Leitsatz (amtlich)
a) Zur Unangemessenheit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Leasinggebers enthaltenen Regelung einer Abschlußzahlung bei vertragsgemäßer Kündigung des Leasingvertrages vor Ablauf der kalkulierten Amortisationszeit (Ergänzung zu BGHZ 95, 39).
b) Zur Bestimmung der Ausgleichsleistung des Leasingnehmers, wenn die diese Frage regelnde AGB-Klausel im Leasingvertrag unwirksam ist.
Normenkette
AGBG § 9; BGB §§ 157, 535
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 24.01.1985; Aktenzeichen 4 U 384/83) |
LG Essen (Urteil vom 25.08.1983; Aktenzeichen 16 O 282/83) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. Januar 1985 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte, der ein Architekturbüro betreibt, schloß mit der Klägerin – einem Leasingunternehmen – am 14. Juli/13. August 1980 einen schriftlichen Finanzierungsleasingvertrag (Nr. 132894) über ein EDV-System (Hardware und „Interaktive Zeichnungssoftware”) auf unbestimmte Zeit, kündbar zum Ablauf des 24. Monats nach Maßgabe des § 14 der Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) bei einem Mietbeginn am 1. August 1980. Der Objektwert der Anlage ist mit 153.000 DM angegeben, die monatlichen Leasingraten mit 3.590 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Einen weiteren Vertrag (Nr. 132894/01), dessen Abschlußdatum nicht feststeht, schlossen die Parteien mit Wirkung ab 1. Februar 1981 über einen Magnetplattenspeicher mit einem Objektwert von 9.000 DM und monatlichen Raten für die ersten 18 Monate von 265,95 DM, danach 211,05 DM jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Beide Verträge waren von der Klägerin auf eine Amortisationszeit von 60 Monaten kalkuliert. Laufzeit und Kündigungstermine des zweiten Vertrages waren denjenigen des ersten angepaßt.
§ 14 der von der Klägerin vor formulierten für beide Verträge geltenden AVB lautet auszugsweise:
„§ 14
Der Mieter hat das Recht, den Mietvertrag mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten, erstmals zum Ablauf des 24. Monats ab Mietbeginn zu kündigen; dann halbjährlich ebenfalls mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten.
Die Kündigung löst folgende Abschlußzahlungen des Mieters aus, die zum Kündigungstermin fällig sind: zum Ablauf des 24. Monats 68 %, 30. Monats 57 %, 36. Monats 47 %, 42. Monats 36 %, 48. Monats 25 %, 54. Monats 14 %, danach 0 % jeweils vom Anschaffungswert, unter Anrechnung von 75 % bzw. (im Falle des Abschlusses eines neuen gleichwertigen Mietvertrages) 100 % vom Wiederverwertungserlös, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer.
Bei Abschluß eines neuen, gleichwertigen Mietvertrages wird der Betrag, um den der Wiederverwertungserlös die sich jeweils ergebende Abschlußzahlung übersteigt, als Bonus bei der Festsetzung der Mieten des neuen Mietvertrages berücksichtigt.
Der Wiederverwertungserlös wird im Zeitpunkt des Eingangs beim Vermieter angerechnet.”
Der Beklagte kündigte die beiden Verträge zum 30. Januar 1983 und bat um Benennung des „Restkaufpreises”. Die Klägerin wies in einem Schreiben vom 13. Dezember 1982 darauf hin, daß ihr nach ihrer Ansicht im Hinblick auf die Kündigung noch Zahlungsansprüche von 105.462,90 DM aufgrund des § 14 ihrer AVB zustünden. Ferner heißt es in dem Schreiben:
„Wenn es Ihnen bis zum 30. Januar 1983 gelingt, einen Abnehmer für die Gesamtanlage zu finden, der sie sofort bei Rücklieferung käuflich übernehmen und den Kaufpreis an uns zahlen könnte, wäre uns eine sofortige Anrechnung auf Ihre Zahlungsverpflichtung möglich mit der Folge, daß nur noch ein etwa verbleibender Differenzbetrag von Ihnen gezahlt werden müßte. Im anderen Falle müßten Sie zunächst die volle Abschlußzahlung an uns leisten und erhielten dann nach Abschluß der Verwertung eine entsprechende Rückerstattung.”
Darauf teilt der Beklagte der Klägerin unter dem 19. Januar 1983 mit, es sei ihm gelungen, die geleaste Anlage für 70.000 DM zu verkaufen; den diesen Kaufpreis übersteigenden Differenzbetrag von 35.462,90 DM und noch ausstehende Mietbeträge werde er zur Anweisung bringen. Der vom Beklagten tatsächlich erzielte und der Klägerin zugeflossene Verwertungserlös belief sich schließlich auf 79.100 DM.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage 57 % bzw. 68 % vom jeweiligen Anschaffungswert (87.210 DM und 6.120 DM) zuzüglich 13 % Mehrwertsteuer und abzüglich des vollen Verwertungserlöses geltend gemacht, insgesamt 26.362,90 DM nebst 12 % Zinsen seit dem 1. Februar 1983. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in BB 1985, 829 (nur in Leitsätzen) veröffentlicht ist, hat den Zinsausspruch auf 4 % ermäßigt und die Berufung des Beklagten im übrigen zurückgewiesen. Mit der – zugelassenen – Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin könne ihren im Ergebnis begründeten Zahlungsanspruch nicht, wie das Landgericht angenommen habe, auf eine Individualvereinbarung stützen. Die Schreiben der Klägerin vom 13. Dezember 1982 und des Beklagten vom 19. Januar 1983 ließen sich, nachdem es infolge der vom Beklagten ausgesprochenen Vertragskündigung nur noch um die Vertragsabwicklung und die von der Klägerin aufgrund des § 14 ihrer AVB geforderte Zahlung gegangen sei, nicht als Abschluß eines neuen Vertrages auslegen. Ob das Schreiben vom 19. Januar 1983 als Anerkenntnis aufzufassen sei, könne dahingestellt bleiben. Ein etwaiges Anerkenntnis habe der Beklagte wirksam kondiziert, weil ihm die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die Unwirksamkeit von Abschlußzahlungsklauseln nach Art des § 14 der AVB nicht bekannt gewesen sei.
Rechtliche Bedenken gegen diese von den Parteien nicht angegriffenen Erwägungen und Folgerungen bestehen nicht.
II. Die Klägerin kann ihren Anspruch nach Ansicht des Berufungsgerichts ferner nicht auf § 14 ihrer AVB stützen, weil diese Vertragsbestimmung der Inhaltskontrolle nach Maßgabe des AGB-Gesetzes nicht standhalte und deshalb unwirksam sei. Ob dies bereits für den nicht den Verwertungserlös betreffenden Teil der Klausel zu gelten habe, will das Oberlandesgericht dahingestellt sein lassen. Jedenfalls aber entspreche die Anrechnung des Erlöses nur zu 75 % nicht dem Teilamortisationserlaß des Bundesministers der Finanzen vom 22. Dezember 1975 (BB 1976, 72 abgedruckt auch bei Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 2. Aufl. Rdn. 700) und führe zu einer unangemessen hohen Vergütung für den Leasinggeber.
Im Ergebnis hat das Berufungsgericht mit dieser Ansicht recht. Die dafür maßgebenden Gründe hat der erkennende Senat in seinem nach Verkündung der hier angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 12. Juni 1985 (BGHZ 95, 39, 48 f) für eine wörtlich gleichlautende Klausel dargelegt. An dieser im Senatsurteil vom 22. Januar 1986 (VIII ZR 318/84 unter II 2, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) prinzipiell bestätigten Entscheidung wird festgehalten.
Unangemessen nach § 9 Abs. 1 AGBG ist die Regelung auch in ihrem ersten Teil, weil sie nach den in dem übrigen Vertragstext enthaltenen Angaben nicht erkennen läßt, ob die geforderte Schlußzahlung einschließlich des anteiligen Verwertungserlöses den Grundlagen entspricht, die für die Bemessung der Leasingraten als Ausgleich der Gesamtaufwendungen der Klägerin einschließlich ihrer kalkulierten Gewinnerwartung (vgl. dazu BGHZ 95, 39, 52 ff) maßgebend waren. Die Festlegung der Abschlußzahlung erschöpft sich nicht in einer bloßen Bestimmung der Gegenleistung des Leasingnehmers. Sie soll nach ihrem Sinn und Zweck in dem durch vorzeitige Kündigung des Vertrages entstehenden Abwicklungsverhältnis (BGHZ 95, 39, 53 f) als Ausgleichsleistung mit Wertstellung auf den Zeitpunkt der Kündigung an die Stelle der ursprünglich in Leasingraten festgelegten Vertragsleistung treten. Läßt sie, wie hier, diesen Zusammenhang wegen der Anknüpfung nur an die Anschaffungskosten nicht erkennen und nachvollziehen, so besteht für den Leasingnehmer die Gefahr, daß die nach der Klausel errechnete Leistung dem Berechnungssystem der ursprünglichen Verbindlichkeit nicht entspricht. So können z. B. die Vertragsnebenkosten (die die Klägerin im vorliegenden Fall auf 17,6 % der Anschaffungskosten beziffert, grundsätzlich aber mit einem Spielraum von 15,75 bis 19,25 % angibt) durch einen festen Prozentsatz der Anschaffungskosten nicht erfaßt werden. Dieses Bedenken läßt sich auch nicht – wie Graf von Westphalen (ZIP 1985, 1033 ff unter III 2.1) in anderem Zusammenhang meint – durch eine die Vertragsnebenkosten mitumfassende andere Begriffsbestimmung der „Anschaffungskosten” ausräumen. Abgesehen davon, daß die Klausel dann zu einer offensichtlich überhöhten Verpflichtung führen würde, ist sie auch nicht in diesem Sinne gemeint gewesen. Die Klägerin hat ihre Klageforderung auf der Grundlage von 57 bzw. 68 % der reinen Kaufpreiskosten berechnet.
Ebenso wie die Vertragsnebenkosten würden auch die ersparten Refinanzierungszinsen nicht nach ihrer tatsächlichen Höhe, sondern allenfalls mit einem feststehenden Pauschbetrag berücksichtigt, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats generell nicht als angemessene Regelung hingenommen werden kann (Senatsurteil vom 29. Januar 1986 – VIII ZR 49/85 unter III 2 a, zur Veröffentlichung bestimmt). Insgesamt wird die Vertragsklausel also nicht der aus der Typizität des Finanzierungsleasingvertrags herzuleitenden Verpflichtung der Klägerin gerecht, für jeden denkbaren Fall sicherzustellen, daß den Leasingnehmer infolge der vertragsmäßigen Kündigung verhältnismäßig keine höhere Belastung treffen kann als bei Vertragsdurchführung bis zum Ende der Amortisationszeit. Schon mit der Verwendung einer derartigen Klausel verletzt der Leasinggeber seine Bindung an diese Verpflichtung einseitig in unangemessener Weise. Die Bestimmung ist daher jedenfalls nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.
III. 1. Die Klageforderung ist nach Auffassung des Berufungsgerichts aufgrund einer nach Zeugenvernehmung und Erstattung eines mündlichen Sachverständigengutachtens vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung begründet.
Dazu führt das Oberlandesgericht aus: Nach Wesen und Zweck eines Finanzierungsleasingvertrages über zumeist kurzlebige Wirtschaftsgüter habe der Leasingnehmer während der auf Vollamortisation kalkulierten Nutzungsdauer die Gesamtkosten des Leasinggebers einschließlich eines angemessenen Gewinns zu decken. Warum sich an diesem Grundsatz etwas ändern solle, wenn der Leasingnehmer von einem für ihn vielfach vorteilhaften, eine Neuausstattung seiner Betriebseinrichtung ermöglichenden vorzeitigen Kündigungsrecht Gebrauch mache, sei nicht einleuchtend. Bei abgekürzter Vertragsdauer müßten daher entweder ausreichend hohe monatliche Raten oder ein besonderer Zahlungsausgleich vorgesehen werden. Da der Vertrag nach Wegfall des § 14 der AVB keine Regelung der Ausgleichszahlung enthalte, sei diese Lücke unter Berücksichtigung des Prinzips der Gesamtkostendeckung durch den Leasingnehmer, der weiteren Besonderheiten des Finanzierungsleasingvertrages sowie nach Treu und Glauben auszufüllen. Angemessen sei eine Regelung, die dem sog. Teilamortisationserlaß des Bundesministers der Finanzen vom 22. Dezember 1975 (aaO) entspreche und dem Leasingnehmer den noch nicht amortisierte Anschaffungsaufwand nebst angemessenem Gewinn abzüglich 90 % des erzielten Verwertungserlöses auferlege, wobei ein Gewinn für die Zeit nach der Kündigung jedoch nicht mehr zuzubilligen sei, weil der Leasinggeber für diese Zeit keine Leistung mehr erbringe. Der Klägerin seien anzurechnen der durch Abzinsung zu berücksichtigende Zinsgewinn und der Verwertungserlös zu 90 %. Verwaltungskosten habe sie nach ihrer vom Beklagten nicht mehr bestrittenen Behauptung nicht erspart. Soweit in den von ihr angegebenen Restkosten noch Steuer- und Versicherungsanteile für die Zeit nach der Kündigung enthalten seien, fielen diese mit allenfalls 2-3 % nicht ins Gewicht, weil die Klägerin den Verwertungserlös in voller Höhe anstatt mit 90 % angerechnet habe.
Für den Hauptvertrag ergebe sich danach folgende Berechnung:
30 restliche Leasingraten |
107.700,– |
DM |
abzüglich Abzinsung nach dem vom Beklagten nicht bestrittenen Zinssatz von 8,75 % |
11.280,– |
DM |
|
96.240,– |
DM. |
Für den Ergänzungsvertrag ergebe sich ein entsprechender Berechnung ein Betrag von |
5.668,38 |
DM |
insgesamt |
101.908,38 |
DM |
abzüglich anteiliger (90 %) Verwertungsserlös |
71.900,– |
DM |
mithin Differenzbetrag zuzüglich Mehrwertsteuer. |
30.008,38 |
DM |
Da die Klägerin jedoch nur 26.362,90 DM verlange, sei ihre Hauptforderung ohne Einschränkung begründet. Ihr Zinsanspruch sei auf 4 % zu beschränken, weil sie einen darüber hinausgehenden Zinsschaden nicht dargelegt habe und die Regelung in § 12 ihrer AVB nur bei Verzug des Leasingnehmers mit fälligen Leasingraten eingreife.
2. Diese Ausführungen entsprechen in ihrem rechtlichen Ansatz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere dem Urteil vom 12. Juni 1985 (aaO), und sind hinsichtlich der Forderungsberechnung jedenfalls im Endergebnis nicht zu beanstanden. Dabei mag es dahingestellt bleiben, ob der angemessene Anspruch der Klägerin auch in der Weise ermittelt werden könnte, wie das im Falle des bereits zitierten Senatsurteils vom 22. Januar 1986 geschehen ist; die dortige Klägerin hatte die „Abzinsung” nicht nur nach den Refinanzierungszinsen berechnet, sondern zugleich auch nach der Summe der sonstigen Vertragskosten, die sie somit als Verzinsung auf die reinen Anschaffungskosten behandelt hat (aaO unter II 3 d aa; vgl. ferner Senatsurteil vom 29. Januar 1986 – VIII ZR 49/85 unter IV 2). Die hier vom Berufungsgericht angewandte Methode kann – wie noch auszuführen ist – aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden.
3. Haben Leasinggeber und Leasingnehmer einen Finanzierungsleasingvertrag geschlossen, der ausdrücklich oder nach eindeutiger Auslegung der in ihm enthaltenen sonstigen Regelungen die vollständige Deckung der dem Leasinggeber entstandenen Kosten innerhalb der vereinbarten Nutzungsdauer durch Leasingraten zum Inhalt hat, so gilt mit Rücksicht auf den leasingtypischen, Steuer- und betriebswirtschaftlich bestimmten Vertragszweck dieses Kostendeckungsprinzip auch dann, wenn dem Leasingnehmer ein vorzeitiges Kündigungsrecht eingeräumt ist. Einer ergänzenden Vertragsauslegung hinsichtlich dieses Grundsatzes bedarf es nicht (BGHZ 95, 39, 54 unter teilweiser Aufgabe der früheren, eine Risikoaufteilung betreffenden Rechtsprechung). Ist die im Vertrage formularmäßig vorgesehene Methode zur Ermittlung der Deckungslücke, wie hier, nicht anwendbar, so muß sich die Ausgleichszahlung nach den konkreten Umständen des Einzelfalles richten. Wie bei dieser Feststellung zu verfahren ist, hat der erkennende Senat in den Grundzügen aufgezeigt (BGHZ 95, 39, 55 f; Senatsurteil vom 22. Januar 1986 unter II 3 d und 4); danach sind die bis zum vollständigen Ablauf der Amortisationszeit noch ausstehenden restlichen Leistungen des Leasingnehmers in einer den beiderseitigen Interessen entsprechenden Weise auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung abzuzinsen und der Anspruch nach sonstigen Erfordernissen des Einzelfalles, insbesondere nach der Einsparung von Kosten, einzuschränken, notfalls unter Einschaltung eines Sachverständigen.
a) Unklar kann im Einzelfall allerdings sein, was über die reinen Anschaffungskosten hinaus als „Kosten” angesehen werden kann, deren Amortisation gesichert werden soll. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz klargestellt, daß sie – mit Ausnahme von objektbezogenen Steuern und Versicherungen sowie Refinanierzungszinsen – auf den konkreten Vertrag tatsächlich geleistete Aufwendungen („Stückkosten”) nicht darlegen könne; ihre Kalkulation der Leasingraten beruhe insoweit auf kalkulatorischen Durchschnittswerten für die beim Vertragsabschluß und während der Vertragszeit anfallenden Personal- und Sachkosten, ausgedrückt in Prozentsätzen der Anschaffungskosten.
b) Der mangelnde Nachweis tatsächlich entstandenen Aufwands läßt eine rein rechnerische, konkrete Ermittlung der „Kostendeckung” nicht zu. Das ist indessen unschädlich, denn Ausgangspunkt der Berechnung kann die Summe aller Leasingraten sein, weil sich darin der vom Leasinggeber angesetzt und vom Leasingnehmer individualvertraglich akzeptierte Gesamtaufwand einschließlich Gewinnerwartung niedergeschlagen hat. Bei vorzeitiger Kündigung kann dieser kalkulatorische Durchschnittsaufwand aber nicht ohne weiteres voll berücksichtigt werden. Abzusetzen ist zunächst der in den Raten enthaltene reine Zinsanteil auf Refinanzierung und eingesetztes Eigenkapital, den die Klägerin hier ohne Widerspruch des Beklagten mit 8,75 % p.a. angegeben hat. Ferner sind diejenigen Teile des Aufwands abzuziehen, die infolge der Kündigung nicht realisiert worden sind, wie z. B. auf die spätere Zeit entfallende Steuer- und Versicherungsanteile, außerdem anteilig aber auch vorsorglich einkalkulierte Risikoposten, die sich naturgemäß bei kürzerer Laufzeit verringern müssen. Schließlich kann der Leasinggeber für die Zeit nach der Kündigung keinen Gewinn mehr beanspruchen, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat. Die Vertragsleistung des Leasinggebers besteht leasingtypisch in der zeitweiligen Gebrauchsüberlassung eines Sachgutes und – wirtschaftlich gesehen – in der Bereitstellung des dafür erforderlichen Kapitals auf Zeit. Wird der Vertrag vereinbarungsgemäß beendet, ist dem Leasingnehmer sowohl der weitere Sachgebrauch als auch die mittelbare Kapitalnutzung entzogen, während andererseits der Leasinggeber das zurückfließende Kapital anderweitig nutzen, also damit Gewinn erzielen kann. Irgendein Grund, ihm auch für die verkürzte Laufzeit den auf die volle Vertragsdauer kalkulierten Gewinn ungeschmälert zuzusprechen, ist angesichts der Bedeutung des Zeitfaktors für die Leistung des Leasinggebers nicht ersichtlich. Insofern unterscheidet sich der in erster Linie nach Mietrecht zu behandelnde Leasingvertrag möglicherweise von einem reinen Austausch- oder Umsatzgeschäft wie etwa einem Kaufvertrag. Der wegfallende Gewinnanteil muß daher grundsätzlich ermittelt und vom Gesamtaufwand abgezogen werden.
4. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze im Ansatz beachtet. Soweit es einzelne, den Anspruch mindernde Posten zwar in Erwägung gezogen, aber letztlich unberücksichtigt gelassen hat, weil ein möglicher Differenzbetrag durch die vollständige Anrechnung des Verwertungserlöses ausgeglichen werde, hat es nicht alle zugunsten des Leasingnehmers wirkenden Umstände vollständig erfaßt. Am Ergebnis der Entscheidung ändert sich dadurch jedoch nichts.
a) Die Klägerin hat ihre (durchschnittlichen) Vertragskosten – von dem Sachverständigen als branchenüblich bestätigt und vom Beklagten insoweit nicht bestritten – wie folgt angegeben:
- Vertriebskosten 3-4 % vom Anschaffungswert
- Bonitäts- und Vertragsprüfung 1,5-2,5 %
- Beschaffungskosten 0,5 %
- Vorfinanzierungskosten für Positionen 1-3 1,5 %
- Vertragsrisiko 2 %
- laufende Verwaltungskosten 2-3 %
- Versicherungskosten jährlich 0,25 % (bei 5 Jahren: 1,25 %)
- Steuern jährlich 0,8 % auf den Objektwert, bei 5 Jahren im Mittel 2-2,5 %
- Vorhaltekosten für Weitervermietung oder Verwertung 1-2 % insgesamt 14,75-19,25 % (von der Klägerin irrtümlich mit einer Spanne von 15,75-19,25 % angegeben); im vorliegenden Vertrag sollen 17,6 % berücksichtigt sein.
Gegen den vollen Ansatz einzelner Kalkulationsposten dieser Aufstellung bestehen durchgreifende materiell-rechtliche Bedenken, weil ohne überzeugenden Grund der vorzeitigen vertragsgemäßen Beendigung des Leasingverhältnisses ersichtlich nicht Rechnung getragen worden ist. Insoweit handelt es sich um folgende Positionen:
aa) Gegen die kalkulatorische Einbeziehung eines Vertragsrisikos von 2 % bei Bemessung der Leasingraten bestehen grundsätzlich keine Bedenken. Seine Höhe ist aber naturgemäß von der Laufzeit des Vertrages abhängig, so daß für die auf die Hälfte verkürzte Vertragsdauer auch die Hälfte des Zuschlags, also 1.620 DM (1 % von 162.000 DM) abzusetzen ist.
bb) Dasselbe gilt hinsichtlich der laufenden Verwaltungskosten. Bei der von der Klägerin angegebenen Höhe des Gesamtaufwandes von 17,6 % der Anschaffungskosten wären sie mit 2,6 % anzusetzen. Die abzusetzende Hälfte davon beträgt 2.106 DM. Gegen diese Einsparung kann die Klägerin nicht die ihr möglicherweise entstandenen Verwaltungskosten bei der Rechtsverfolgung des Anspruchs verrechnen. Diese außerordentlichen Kosten müssen bei der Ermittlung der vertragsmäßigen Gegenleistung des Beklagten außer Betracht bleiben.
cc) Versicherungskosten sollen nach der Bekundung des Zeugen Sch… nicht berechnet worden sein. In der Aufstellung der Klägerin sind sie jedoch als mitkalkuliert enthalten und müssen deshalb für die Zeit nach der Kündigung, in der die Leasingsache dem Beklagten nicht mehr zur Verfügung stand, zur Hälfte abgesetzt werden, mithin in Höhe von 1.012,50 DM.
dd) Hinsichtlich der ebenfalls für die Zeit nach der Kündigung nicht zu Lasten des Leasingnehmers entstehenden Objektsteuern ist bei linearer Abschreibung von 90 % des Sachwertes in fünf Jahren von einem Minderungsbetrag von ca. 0,85 % der Anschaffungskosten auszugehen. Abzusetzen sind danach 1.377 DM.
Insgesamt sind von den verbleibenden 30 Leasingraten außer der Abzinsung also 6.115,50 DM abzusetzen. Nach der Aufstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 19. März 1984 könnte zweifelhaft sein, ob der Ansatz von 2.430 DM als Vorfinanzierung „für die Positionen 1-3” (d. h. nur für Vertragsabschlußkosten) nicht weit übersetzt wäre. Es handelt sich jedoch nach dem erkennbaren Sinn dieser Position um einen offensichtlichen Bezeichnungsfehler. Gemeint sein kann nur die Vorfinanzierung auf die Anschaffungs- und Vertragsabschlußkosten. Daraus ergäbe sich ein Vorfinanzierungszeitraum von zwei Monaten (bei einem Jahreszinssatz von 8,75 %), gegen den nichts einzuwenden wäre.
b) Der auf die Zeit nach der Kündigung entfallende und ebenfalls abzusetzende Gewinnanteil ist im vorliegenden Fall über die vom Berufungsgericht berücksichtigte Abzinsung auf das Eigenkapital hinaus nicht zu ermitteln, weil in der Kalkulationsaufstellung der Klägerin eine Position für Gewinn nicht enthalten ist und die Klägerin nach ihrer vom Beklagten auch in der Revision nicht bestrittenen Behauptung ohne Gewinnerwartung kalkuliert und sich auf „Nachgeschäfte” nach Erledigung des Leasingvertrages verläßt. Ob diese immerhin ungewöhnliche wirtschaftliche Gestaltung zutrifft oder ob in den einkalkulierten durchschnittlichen Vertragsnebenkosten tatsächlich doch Gewinne versteckt enthalten sind, kann angesichts der eindeutigen Prozeßlage vom Revisionsgericht nicht überprüft werden. Da ein Teil der Vertragsnebenkosten ohnehin anteilig abgesetzt werden muß (vgl. oben zu a), könnten für die Ermittlung eines versteckten Gewinnanteils nur noch die Positionen 1-4 und 9 der von der Klägerin gegebenen Aufstellung in Betracht kommen.
c) Den von ihm mit 30.008,38 DM bezifferten Restanspruch der Klägerin hat das Berufungsgericht ermittelt, indem es von der Summe der restlichen 30 Leasingraten nur die der Höhe nach unstreitige Abzinsung sowie 90 % des Verwertungserlöses abgezogen hat. Der Anspruch ist jedoch weiterhin durch Abzug der oben zu a) ermittelten 6.115,50 DM zu vermindern, so daß nur noch 23.892,88 DM verbleiben. Setzt man die Mehrwertsteuer nur mit 13 % hinzu, so ergeben sich 26.998,95 DM. Dieser Betrag übersteigt die Klageforderung von 26.362,90 DM, so daß die Revision keinen Erfolg haben kann. Sie mußte mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückgewiesen werden.
Unterschriften
W, Dr. S, T, Dr. B, Dr. Z
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.03.1986 durch Kanik, Justizamtsinspektor in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 513510 |
NJW 1986, 1746 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1986, 576 |