert. Zwar dürfte der Einsatz des Notarztes am Strand und des Rettungshubschraubers der Öffentlichkeit vor Ort nicht verborgen geblieben sein. Die Privatsphäre des Klägers ist deshalb nicht räumlich betroffen. Sie ist aber thematisch betroffen, weil das Geschehen rund um die verunglückte Ehefrau des Klägers am Strand und im Krankenhaus geschildert wird und damit eine Situation intensivster Gefühle im Bangen um das Leben seiner Frau.
Rz. 40
b) Die Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, ob durch die Berichterstattung Details in die Öffentlichkeit getragen werden, durch deren Offenlegung sich Trauer und Leid des Klägers verstärken und ob die gebotene Distanz und der den Hinterbliebenen geschuldete Respekt aufgegeben wurden, sind erst für die Abwägung im Rahmen der Prüfung, ob die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts rechtswidrig ist, von Bedeutung, nicht aber für die Frage der Unmittelbarkeit dieser Beeinträchtigung.
II.
Rz. 41
Die Beeinträchtigung ist nur teilweise rechtswidrig. Die notwendige Abwägung kann der Senat selbst vornehmen, weil keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind. Das Schutzinteresse des Klägers überwiegt das durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützte Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung nur insoweit, als es um die Mitteilung geht, dass M. "auf der Station für Hämodynamik" behandelt worden sei, aber "bereits irreversible Schäden erlitten" habe. Für die Informationen über den Einsatz des Notarztes am Strand und des Rettungshubschraubers zum Flug in das Krankenhaus gilt das nicht.
Rz. 42
1. Hinsichtlich der Passage "…wo M[…] am Strand von einem Notarzt behandelt worden sei. Ein Rettungshubschrauber flog sie in die 70 Kilometer entfernte Misericordia-Klinik in Grosseto" lässt sich der Eingriff in das Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen.
Rz. 43
a) Wie bereits ausgeführt, besteht an der Information der Öffentlichkeit über die Umstände des - vom Kläger öffentlich gemachten - plötzlichen Todes einer bekannten, erst 47-jährigen und "sportlichen, gesundheitsbewussten" Schauspielerin ein nicht unerhebliches Interesse, das sich nicht auf bloße Neugier reduzieren lässt. Dieses Informationsinteresse wird dadurch verstärkt, dass der Einsatz des Notarztes am Strand und des Rettungshubschraubers geeignet waren, erhebliche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit vor Ort zu erregen. Über den Einzelfall hinaus stellt sich zudem die Frage von allgemeinem Interesse, welche Rettungsmaßnahmen bei einem Unglücksfall wie dem vorliegenden veranlasst und üblich sind.
Rz. 44
b) Demgegenüber tritt das Interesse des Klägers, mit der Bewältigung der von ihm unmittelbar erlebten Ereignisse im Kampf um das Leben seiner Frau und mit seiner Trauer in Ruhe gelassen zu werden, zurück. Dabei kann offenbleiben, ob, wie vom Berufungsgericht angenommen und von beiden Parteien mit unterschiedlicher Zielrichtung angegriffen, der streitgegenständliche Artikel einen Perspektivwechsel bei der Schilderung der Geschehnisse auf dem Meer einerseits und an Land andererseits erkennen lässt. Denn unabhängig davon ist die Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre des Klägers durch die Schilderung der Rettungsmaßnahmen - Einsatz des Notarztes und Helikopterflug nach Grosseto - geringer. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger auch an Land die letztlich zum Tod führende Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Frau, nunmehr in einer passiven Rolle, miterleben musste, er weiterhin einer sehr hohen emotionalen Belastung im Bangen um das Leben seiner Frau ausgesetzt war und dies dem Leser, wenn auch nicht ausdrücklich angesprochen, bewusst ist. Allerdings erfolgten die genannten Rettungsmaßnahmen durch den Notarzt und den Helikopter, anders als die des Klägers auf dem Meer, nicht mehr in einer öffentlichkeitsabgewandten Situation, sondern waren im Gegenteil geeignet, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vor Ort - auch ohne indiskrete Beobachtung - auf sich zu ziehen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass es sich insoweit um eine knappe, nüchterne Aufzählung der ohne Weiteres wahrnehmbaren Ereignisse handelt; Details, etwa solche der Behandlung durch den Notarzt, werden nicht ausgebreitet. Die Information, dass der Rettungshubschrauber in einen Ort mit Krankenhaus flog, beschränkt sich auf eine Tatsache, die nach der Bergung einer verunglückten Person selbstverständlich ist. Abgesehen von den Angaben zu Ort und Namen des Krankenhauses, mit denen der Eingriff in die Privatsphäre des Klägers nicht intensiviert wird (im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels befand sich M. nicht mehr in dem Krankenhaus), werden auch insoweit keine Details preisgegeben. Die kurze Darstellung des äußeren Geschehensablaufs bleibt demnach an der Oberfläche und ist vergleichsweise distanziert. Sie dient nicht dazu, den Leser lediglich einen voyeuristischen Blick auf das Sterben einer bekannten Persönlichkeit und das damit verbundene Leid der Angehörigen werfen zu lassen. Der Senat folgt der in anderem Zusammenhang erfolgten Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Artikel insoweit weder die gebotene Distanz noch den Respekt vor dem Leid der Angehörigen vermissen lässt und den Kläger nicht "vorführt".
Rz. 45
c) Soweit die Revision des Klägers geltend macht, die "ganze Berichterstattung" sei maßgeblich auf Äußerungen der behandelnden Ärzte und Rettungskräfte, die ihre Schweigepflicht verletzt hätten, aufgebaut, ergeben die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und der von der Revision als übergangen gerügte Vortrag nicht, dass der Kläger dies vorinstanzlich für die Textaussage, dass ein Notarzt und ein Rettungshubschrauber im Einsatz waren, konkretisiert hat. So hat der Kläger ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts sowie ausweislich des in seiner Gehörsrüge genannten Vortrags auf Seite 6 der Klageschrift geltend gemacht, die Informationen im angegriffenen Text könnten nur von den Rettungskräften und behandelnden Ärzten stammen, weil sich der Kläger nicht geäußert habe. Dass und warum auch die Angaben zu den öffentlich wahrnehmbaren Rettungsmaßnahmen am Strand (Einsatz von Notarzt und Helikopter) auf Äußerungen beruhen sollen, die unter Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht getätigt wurden, ergibt sich daraus nicht.
Rz. 46
2. Hinsichtlich der Mitteilung, dass M. im Krankenhaus "auf der Station für Hämodynamik" behandelt worden sei, aber "bereits irreversible Schäden erlitten" habe, überwiegt hingegen das Schutzinteresse des Klägers das Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Rz. 47
a) Soweit in dieser Aussage die Information enthalten ist, dass M. überhaupt im Krankenhaus behandelt wurde, ist dies allerdings nicht zu beanstanden. Denn dieser Umstand erschließt sich schon fast zwangsläufig aus der vorangegangenen - zulässigen - Äußerung, dass M. von einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht wurde. Ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre des Klägers ist damit nicht verbunden. Auch bedurfte es hinsichtlich dieser Selbstverständlichkeit keiner Preisgabe durch ärztliche Geheimnisträger.
Rz. 48
b) Anders verhält es sich allerdings mit der Mitteilung, dass M. "auf der Station für Hämodynamik" behandelt worden sei und "bereits irreversible Schäden erlitten" habe. Es liegt nahe, dass diese Informationen, wie der Kläger vermutet, aufgrund einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht durch das medizinische Personal an die Beklagte bzw. die "italienischen Medien", auf die sich der streitgegenständliche Artikel insoweit bezieht, gelangt sind und dass dies für die Beklagte bei Wahrung der publizistischen Sorgfaltspflichten erkennbar war. Dies kann aber dahinstehen. Denn jedenfalls basieren das Bekanntwerden dieser Details und deren Verwertung durch die Beklagte erkennbar auf einer erheblichen Indiskretion und intensivieren - bei geringem Öffentlichkeitswert der Information - den Eingriff in das Recht des Klägers auf Achtung der Privatsphäre. Dies hat der Kläger nicht hinzunehmen.
Rz. 49
Aufgrund der Mitteilung des Rechtsanwalts des Klägers an die Presseagentur dpa musste der Beklagten bekannt sein, dass zu dem unerwarteten Tod der M. weitere Angaben auf Bitten der Familie nicht gemacht würden. Es war daher als ausgeschlossen anzusehen, dass das medizinische Personal zur Preisgabe von Informationen über Einzelheiten der Behandlung oder des Gesundheitszustandes der M. vom Kläger oder sonstigen Familienmitgliedern autorisiert worden war. Die Information über die Fachrichtung der Station (Hämodynamik), auf der M. behandelt wurde, sowie darüber, dass sie bereits irreversible Schäden erlitten hatte, geben Aufschluss über die Art der erlittenen Gesundheitsschäden und den Zustand der M. im Zeitpunkt der Einlieferung. Diese Hinweise sind einerseits zu vage und pauschal, als dass sie einen nennenswerten Öffentlichkeitswert hätten. Andererseits reichen sie aus, um den Eingriff in das Recht auf Achtung der Privatsphäre des Klägers zu intensivieren. Nach den tatbestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung war ein plötzlicher Herzstillstand der Auslöser für das vom Kläger unmittelbar miterlebte Geschehen im Meer und für den anschließenden Kampf um das Leben seiner Frau; die Irreversibilität der dabei eingetretenen Schäden führte dazu, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Der Umstand, dass aufgrund einer erheblichen Indiskretion, die auch und gerade ihn traf, die genannten Hinweise nur wenige Tage nach dem Tod seiner Frau an die Öffentlichkeit getragen wurden, war und ist durchaus geeignet, ihn in seinem schutzwürdigen Interesse, in der Trauer um seine Frau für sich zu sein, empfindlich zu stören und sein Leid zu verstärken (vgl. EGMR, Urteil vom 18. Mai 2004 - 58148/00, Rn. 47 - Éditions Plon v. France).
Seiters |
|
v. Pentz |
|
Oehler |
|
Müller |
|
Linder |
|
Fundstellen