Leitsatz (amtlich)
a) Die Beschränkung des unfallgeschädigten Beamten auf die beamtenrechtlichen Versorgungsansprüche schließt den Regreß eines Sozialversicherungsträgers, auf den zivilrechtliche Schadensersatzansprüche des Beamten übergegangen sind, auch dann nicht aus, wenn er sich gegen den Dienstherrn selbst richtet.
b) Die Haftungsfreistellung des Unternehmers nach § 636 RVO, die grundsätzlich jeder Sozialversicherungsträger gegen sich gelten lassen muß, kommt bei einem Regreß des Rentenversicherungsträgers nur dann in Betracht, wenn für der Geschädigten zur Zeit des Unfalls ein Unfallversicherungsverhältnis bestand.
Normenkette
BeamtVG § 46; RVO § 636; SGB X § 116
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 25.07.1996) |
LG Hildesheim |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juli 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Am 24. Januar 1992 nahm der Bundesbahnbeamte G. auf der Lokomotive des (Wende-)Nahverkehrszuges N. 4119 an einer Streckenkundefahrt teil, um die Strecke, auf der er als Lokomotivführer eingesetzt werden sollte, kennenzulernen. Auf der Rückfahrt stieß der Zug, der mit dem Steuerwagen vor anfuhr, durch Verschulden des Oberlokomotivführers B., der mehrere Haltesignale überfahren hatte, mit dem entgegenkommenden Nahverkehrszug zusammen. Bei dem Unfall wurden B. und G., der auf der Rückfahrt im Führerstand des Steuerwagens mitfuhr, getötet.
Die Ehefrau und Kinder des G. beziehen von der Beklagten Hinterbliebenenversorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Darüberhinaus erhalten sie von der Klägerin Witwen- und Waisenrenten aufgrund einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit des G., der vor seiner Verbeamtung in den Jahren 1965 bis 1974 Arbeiter im Dienste der Deutschen Bundesbahn war.
Die Klägerin verlangt wegen ihrer Rentenleistungen von der Beklagten Schadensersatz aus übergegangenem Recht in Höhe von 16.263,57 DM sowie die Feststellung der Pflicht zum Ersatz der künftigen Schäden.
Die Beklagte ist der Auffassung, § 46 BeamtVG und § 636 RVO stünden einem Rechtsübergang auf die Klägerin entgegen.
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Unterhaltsersatzansprüche der Hinterbliebenen des G. seien auf die Klägerin nach § 116 SGB X sowie auf die Beklagte nach § 87 a HBG übergegangen. Dieser Forderungsübergang werde durch § 46 BeamtVG, der nur das Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn betreffe, nicht ausgeschlossen. Ein Haftungsausschluß der Beklagten nach § 636 RVO komme nicht in Betracht, weil G. als Beamter im Unfallzeitpunkt kein Versicherter in der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen sei.
II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß die Schadenersatzansprüche der Hinterbliebenen des bei dem Unfall getöteten G. gegen die Beklagte aus §§ 1, 5 Abs. 2 HaftpflG im Umfang der Rentenzahlung, die die Klägerin den Hinterbliebenen zu leisten hat, nach § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangen sind und weder § 46 BeamtVG noch der Haftungsausschluß des Unternehmers gemäß § 636 RVO (jetzt § 104 SGB VII) diesen Ansprüchen entgegensteht.
1. Die Klägerin hat aufgrund des Bahnunfalls vom 24. Januar 1992 an die Hinterbliebenen des G. Sozialleistungen gemäß §§ 46, 48 SGB VI in Form von Witwen- und Waisenrenten zu erbringen. Auf sie sind daher im Unfallzeitpunkt die Schadensersatzansprüche der Hinterbliebenen in Höhe der zu leistenden Zahlungen übergegangen.
Zu den Ansprüchen, die den Hinterbliebenen gegen die Deutsche Bundesbahn als dem seinerzeitigen Bahnbetriebsunternehmen nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften an sich erwachsen sind, gehören deren Unterhaltsersatzansprüche gemäß §§ 1, 5 Abs. 2 HaftpflG. Nach § 46 Abs. 1 BeamtVG haben der verletzte Beamte bzw. seine Hinterbliebenen aus Anlaß eines Dienstunfalls gegen den Dienstherrn allerdings nur Ansprüche auf die im Beamtenversorgungsgesetz (§§ 30 ff.) vorgesehenen Unfallfürsorgeleistungen. Weitergehende Ansprüche können sie – abgesehen von Fällen hier nicht in Betracht kommender vorsätzlicher Schädigung – nicht geltend machen, soweit es sich bei dem Unfall nicht um einen „Dienstunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr” handelt (§ 46 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG, § 1 ErwZulG), um den es hier aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geht. Das bedeutet, daß die Ehefrau und die Kinder des G. über die beamtenrechtliche Unfall Versorgung hinaus keine weitergehenden Ansprüche, insbesondere nicht solche aus § 5 Abs. 2 HaftpflG gegen die beklagte Bahn durchsetzen können.
Diese Einschränkung auf beamtenrechtliche Versorgungsansprüche hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs indessen nicht zur Folge, daß weitergehende Anspruches des geschädigten Beamten bzw. seiner Hinterbliebenen schlechthin erloschen sind. Zivilrechtliche Schadenersatzansprüche bleiben vielmehr dem Grunde nach bestehen und können deshalb zum Zwecke des Rückgriffs auf den Dienstherrn (§ 87 a BBG) oder einen Sozialversicherungsträger (§ 116 SGB X) übergehen.
Die beamtenrechtlichen Vorschriften in den §§ 30 ff. BeamtVG nehmen lediglich dem verletzten Beamten die Möglichkeit der Geltendmachung weitergehender Ansprüche, schließen aber nicht die Inanspruchnahme des Schädigers durch dem Dienstherrn im Wege des Regresses aus. Das hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf § 124 DBG, § 46 BeamtVG und die entsprechenden Vorschriften von Landesbeamtengesetzen sowie zu § 91 a SoldVG, und zwar sowohl für den Regreß des Dienstherrn gegen einen öffentlichen als auch für den Rückgriff gegen einen privaten Schädiger entschieden (BGHZ 6, 3; 106, 13; Senatsurteile vom 12. März 1974 – VI ZR 2/73 – VersR 1974, 784; vom 29. März 1977 – VI ZR 52/76 – VersR 1977, 649, 650; vom 23. April 1985 – VI ZR 91/83 – VersR 1985, 763; BGH, Urteil vom 9. Juli 1962 – III ZR 22/61 – VersR 1962, 983). Diese Bestimmungen haben den Zweck, die dem Beamten zustehenden Ansprüche auf Unfallfürsorge zu umreißen, nicht aber Regelungen darüber zu treffen, ob und von wem dem Dienstherrn die Aufwendungen für die Unfallfürsorge zu erstatten sind (BGH, Urteil vom 9. Juli 1962 a.a.O. und Senatsurteil vom 29. März 1977 a.a.O. S. 650).
Nichts anderes hat – entgegen der Annahme der Revision – für den Regreß des Sozialversicherungsträgers zu gelten, und zwar auch dann nicht, wenn er sich gegen den Dienstherrn selbst richtet (Senatsurteil vom 15. März 1988 – VI ZR 163/87 – VersR 1988, 614, 615). Denn es ist, wie der Senat in der letztgenannten Entscheidung ausgeführt hat, nicht erkennbar, daß es in der Zielrichtung des Gesetzgebers gelegen hätte, mit einer beamtenrechtlichen Regelung anspruchseinschränkend in das sozialversicherungsrechtliche Leistungs- und Ausgleichssystem einzugreifen; dies hätte einer ausdrücklichen, die Rechtsfolgen klar bezeichnenden Regelung bedurft (ebenso BGHZ 106, 13, 16). Daran ist festzuhalten.
2. Eine Inanspruchnahme der Beklagten scheitert auch nicht an der Haftungsfreistellung des Unternehmers gemäß § 636 RVO, der hier noch anzuwenden ist. Eine Haftungsablösung nach dieser Vorschrift kommt hier nicht zum Zuge, weil der verunglückte G. im Unfallzeitpunkt nicht zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall Versicherten gehörte. Die Hinterbliebenen des G. beziehen deshalb auch keine Leistungen aus der Unfallversicherung.
a) Der Haftungsausschluß des Unternehmers tritt nach § 636 RVO nur gegenüber „den in seinem Unternehmen tätigen Versicherten” ein. Er knüpft daran an, daß der Arbeitgeber bzw. Dienstherr gemeinsam mit arideren in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmern die Aufwendungen zu der gesetzlichen Unfallversicherung trägt (§ 723 RVO, § 150 SGB VII) und dem Versicherten und seinen Angehörigen auf diesem Wege durch einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch gegen eine leistungsfähige Genossenschaft bei einem Arbeitsunfall sozialen Schutz verschafft (BGHZ 19, 114, 121 f.; 24, 247, 250; Senatsurteil vom 10. Dezember 1974 – VI ZR 73/73 – VersR 1975, 274 – insoweit in BGHZ 63, 313 nicht abgedruckt; BVerfGE 34, 118, 129 f, 132). Wer zum Kreise der so Versicherten gehört, bestimmen die hier noch anzuwendenden §§ 539, 540 RVO. Von der Personengruppe, die aufgrund eines Arbeite- oder Dienstverhältnisses Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO (jetzt § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) genießen, nimmt § 541 RVO jedoch die Beamten als Versicherungsfreie ausdrücklich aus dem Unfallversicherungsschutz aus. Das beruht auf der Erwägung, daß Beamte bei Unfällen Schutz nach der eigenständigen beamtenrechtlichen Regelung genießen und ihnen deshalb ein Wahlrecht zwischen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge ind den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zustehen soll (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik vom 25. Januar 1963, BT-Drucks. IV/938 S. 5).
Der bei dem Zugunglück getötete G. war infolge seiner Berufung in das Beamtenverhältnis aus dem Kreis der gegen Arbeitsunfall Versicherten ausgeschieden und gehörte damit im Unfallzeitpunkt nicht (mehr) zu den Versicherten, für die § 636 RVO den Haftungsausschluß des Unternehmers vorsieht.
b) Diese Versicherteneigenschaft muß nämlich im Unfallzeitpunkt bestanden haben (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 1983 – VI ZR 276/81 – VersR 1983, 859; vom 14. Januar 1986 – VI ZR 10/85 – VersR 1986, 484, 485; BSGE 25, 45, 46). Eine frühere Zugehörigkeit zur gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund einer Tätigkeit in demselben Unternehmen ist nicht geeignet, den Haftungsausschluß des Unternehmers gemäß § 636 RVO zu begründen. Auch das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, der von im Unternehmen tätigen Versichertem spricht und damit die ehemals Versicherten nicht erfaßt. Entsprechend genießen Versicherungsschutz auch nur diejenigen, die aufgrund eines Arbeite- oder Dienstverhältnisses beschäftigt sind (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) oder arbeitnehmerähnlich „tätig werden” (§ 539 Abs. 2 RVO). Schließlich geht auch § 548 RVO von einer solchen zeitlichen Verknüpfung von Unfall und Versicherungsschutz aus, denn er umschreibt den Arbeitsunfall als einen Unfall, den ein Versicherter bei einer vom Versicherungsschutz umfaßten Tätigkeit erleidet.
An dieser Voraussetzung fehlt es hier. G. war zum Unfallzeitpunkt nicht gegen Arbeitsunfall versichert, weshalb seine Hinterbliebenen auch keine Leistungen aus der Unfallversicherung erhalten.
c) Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Nichtanwendung des § 636 RVO mit dem Hinweis, die Beklagte habe die Beiträge für die (Unfallversicherung und die Arbeitgeberanteile für die Rentenversicherung, aus der die Hinterbliebenen des G. jetzt Leistungen bezogen, bezahlt.
aa) Was die Unfallversicherung angeht, fehlt es für die Haftungsbefreiung – wie bemerkt – an der grundlegenden Voraussetzung, daß zur Zeit des Unfalles ein Unfallversicherungsverhältnis nach § 539 RVO bestand. Die Tatsache allein, daß die Bahn für G. früher Beiträge zur Unfallversicherung zahlte, vermag die Haftungsbefreiung nicht zu rechtfertigen. Mit diesen Beiträgen wurde lediglich der Versicherungsschutz für das damals bestehende Arbeitsverhältnis erkauft, der im Falle eines in jener Zeit erlittenen Arbeitsunfalles nicht nur Leistungen aus der Unfallversicherung, sondern auch die Haftungsfreistellung des damaligen Arbeitgebers nach sich gezogen hätte.
Auf einen Arbeitsunfall nach Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses sind die damaligen Beiträge ohne Einfluß. Sie vermögen weder Versicherungsleistungen noch – als Gegenstück dazu – die Haftungsbefreiung des Unternehmers auszulösen.
bb) Ebensowenig sind die Beiträge, die die Bahn zur Rentenversicherung des G. gezahlt hat, geeignet, die Haftungsablösung nach § 636 RVO in unmittelbarer oder analoger Anwendung der Vorschrift herbeizuführen, auch wenn auf Grund dieser Beiträge eine Rentenanwartschaft begründet worden ist, die jetzt zur Zahlung von Witwen- und Waisenrenten an die Hinterbliebenen führt.
Das dem § 636 RVO zugrunde liegende Prinzip der Haftungsablösung muß zwar jeder Sozialversicherungsträger, nicht nur der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern auch der Rentenversicherer gegen sich gelten lassen. Wie der Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom 10. Dezember 1974 hervorgehoben hat, könnte der Zweck der Haftungsablösung nicht verwirklicht werden, wenn der Unternehmer zwar nicht von dem Versicherten, aber von einem Sozialversicherungsträger, etwa einem Rentenversicherungsträger, auf Schadensersatz wegen des Arbeitsunfalls in Anspruch genommen werden dürfte. Der Unternehmer soll grundsätzlich schon durch Erfüllung seiner Beitragspflicht das Seine zum Ausgleich der Schadensfolgen eines Betriebsunfalls getan haben (BGHZ 63, 313, 315). Deshalb wird der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch gegen den Unternehmer schlechthin ausgeschlossen.
Diese Haftungsfreistellung auch gegenüber dem Rentenversicherer kommt aber nur dann in Betracht, wenn zur Zeit des Unfalls ein Unfallversicherungsverhältnis bestand, wie dies in dem dem Senatsurteil vom 10. Dezember 1974 a.a.O. zugrundeliegenden Sachverhalt auch der Fall war. Sie hat dagegen von vornherein auszuscheiden, wenn wie hier ein Unfallversicherungsverhältnis zur Unfallzeit überhaupt nicht vorhanden war. Das ergibt sich schon daraus, daß die Haftungsbefreiung sowohl in der Reichsversicherungsordnung als auch in dem sie ablösenden Sozialgesetzbuch ausschließlich in dem Buch über die Unfallversicherung vorgesehen ist. Mit den in § 636 RVO genannten Versicherten sind daher nur die in der Unfallversicherung versicherten Personen gemeint.
Die Rentenversicherung, aus der hier Leistungen erbracht werden, hat damit nichts zu tun. Sie steht eigenständig neben der Unfallversicherung. Auch die Beiträge, die die Bahn als frühere Arbeitgeberin zur Rentenversicherung des G. geleistet hat, besagen nichts für die Haftungsablösung nach § 636 RVO, die als Ausgleich für die alleinige Finanzierung der Unfallversicherung durch die Unternehmer gewährt wird. Die Heranziehung des Arbeitgebers zu den Beiträgen zur Rentenversicherung des Arbeitnehmers (§ 1382 RVO, § 168 SGB VI) erfolgt aus ganz anderen Gründen als denen, die der Haftungsbefreiung nach § 636 RVO zugrunde liegen. Ein Rentenversicherungsverhältnis vermag deshalb das speziell für die Unfallversicherung geschaffene Haftungsprivileg des Unternehmers nicht zu begründen, auch wenn dieser durch die Arbeitgeberanteile finanziell zur Alterssicherung des Beschäftigten beigetragen hat.
3. a) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß der dem Grunde nach bei den Angehörigen des G. verbliebene Schadensersatzanspruch nach § 116 SGB X im Unfallzeitpunkt auf die Klägerin übergegangen ist, denn diese hatte aufgrund des Unfalls Sozialleistungen an die Hinterbliebenen zu erbringen. Zu diesen Sozialleistungen gehören auch Renten in Form von Witwen- und Waisenrenten (§§ 11, 23 Abs. 1 Nr. 1 c SGB I). Die kausale Verknüpfung mit dem Unfall vom 24. Januar 1992 kann nicht zweifelhaft sein, da die Renten, auch wenn Wartezeiten zu berücksichtigen waren, durch den Tod des Rentenversicherten ausgelöst worden sind (vgl. § 33 Abs. 1 und 4, §§ 46 ff SGB VI).
Die sachliche und zeitliche Deckungsgleichheit zwischen Rentenzahlungen und Schadensersatzanspruch, wie sie § 116 Abs. 1 SGB X voraussetzt, ist ebenfalls gegeben. Bei Ansprüchen aus §§ 844 Abs. 2 BGB, denen die aus § 5 Abs. 2 HaftpflG entsprochen, ist die sachliche Kongruenz mit Witwen- und Waisenrenten vom Senat stets bejaht worden (vgl. Senatsurteile vom 1. Dezember 1981 – VI ZR 203/79 – VersR 1982, 291; vom 19. Mai 1987 – VI ZR 167/86 – VersR 1987, 1092, 1094). Aber auch die zeitliche Kongruenz, nach der der Sozialversicherungsträger die Rentenleistungen gegenüber dem Ersatzpflichtigen nur für den Zeitraum im Regreßwege geltend machen kann, für den diesen eine Ersatzpflicht trifft, ist gegeben, denn die mit der Klage geltend gemachten Rentenzahlungen decken sich mit dem Zeitraum, für den die Beklagte den Hinterbliebenen schadensrechtlich Unterhaltsersatz schuldet. Dies wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.
b) Ohne Erfolg nacht die Revision gegen den Forderungsübergang geltend, en sei unbillig, den Dienstherrn, der früher die Beiträge an die Berufsgenossenschaft und die Arbeitgeberanteile für die Rentenversicherung des G. gezahlt habe, dem aber gleichwohl die Haftungsfreistellung des Unternehmers versagt werde, mit dem uneingeschränkten Regreß des Sozialversicherungsträgers zu belasten. Dabei verkennt die Revision das Regelungssystem der aufeinander abgestimmten Normen der gesetzlichen Rentenversicherung und des Beamtenrechts.
aa) Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Beiträge der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur gesetzlichen Unfallversicherung mit der Regreßforderung hinsichtlich der Rentenleistungen nichts zu tun haben. Die Hinterbliebenen erhalten keine Leistungen aus der Unfallversicherung; die Beklagte wird infolgedessen damit im Regreßwege nicht belastet. Ebensowenig ist die Tatsache, daß die Bahn durch Entrichtung der Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung des G. beigetragen hat, geeignet, den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 116 SGB X zu hindern. Für einen derartigen Ausschluß der Legalzession hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft.
bb) Gegenübergestellt werden können im übrigen allenfalls die Leistungen, die die Beklagte einerseits als Dienstherrin im Rahmen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge den Hinterbliebenen zu erbringen hat, und die Rentenleistungen, die sie andererseits im Regreßwege als Ersatzpflichtige zu tragen hat. Dadurch tritt aber keine Doppelbelastung der Beklagten ein, weil Rentenzahlungen in dem in § 55 BeamtVG vorgesehenen Umfang auf die beamtenrechtlichen Versorgungsleistungen anzurechnen sind, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat.
§ 55 BeamtVG, nach dem Versorgungsbezüge neben Renten nur bis zu einer bestimmten Höhe gezahlt werden, hat den Zweck, eine Doppel Versorgung aus beamtenrechtlichen. Versorgungsbezügen einerseits und gesetzlichen Renten andererseits bei in das Beamtenverhältnis übernommenen Personen, die aufgrund einer früheren Tätigkeit Rentenanwartschaften erworben haben, zu verhindern (vgl. Regierungsentwurf 1964, BT-Drucks. IV/2174 S. 17 ff.; Kümmel ZBR 1982, 232). Zugleich sollte dadurch eine unangemessene Belastung der öffentlichen fassen vermieden werden. § 55 BeamtVG sieht nun zwar keine vollständige Anrechnung von Rentenzahlungen vor. Vielmehr werden Versorgungsleistungen neben einer Rente nur bis zu einer Höchstgrenze gezahlt. Das bedeutet, daß der Dienstherr, der nur gekürzte Versorgungsleistungen gegenüber den Hinterbliebenen zu erbringen hat, Versorgungsaufwendungen, die ihn ohne Berücksichtigung der Witwen- und Waisenrenten treffen würden, erspart. Sollte sich trotz dieser Ersparnis durch den Regreß eine geringfügige Mehrbelastung gegenüber den Versorgungsbeträgen ergeben, die der Dienstherr ohne Berücksichtigung der Rentenzahlungen aufzuwenden hätte, müßte dies nach dem Willen des Gesetzgebers hingenommen werden. Keinesfalls würde eine solche Mehrbelastung die Abstandnahme von der in § 116 SGB X bestimmten Legalzession rechtfertigen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Groß, Bischoff, Dr. v. Gerlach, Dr. Müller, Dr. Dressler
Fundstellen
Haufe-Index 1398944 |
BGHZ |
BGHZ, 78 |
NJW 1997, 2883 |
NVwZ 1997, 1247 |
Nachschlagewerk BGH |
DÖV 1997, 958 |
SGb 1999, 530 |