Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 11.07.2012) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten P. und Pr. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 11. Juli 2012, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten P. und Pr., an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten P. und Pr. werden verworfen.
4. Die Revision des Angeklagten L. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
5. Der Angeklagte L. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung verurteilt, den Angeklagten P. zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten, den Angeklagten Pr. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten L. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Die Vollstreckung der Jugendstrafen für die Angeklagten P. und Pr. hat es zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel der Angeklagten P. und Pr. führen aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung im Strafausspruch; die Revision des Angeklagten L. bleibt ohne Erfolg.
I.
Rz. 2
Nach den Feststellungen des Landgerichts trafen sich die Angeklagten P. und Pr. am Mittag des 19. Oktober 2009 und überlegten, wie sie zu Geld kommen könnten. Der Angeklagte P. führte zwei Gaspistolen mit. Deshalb kamen sie auf den Gedanken, eine Tankstelle zu überfallen. Sie trafen sich mit dem Angeklagten L. und weihten ihn in den Tatplan ein, der sich dann auf die Tankstelle in Z. konzentrierte. Am Abend fuhren die Angeklagten zum Tatort. Der Angeklagte P. stellte das von ihm geführte Fluchtfahrzeug so ab, dass er von dort die Tankstelle einsehen konnte. Die Angeklagten Pr. und L. nahmen die Schreckschusspistolen an sich, von denen zumindest eine geladen und funktionstüchtig war. Sie verbargen sich zunächst hinter geparkten Lastkraftwagen und beobachteten die Tankstelle. Dann maskierten sie sich, stürmten in den Verkaufsraum und bedrohten den Angestellten S.. Als dieser der Aufforderung zur Herausgabe des Geldes aus der Hauptkasse nicht sogleich nachkam, gab der Angeklagte L. einen Schuss ab. Der Zeuge S. übergab ihnen daraufhin rund 2.000 Euro.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richten. Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts ist aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen rechtlich nicht zu beanstanden. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. ist ebenfalls rechtsfehlerfrei.
Rz. 4
Jedoch begegnet die Verhängung der Jugendstrafen gegen die Angeklagten P. und Pr. rechtlichen Bedenken. Es ist zu besorgen, dass der das Strafmaß mitbestimmende Erziehungsgedanke (§ 18 Abs. 2 JGG), der als beherrschender Zweck des Jugendstrafrechts bei der Strafbemessung auch dann Vorrang hat, wenn Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld verhängt wird, unbeachtet geblieben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 4 StR 379/05). Anhaltspunkte für dessen Berücksichtigung finden sich in den Urteilsgründen nicht. Sie teilen ausschließlich Überlegungen mit, nach denen die Strafen aus der Sicht der Jugendkammer „tat- und schuldangemessen” seien. Dagegen wird weder der Erziehungsbedarf hinsichtlich der Angeklagten P. und Pr. erörtert, noch werden die gegebenenfalls zu erwartenden Folgen einer eventuellen Verbüßung der Jugendstrafen für die weitere Entwicklung dieser Angeklagten in den Blick genommen. Auch erhebliche Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten nach der Tat hat die Jugendkammer nicht erkennbar berücksichtigt.
Unterschriften
Becker, Fischer, Appl, Krehl, Eschelbach
Fundstellen