Verfahrensgang
LG Tübingen (Entscheidung vom 07.05.1951) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts in Tübingen vom 7. Mai 1951 im Strafausspruch aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen schwerer Amtsunterschlagung, Untreue, Betrugs, Abgabenüberhebung und Gebührenüberhebung verurteilt ist, sowie hinsichtlich der Gesamtstrafe. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe
A.
Verfahrensrügen:
I.
Die Zeugen A. und Am. sind vor ihrer ersten Vernehmung über ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO belehrt worden. Das beweist die Sitzungsniederschrift (§ 274 StPO). Sie ist formgerecht. Jeder der wechselnden Urkundsbeamten hat den von ihm aufgenommenen Teil unterschrieben. Der Vorsitzende brauchte nur einmal, am Schluss, zu unterschreiben. Das ist geschehen. Damit ist dem § 271 StPO genügt.
Die beiden Zeugen sind im Laufe der Hauptverhandlung wiederholt gehört worden. Es war aber nicht notwendig, sie jedesmal erneut zu belehren.
Im übrigen könnte der Angeklagte seine Revision nicht auf eine Unterlassung der nach § 55 Abs. 2 StPO vorgeschriebenen Belehrung stützen. Die Vorschrift ist nicht im Interesse des Angeklagten geschaffen (BGHSt 1, 39).
II.
Der Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO ist nicht gegeben. Das Urteil ist auch in den Fällen 220, 229 und 246 mit Gründen versehen. Dass dort der Ort des Geschäfts nicht angegeben worden ist, ist von untergeordneter Bedeutung und macht die Urteilsgründe nicht unverständlich. Die Unterlassung verletzt somit auch den § 267 StPO nicht, ebensowenig, wie schon hier bemerkt werden kann, das sachliche Recht.
III.
Die Sitzungsniederschrift enthält keinen Antrag des Angeklagten, einen Sachverständigen zu hören. Auch ein Antrag, einen oder mehrere Notare über die bestehende Übung in Kostensachen zu vernehmen, ist aus der Niederschrift nicht ersichtlich. Damit steht für das Revisionsgericht fest, dass solche Anträge nicht gestellt sind (§ 274 StPO). Der Rüge, dass Beweisanträgen zu Unrecht nicht stattgegeben worden sei, fehlt somit die tatsächliche Grundlage.
IV.
Dass das Landgericht weder einen Sachverständigen noch einige Notare vernommen hat, verstiess auch nicht gegen die ihm nach § 244 Abs. 2 StPO obliegende Aufklärungspflicht. Über die kostenrechtlichen Fragen hatte es selbst zu entscheiden. Die Übung der Notare wäre unbeachtlich gewesen, wenn sie gegen das Gesetz verstiess. Soweit die Revision sonst eine Verletzung der Aufklärungspflicht rechtzeitig gerügt hat, legt sie nicht dar, welche weiteren zur Aufklärung geeigneten Beweismittel das Gericht zur Verfügung gehabt hätte und welche Umstände ihm ihren Gebrauch nahelegten. Der Rüge kann aus diesem Grund keine Folge gegeben werden; sie ist in Wirklichkeit nur ein unzulässiger Angriff auf die Feststellungen. Dasselbe gilt von der Rüge, § 261 StPO sei verletzt. Es ist weder aus dem Urteil noch aus sonstigen Unterlagen zu ersehen, dass das Gericht bei der Urteilsfindung Umstände berücksichtigt hätte, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren.
Die Verfahrensrügen in der Schrift vom 30. Juli 1951 sind verspätet (vgl. den Beschluss des Senats vom 31. Januar 1952).
B.
Sachbeschwerde:
I.
Straftaten bei amtlichen Geschäften.
1.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Gruppe von Fällen um sog. amtliche Geschäfte des Angeklagten handelte. Denn sie gehörten entweder zu den Aufgaben des Angeklagten als Grundbuchbeamten, Vormundschafts- oder Nachlassrichters oder zu den Verrichtungen der Geschäftsstelle des Vormundschafts- oder Nachlassgerichts, oder sie waren Geschäfte des öffentlichen Notariats, die mit derartigen Amtsgeschäften unmittelbar zusammenhingen (Artt 12, 14, 96 Abs. 1; 17, 62, 74, 65, 75 Württ. AGBGB; § 4 der Dienstvorschriften für die Bezirksnotare vom 27. Oktober 1932 = DVBNot, ABl des Württ.Justizministeriums 1932 S. 321). Das gilt auch im Falle 45, falls der Angeklagte in Verbindung mit der im Urteil erwähnten Grundschuld ein Schuldanerkenntnis mit Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung beurkundet haben sollte. Die aus amtlichen Geschäften entstehenden Gebühren sind "zur Staatskasse zu verrechnen" (Artt 95 Abs. 1, 96 Abs. 2 AGBGB), "werden zur Staatskasse erhoben" (§ 5 DVBNot), "fliessen der Staatskasse zu" (§ 144 Abs. 2 der Kostenordnung vom 25. November 1935 (= KostO, RGBl I, 1371)). Dem Angeklagten oblag als amtliche Aufgabe auch die Besorgung der Kosten- und Kassengeschäfte seines Amtes (§ 3 Abs. 1 DVBNot); er war also Kostenbeamter und zugleich Kassenbeamter einer staatlichen Kasse, nämlich Verwalter der beim Bezirksnotariat errichteten Zahlstelle (§ 2 der Kassenvorschriften für die Notare vom 24. Januar 1933 = KVN, ABl, 1933 S. 1) und als solcher zuständig, Zahlungen, insbesondere Barzahlungen, für die Staatskasse entgegenzunehmen (§ 10 KVN).
Daraus folgt, dass der Angeklagte die Gebührenforderungen für amtliche Geschäfte nicht in eigenem Namen, sondern im Namen der Staatskasse erhoben hat. Im Namen der Staatskasse hat er demgemäss für amtliche Geschäfte auch die Rechnungen ausgestellt und die Zahlungen entgegengenommen. Die Kostenschuldner andererseits wollten das Eigentum an dem von ihnen gezahlten Gelde auf den übertragen, den es anging, also auf den, in dessen Namen die Gebührenforderung erhoben war, d.h. auf den Staat. Der Staat ist deshalb Eigentümer des dem Angeklagten ausgehändigten Geldes geworden. All das gilt namentlich auch für die Forderungen und Beträge, die der Angeklagte über das in den Akten errechnete und im Kostenregister eingetragene Kostensoll hinaus erhoben und bei Eingang im Zahlungsverzeichnis nicht gebucht hat.
a)
Der Angeklagte hat in der grossen Mehrzahl der rund 150 Fälle vorgebracht, er habe die Mehrforderungen, die er über das Kostensoll hinaus erhoben hat, zur Deckung seines Reiseaufwandes verwenden wollen und verwendet. Er hat aber in der Regel diese Absicht nicht zu erkennen gegeben; nur in einem einzigen Falle (228) stellt das Urteil ausdrücklich fest, dass er es getan hat. Im übrigen hat er, wenn er nicht die gesamte Kostenforderung in einer unaufgeschlüsselten Summe erhob, die nach den Kostenvorschriften geschuldeten Beträge willkürlich erhöht oder seine Mehrforderung mit Vorschriften der Kostenordnung "frisiert", deren Voraussetzungen nicht gegeben waren. In diesen Fällen ändert sich durch den inneren Vorbehalt des Angeklagten, einen Teil der Zahlung zur Deckung seines Reiseaufwandes zu verwenden, nichts daran, dass die Gebührenforderung namens des Staates erhoben war und die Gebühreneinnahme Eigentum des Staates wurde (vgl. § 116 BGB; RG JW 1925, 1408; LZ 1925, 441, 443; DJZ 1923, 572).
Aber auch soweit der Angeklagte Reisekosten offen erhoben hat, ist das namens der Staatskasse geschehen und an ihn als Vertreter der Staatskasse gezahlt worden, diese also Eigentümer des Geldes geworden. Das folgt daraus, dass der Posten Reisekosten immer nur ein Teil der gesamten, im Namen des Staates erhobenen und eingezogenen Kostenforderung war.
b)
In einigen Fällen (13 I, 23 [hierzu vgl. auch unten 4 a], 39 II, 95 II, 122, 128, 178, 219, 253, 291). macht der Angeklagte geltend, die über das Kostensoll hinaus erhobenen Beträge hätten ihm als Beratungs-, Entwurfs- oder Vermittlungsgebühren zugestanden. Den Ausführungen des Landgerichts, das die Voraussetzungen solcher Gebühren verneint hat, ist durchweg beizutreten. Auch hier hat demnach der Angeklagte Forderungen erhoben, die weder ihm noch der Staatskasse zustanden.
2.
Auf dieser Grundlage hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten im wesentlichen zutreffend strafrechtlich beurteilt. Dass sich der Angeklagte in einem Irrtum über Tatumstände oder über die kosten- und zivilrechtlich bedeutsamen Verhältnisse befunden hätte, hat der Tatrichter unter eingehender Würdigung der Beweise verneint; hiergegen kann die Revision nicht angehen.
a)
Den Tatbestand der Abgabenüberhebung (§ 353 StGB) bejaht das Urteil mit Recht. Er wäre selbst dann gegeben, wenn der Angeklagte über die ihm gewährte Pauschvergütung hinaus an sich Reisekostenersatz zu beanspruchen gehabt hätte. Ein solcher Anspruch hätte sich (in den amtlichen Geschäften) allenfalls gegen den Staat, nicht aber gegen die Kostenschuldner richten können; diese schuldeten, wie das Landgericht irrtumsfrei ausführt, weder dem Staat noch dem Angeklagten einen Reisekostenersatz; auch wenn die Geschäfte nicht an einem Amtstage stattfanden. Vollends schuldeten sie dem Staate nicht die "frisierten" Mehrgebühren, die der Angeklagte zumeist erhoben hat, oder gar Kosten für die Reisen des Angeklagten von seinem Wohnsitz zu seinem Dienstsitz.
b)
Auch die Merkmale der schweren Amtsunterschlagung (§§ 350, 351 StGB) sind - vorbehaltlich einer noch zu erörternden Ausnahme - richtig dargelegt. Die Revision wendet ein, der Angeklagte habe nur Mitgewahrsam an dem Gelde gehabt, das er sich zugeeignet habe. Davon kann keine Rede sein; der Staat als solcher konnte überhaupt keinen Gewahrsam haben (RGSt 60, 271), und es ist nicht ersichtlich, wer sonst ausser dem Angeklagten eine unmittelbare Sachherrschaft über die von ihm verwahrten staatlichen Gelder ausgeübt haben sollte. Auch hier ist es unerheblich, ob der Angeklagte Reisekostenersatz zu beanspruchen hatte. Dieser Umstand könnte die Rechtswidrigkeit der Zueignung nicht in Frage stellen, weil der Angeklagte sich nicht eigenmächtig für seine vom Staate nicht anerkannten Forderungen gegen den Staat befriedigen durfte (vgl. RG DStrR 1934, 255; DR 1939, 994). Der Angeklagte war im übrigen nach den Urteilsfeststellungen auch davon überzeugt, dass er keinen Reisekostenersatz anzusprechen hatte.
In den Fällen, in denen die Kostenschuldner in einer Zahlung Gebührenforderungen aus amtlichen wie aus reinen Notarsgeschäften entrichtet haben, ist das bezahlte Geld Miteigentum des Staates und des Angeklagten geworden.
Der Angeklagte durfte dann aber nur den auf das reine Notarsgeschäft entfallenden Teil für sich entnehmen. Soweit er darüber hinausgegangen ist, hat er die Mehrentnahme dem Staat unterschlagen.
Zu Unrecht nimmt das Urteil allerdings Amtsunterschlagung in den Fällen an, in denen Kostenschuldner Zahlung auf das private Bankkonto des Angeklagten geleistet haben. Das Urteil will hier die Unterschlagung darin sehen, dass der Angeklagte das "Geld" nicht aus seinem Vermögen herausgegeben, sondern sich "den wirtschaftlichen Wert der Mehrerhebung" zugeeignet habe. Unterschlagen werden können aber nur körperliche, in fremdem Eigentum stehende Sachen. Die Zahlung der Kostenschuldner an die Bank und deren Gutschrift auf dem Konto des Angeklagten begründeten nur ein Guthaben des Angeklagten, also eine Forderung gegen die Bank; diese Forderung ist keine körperliche Sache. Hob er das Guthaben ab, so gelangten die ausgezahlten Geldstücke in sein Eigentum, waren also kein fremdes Eigentum. Derartige Falle sind aber offenbar nur in geringer Zahl gegeben (vgl. UA S. 23/24); ausdrücklich festgestellt ist nur einer (284).
Soweit die Revision geltend macht, die dem Staat abzuliefernden Gebührenanteile aus reinen Notarsgeschäften seien bis zur Ablieferung im Eigentum des Angeklagten geblieben, sind ihre Ausführungen gegenstandslos; insoweit ist der Angeklagte nicht wegen Amtsunterschlagung verurteilt.
c)
Mit Recht ist der Angeklagte auch wegen Untreue (§ 266 StGB) verurteilt. Als staatlichem Kosten- und Kassenbeamten oblag ihm kraft Gesetzes und behördlichen Auftrags die Pflicht, Vermögensinteressen des Staates wahrzunehmen. Diese Pflicht hat er verletzt, indem er staatliche Gelder für sich entnahm. Dadurch hat er dem Staat Nachteil zugefügt. Dafür ist es ohne Bedeutung, dass die Kostenschuldner die vom Angeklagten entnommenen Gelder zu Unrecht bezahlt hatten; denn der Staat, in dessen Vermögen sie gelangt waren, hatte sie ihnen zu erstatten. Der Rückgriffsanspruch des Staates gegen den Angeklagten ist dem Besitz der rückzuzahlenden Beträge, die der Angeklagte dem Staat entzog, nicht gleichwertig, gleicht den Nachteil also nicht aus. Untreue ist auch in den wenigen Fällen zu bejahen, in denen die Kostenschuldner auf das Privatkonto des Angeklagten gezahlt haben. Denn er hat hier die Pflicht verletzt, die Beträge voll der Staatskasse zuzuführen und sie als Einnahme zu verbuchen. Ob der Staat auch insoweit den Kostenschuldnern - etwa aus dem Rechtsgrund der Amtspflichtverletzung - auf Rückzahlung haftet, kann dahinstehen; denn schon die Möglichkeit, bei zweifelhafter Rechtslage auf Zahlung in Anspruch genommen zu werden, ist ein Nachteil.
d)
Betrug (§ 263). Das Landgericht hat auch Betrug oder Betrugsversuch angenommen. Es folgt damit der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Die Merkmale des vollendeten oder versuchten Betruges sind aber, wie der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in der zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung vom 6. November 1951 - 2 StR 178/51 - näher dargelegt hat, schon in denen der Abgabenüberhebung nach § 353 StGB enthalten. Da der Angeklagte aus dieser Sondervorschrift verurteilt ist, kann er für dieselbe Tat nicht noch wegen Betruges bestraft werden, es sei denn, dass er nicht nur die geforderten Leistungen fälschlich als zu Recht bestehende Abgabeforderungen des Staates ausgegeben, sondern noch weitere Täuschungshandlungen begangen hätte. Solche konnte der Tatrichter aber nicht feststellen. In den Fällen dieser Gruppe entfällt daher die Verurteilung wegen Betrugs.
e)
Dass das Landgericht in den einzelnen Fällen tateinheitliches Zusammentreffen von Abgabenüberhebung, schwerer Amtsunterschlagung und Untreue angenommen hat, ist nicht zu beanstanden, beschwert jedenfalls den Angeklagten nicht.
3.
Die Revision versucht den Nachweis zu führen, dass die von der Justizverwaltung des Landes Württemberg-Hohenzollern angewandte Vorschrift, in § 33 DVBNot, wonach die Bezirksnotare für ihre Reisen in amtlichen Angelegenheiten nur durch eine Pauschvergütung entschädigt werden, nicht mehr in Kraft sei; sie sei aufgehoben durch § 19 Abs. 2 des Reichsgesetzes über die Reisekosten der Beamten vom 15. Dezember 1933 (RGBl I, 1067). Es ist schon dargelegt, dass dieses Vorbringen unerheblich ist, weil sich, auch wenn die Revision recht hätte, daraus keine Verpflichtung der Kostenschuldner ergäbe, in amtlichen Angelegenheiten Reisekostenersatz, sei es an den Staat, sei es an den Angeklagten, zu entrichten. Die Ansicht der Revision ist aber auch unrichtig; die aus § 33 DVBNot gezogenen Folgerungen des Urteils zur inneren Tatseite unterliegen deshalb keinen Bedenken. Die Sonderregelung des § 33 DVBNot ist nach dem Inkrafttreten des Reisekostengesetzes zunächst durch Teil II, zu § 13, der Reisekostenbestimmungen für die württembergischen Beamten vom 15. März 1934 (WürttRegBl S. 101, 108) aufrechterhalten geblieben. Die Grundlage dafür war § 18 Abs. 2 des Reisekostengesetzes. Bei der Oberleitung der Rechtspflege auf das Reich zum 1. April 1935 wurden durch § 4 des Reichsgesetzes vom 24. März 1935 (RGBl I, 69) die für die Justizbehörden und Justizbediensteten geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Länder weiterhin für anwendbar erklärt, soweit nicht ein Gesetz, eine Verordnung, eine Tarifordnung oder ein Erlass des Reichsjustizministers eine andere Regelung traf. Das ist für die Dienstreiseentschädigung der württembergischen Bezirksnotare nicht geschehen, auch nicht durch die Einleitung und die Nr. 60 der Durchführungsverfügung des Reichsjustizministers zu den Reisekostenbestimmungen vom 3. März 1936 (DJ S. 1912, später ersetzt durch die Durchführungsverfügung vom 17. Oktober 1941, vgl. DJ S. 1021). Dort ist zwar angeordnet, dass die Bestimmungen des Reiches an die Stelle derjenigen der Länder treten und "Bewilligungen, Genehmigungen, Festsetzungen, Anerkennungen usw." aufzuheben sind, die "nach den neuen Vorschriften unzulässig sind". Das trifft aber auf § 33 DVBNot nicht zu. Denn auch nach dem Reisekostengesetz und den sonstigen Vorschriften des damaligen Reichsrechts können gewisse Beamte, zu denen die Bezirksnotare zu rechnen sind, anstelle der ordentlichen Reisekostenvergütung mit einer Pauschvergütung abgefunden werden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 des Reisekostenges, Nr. 33 der AB dazu v. 16. Dezember 1933 - RBB S. 192 -). Zwar ist danach die Festsetzung von Pauschvergütungen Sache der obersten Dienstbehörde (vgl. die Fassung des Gesetzes vom 4. Mai 1937 - RGBl I 575 -). Das ändert aber nichts daran, dass § 33 DVBNot inhaltlich mit dem damaligen Reichsrecht vereinbar ist. Einer Bestätigung der Erneuerung der Bestimmung durch den Reichsjustizminister bedurfte es nicht, zumal das Württ.Justizministerium, als es sie erliess, die oberste Dienstbehörde gewesen war. Es bestehen nach alledem keine Bedenken gegen die Fortgeltung des § 33 DVBNot, der im übrigen auch nach 1936 ständig und unbestritten angewandt wurde. Übrigens ist seit der Rückkehr der Justizhoheit auf die Länder das Justizministerium des Landes Württemberg-Hohenzollern oberste Dienstbehörde der dort angestellten Bezirksnotare und deshalb auch abgesehen von § 33 DVBNot zur Festsetzung von Reisekostenpauschvergütungen nach § 13 des ReisekostenGes berechtigt.
4.
Einige Fälle bedürfen noch einer besonderen Erörterung.
a)
Zum Fall 23 macht die Revision geltend, die Steuerberatung des Angeklagten habe mit der Nachlassteilung nicht im Zusammenhang gestanden. Indes sind die von der Revision vorgetragenen Einzelheiten in den Urteilsfeststellungen nicht enthalten; das Revisionsgericht kann sie daher nicht berücksichtigen. Nach dem Urteil sollte die Steuerberatung dem Witwer Z. klar machen, weshalb es für ihn zweckmässiger sei, das Haus auf die Kinder zu übertragen. Unter diesen Umständen fehlte es an einer selbständigen Beratung; sie diente vielmehr nur der Vorbereitung und Förderung des Vertrages (vgl. § 150 Abs. 2 KostO). Der Angeklagte hat dabei, wie der Zusammenhang ergibt, zugleich in seiner Eigenschaft als Vormundschaftsrichter auf die Belange der beteiligten Minderjährigen Bedacht genommen. Danach ist die Annahme des Landgerichts, dass weder die Staatskasse noch der Angeklagte persönlich eine Beratungsgebühr zu beanspruchen hatten, unbedenklich (vgl. auch § 4 Abs. 4 DVBNot).
b)
Im Falle 285 ist dagegen dem Urteil nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte den Vorschuss von 50,- DM namens der Staatskasse erhoben hat. Hat er, was nach den Feststellungen naheliegt, die Witwe P. darüber aufgeklärt, dass der Betrag für die Wahrnehmung ihrer Interessen bestimmt war, so sind die vom Landgericht angenommenen Straftatbestände nicht erfüllt. Da sich das offenbar nicht näher klären lässt, muss der Fall aus dem Kreise der strafbaren Handlungen des Angeklagten ausgeschieden werden.
Entsprechendes gilt von den Fällen 172 und 173, in denen das Landgericht eine Täuschung der Nachlassbeteiligten ausdrücklich verneint hat.
c)
Soweit auf die Ausführungen der Revision zu bestimmten Einzelfällen nicht schon im Vorstehenden eingegangen wurde, sind sie tatsächlicher Art; sie bestreiten die Feststellungen oder bringen zusätzliche neue Tatsachen vor. Damit kann sich das Revisionsgericht nicht auseinandersetzen, weil ihm nur die Prüfung der Rechtsanwendung obliegt.
II.
Nichtabführung der staatlichen Anteile an den Gebühren reiner Notarsgeschäfte.
Das Landgericht hat nicht übersehen, dass von den Gebühren für Entwürfe und Beratungen kein Anteil an die Staatskasse nach Art. 29 der Notariatskostenordnung vom 20. Dezember 1926 (= NKO) abzuführen war. Es ist jedoch der Meinung, dass der Angeklagte auch von diesen Gebühren die sog. Kürzungsbeträge an die Staatskasse hätte abliefern müssen, und zwar 1.) nach den Gehaltskürzungsverordnungen von 1930/32, weggefallen seit 1. November 1949 (vgl. Württ.-Hohenz.Gesetz vom 11. August 1949, RegBl 393), und 2.) nach der Verordnung des Württ.Staatsministeriums vom 9. Oktober 1933 (RegBl 395). Diese Kürzungsbeträge habe der Angeklagte der Staatskasse durch Täuschung entzogen oder zu entziehen versucht und sich dadurch des vollendeten oder versuchten Betruges und der Untreue schuldig gemacht.
In diesen Ausführungen liegt kein Rechtsirrtum.
Dass die Gehaltskürzungsverordnungen (oben 1) jegliche Gebühren aus dem öffentlichen Notariat des Bezirksnotars der Kürzung zugunsten des Staates unterwarfen, bestreitet auch die Revision nicht. Nach § 6 der Durchführungsbestimmungen des Staatsministeriums vom 13. Januar 1931 zur Verordnung des Staatsministeriums über die Gehaltskürzung vom 20. Dezember 1930 (RegBl 1931, 13) und nach den entsprechenden späteren Vorschriften kann das auch nicht zweifelhaft sein. Dagegen vertritt die Revision die Meinung, dass die - auf Art. 96 Abs. 3 AGBGB beruhende - Kürzungsverordnung des Staatsministeriums vom 9. Oktober 1933 (oben 2) nur diejenigen Notarsgebühren betreffe, an denen der Staat schon nach Art. 29 NKO beteiligt sei, nicht also die Gebühren für Beratungen und Entwürfe. Diese Ansicht ist abwegig. Art. 1 der Verordnung unterwirft die Bezirksnotare einer gestaffelten zusätzlichen Ablieferungspflicht, soweit ihre Gebühreneinnahmen aus dem öffentlichen Notariat "nach Abzug des Staatsanteils (Art. 29 NKO) und nach Kürzung auf Grund der Gehaltskürzungsverordnungen" bestimmte Beträge übersteigen. Diese Vorschrift kann schon sprachlich, nicht anders verstanden werden, als dass sie alle Gebühreneinnahmen des Bezirksnotars aus dem öffentlichen Notariat betrifft; nur sollen Staatsanteile, die schon nach den bisherigen Vorschriften abzuliefern waren, nicht zu den Gebühreneinnahmen des Notars rechnen. Aus der Anführung des Art. 29 NKO lässt sich für die Ansicht der Revision nichts entnehmen; mit demselben Recht kann für die entgegengesetzte Auffassung des Urteils auf die Berücksichtigung der Gehaltskürzungsverordnungen verwiesen werden, die ja Gebühren jeglicher Art betrafen. Für die Auslegung der Revision sprechen auch keine inneren Gründe. Jeder Zweifel wird im übrigen beseitigt durch die ausdrückliche Bestimmung in § 1 der Ausführungsverordnung des Justizministeriums vom 16. Oktober 1933 (ABl S. 173). Gegen deren Gültigkeit bestehen keine Bedenken, da die Verordnung des Staatsministeriums in Art. 2 das Justizministerium zum Erlass von Ausführungsbestimmungen ermächtigt hat und § 1 der Ausführungsverordnung nur klar stellt, was in der Verordnung des Staatsministeriums zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäss ausgesprochen ist.
In den 22 Fällen, die das Urteil unter dieser Gruppe behandelt, hat der Angeklagte durchweg Geschäfte des öffentlichen Notars vorgenommen, durch die ihm Gebühren für Beratungen und Entwürfe von Privaturkunden, gelegentlich auch Rücknahmegebühren (§§ 51, 122, 144 Abs. 1 KostO) erwuchsen. In einzelnen Fällen mag man darüber streiten können, ob statt einer Beratungs- oder Entwurfsgebühr nicht eine Rücknahmegebühr hätte angenommen werden sollen; aber das ist für das Ergebnis ohne Bedeutung. Der Angeklagte hat es unterlassen, diese Geschäfte mit den daraus entstehenden Gebühren im Notariatsregister und im Ablieferungsverzeichnis einzutragen, wie es nach Art 117 AGBGB, § 15 der Dienstvorschriften für die öffentlichen Notare vom 18. März 1933 (ABl 97), § 22 KVN seine Pflicht gewesen wäre. Er hat diese Gebührenforderungen und Einnahmen bei seiner halbjährlichen Abrechnung mit dem Kostenbeamten des Amtsgerichts verschwiegen, dabei im Gegenteil versichert, er habe alle Notariatsgeschäfte eingetragen. Hierdurch getäuscht, hat der Kostenbeamte unterlassen, die dem Staat zustehenden Kürzungsanteile geltend zu machen. Das hat der Angeklagte auch beabsichtigt, um die vollen Gebühren für sich behalten zu können. Ohne Rechtsirrtum hat das Landgericht in dieser Handlungsweise den Tatbestand des Betrugs oder, soweit (für die Zeit nach dem 31. März 1950) mit der Staatskasse noch nicht abgerechnet war, des versuchten Betruges gefunden. Bedenkenfrei ist auch die Annahme von Untreue. Die Amtspflicht des Bezirksnotars dem Staat die ihm zustehenden Gebührenanteile, auch die Kürzungsbeträge, zuzuführen, gehört zu der ihm auch sonst obliegenden Pflicht, die Vermögensinteressen des Staates wahrzunehmen (siehe oben I 2 c). Schon die mit dem Vorsatz der Nichtabführung unterlassene Registrierung der Geschäfte war eine Verletzung dieser Pflicht, und schon sie fügte dem Staat Nachteil zu, weil sie seine Ansprüche gefährdete. Erst recht ist das der Fall, soweit dem Angeklagten die Nichtabführung gelungen ist. Die Untreue ist in allen Fällen vollendet. Dass der Tatrichter in dem Fall 156 nur eine versuchte, also nicht mit Strafe bedrohte Untreue gefunden hat, beschwert den Angeklagten nicht.
Die innere Tatseite des Betrugs und der Untreue hat das Landgericht in allen Fällen in unangreifbarer Beweiswürdigung ohne Rechtsfehler festgestellt. Bedenkenfrei ist auch die Annahme, dass Betrug und Untreue in den einzelnen Fällen tateinheitlich zusammentreffen.
Was die Revision zu den Fällen dieser Gruppe vorbringt, geht von einem anderen als dem festgestellten Sachverhalt aus und kann daher nicht beachtet werden.
III.
Gebührenüberhebungen bei reinen Notarsgeschäften.
Der Angeklagte hat in etwa 62 Fällen bei reinen Notarsgeschäften, deren Gebühren er selbst zu beziehen hatte, Vergütungen erhoben, die das in den Akten errechnete und im Notariatsregister eingetragene Kostensoll überstiegen.
1.
Seine Verurteilung aus § 352 StGB unterliegt in all den Fällen keinen Bedenken, in denen er die Mehrbeträge als Gebühren für Beratungen, Entwürfe, Antragsrücknahmen, Fertigung von Vermögensverzeichnissen erhoben hat. Denn das Landgericht stellt jeweils im einzelnen fest, dass die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Gebühren nicht gegeben waren.
2.
In der Mehrzahl der Fälle hat sich der Angeklagte durch die Zuschläge zum Kostensoll Ersatz für seinen Reiseaufwand verschaffen wollen.
a)
Hier ist § 352 in folgenden Fällen ohne Rechtsirrtum angewandt:
Soweit die Geschäfte an seinem Dienstsitz W. stattfanden, kam die Erhebung von Reisekosten überhaupt nicht in Frage. Das kann auch die Revision nicht bestreiten.
Dasselbe gilt von den Notarsgeschäften, die der Angeklagte an den in Art. 24 AGBGB vorgesehenen Grundbuchamtstagen getätigt hat. Das Landgericht ist der Auffassung, dass diese Amtstage nach der in Württemberg bestehenden Überlieferung zugleich Sprechtage des Bezirksnotars als öffentlichen Notars im Sinne des § 162 KostO seien. Diese Auslegung kann nicht beanstandet werden. Dann aber konnte der Angeklagte von den Beteiligten der Geschäfte, die er am Grundbuchamtstag innerhalb des öffentlichen Notariats vorgenommen hat, weder Reisekostenvergütung noch Abwesenheitsgeld verlangen; denn der Ort des Sprechtages gilt nach § 162 a.a.O. - für die dabei vorgenommenen Geschäfte - als Amtssitz des Notars. § 162 steht, soweit die Vorschrift den Notar betrifft, offenbar damit in Zusammenhang, dass die Abhaltung von Sprechtagen dem Notar gewisse Mehreinnahmen zu bringen pflegt. Das kann auch für die Amtstage des Bezirksnotars nicht verneint werden, denn auch sie geben den Beteiligten Gelegenheit, bei ihm ohne grosse Umstände notarische Geschäfte vornehmen zu lassen, die sie sonst möglicherweise bei einem anderen Notar getätigt oder auch unterlassen hätten. Was dem reinen Gebührennotar der Reichsnotarordnung für seine Sprechtage recht ist, ist auch für die Amtstage des der Reichsnotarordnung nicht unterstehenden (§ 85 dass.) württembergischen Bezirksnotars billig, zumal er Gehaltsempfänger ist und seine Amtstage bei der Festsetzung seiner staatlichen Pauschvergütung für Reisekosten berücksichtigt sind.
Mit Recht ist der Angeklagte schliesslich aus § 352 in den zahlreichen Fällen verurteilt, in denen er seine Reisekostenforderung nicht offen, sondern getarnt erhoben hat, nämlich durch Anwendung höherer als der im Gesetz vorgesehenen Gebührensätze oder durch Anführung von Kostenbestimmungen, deren Voraussetzungen nicht gegeben waren. Hier ist es, wie schon das Landgericht ausgeführt hat, unerheblich, ob dem Angeklagten eine Forderung auf Reisekostenersatz gegen die Beteiligten zustand oder nicht, denn Gebühren von der Art, wie er sie erhob, schuldeten die Zahlenden nicht; § 352 setzt keine Bereicherungsabsicht des Täters voraus (vgl. RGSt 30, 249; HRR 1941, 951; auch DJZ 1923, 572).
Auch die innere Tatseite ist in diesen Fällen ohne Rechtsirrtum festgestellt. Die Einwendungen der Revision hierzu sind wiederum rein tatsächlicher Art.
b)
Dagegen ist die Verurteilung nicht ausreichend begründet in den Fällen 53 I, 60, 63, 81, 111, 127, 130, 131, 134, 136 I, 186, 187 I, 191 I, 192, 197, 233, 249 I, 271 II, 274, 280 I. In diesen Fällen hat der Angeklagte reine Geschäfte des öffentlichen Notariats ausserhalb seines Amtssitzes, jedoch nicht an Grundbuchamtstagen vorgenommen; er hat hier Reisekosten zwar berechnet, diese Forderung jedoch nicht verschleiert. Allerdings bemerkt das Urteil nur zum Falle 134, der Angeklagte habe "in diesem seltenen Fall ausnahmsweise seine Absicht, Reisekosten zu verlangen, wenigstens durch Zitierung des § 153 KostO offengelegt". Andererseits unterstellt aber das Landgericht in allen Fällen, in denen ihm keine Rechnungen vorlagen, der Angeklagte habe "die Mehrbeträge als Reisekosten erhoben" (UA S. 16), worunter nach dem Zusammenhang nur verstanden werden kann, dass er sie offen als Reisekosten erhoben hat; und zu diesen Fällen gehören die übrigen oben aufgezählten.
aa)
Zu einem Teil der Fälle versagt das Landgericht dem Angeklagten einen Anspruch auf Reisekostenersatz gegen die Beteiligten mit der Begründung, er habe am selben Tag und Ort auch wenigstens ein amtliches Geschäft vorgenommen und sei deshalb für seine Reise durch die staatliche Pauschvergütung abgefunden. Diese Begründung kann einer Prüfung nicht standhalten.
Nach § 153 KostO hatte der Angeklagte, wenn er im Auftrage eines Beteiligten in einer reinen Angelegenheit des öffentlichen Notariats eine Geschäftsreise vornahm, gegen den Beteiligten Anspruch auf Reisekostenvergütung und Abwesenheitsgeld. Dieser Fall war gegeben, wenn der Angeklagte eigens nach auswärts bestellt war. Seines Anspruches konnte er dann nicht dadurch verlustig gehen, dass er die Gelegenheit wahrnahm, ein am Ort des auswärtigen Geschäfts gerade vorliegendes amtliches Geschäft mitzuerledigen.
Reisekostenvergütung und Abwesenheitsgeld können dem Angeklagten aber auch dann nicht grundsätzlich verweigert werden, wenn er zwar die auswärtige Gemeinde zur Erledigung amtlicher Geschäfte aufgesucht hatte dort aber nach deren Beendigung durch Beteiligte veranlasst wurde, nicht nach Hause zurückzukehren, sondern für sie eine rein notarielle Amtshandlung vorzunehmen. Hier fehlt es weder an einer Geschäftsreise noch an einem Auftrag dazu. Der Begriff der Geschäftsreise erschöpft sich nicht in dem der Ortsveränderung. Das ergibt sich aus dem Inhalt der Reisekostenvergütung. Diese umfasst nach § 153 Abs. 1 KostO, § 5 des ReisekostenGes ausser der Fahrkostenentschädigung unter anderem auch Tagegeld zur Bestreitung der Mehrausgaben, besonders der Verpflegungskosten (§ 9 des ReisekostenGes). Der Notar erhält ausserdem bei Geschäftsreisen nach § 153 Abs. 2 KostO ein Abwesenheitsgeld. Mehrausgaben, wie sie durch das Tagegeld gedeckt werden sollen, können entstehen, wenn der Notar von einem Beteiligten veranlasst wird, nach Erledigung amtlicher Aufgaben am auswärtigen Ort zu verbleiben. Deshalb beauftragt, wer ein solches Verbleiben des Notars veranlasst, ihn im Sinn des § 153 Abs. 1 KostO zu einer Geschäftsreise. Freilich wurde der Angeklagte, der den auswärtigen Ort zu amtlichen Verrichtungen aufgesucht hatte, für seine Fahrtkosten und die Mehrausgaben, die ihm durch die Verrichtung der amtlichen Geschäfte erwachsen sind, vom Staat (durch die Pauschvergütung) entschädigt; diesen Aufwand durfte er den Beteiligten reiner Notarsgeschäfte, die ihn zum Bleiben veranlasst haben, nicht in Rechnung stellen. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, weshalb er von ihnen nicht für den Mehraufwand, der durch den weiteren Aufenthalt am auswärtigen Ort entstand, entschädigt werden sollte, soweit dafür die Voraussetzungen eines Tagegeldes - und eines Abwesenheitsgeldes - gegeben waren.
bb)
Für den Rest der Fälle verneint das Landgericht die Voraussetzungen einer Reisekostenvergütung, weil die Beteiligten den Angeklagten nicht eigens nach auswärts gerufen hätten. Es fehle deshalb an einem Auftrag zur Geschäftsreise. Die Urteilsfeststellungen lassen aber durchaus die Möglichkeit zu, dass diese Fälle nicht anders lagen als die im vorstehenden Absatz behandelten.
cc)
Hiernach kann die Verurteilung in den bei b) aufgezählten Fällen nicht gehalten werden. Von einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung an die Vorinstanz war jedoch abzusehen, weil das Landgericht diese Fälle offenbar nicht weiter klären konnte als das bisher geschehen ist, so dass auch von einer neuen Verhandlung eine weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist. Der Senat hat daher diese Fälle aus der Verurteilung ausgeschieden.
3.
Im Falle 19 hat das Landgericht nicht eine Gebührenüberhebung nach § 352, sondern einen Betrug nach § 263 StGB gesehen, weil der Angeklagte hier nicht [xxxxx]
mehrerer der drei Gruppen seiner strafbaren Handlungen aufweist. Mit Recht nimmt das Urteil deshalb an, dass die drei fortgesetzten strafbaren Handlungen des Angeklagten unter sich im Verhältnis der Tateinheit stehen; denn diese ist dann gegeben, wenn eine und dieselbe Handlung des Täters mehrere strafbare Tatbestände wenigstens zum Teil verwirklicht.
Die Feststellung einer fortgesetzten Tat lässt entgegen der Annahme der Revision die Möglichkeit entfallen, auf das vor dem 15. September 1949 liegende strafbare Handeln des Angeklagten das Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 anzuwenden. Denn die fortgesetzte Handlung des Angeklagten ist erst nach jenem Stichtage zu Ende gekommen, ist also - jedenfalls auch - nach diesem Zeitpunkt begangen. Einzelakte einer fortgesetzten Handlung können aber, da sie rechtlich unselbständig sind, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für sich allein nicht von der Straffreiheit erfasst werden. Übrigens hätte die Straffreiheit auch dann versagt werden müssen, wenn die Einzelhandlungen des Angeklagten rechtlich selbständig wären. Das ergibt sich aus der gesetzlichen Mindeststrafe der schweren Amtsunterschlagung (351 StGB); dieser Straftat hat sich der Angeklagte in zahlreichen Einzelfallen schon vor dem 15. September 1949 schuldig gemacht (vgl. § 74 StGB).
Die Strafzumessung zeigt keinen Rechtsfehler.
V.
Wie aus den vorstehenden Darlegungen erhellt, hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten im wesentlichen richtig beurteilt.
Die irrtümliche Annahme einer Amtsunterschlagung in einigen wenigen Fällen (oben I 2 b, 3. Absatz) berührt das Gesamtbild der fortgesetzten Straftat des Angeklagten nicht, zumal diese Fälle nicht etwa straflos sind, sondern die Tatbestände der Abgabenüberhebung und der Untreue erfüllen. Das Landgericht hätte daher auch bei richtiger Beurteilung das Gesamtverhalten des Angeklagten als nicht minder strafwürdig angesehen und wäre weder im Schuld- noch im Strafausspruch zu einem anderen Urteil gekommen.
Die irrtümliche Annahme eines tateinheitlich zusammentreffenden vollendeten oder, versuchten Betruges in den Fällen der Gruppe I (oben I 2 d) kann zu keiner Änderung des Schuldspruchs führen, weil Betrug in den Fällen der Gruppe II und in einem Fall der Gruppe III (oben III 3) mit Recht bejaht ist; dagegen ist es nicht gänzlich auszuschliessen, dass der immerhin in rund 150 Einzelfällen vorliegende Rechtsfehler zu einer Schärfung der Strafe geführt hat. Noch weniger kann verneint werden, dass die in der Revisionsinstanz als straffrei ausgeschiedenen Fälle, nämlich die Fälle 285, 172 und 173 (oben I 4 b) sowie 20 Fälle der Gruppe III (oben III 2 b), das Strafmass zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst haben. Am Schuldspruch kann diese Ausscheidung freilich ebenfalls nichts ändern. Doch ergibt sich aus dem Gesagten die Notwendigkeit, den Strafausspruch aufzuheben, soweit der Angeklagte wegen der Fälle der Gruppen I, II und III verurteilt ist.
VI.
Urkundenfälschung im Amt (Fall 188). § 348 Abs. 2 StGB ist richtig angewandt. Die Revision bringt hierzu auch nichts vor. Ihre Angriffe richten sich durchweg gegen die Beweiswürdigung, die das Revisionsgericht nicht prüfen kann. Dass das Landgericht den Beweggrund der Tat nicht ermitteln konnte, kann bei dem sonst eindeutigen Sachverhalt weder die Schuldfeststellung noch den Strafausspruch in Frage stellen, zumal auf die gesetzliche. Mindeststrafe erkannt ist. Eine selbständige Straftat (§ 74) ist mit Recht angenommen.
Die Tat fällt auch nicht unter die Straffreiheit des Gesetzes vom 31. Dezember 1949 obwohl sie vor dem 15. September 1949 begangen wurde und die Strafe sechs Monate Gefängnis nicht übersteigt. Denn der Angeklagte hat auch mit seiner fortgesetzten schweren Amtsunterschlagung (in Tateinheit mit Untreue, Betrug, Abgaben- und Gebührenüberhebung) schon vor dem 15. September 1949 begonnen. Diese Tat ist also - jedenfalls zum Teil ebenfalls vor diesem Zeitpunkt begangen; dass sie später fortgesetzt wurde, ändert hieran nichts. Hinsichtlich der fortgesetzten Tat ist der Schuldspruch rechtskräftig. Der Tatrichter wird dafür eine Strafe festzusetzen haben, die nach § 351 StGB mindestens sechs Monate Gefängnis erreichen muss (vgl. RGSt 73, 148). Diese Strafe wird mit der wegen der Urkundenfälschung verwirkten Strafe zu einer Gesamtstrafe zu vereinigen sein, die nach § 74 StGB sechs Monate Gefängnis übersteigen muss. Damit wird das Straffreiheitsgesetz unanwendbar (§ 4 Abs. 4, 1, § 2 das.). Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar in seinem Urteil vom 20. November 1951 - 2 StR 316/51 - die Ansicht ausgesprochen, dass eine fortgesetzte, teils vor, teils nach dem Stichtag verübte Handlung in dem Sinne erst nach dem Stichtag "begangen" sei, dass sie für die Frage der Straffreiheit auch nicht hinsichtlich der vor dem Stichtag liegenden Teile der Fortsetzungstat berücksichtigt werden dürfe.
Dem kann der erkennende Senat nicht beitreten, weil eine fortgesetzte Handlung auch zu jeder Zeit begangen wird, zu der ihre Einzelakte stattfinden.
Die Voraussetzungen des § 136 GVG sind nicht gegeben, weil der erkennende Senat seine Rechtsauffassung schon in seinem Urteil vom 9. Oktober 1951 - 1 StR 412/51 - niedergelegt und im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts näher begründet hat. Dass der 2. Strafsenat seine Ansicht schon früher, nämlich in dem Urteil vom 20. Februar 1951 - 2 StR 13/51 - vertreten hätte, lässt sich diesem nicht entnehmen, weil dort eine das Maß von sechs Monaten Gefängnis übersteigende Gesamtstrafe nicht in Betracht kommen konnte.
VII.
Die Aufhebung der wegen der fortgesetzten Amtsunterschlagung usw. festgesetzten Einzelstrafe (oben V) hatte zur Folge, dass auch die Gesamtstrafe des Urteils nicht bestehen bleiben konnte.
Fundstellen