Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Urteil vom 30.04.2002) |
Tenor
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 30. April 2002
- im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie der Hehlerei in drei Fällen schuldig ist,
- im Strafausspruch aufgehoben hinsichtlich der in den Fällen II. 1. a – e erkannten Einzelstrafen, sowie hinsichtlich der Gesamtstrafe.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Im Unfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, davon in vier Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Hehlerei in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegenstand des Betäubungsmittelhandels war Methamphetamin (Crystal-Speed). Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft – zu dessen Nachteil – wenden sich mit der Sachrüge im wesentlichen gegen die Bestimmung des Grenzwerts der nicht geringen Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch das Landgericht – bewußt abweichend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NStZ 2002, 267) – auf 10 Gramm Methamphetamin-Base. Während sich die Revision des Angeklagten an dem vom Bundesgerichtshof bestimmten Grenzwert von 30 Gramm orientiert, meint die Staatsanwaltschaft, die nicht geringe Menge beginne spätestens bei 4,5 Gramm Methamphetamin-Base. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft – § 301 StPO – führen in zwei Fällen zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung aller Einzelstrafen, soweit es den Betäubungsmittelhandel betrifft, sowie der Gesamtstrafe. Den weitergehenden Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft – zu dessen Nachteil – bleibt der Erfolg versagt.
Wie der Generalbundesanwalt sieht auch der Senat keinen Anlaß, für Methamphetamin eine nicht geringe Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG unterhalb 30 Gramm Methamphetamin-Base anzunehmen. Trotz der Unterschiede in der Wirkungsintensität und in der Dosierung hat der Bundesgerichtshof angesichts der Gleichartigkeit der Wirkungsweisen und aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit den Grenzwert der nicht geringen Menge für die Methylendioxyethyalamphetamin – MDE/MDEA – (BGHSt 42, 255), Methyldioxyamphetamin – MDA –, Methylendioxymethamphetamin – MDMA – (BGH NStZ 2001, 381; BGH, Beschluß vom 9. November 2001 – 3 StR 394/01 –; BGH, Beschluß vom 23. August 2002 – 2 StR 291/02 –) und Amphetamin (BGH NJW 2001 = NStZ 2002, 267; BGH NStZ-RR 2001, 379) einheitlich auf 30 Gramm der jeweiligen Base festgesetzt, orientiert an MDE, dem Amphetaminderivat mit der geringsten Wirkstoffintensität (BGHSt 42, 255, 267). Denn nicht selten werden Tabletten vertrieben, die Kombinationen der genannten Wirkstoffe enthalten, deren genaue Zusammensetzung dem Konsumenten gar nicht bekannt ist. Zudem kann bei den synthetisch hergestellten Drogen bereits eine geringe Veränderung der chemischen Struktur ähnliche, aber dennoch formal jeweils verschiedene Rauschmittel entstehen lassen. Hieraus folgt die praktische Notwendigkeit, für diese Wirkstoffe allgemeine Anwendungsregelungen im Hinblick auf § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu finden (BGH NStZ 2002, 267). Grundlegende neue Erkenntnisse, die dennoch eine Neubestimmung des Grenzwertes für Methamphetamin gebieten, haben sich seit den Entscheidungen des 5. Strafsenats vom 25. Juli 2001 (BGH NStZ 2002, 267) und vom 23. August 2001 (BGH NStZ-RR 2001,379) nicht ergeben.
Die Annahme eines zu niedrigen Grenzwerts der nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch die Strafkammer zieht nicht nur die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II.1.b und c der Urteilsgründe nach sich, sondern führt auch zur Aufhebung aller Einzelstrafen, soweit es den Betäubungsmittelhandel betrifft, sowie der Gesamtstrafe. Denn der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, daß die Strafkammer, ausgehend vom richtigen – dreimal höheren – Grenzwert, geringere Einzelstrafen, auch in den Fällen, in denen der Schuldspruch nicht betroffen ist, und in der Folge – trotz des engen Zusammenzugs der Einzelstrafen – auch eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Der Rechtsfehler berührt die Verurteilung wegen Hehlerei in drei Fällen zu den Einzelstrafen in Höhe von drei, acht, und vier Monaten Freiheitsstrafe, den Ausspruch über die Einziehung von Betäubungsmitteln sowie sämtliche Feststellungen nicht. Diese können widerspruchsfrei ergänzt werden.
Unterschriften
Nack, Boetticher, Schluckebier, Hebenstreit, Elf
Fundstellen
Haufe-Index 2558531 |
StV 2003, 281 |
StraFo 2003, 181 |
BA 2005, 236 |