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BGH Urteil vom 18.09.1997 - 5 StR 331/97

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Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in vier Fällen, in zwei Fällen tateinheitlich mit Urkundenfälschung, wegen versuchten Betrugs in 49 Fällen, in 34 Fällen tateinheitlich begangen mit Urkundenfälschung, sowie wegen Urkundenfälschung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit der Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und damit im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig. Die Sachrüge hat teilweise Erfolg.

1. Die Überprüfung des Urteils läßt, soweit der Schuldspruch in Frage steht, in den Fällen II A 1, 2 (jeweils Betrug), II B 17 (Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung) und II B 28, 29, 50 (jeweils versuchter Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung) Rechtsfehler nicht erkennen. Der Ausführung bedarf nur folgendes:

a) Der Schuldspruch im Fall II A 1 hält im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte bei Verhandlungen über die weitere Valutierung eines Kredits in Höhe von 50.000 DM zugesagt, den Gesamtkredit (150.000 DM waren bereits ausbezahlt; durch eine Grundschuld (einzutragen für ein bestimmt bezeichnetes Grundstück) zu sichern. Im Vertrauen auf die Sicherungszusage, die der Angeklagte - der nicht Eigentümer des Grundstücks war - nicht einhalten konnte und wollte, hat die Darlehensgeberin 50.000 DM ausgezahlt. Die Darlehensgeberin ist damit durch die Sicherungszusage getäuscht und ist aufgrund der Täuschung um 50.000 DM geschädigt worden, weil erst die Besicherung den Rückzahlungsanspruch werthaltig gemacht hätte.

b) Im Fall II A 2 sind die Voraussetzungen des Betrugs im Ergebnis ausreichend festgestellt.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte den Zeugen Dr. F. veranlaßt, mit der Firma "D" GmbH in Gründung einen Arbeitsvertrag zu schließen. Der Angeklagte war sich darüber im klaren, daß die Arbeitgeberin, für die er handelte, Arbeitsentgelt nicht würde bezahlen können. Er hoffte zwar, daß Dr. F. "aus dem Vermögen" einer anderen Firma (Z) würde bezahlt werden können. Zur Erklärung in diesem Sinne war er jedoch nicht "autorisiert"; die Z war auch nicht in der Lage, Zahlungen zu leisten. In Erwartung des neuen Tätigkeitsfeldes kündigte Dr. F. seine Anstellung beim Max-Planck-Institut in Göttingen. Gehaltszahlungen von der neuen Arbeitgeberin erhielt er nicht.

Das Landgericht ist der Auffassung, daß Dr. F. durch Täuschung des Angeklagten dadurch in seinem Vermögen geschädigt worden sei, daß er seine Stellung kündigte; den Schaden beziffert das Landgericht mit 15.000 DM, unter anderem bestehend in dem Verlust der Gehaltszahlung beim Max-Planck-Institut.

Ein solcher Schaden ist mit dem vom Angeklagten erstrebten Vermögensvorteil (der Arbeitsleistung des Dr. F.) nicht stoffgleich. Dr. F. ist aber - was dem Angeklagten bewußt war und was er in Kauf nahm - auch dadurch geschädigt worden, daß er aufgrund der Täuschung des Angeklagten Dienstleistungen ohne Aussicht auf vertragsgemäße Entlohnung für die Zeit vom 15. Oktober bis zum 1. November 1994 erbracht, jedenfalls angeboten hat: Diesen Schaden wird der neue Tatrichter bei der Strafzumessung zu beziffern haben.

2. Die Revision des Angeklagten hat in den Fällen II A 3 bis 6 teilweise Erfolg.

a) Der Verurteilung wegen versuchten Betruges im Fall II A 3 liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte hat mit indischen Geschäftsleuten einen Vertrag über die Lieferung von 1.000.000 Tonnen noch zu beschaffenden Stahlschrotts über 132.000.000 US-Dollar geschlossen. Er hatte bei Vertragsschluß die "Hoffnung", den Schrott "durch Weitergabe der übertragbaren Akkreditive, zu deren Eröffnung sich die indischen Vertragspartner unter bestimmten Voraussetzungen vertraglich verpflichtet hatten, zu bezahlen". Zur Eröffnung eines Akkreditivs kam es "letztendlich" nicht, weil der Angeklagte seinen indischen Vertragspartnern keine Bankbürgschaften als geforderte Sicherheiten beibringen konnte.

Das Landgericht bejaht die Voraussetzung für einen versuchten Betrug, weil der Angeklagte in der Hoffnung auf eine Akkreditiveröffnung, die ihm den Zugriff auf die Akkreditivsumme ermöglicht hätte, seine Fähigkeit zur Lieferung des Schrotts vorgetäuscht hätte. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

Der Abschluß eines Kaufvertrages erfüllt die Voraussetzungen eines (Eingehungs-) Betrugs oder versuchten Betrugs noch nicht, wenn der durch Täuschung zustande gekommene Vertrag nur zur Zug-um-Zug-Leistung verpflichtet. In solchen Fällen liegt in dem Vertragsschluß regelmäßig noch keine schadensgleiche Vermögensgefährdung. Dem anderen Vertragspartner infolge Nichtdurchführung des Vertrages entstandene Vermögenseinbußen sind kein Vermögensschaden im Sinne von § 263 StGB, weil es insoweit an der erforderlichen Stoffgleichheit zwischen Schaden und angestrebtem Vormögensvorteil fehlt. Auch eine Verurteilung wegen versuchten Betruges kommt nur dann in Betracht, wenn der Täter bei Vertragsschluß trotz der vertraglichen Gestaltung davon ausging, er werde die von dem Vertragspartner geschuldete Gegenleistung auch ohne Erbringung der eigenen Leistung erhalten (BGH StV 1995, 255; BGH NJW 1992, 2167). Entsprechendes gilt für die Hoffnung auf Erteilung des Akkreditivs.

Die Vorlage von gefälschten Schreiben an den Zeugen Fe. - mit dem Ziel der Erteilung des Akkreditivs - stellt hier keinen Beginn des Betrugsversuchs dar. Dies wäre allenfalls dann anders, wenn der Angeklagte mit der Erteilung unwiderruflicher Akkreditive gerechnet hätte, welche die Bank zur Auszahlung der Akkreditivbeträge ohne Erfüllung weiterer Bedingungen verpflichtet hätten (vgl. BGH StV 1985, 189). Dies ist ebenso wenig festgestellt (UA S. 10) wie die denkbare Möglichkeit, daß der Täuschungsakt erster Teil einer vom Angeklagten bereits geplanten umfassenderen Täuschung zur Erlangung der Akkreditivbeträge gewesen wäre. Der Senat schließt aus, daß ein neuer Tatrichter insoweit sichere Feststellungen treffen könnte, und spricht den Angeklagten, da er insoweit - wenngleich rechtsfehlerhaft - tatmehrheitlich, und zwar zu einer Einzelstrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe, verurteilt worden ist, frei.

b) In dem Fälschen und der Weitergabe der Schreiben an den Zeugen Fe. (Fälle II A 4 bis 6) ist, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, eine Straftat nach § 267 StGB zu sehen. Es liegt aber nur eine Tat und nicht drei Taten - der Urkundenfälschung vor, weil der Angeklagte jeweils bei der Fälschung die Art des Gebrauchens, nämlich eine solche in einem Akt, beabsichtigt hatte. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.

3. Die Revision hat auch in den Fällen II B 1 bis 14 teilweise Erfolg.

a) In den Fällen II B 2 bis 14 hat der Angeklagte nicht gedeckte Schecks ausgestellt und an den Gläubiger übergeben, um diese "ruhig zu stellen". Die Gläubiger verzichteten - zumindest vorübergehend - darauf, ihre Forderungen weiter geltend zu machen. Die Feststellungen könnten, entgegen der Auffassung des Landgerichts, die Verurteilung wegen versuchten Betrugs nur stützen, wenn die Vermögenslage der Gläubiger durch Verzicht auf vorübergehende Geltendmachung ihrer Forderung verschlechtert worden wäre oder wenn der Angeklagte in der Vorstellung gehandelt hätte, daß dies so sei. Dies ist aber bei dem ersichtlich vermögenslosen Angeklagten nicht festgestellt.

b) In Fall II B 1 rechtfertigen die Feststellungen hingegen im Ergebnis, wie der Verteidiger in der Revisionsverhandlung nicht in Abrede gestellt hat, die Verurteilung wegen vollendeten Betruges. Der Angeklagte hat dem Gläubiger W. zur "Rückersteigerung" einer Computeranlage einen nicht gedeckten Scheck überlassen. Die Mutter des Gläubigers hat im Vertrauen auf die Bonität des Schecks 10.000 DM von ihrem Konto abgehoben und ihrem Sohn gegeben; dieser hat die Computeranlage für 7.300 DM ersteigert und die Differenz zu 10.000 DM dem Angeklagten, wie von diesem ersichtlich erwartet, übergeben; um diesen Differenzbetrag ist das Opfer geschädigt.

c) Der Senat kann den Angeklagten in den Fällen II B 2 bis 14 freisprechen, weil er ausschließt, daß weitere Feststellungen zum Nachteil des Angeklagten noch getroffen werden können. Im Fall II B 1 ist der Schuldspruch auf vollendeten Betrug umzustellen. Der Senat kann ausschließen, daß sich der Angeklagte, wäre er auf die Möglichkeit der Schuldspruchänderung hingewiesen worden, anders als geschehen hätte verteidigen können.

4. Die Sachrüge führt in den Fällen II B 15 und 16, 18 bis 27 und II B 30 bis 49 zur Änderung des Schuldspruchs.

a) In den Fällen II B 15 und 16 ergibt sich aus den Urteilsgründen, daß der Angeklagte die Auszahlung der 20.000 DM aufgrund einer Täuschungshandlung - nämlich der Vorlage beider gefälschten Schecks - erreicht hat, somit nur ein Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung vorliegt.

b) Die in den Fällen II B 18 bis 27 (zehn Taten nach Darlegung des Landgerichts) bezeichneten gefälschten Schecks sind der Schweizer Volksbank auf Weisung des Angeklagten an einem Tag vorgelegt worden. Es liegt nur eine Tat der Urkundenfälschung in Tateinheit mit (da Auszahlungen nicht erfolgt sind) versuchtem Betrug vor.

c) In den Fällen II B 30 bis 49 (20 Taten nach Darlegung des Landgerichts) liegt in der Übergabe der gefälschten Schecks an R. in einem Akt zum Zweck möglicherweise einheitlicher Einreichung bei einer Bank nur eine Urkundenfälschung vor. Sie steht in Tateinheit mit versuchtem Betrug, weil drei Schecks (Fälle 30 bis 32) einer Luxemburger Bank vorgelegt worden sind. Daß R. einen der Schecks (Fall 31) möglicherweise nicht selbst auftragsgemäß der Bank eingereicht hat, sondern dies einem Notar überlassen hat, ist unerheblich, weil R. insoweit in der "Hoffnung" gehandelt hat, der Notar "werde alles weitere regeln".

Bei den weiteren Schecks (Fälle 33 bis 49), "die zu keinem Zeitpunkt bei einer Bank zur Vorlage" gelangt sind, ist der Beginn des Betrugsversuchs nicht ausreichend festgestellt: Betrugsversuch läge nur dann vor, wenn der Angeklagte mit der Übergabe der Schecks an R. alles aus seiner Sicht Erforderliche getan hätte, um den Erfolg die Einlösung der Schecks - herbeizuführen. Daran fehlte es jedenfalls dann, wenn R. - was hier zugunsten des Angeklagten anzunehmen ist - Mittäter des Angeklagten gewesen ist und eigene Entscheidungsgewalt gehabt hat; erst seine Entscheidung, die Schecks zur Einlösung vorzulegen, hätte deshalb den Beginn des Betrugsversuchs eingeleitet. Der Schuldumfang ist deshalb in Abweichung von den Darlegungen des Landgerichts einzugrenzen, was der neue Tatrichter bei der Strafzumessung zu beachten haben wird.

d) Der Senat kann den Schuldspruch selbst ändern, weil auszuschließen ist, daß sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können, wenn er auf die rechtliche Bewertung, wie sie der Senat vorgenommen hat, hingewiesen worden wäre.

5. Die Freisprüche, die Änderung von Schuldsprüchen sowie die Begrenzung des Schuldumfangs haben den Wegfall der insoweit ausgesprochenen Einzelstrafen zur Folge. Dies führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Senat hebt auch die sonstigen Einzelstrafen auf, um dem neuen Tatrichter - unter Berücksichtigung des § 47 StGB, der bisher nicht angesprochen worden ist - zu ermöglichen, die Strafen insgesamt neu festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993498

NStZ 1998, 85

wistra 1998, 59

StV 1999, 24

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