Verfahrensgang
LG Würzburg (Entscheidung vom 26.04.1974) |
Tenor
Auf die Revisionen der Angeklagten M. und K. wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 26. April 1974 im Ausspruch über die Rechtsfolgen der Taten mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe
Der Angeklagte M. ist wegen Verkehrs mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Steuerhehlerei in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und zur Gesamtgeldstrafe von 2.500,- DM, der Angeklagte K., wegen der gleichen Delikte in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und zur Gesamtgeldstrafe von 1.500,- DM verurteilt worden. Die Revisionen der Angeklagten wenden die örtliche Unzuständigkeit des Gerichts ein und rügen Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts.
I.
Einwand der örtlichen Unzuständigkeit
Die Frage, ob der Einwand der örtlichen Unzuständigkeit nicht bereits verbraucht und die Rüge somit unzulässig ist, kann offen bleiben; die von beiden Angeklagten erhobene Rüge ist jedenfalls unbegründet.
1.)
Nachdem die Staatsanwaltschaft zum Landgericht Würzburg Anklage erhoben hatte, hat dieses Gericht mit Recht seine Zuständigkeit gemäß den Bestimmungen der §§ 7, 9 und 13 StPO bejaht. Die genannten Vorschriften sind nicht grundgesetzwidrig.
2.)
Nach Nr. 2 der Richtlinien für das Strafverfahren führt grundsätzlich der Staatsanwalt die Ermittlungen, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft erhebt in der Regel auch die Anklage (vgl. Nr. 104 der Richtlinien).
In den Fällen II a und II d lag zwar der Tatort jeweils im Bereich Frankfurt, im Falle II b war die Tat auch im Bereich Nürnberg begangen, im Falle II c, dem bedeutendsten Falle, jedoch lag der Tatort im Bereich der Staatsanwaltschaft Würzburg. Dieser Tatort ist mit dem Ergreifungsort identisch.
Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn die zur Ermittlung berufene Staatsanwaltschaft nicht noch den Versuch unternommen hat, die Staatsanwaltschaft Frankfurt um Übernahme des Verfahrens zu ersuchen. Diese war zur Übernahme nicht verpflichtet; sie hätte unter Berufung auf die Richtlinien die Übernahme ablehnen können. Eine Wahlbefugnis im eigentlichen Sinne hatte die Staatsanwaltschaft Würzburg daher in Wirklichkeit nicht.
Darauf, ob der sachbearbeitende Staatsanwalt - wie die Revision behauptet - die bayerischen Gerichte für härter gehalten hat als die hessischen, kommt es nicht an.
3.)
Von einer manipulierten Begründung des Gerichtsstandes Würzburg oder auch nur eines in Bayern liegenden Gerichtsstandes durch die Zollfahndung kann keine Rede sein. Auch wenn Agenten der Zollfahndung die Angeklagten zur Abwicklung eines Geschäfts mit Betäubungsmitteln veranlaßt haben, so blieb es ein freier Willensentschluß der Angeklagten, sich überhaupt auf diesen Handel einzulassen und als Übergabeort Rohrbrunn in Bayern zu vereinbaren. Dabei bleibt zu bemerken, daß der Angeklagte Metz auch im Falle II b - hier ohne jedes Zutun der Zollfahndung - Betäubungsmittel nach Bayern geschickt hat.
Die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit ist daher unbegründet; auf die weiter in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen braucht nicht mehr eingegangen zu werden.
II.
Weitere Revisionsrügen
A.
Revision des Angeklagten M.
1.)
Verfahrensrüge
Die Rüge der Verletzung der §§ 59 und 60 Nr. 2 StPO wegen Nichtvereidigung des Zeugen S. greift nicht durch. Zwar läßt der Beschluß der Strafkammer nicht erkennen, ob die vom Zollfahndungsamt Frankfurt gegen S. geführten Ermittlungen in irgendeinem Zusammenhang mit den zur Aburteilung stehenden Fällen stehen. Jedoch beruht das Urteil offensichtlich nicht auf der Nichtvereidigung. Die Revision trägt dazu nichts vor. In den Urteilsgründen ist S. nicht erwähnt.
2.)
Sachrüge
a)
Die Annahme eines fortgesetzten Delikts im Falle II a ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesamtvorsatz ist ausreichend dargelegt. Die Ausführungsweise war in jedem Teilakt die gleiche.
Ein unzulässiger "Ausforschungsbeweis" und eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes liegen nicht vor.
b)
Dagegen kann der Strafausspruch schon aus dem Grunde keinen Bestand haben, weil die Strafdrohung in § 11 BetmG mit Wirkung vom 1. Januar 1975 insoweit geändert ist, als neben Freiheitsstrafe Geldstrafe in Anpassung an die Grundsätze des StGB n.F. nur unter den Voraussetzungen des § 41 StGB n.F. verhängt werden darf. Das gilt auch für den besonders schweren Fall i.S. des § 11 Abs. 4 BetmG. Das Landgericht hat außerdem einen besonders schweren Fall in doppelter Hinsicht angenommen, einmal allgemein nach § 11 Abs. 4 Satz 1 BetmG unter Mitberücksichtigung einer großen Menge und darüber hinaus nochmals den Besitz einer nicht geringen Menge nach § 11 Abs. 4 Satz 3 Nr. 5 BetmG (UA S. 27). An sich ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Strafkammer einen besonders schweren Fall i.S. des Abs. 4 Satz 1 BetmG als gegeben ansieht, wenn der Angeklagte eine größere Menge Haschisch in Kenntnis der verhängnisvollen Wirkung aus gewinnsüchtigen Motiven umsetzen wollte. Rechtsfehlerhaft ist jedoch im vorliegenden Falle die Doppelwertung; Abs. 4 Satz 3 enthält nur Regelbeispiele. Diese können jeweils nur einmal gewertet werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich dieser Fehler im gesamten Strafmaß ausgewirkt hat, also auch in den Fällen II a und b.
Der Strafausspruch mußte daher aufgehoben werden. Damit wird auch der Ausspruch über die weiteren Rechtsfolgen zur erneuten Überprüfung gestellt. Die weitergehende Revision war zu verwerfen.
B.
Revision des Angeklagten K.
1.)
Verfahrensrügen
a)
Die Rüge der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts ist nicht begründet. Der Vorsitzende Richter Dr. Herzog hat sich laut Mitteilung der Geschäftsstelle des Landgerichts am 23. April 1974, dem Tag des Sitzungsbeginns in Urlaub befunden. Damit war er offenkundig verhindert; einer besonderen Feststellung der Verhinderung bedarf es in solchen Fällen nicht.
b)
Die Vereidigung der Zollfahndungsbeamten P., H., F., G., Ku. und G. ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Begünstigung des Mitbeteiligten Sc. durch die genannten Beamten würde voraussetzen, daß sich So. strafbar gemacht hat. Wenn dieser aber - wie sich aus den Urteilsfeststellungen (UA S. 8) ergibt - im Auftrag von Agenten der Zollfahndung die Kaufverhandlungen geführt hat, um die Angeklagten der Zollfahndung zuzuführen, liegt in seiner Person keine Straftat vor, da ihm der auf den Erfolg der Haupttat gerichtete Wille fehlt (vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1973 - 1 StR 657/72 - und vom 27. August 1974 - 1 StR 300/74).
3.)
Sachrüge
Aus den gleichen Gründen, wie unter II A 2 b dargelegt, begegnet die Beurteilung als besonders schwerer Fall durchgreifenden Bedenken. Zu berücksichtigen ist weiter auch hier die geänderte Strafandrohung; die Verhängung von Geldstrafe neben Freiheitsstrafe ist nur noch unter den Voraussetzungen des § 41 StGB n.F. möglich. Zur Frage, inwieweit trotz verminderter Schuldfähigkeit eine Strafmilderung abgelehnt werden kann, wird auf BGHSt 7, 28, 31 verwiesen.
Im übrigen ist die Revision offensichtlich unbegründet.
Das Urteil war daher im gesamten Ausspruch über die Rechtsfolgen der Taten aufzuheben; die weitergehende Revision war zu verwerfen.
Fundstellen