Verfahrensgang
LG Meiningen (Urteil vom 28.03.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 28. März 2003, soweit er verurteilt worden ist,
im Schuldspruch dahingehend geändert, daß der Angeklagte S.
- im Komplex B der Urteilsgründe wegen Betrugs in zwei Fällen, davon in einem Fall in zwei tateinheitlichen Fällen, und
- im Komplex D der Urteilsgründe wegen Betrugs in drei Fällen, davon in einem Fall (Firma Baubetrieb R. GmbH) in sieben tateinheitlichen Fällen, in einem Fall (Firma E. Bau GmbH) in drei tateinheitlichen Fällen und in einem Fall (Firma M.) in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen
- Komplex B, Fall 1 und 4
- Komplex D, Fall 1 bis 12
sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das genannte Urteil, soweit er verurteilt worden ist,
- im Komplex B, Fall 5 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
im Schuldspruch im übrigen dahingehend abgeändert, daß der Angeklagte M.
im Komplex D der Urteilsgründe wegen Betrugs in drei Fällen,
davon in einem Fall (Firma Baubetrieb R. GmbH) in sieben tateinheitlichen Fällen,
in einem Fall (Firma E. Bau GmbH) in drei tateinheitlichen Fällen
und in einem Fall (Firma M.) in zwei tateinheitlichen Fällen
schuldig ist,
in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen
Komplex D, Fall 1 bis 12
sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe
mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das genannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Komplex B, Fall 5 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
5. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten S., M. und P. werden verworfen.
6. Die Revision des Angeklagten Po. gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 28. März 2003 wird verworfen.
Der Angeklagte Po. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Betrugs in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren (unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderen Urteil des Landgerichts Meiningen und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe) verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Den Angeklagten M. hat es unter Freispruch im übrigen wegen Betrugs in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Den Angeklagten Po. hat das Landgericht der Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen für schuldig befunden und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem früheren Urteil des Landgerichts Meiningen und von Einzelstrafen aus einem Erkenntnis des Amtsgerichts Meiningen unter Auflösung der im Urteil des Landgerichts Meiningen insoweit gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe. Den Angeklagten P. hat es wegen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Bis auf den Angeklagten P., der seine Revision allein auf die Sachrüge stützt, rügen alle Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Rechtsmittel sind nur teilweise erfolgreich.
Entscheidungsgründe
II.
Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Die Angeklagten S. und M. betätigten sich in den Jahren 1999 und 2000 gemeinsam als Bauunternehmer im Thüringer Raum. Sie betrieben diverse Scheinfirmen, indem sie mittellose Strohleute als Geschäftsinhaber oder Geschäftsführer einsetzten und die Geschäfte faktisch selbst oder durch weitere Mittäter führten. Es entsprach dem gemeinsamen Tatplan, durch diese Scheinfirmen Handwerker als Subunternehmer zu beauftragen, Arbeitnehmer einzustellen sowie Baumaterial von verschiedenen Lieferanten zu beziehen und dabei in möglichst geringem Umfang Gegenleistungen durch Zahlung zu erbringen.
Die Urteilsfeststellungen unterteilen sich in vier große Tatkomplexe; alle Taten stehen im Zusammenhang mit dem Betreiben von Firmen auf dem Bausektor. Während S. und M. an allen vier Tatkomplexen beteiligt waren, wirkte der Angeklagte Po. nur im Komplex A, der Angeklagte P. nur im Komplex B mit.
Tatkomplex A:
Die Firma M. GmbH führte 1998/1999 einen Generalauftrag für eine Firma H. GmbH über zwei Bauvorhaben in Gotha und Erfurt durch. Zur Beauftragung der Handwerker schaltete man eine Firma W.-Bau ein, die auf Betreiben von S. auf den Namen des mittellosen Strohmanns W. angemeldet wurde. Dieser erteilte dem Angeklagten Po. Kontovollmacht und Prokura; auf die weiteren Geschäfte hatte W. keinen Einfluß, sondern arbeitete als ungelernte Kraft auf den Baustellen. Tatsächlich wurde die Firma von S. und M. geführt, die bestimmten, welche Handwerker beauftragt werden sollten. M. teilte ihnen die Arbeiten zu; Po., der die betrügerischen Absichten kannte, fungierte als Bauleiter und unterschrieb die Verträge mit den Handwerkern.
In den von der Strafkammer festgestellten sechs Einzelfällen dieses Tatkomplexes wurden auf die geschilderte Weise Handwerker beauftragt und nicht oder nur teilweise bezahlt. In den Fällen 1 und 3 geht es um die Nichtzahlung von Abschlags- bzw. Teilrechnungen, im Fall 2 um eine nach vorherigem Aufmaß abgerechnete Leistung, nachdem auf der Baustelle ein Ansprechpartner nicht mehr erreichbar gewesen war. Im Fall 4 beziffert das Landgericht den bei der Handwerkerfirma eingetretenen Schaden auf über 36.000 DM für die gesamte geleistete Arbeit, die nach der Nichtzahlung von zwei Abschlagsrechnungen in Rechnung gestellt worden war. In den Fällen 5 und 6 geht das Landgericht von ausstehendem Werklohn in Höhe von ca. 23.000 DM und ca. 44.500 DM aus, welcher nicht gezahlt wurde, ohne daß Mängel hinsichtlich der geleisteten Arbeiten geltend gemacht worden wären.
Tatkomplex B:
Im Jahre 2000 betrieben S. und M. unter einer Firma C.-Bau GmbH, deren Gesellschafterin und Geschäftsführerin die Lebensgefährtin von S. war, u.a. eine Baustelle in R., auf der Eigentumswohnungen errichtet werden sollten. Die Arbeiten auf dieser und anderen Baustellen wurden nach außen hin wiederum von Scheinfirmen als Subunternehmen ausgeführt, wobei S. und M. in Wirklichkeit die Geschäfte führten. Auch hier hatte man von vornherein nicht die Absicht, die eingestellten Arbeiter und das bestellte Baumaterial wie geschuldet zu bezahlen (insoweit Tatkomplex C und D).
S. und M. verkauften die in Bau befindlichen Wohnungen an Personen, die finanziell nicht in der Lage waren, die sich aus den Darlehensverträgen ergebenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Diesen mittellosen, aber nicht als kreditunwürdig bekannten Käufern spiegelte man vor, die monatlich zu leistenden Zahlungen würden durch Vermietung ausgeglichen bzw. von S. oder seinen Mittätern getragen; zum Teil erhielten die Erwerber auch Belohnungen für den Kauf ausgezahlt. Durch Zusammenwirken der Angeklagten S., M., P., der früheren Mitangeklagten Sp. und eines gesondert verfolgten D. wurde die finanzierende Bank, die Rh.
Hypothekenbank, über die Zahlungsfähigkeit der Käufer mittels Vorlage gefälschter Unterlagen getäuscht: von D. wurden falsche Verdienstbescheinigungen ausgestellt; der Angeklagte P., der sich als Finanzierungsdienstleister betätigte, teilte D. mit, in welcher Höhe ein Einkommensnachweis benötigt wurde, und sorgte dafür, daß in den vom Käufer auszufüllenden Selbstauskünften entsprechende Eigenmittel und Einkünfte eingetragen wurden. Anschließend reichte P. die Unterlagen an die Bank
weiter. Zu den Notarterminen erschien M., während S. sich bei den Verkäufen im Hintergrund hielt.
Aufgrund der falschen Angaben gewährte die Rh. Hypothekenbank jeweils Darlehen und zahlte diese auf das Konto der C.-Bau GmbH, an die die Käufer ihre Auszahlungsansprüche abgetreten hatten. Die Zahlungen erfolgten nach Baufortschritt, den S. und M. der Bank vorspiegelten, indem sie falsche Bautenstandsberichte des Architekten vorlegten. Außerdem ließ M. Rechnungen des angeblichen Subunter- nehmers E. Bau fertigen, durch die angeblich geleistete Arbeiten belegt werden sollten.
Das aus dem Verkauf der in Bau befindlichen Wohnungen eingehende Geld wurde nur teilweise für die Errichtung der Wohnungen eingesetzt. Zum größten Teil gelangten die von der finanzierenden Bank eingehenden Zahlungen bar an S., der das Geld für sich selbst verwendete und davon unter anderem seine Mittäter und Helfer bezahlte.
Wie von S. und M. vorausgesehen wurde, war bei dieser Geschäftsführung eine ordnungsgemäße Erstellung der Wohnungen nicht zu erwarten. Diese sind bis heute nicht fertiggestellt und weitgehend unverwertbar; die C.-Bau GmbH hat Insolvenz angemeldet. Nur die nicht in R.
befindliche Wohnung im Fall 5, an deren Verkauf und Finanzierung der Angeklagte S. nicht beteiligt war, ist fertiggestellt und vermietet.
Tatkomplex C:
Über die Scheinfirmen E. Bau GmbH (Sommer 2000, Einzelfälle 1 bis 5) und Firma M. (Herbst bis Ende 2000, Fälle 6 bis 9) wurden zahlreiche Arbeitnehmer eingestellt, die u.a. auf Baustellen von S. und M. in R. und Me. arbeiteten und, dem vorgefaßten Tatplan entsprechend, nur teilweise oder gar nicht bezahlt wurden.
Tatkomplex D:
Im Auftrag der tatsächlich von S. und M. geführten Scheinfirmen Baubetrieb R. GmbH (Ende 1999 bis Frühjahr 2000, Fälle 1 bis 7), E. Bau GmbH (Sommer/Herbst 2000, Fälle 8 bis 10) und Firma M. (Oktober/November 2000, Fälle 11 und 12) wurde Material für die Baustellen der Angeklagten S. und M. bestellt. Dabei bestand von vornherein die Absicht, die Leistungen ganz oder überwiegend unbezahlt zu lassen. Die Angeklagten arbeiteten mit dem Zeugen D. zusammen und ließen oftmals auch andere Personen für sich handeln. Nach dem Plan von S. und M. sollten so viele Waren wie möglich erlangt werden und unbezahlt bleiben. M. bestimmte, welches Material für welche Baustelle benötigt wurde und S. sorgte dafür, daß über die Scheinfirmen Kontakte zu Lieferanten bestanden. Zwischen S., M. und D. bestand eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit. D.nutzte die Firmen E. Bau und M. auch, um Material für sein im Jahr 2000 erbautes Einfamilienhaus in Me. zu erwerben. Ob S. und M. hiervon Kenntnis hatten, war nicht festzustellen; das Landgericht geht aber davon aus, daß die beiden Angeklagten mit Sicherheit wußten, daß die Bestellungen nicht nur ihren eigenen Wünschen entsprachen und dies auch duldeten. Reklamationen durch S. und M., die den Umfang der Bestellungen aus Rechnungen und Mahnungen ersehen konnten, erfolgten nicht.
III.
Die Revisionen der Angeklagten S., M. und P. haben lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Das Rechtsmittel des Angeklagten Po. bleibt insgesamt erfolglos.
1. Die Verfahrensrügen sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen unbegründet, soweit sie überhaupt zulässig erhoben sind.
a) Hinsichtlich der von dem Angeklagten M. erhobenen Verfahrensrüge der Verletzung von § 244 Abs. 3 StPO (S. 31 ff. im Schriftsatz des Rechtsanwalts H. vom 6. August 2003) bemerkt der Senat ergänzend:
Die Rüge der fehlerhaften Ablehnung der Zeugenvernehmung von Mitarbeitern der Rh. Hypothekenbank dazu, daß die Bank bereits im November/Dezember 2000 von Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Auszahlung der gewährten Darlehen und der Tatsache wußte, daß ein Betrugsverdacht vorlag, entspricht bereits nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Nach der Begründung des Beweisantrags sollte sich aus Band I Bl. 297 der Akten ergeben, daß die Geschäftsstelle der Rh. Hypothekenbank in Erfurt schon vor dem 15. Januar 2001 Kenntnis über Unregelmäßigkeiten bei der C.-Bau GmbH hatte. Die Revision legt dieses Schriftstück nicht vor und teilt auch dessen genauen Inhalt nicht mit. Dem Revisionsgericht ist somit die Prüfung verwehrt, ob sich daraus entsprechende Anhaltspunkte ergaben oder ob die Beweisbehauptung möglicherweise ohne jede sachliche Grundlage aufs Geratewohl aufgestellt wurde, so daß die Strafkammer den Antrag zu Recht nach § 244 Abs. 2 StPO behandelt und nicht nach § 244 Abs. 3 StPO verbeschieden haben könnte.
b) Soweit der Angeklagte S. nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist und damit verspätet im Schriftsatz des Rechtsanwalts S. vom 2. Dezember 2003 einen Verstoß gegen § 136 a StPO rügt, weil dem Zeugen D. möglicherweise seitens der Staatsanwaltschaft Zusagen über seine eigene Strafvollstreckung gemacht worden seien, kann ein solcher Verstoß nur auf eine zulässige Verfahrensrüge, die hier nicht vorliegt, geprüft werden (vgl. BGH bei Miebach NStZ 1988, 211; NJW 1995, 2047; Boujong in KK StPO 5. Auflage § 136 a Rdn. 43).
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der von allen Angeklagten erhobenen Sachrüge führt im Komplex B der Urteilsgründe zu einer Schuldspruchänderung und Aufhebung der davon betroffenen Einzelstrafaussprüche bei dem Angeklagten S. sowie zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 5 bei den Angeklagten M. und P.. Im Komplex D war der Schuldspruch bei den Angeklagten S. und M. zu ändern, was die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche nach sich zieht. Die Aufhebung der erwähnten Einzelstrafaussprüche und die Aufhebung des Schuldspruchs im Komplex B Fall 5 führt zur Aufhebung der Gesamtstrafaussprüche für die Angeklagten S., M. und P.. Im übrigen weist das Urteil keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil eines der vier revidierenden Angeklagten auf.
a) Im Tatkomplex A tragen die Feststellungen des Landgerichts bei den Angeklagten S. und M. die Verurteilung wegen Betrugs und bei dem Angeklagten Po. die Annahme von Beihilfe zum Betrug in allen sechs ausgeurteilten Einzelfällen.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, daß durch das Zusammenwirken der drei Angeklagten im Namen der Firma W.-Bau, welche faktisch von S. und M. geführt wurde, die einzelnen Handwerker über die Leistungswilligkeit der Firma W.-Bau getäuscht wurden, deshalb entsprechende Werkverträge abschlossen und Leistungen erbrachten. Der Schaden der getäuschten Handwerker liegt jedenfalls in der Erbringung ihrer Arbeit, für die eine Gegenleistung ausgeblieben ist.
Einen solchen Schaden hat das Landgericht auch in den Einzelfällen 4 bis 6 ohne Rechtsfehler angenommen.
aa) Soweit der Generalbundesanwalt meint, im Fall 4 sei ein vollendeter Betrug nur hinsichtlich der mit den Abschlagsrechnungen geltend gemachten Leistungen gegeben, dagegen sei mangels einer Auseinandersetzung des Landgerichts mit Fälligkeit und Wert der geleisteten Arbeit unklar, ob auch der zugrundegelegte Gesamtschaden von über 36.000 DM entstanden sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Sofern die Zahlung einer Abschlagsrechnung vom Besteller ernsthaft und endgültig verweigert wird – wovon das Landgericht hier ausgegangen ist, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt –, kann der Werkunternehmer den Vertrag kündigen und die gesamten bisher erbrachten Leistungen in Rechnung stellen (Werner/Pastor, Der Bauprozeß 10. Aufl. Rdn. 1224 a. E., 1331 ff.). Eine Aufhebung im Strafausspruch ist insofern nicht veranlaßt, da sich den Feststellungen insgesamt noch hinreichend entnehmen läßt, daß ein fälliger Anspruch des Unternehmers in Höhe der gesamten Forderung bestand. Im übrigen ist auch auszuschließen, daß die Strafaussprüche in diesem Fall auf der irrtümlichen Annahme eines zu hohen Schadens beruhen könnten, da das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung nicht nach der Schadenshöhe differenziert, sondern für sämtliche Schäden, die sich in einer Spanne zwischen 9.000 DM und 44.500 DM bewegen, bei allen drei Angeklagten jeweils dieselben Einzelstrafen für alle Einzelfälle verhängt hat.
bb) Auch in den Einzelfällen 5 und 6, in denen die Strafkammer nicht näher darlegt, ob es sich bei den ausstehenden Forderungen um Abschlags- oder Endabrechnungen handelte, läßt sich den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit noch ausreichend entnehmen, daß bei den Handwerkern in Höhe der jeweiligen Rechnungsbeträge ein Schaden entstanden ist. Das Landgericht geht ersichtlich davon aus, daß die Leistungen der Handwerker jeweils abnahmefähig waren, so daß die Werklohnansprüche infolge einer ernsthaften und endgültigen Abnahmeverweigerung auch fällig waren. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Mängel der Werkleistungen nicht geltend gemacht worden waren und seitens der Firma W.-Bau von vornherein ohnehin nicht beabsichtigt war, ihre Verpflichtungen aus den Werkverträgen zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund mußte sich die Strafkammer nicht gedrängt sehen, nähere Feststellungen zur Höhe der Werklohnansprüche zu treffen.
cc) Soweit das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten Po. gewerbsmäßiges Handeln angenommen und den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB nach §§ 49 Abs. 1, 27 Abs. 2 StGB gemildert hat, könnten hinsichtlich des persönlichen Strafschärfungsmerkmals (§ 28 Abs. 2 StGB) der Gewerbsmäßigkeit Bedenken bestehen. Dies kann jedoch offen bleiben. Der Senat schließt aus, daß der Tatrichter bei Anwendung des nach §§ 49 Abs. 1, 27 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmens des § 263 Abs. 1 StGB zu milderen Einzelstrafen gelangt wäre. Denn die Strafkammer, die für alle sechs Fälle Einzelstrafen von sechs Monaten verhängt hat, hat sich insoweit ersichtlich an der Untergrenze des Strafrahmens orientiert.
b) Der im Tatkomplex B der Urteilsgründe festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die Annahme eines mittäterschaftlich begangenen Betrugs in drei Fällen zu Lasten der finanzierenden Rh. Hypothekenbank. Diese wurde durch Zusammenwirken der Angeklagten S., M. und P. mit der Mitangeklagten Sp. und dem Zeugen D. über die Bonität der Käufer und über die Fähigkeit der für den Bau verantwortlichen Angeklagten zur Fertigstellung der Wohnungen, später auch über den Baufortschritt getäuscht. Dies führte zum Abschluß der Darlehensverträge und in Abhängigkeit vom nachgewiesenen Baufortschritt zur Auszahlung von Darlehens- (teil-)beträgen. Die Käufer waren zur Begleichung der Darlehensraten nicht in der Lage; die die Darlehen sichernden Grundpfandrechte blieben angesichts vorausgesehener mangelnder Fertigstellung der Wohnungen praktisch wertlos.
Die tatrichterliche Wertung, auch der Angeklagte P. habe nicht nur als Gehilfe, sondern als Mittäter gehandelt, ist nicht zu beanstanden, wie der Generalbundesanwalt zutreffend und ausführlich dargelegt hat. Die Feststellungen des Urteils tragen eine Mittäterschaft des Angeklagten P. sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht. Der Bejahung von Mittäterschaft steht insbesondere weder der Umstand entgegen, daß der Angeklagte P. nach den Feststellungen nur relativ geringe Provisionszahlungen seitens der Bank erhielt, noch die Tatsache, daß das Landgericht strafmildernd berücksichtigt hat, er sei nur „eine Randfigur des Geschehens” gewesen. Denn der Tatbeitrag des Angeklagten P. war tatsächlich, wie auch die Strafkammer ausdrücklich erwähnt, für die Durchführung der Taten von erheblicher Bedeutung. Das relativ geringe finanzielle Eigeninteresse ist daher nicht geeignet, die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des in den Tatplan in vollem Umfang eingeweihten Angeklagten P. als rechtsfehlerhaft anzusehen.
aa) Da der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen lediglich im Fall 2 selbst konkret auf den Verkauf der Wohnung hinwirkte und er ansonsten nicht nach außen in Erscheinung trat, sondern für die Entgegennahme der Gelder und die Fortführung der Bauarbeiten entsprechend dem Gesamtplan sorgte, ändert der Senat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts den Schuldspruch dahin, daß sich der Angeklagte im Fall 1 und 4 eines in gleichartiger Tateinheit begangenen Betrugs schuldig gemacht hat. § 265 StPO steht nicht entgegen, der Angeklagte hätte sich gegen die Annahme von Tateinheit nicht anders als gegen die Feststellung von Tatmehrheit verteidigen können. Dem Angeklagten S. sind als Mittäter die Tatbeiträge der anderen zuzurechnen, so daß ihm das Landgericht die Taten 1 und 4 zu Recht zur Last gelegt hat. Angesichts seines insoweit nur im Vorfeld bzw. im Hintergrund der Vertragsabschlüsse geleisteten Beitrags sind aber die von den anderen bewirkten Betrugshandlungen in seiner Person zur Tateinheit verbunden (vgl. BGH wistra 2003, 384; StV 2002, 73; BGHR StGB § 263 Täterschaft 1 und 2). Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der hiervon betroffenen Einzelstrafen im Fall 1 und 4.
bb) Bei den Angeklagten M. und P. – der Angeklagte S. war insoweit nicht angeklagt – war der Schuldspruch im Fall 5 des Tatkomplexes B aufzuheben, da den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, ob und in welcher Höhe der Bank durch die Täuschung über die Zahlungsfähigkeit der Käufer ein Schaden entstanden ist. Daß das gewährte Darlehen in voller Höhe zur Rückzahlung aussteht, genügt angesichts der Tatsache, daß die betreffende Wohnung fertiggestellt und vermietet ist, zur Begründung eines Vermögensschadens nicht. Denn die finanzierende Bank kann sich möglicherweise im Wege der Zwangsvollstreckung vollständig befriedigen, so daß der Rückzahlungsanspruch hier, anders als in den Fällen 1, 2 und 4, durch das eingeräumte Grundpfandrecht von Anfang an – trotz fehlender Bonität der Darlehensnehmer – ausreichend gesichert gewesen wäre. Der Senat schließt sich insofern den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts an.
cc) Einer Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen 1, 2 und 4 des Tatkomplexes B bei den Angeklagten M. und P. sowie im Fall 2 bei dem Angeklagten S. bedarf es – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – nicht. In diesen drei Fällen erfolgten (Teil-)Auszahlungen der Bank erst im Dezember 2000 bzw. Januar 2001. Der Generalbundesanwalt meint, angesichts des unter III.1 a) bereits dargelegten Beweisantrags des Angeklagten M. hätte das Landgericht näher erörtern müssen, wann die Bank Kenntnis vom Betrugsverdacht hatte und warum sie trotz entsprechender Hinweise auszahlte. Insoweit sei für die späteren Auszahlungen nicht sicher, ob diese auf dem von den Angeklagten hervorgerufenen Irrtum der Bank beruhten. Dies trifft zwar theoretisch im Ansatz zu, aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich aber dafür nichts. Nach dem Urteil besuchte ein Mitarbeiter der Rh. Hypothekenbank im Februar 2001 die Baustelle; dafür, daß bereits vorher ein Verdacht bestand und die Täuschung durch die Angeklagten für einen Irrtum der Bank mit anschließender Vermögensverfügung nicht mehr kausal war, fehlt jeder Anhalt.
Abgesehen davon ist auszuschließen, daß die im Komplex B, Fall 1, 2 und 4 verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und zwei Monaten auf einem den Schuldumfang betreffenden eventuellen Verfahrensverstoß oder sachlich-rechtlichen Fehler beruhen. Denn das Landgericht hat sich bei der Strafzumessung ersichtlich nicht entscheidend an der Höhe des ausgezahlten Gesamtdarlehensbetrags orientiert, wie etwa ein Vergleich der Einzelfälle 2 und 4 zeigt: Hat die Strafkammer bereits im Fall 4 bei einem Darlehensbetrag von 125.860 DM die genannte Einzelstrafe für angemessen gehalten, so schließt der Senat aus, daß sie im Fall 2 ohne die zweite Auszahlung von ca. 48.000 DM bei einer verbleibenden Auszahlungssumme von über 148.000 DM eine geringere Strafe verhängt hätte. Entsprechendes gilt für Fall 1.
c) Die Verurteilung der Angeklagten S. und M. wegen Betrugs in neun Fällen im Tatkomplex C hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Soweit der Generalbundesanwalt meint, die knappen Feststellungen in den Fällen 6 bis 9 seien zu pauschal, formelhaft und bildeten keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung, teilt der Senat diese Bedenken nicht.
Nach den Urteilsfeststellungen entsprach es dem gemeinsamen Plan der Angeklagten S. und M., über die Scheinfirmen E. Bau GmbH und M. Arbeitnehmer für diverse Baustellen einzustellen, ohne diese im geschuldeten Umfang zu bezahlen. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen ergibt, bestand in der grundsätzlichen Organisation und Vorgehensweise der beiden Firmen kein Unterschied: Beide Angeklagten führten faktisch die Geschäfte, der Angeklagte M. war außerdem auf den Baustellen anwesend und wies den Arbeitern ihre Aufgaben zu. Zwar bezieht sich die Feststellung auf Blatt 25 UA, die Arbeitnehmer seien von S. und M. eingestellt worden, ausdrücklich nur auf die Firma E. Bau GmbH (Fälle 1 bis 5). Insoweit handelt es sich aber angesichts der entsprechenden Organisation bei beiden Firmen und nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erkennbar um eine auch für die späteren Vertragsabschlüsse geltende Feststellung, die von der Strafkammer gleichermaßen „vor die Klammer gezogen” wurde.
d) Im Tatkomplex D hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, daß den Bestellungen von Baumaterial, die oftmals durch Angestellte der Scheinfirmen erfolgten, ein betrügerisches Vorgehen der Angeklagten S. und M. zugrunde lag, das systematisch darauf abzielte, Waren auf Kredit zu erlangen, ohne diese später zu bezahlen.
aa) Eine Aufhebung des Schuldspruchs kommt weder im Fall 11 hinsichtlich des Angeklagten S. noch im Fall 5 hinsichtlich des Angeklagten M. in Betracht.
Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts ergibt sich aus den Feststellungen im Fall 11 bereits nicht, daß die dort erfolgten Materialbestellungen ausschließlich dem Angeklagten M. und dem Zeugen D. für von ihnen betriebene Baustellen zugute kamen. Vielmehr wurde das Rechnungskonto im G. Baumarkt ausdrücklich auch auf Wunsch des Angeklagten S. eingerichtet und Baumaterial auch – also nicht nur – für Baustellen von D. und M. eingekauft. Im Fall 5 wurden die angemieteten Kondenstrockner zwar für Baustellen des Angeklagten S. benötigt; das Landgericht stellt aber ausdrücklich fest, daß auch M. von diesem Vorgang Kenntnis hatte und beide Angeklagten von vornherein nicht die Absicht hatten, die Geräte zurückzugeben oder die Miete zu zahlen.
Der Senat hat insoweit keine Bedenken, beiden Angeklagten jeweils wechselseitig die Einzelfälle 5 und 11 zuzurechnen, wie es auch das Landgericht getan hat. Nach den Feststellungen handelten S. und M. im Zusammenwirken mit D. nach einem gemeinsamen Tatplan; zwischen ihnen bestand eine „enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit”. Die Einzelheiten der Warenbestellungen für die verschiedenen Baustellen waren nicht jeweils jedem Beteiligten bekannt; es entsprach vielmehr ersichtlich dem Plan, daß jeder im Namen der Scheinfirmen einkaufen konnte, was benötigt wurde. Die Bestellungen waren aus den zahlreichen Rechnungen und Mahnungen zu ersehen; weder durch S. noch durch M. erfolgten jemals Beanstandungen an Bestellungen der jeweils anderen.
bb) Allerdings war der Schuldspruch im Tatkomplex D zu ändern, da das Landgericht bei beiden Angeklagten zu Unrecht von elf selbständigen Betrugstaten ausgegangen ist. Denn sie waren an den Warenbestellungen nicht persönlich beteiligt; ihr jeweiliger Tatbeitrag beschränkte sich vielmehr auf die gemeinsame Organisation der drei Scheinfirmen Baubetrieb R. GmbH, E. Bau GmbH und M. mit dem Ziel, über diese Firmen in möglichst großem Umfang Waren für die laufenden Baustellen ohne Bezahlung zu erlangen.
Für beide Angeklagten ist daher bezogen auf die drei zeitlich nacheinander eingesetzten Scheinfirmen, bei denen sich jeweils die Betrugsabsicht neu manifestierte, von drei selbständigen Taten auszugehen, innerhalb derer die im Namen der entsprechenden Firma erfolgten Bestellungen tateinheitlich verwirklicht wurden. Da eine konkrete Mitwirkung der Angeklagten S. und M. an den einzelnen Vertragsabschlüssen nicht ausreichend festgestellt ist, bleibt es für jede der drei Scheinfirmen bei nur einer selbständigen Tat der Angeklagten, ohne daß dem Senat insoweit eine weitere Differenzierung nach dem Umfang der getätigten Bestellung angezeigt erscheint.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Strafaussprüche für die Angeklagten S. und M. in sämtlichen Einzelfällen dieses Tatkomplexes.
e) Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 5 des Komplexes B bei den Angeklagten M. und P. sowie die Aufhebung einiger Einzelstrafaussprüche in den Komplexen B und D bei den Angeklagten S. und M. haben bei diesen Angeklagten die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge.
Die Revision des allein im Komplex A beteiligten Angeklagten Po. hat insgesamt keinen Erfolg und ist zu verwerfen.
f) Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, daß für die Bildung der Gesamtstrafe eine zusammenfassende Würdigung des Täters und der Straftaten zu erfolgen hat. Dabei bedarf eine im Vergleich zur Einsatzstrafe stark erhöhte Gesamtstrafe besonderer Begründung. Der bloßen Summe der Einzelstrafen kommt in der Regel nur geringes Gewicht zu (BGHR StGB § 54 Bemessung 8, 12; BGH NStZ-RR 1997, 228; 2003, 295).
Unterschriften
Rissing-van Saan, Detter, Bode, Otten, Roggenbuck
Fundstellen
Haufe-Index 2558139 |
StraFo 2004, 424 |