Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. Mai 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 6. März 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als Vermieterin der Klägerin den Eintritt eines von dieser bestimmten Mieters in einen Mietvertrag verweigern durfte.
Mit Vertrag vom 24. September 1993 überließ die Beklagte ein ihr gehörendes Grundstück dem Verein „S. und J. Z.” mit einem auf 25 Jahre befristeten Vertrag zur Nutzung. Der Verein schloß am 15. Oktober 1993 einen Unterpachtvertrag über einen Teil des Objekts. Dort betrieb der Unterpächter die Diskothek „K.”. Zwischen der Klägerin und dem Unterpächter und Betreiber der Diskothek kam es zu einem Darlehens- und Bierlieferungsvertrag.
Am 14. Dezember 1993 unterzeichnete der erste Beigeordnete der Beklagten eine „Mieteintrittsrechtserklärung”. Darin räumte die Beklagte als Vermieterin für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Pachtvertrages der Klägerin das Recht ein, durch einseitige Erklärung in den „Mietvertrag” mit Wirkung für die Zukunft einzutreten und einen Unterpächter einzusetzen oder einen Dritten als zukünftigen Mieter zum Eintritt zu bestimmen. Der Verein löste sich am 11. Mai 1995 auf. Da der Unterpächter nicht bereit war, den Pachtzins an die Beklagte zu zahlen, kündigte die Beklagte dem Unterpächter. Dieser gab daraufhin das Unterpachtobjekt am 14. August 1996 zurück.
Am 6. Mai 1996 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie von ihrem Mieterbestimmungsrecht Gebrauch mache, und benannte J.L. als Mieter. Die Beklagte lehnte den Eintritt des Vorgeschlagenen in den Mietvertrag ab.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 125.000 DM geltend gemacht. Sie hat ihren Anspruch damit begründet, daß der Unterpächter und Betreiber der Diskothek den mit ihr geschlossenen Darlehens- und Bierlieferungsvertrag nicht mehr erfüllt habe. Der von ihr vorgeschlagene Interessent hätte die Restschulden des bisherigen Unterpächters übernommen und seinerseits mit ihr einen Darlehens- und Bierlieferungsvertrag abgeschlossen. Durch die Weigerung der Beklagten, den Interessenten in den Mietvertrag eintreten zu lassen, sei ihr ein Schaden entstanden, der in der Nichtrückführung des alten Darlehens und in entgangenem Gewinn bestehe. Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, daß die Beklagte ihre vertraglich übernommene Verpflichtung, einen von der Klägerin benannten Mieter zu akzeptieren, verletzt habe und nach § 286 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sei. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus sowie zur Abweisung der Klage.
1. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, daß die Klage wegen Verschuldens der Beklagten bei Vertragsschluß (c.i.c.) dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Im einzelnen hat es ausgeführt: Die „Mieteintrittsrechtserklärung” vom 14. Dezember 1993 sei unwirksam, weil sie die in § 67 Abs. 2 der Brandenburgischen Gemeindeordnung verlangten Formerfordernisse nicht erfülle. Die Schriftform sei nicht eingehalten. Darüber hinaus habe die Verpflichtung der Beklagten der Unterschrift des hauptamtlich tätigen Bürgermeisters und des Vorsitzenden der Gemeindevertretung bedurft. Das Rechtsgeschäft gehöre nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Die Beklagte hafte aus Verschulden bei Vertragsschluß. Der erste Beigeordnete der Beklagten habe nach dem Inkrafttreten der Brandenburgischen Gemeindeordnung wissen müssen, daß seine alleinige Unterschrift nicht ausreiche, um eine wirksame Verpflichtung der Beklagten zu begründen. Dieses Verschulden müsse sich die Beklagte zurechnen lassen und der Klägerin den Vertrauensschaden ersetzen. Dazu gehöre auch der Ersatz des entgangenen Gewinns, wie ihn die Klägerin geltend gemacht habe.
2. Dies hält – wie die Revision mit Recht geltend macht – in einem entscheidenden Punkt einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend geht das Oberlandesgericht davon aus, daß die „Mieteintrittsrechtserklärung” der Beklagten vom 14. Dezember 1993 unwirksam ist. Nach § 67 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg bedürfen Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform und sind vom hauptamtlichen Bürgermeister und vom Vorsitzenden der Gemeindevertretung, somit von zwei Personen, zu unterzeichnen (sogenanntes Vier-Augen-Prinzip; vgl. Potsdamer Kommentar zur Kommunalverfassung des Landes Brandenburg § 67 Nr. 5). Die Nichteinhaltung der vorgesehenen Formvorschriften führt nicht zur Anwendung des § 125 BGB, sondern der §§ 177 ff. (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; vgl. BGH 32, 375, 380; Soergel/Hefermehl BGB 13. Aufl. § 125 Rdn. 2). Unterzeichnet – wie hier – nur ein Vertretungsberechtigter, so überschreitet er seine Vertretungsmacht mit der Folge, daß die Körperschaft nicht verpflichtet wird.
Da das Berufungsgericht eine Genehmigung nicht festgestellt hat und ausreichende Anhaltspunkte für eine solche auch nicht ersichtlich sind, ist die Verpflichtung unwirksam. Das wird von den Parteien in der Revisionsinstanz nicht in Frage gestellt.
b) Das Berufungsgericht bejaht unangegriffen eine Haftung aus c.i.c. und geht bei der Anwendung der Regeln der culpa in contrahendo von zutreffenden Rechtsgrundsätzen aus. Es nimmt mit Recht an, daß hier einer der Fälle vorliegt, in denen die Rechtsprechung Ersatz des Vertrauensschadens gewährt, weil ein an den Vertragsverhandlungen Beteiliger (hier: die Beklagte) das berechtigte Vertrauen der Gegenseite (Klägerin) auf das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts schuldhaft enttäuscht hat (BGHZ 92, 164, 176; Staudinger/Löwisch BGB 13. Bearb. 1995 vor §§ 275 ff. Rdn. 66; MünchKomm/Emmerich BGB 3. Aufl. vor § 275 Rdn. 60 ff.). Die Beklagte muß sich das Verschulden ihres Beigeordneten zurechnen lassen (§§ 31, 89 BGB). Ein Verschulden des Amtswalters ist schon deshalb zu bejahen, weil er die für ihn geltenden Vertrags- und Zuständigkeitsvorschriften besser kennen mußte als die Klägerin (BGHZ 92 aaO S. 175).
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der von der Klägerin hier geltend gemachte Schaden nach den Grundsätzen der c.i.c. aber nicht ersatzfähig.
aa) Ist aus einer c.i.c. Schadensersatz wegen Nichtzustandekommens eines wirksamen Rechtsgeschäfts zu leisten, beschränkt sich die Haftung – wie auch sonst – auf den Ersatz des Vertrauensschadens. Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Geschäfts vertraut hätte (BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 – VII ZR 110/91 – BGHR BGB vor § 1/Verschulden bei Vertragsschluß, öffentliche Hand 1; Staudinger/Löwisch aaO Rdn. 74).
Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses kann der Geschädigte nur in Ausnahmefällen verlangen (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. vor § 249 Rdn. 17). Ein solcher liegt nicht schon deshalb vor, weil eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bei Mißachtung der zu ihrem Schutz erlassenen Vertretungsregelung aus c.i.c. schadensersatzpflichtig wird. Die Kompetenzvorschriften gewähren Schutz vor rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen und wollen vor den Bindungswirkungen unbedachter und übereilter Verpflichtungserklärungen bewahren (BGH, Urteil vom 8. Juli 1986 – VI ZR 18/85 – NJW 1986, 2939, 2940). Insoweit können und dürfen sie durch die §§ 31, 89 BGB nicht überspielt werden. Eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluß ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der daraus abgeleitete Schadensersatzanspruch auf das positive Interesse für eine unter Verstoß gegen die Kompetenzvorschriften übernommene Verpflichtung gerichtet ist; insoweit kommt der Vertretungsordnung nach ständiger Rechtsprechung Vorrang zu (BGH, Urteil vom 11. Juni 1992, aaO). Der Vertragspartner der Körperschaft kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn er nicht auf die Wirksamkeit des Vertrages vertraut hätte.
bb) Mit Recht rügt die Revision, daß die Klägerin hier das positive Interesse geltend macht. Sie will so gestellt werden, wie sie stünde, wenn ihr das Bestimmungsrecht wirksam eingeräumt worden wäre. Dann wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, den von der Klägerin vorgeschlagenen Mieter in den Mietvertrag eintreten zu lassen. Dieser Mieter hätte die vom Vormieter hinterlassenen Verbindlichkeiten übernommen und der Klägerin weiterhin Gewinn ermöglicht. Dieser Schaden fällt aber nicht unter das negative Interesse. Er ist nicht deshalb entstanden, weil die Klägerin auf die Wirksamkeit ihres Bestimmungsrechts vertraut hat, sondern wäre auch eingetreten, wenn die Beklagte die „Mieteintrittsrechtserklärung” nicht abgegeben hätte.
cc) Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Sämtliche vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen unterfallen nicht dem negativen Interesse und sind deshalb nicht erstattungsfähig. Die Sache ist daher zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Unterschriften
Blumenröhr, Gerber, Sprick, Bundesrichterin Weber-Monecke ist im Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Blumenröhr, Fuchs
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 18.07.2001 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 625133 |
NJW-RR 2001, 1524 |
NZM 2001, 855 |
NJ 2002, 147 |