Tatbestand
Der Senat führt zunächst aus, daß die ›Schufa-Klausel‹ entgegen der in der Kreditwirtschaft vertretenen Auffassung einer Inhaltskontrolle nach §§ 9, 13 AGB-Gesetz nicht entzogen sei, da es sich um eine vertragliche Regelung handele, die den durch § 34 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gesetzten Rahmen einer bloßen Benachrichtigung überschreite.
(a) ›... Materiell führt die streitige Klausel, da sie dem Kreditnehmer eine pauschale Einwilligung in die Weitergabe aller Kreditdaten an die Schufa oder KSV abverlangt, zu einer unangemessenen Benachteiligung i. S. des § 9 AGBG [AGB-Ges].
Im Anwendungsbereich des BDSG läßt sich eine solche Klausel mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbaren. [Wird unter Bezugnahme auf die Senatsurteile in WM 1983, 1188 u. 1984, 398 (hier: V (540) 123 e-f u. 126 a) ausgeführt] ...
Alternativ sieht das BDSG in § 3 Satz 1 Nr. 2 allerdings auch die Einwilligung des Betroffenen als uneingeschränkte Rechtfertigung jeder Datenverarbeitung vor (zur Kritik an dieser gesetzl. Regelung vgl. Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, BDSG, 3. Aufl. § 3 Rdn. 13 ff.). Zweifelhaft ist jedoch, wie weit eine solche Einwilligung formularmäßig, in Allg. Geschäftsbedingungen, erteilt werden kann. Wenn die Verwender den Abschluß bestimmter Verträge generell von der formularmäßigen Einwilligung abhängig machen, besteht in Fällen, in denen der Kunde auf den Vertragsschluß angewiesen ist, die Gefahr, daß ihm jede echte eigene Entscheidung verwehrt ist und seine Einwilligung zu einer reinen Formalität absinkt (vgl. Simitis/Dammann/Mallmann/ Reh, aaO., Rdn. 15). Deshalb kommt der wertenden Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG hier besondere Bedeutung zu.
Über die Möglichkeit einer formularmäßigen Einwilligung braucht im vorliegenden Verfahren nicht abschließend entschieden zu werden. Eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers liegt jedenfalls vor, wenn eine formularmäßige Einwilligung sich nicht auf bestimmte Kreditdaten beschränkt, sondern pauschal unter der Bezeichnung ›Daten des Kreditnehmers über die Abwicklung des Kredits‹ auch Angaben über einseitige Maßnahmen des Kreditgebers zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche gegen den Kreditnehmer, beispielsweise Mahnungen, Kündigungen, Mahnbescheide .. umfassen soll und den Kreditgeber uneingeschränkt ermächtigt, auch derartige Negativmerkmale ohne Interessenabwägung im Einzelfall und sogar in Fällen, in denen eine solche Abwägung negativ ausfallen würde, an ein Kreditinformationssystem zu übermitteln.
Unwirksam gemäß § 9 AGBG ist die Klausel aber auch, soweit die Einwilligung sich auf eine Datenweitergabe außerhalb des Anwendungsbereichs des Bundesdatenschutzgesetzes erstreckt .. .
Der einschränkenden Legaldefinition der Übermittlung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 BDSG kann für die Bewertung der Klausel im Rahmen des § 9 AGBG kein entscheidendes Gewicht zukommen. Eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers im Sinne dieser Vorschrift liegt in der unbeschränkten Weitergabe von Kreditdaten nicht nur dann, wenn sie vorher bereits bei der weitergebenden Bank gespeichert waren. Die Nachteile für den Kreditnehmer erwachsen aus der anschließenden Übermittlung an andere Kreditgeber; diese Nachteile sind nicht davon abhängig, ob die
Bank diese Daten vor der Weitergabe bereits selbst gespeichert hatte oder nicht. Schon der pauschale Verzicht auf das Bankgeheimnis führt zur Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 9 AGBG.
(b) Auch die Beschränkung auf natürliche Personen in § 2 Abs 2 BDSG nötigt nicht zu einer entsprechenden Einschränkung des beantragten Klauselverbots. Der Kl. selbst hat die Verwendung der streitigen Klausel gegenüber Kaufleuten und damit auch gegenüber Handelsgesellschaften (§ 6 HGB) gemäß § 13 Abs. 3 AGBG von seinem Unterlassungsbegehren ausgenommen. Im übrigen genießen aber auch Gesellschaften und juristische Personen als Kreditvertragspartner den vertraglichen Schutz des Bankgeheimnisses. Es kann dahinstehen, ob Durchbrechungen ihnen gegenüber in weiterem Umfang zulässig sind als gegenüber natürlichen Personen. Jedenfalls ist es auch bei juristischen Personen mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, wenn die Bank sich in ihren AGB ein völlig uneingeschränktes Recht zur Kreditdatenweitergabe an Kreditinformationssysteme ausbedingt. ...
(c) Die AGB-Klausel, nach der die gesamte Kreditschuld sofort fällig wird, wenn der Kreditnehmer mit zwei aufeinanderfolgenden Raten ganz oder teilweise im Verzug ist, hält der Inhaltskontrolle nicht in vollem Umfang stand. ...
Mit Recht hat das BerGer. es abgelehnt, die gesamte streitige Klausel als Vertragsstrafenversprechen gemäß § 11 Nr. 6 AGBG für unwirksam zu erklären. ...
Die Frage der Anwendung des § 11 Nr. 6 AGBG auf Vorfälligkeitsklauseln ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt, vielmehr bei Unterrichts- und Leasingverträgen ausdrücklich offengelassen worden (vgl. Urteile WM 1985, 604, 605 [hier: I (120) 147 b], WM 1985, 638 und 1985, 945 [hier: I (120) 147 a]).
Dem erk. Senat erscheint es nicht geboten, Vorfälligkeitsklauseln in Darlehensverträgen unter das strikte Verbot des § 11 Nr. 6 AGBG fallen zu lassen. Derartige Klauseln enthalten nur die besondere Ausformung einer Vertragsbeendigungsregelung, nicht die Vereinbarung einer Vertragsstrafe (Canaris, ZIP 1980, 717). Beim Darlehen als Dauerschuldverhältnis ergibt sich schon aus § 242 BGB das Recht des Gläubigers, aus wichtigem Grund vorzeitig zu kündigen und die sofortige Rückzahlung des noch ausstehenden Ä abgezinsten Ä Darlehensbetrages zu verlangen (vgl. Senatsurteil WM 1981, 679 m. w. N.). Ein wichtiger Grund zur Kündigung kann auch im Zahlungsverzug des Schuldners liegen (vgl. Senatsurteile DB 1975, 2032 und WM 1978, 234, 236). Wenn eine AGB-Klausel vorsieht, daß es unter bestimmten Voraussetzungen keiner Kündigungserklärung bedarf, sondern die vorzeitige Fälligkeit automatisch eintreten soll, so rechtfertigt dieser rechtstechnische Unterschied allein nicht das strikte Verbot, das sich aus einer Anwendung des § 11 Nr. 6 AGBG ergeben würde (Canaris aaO.; ebenso Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 4. Aufl., § 11 Nr. 6 Rdn. 7; Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 11 Nr. 6 AGB Rdn. 8).
(d) Eine derartige Vorfälligkeitsklausel ist vielmehr am Maßstab des § 9 AGBG zu messen. Sie hält dieser Inhaltskontrolle nur stand, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorfälligkeit zumindest nicht hinter den Anforderungen zurückbleiben, die an eine Kündigungsregelung gestellt werden müßten. Die Vertragsverletzungen, die zur Vorfälligkeit führen, müssen so schwerwiegend sein, daß sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine automatische Vertragsbeendigung rechtfertigen. ...
Die streitige Klausel enthält eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers, soweit sie die Verpflichtung zur sofortigen Kreditrückzahlung schon eintreten läßt, wenn der Kreditnehmer mit zwei aufeinanderfolgenden Raten auch nur teilweise in Verzug kommt.
Wenn bei einem Dauerschuldverhältnis bereits der Verzug mit Teilleistungen zur Beendigung des gesamten Vertrages führen soll, und zwar nicht erst nach Androhung und Fristsetzung, sondern automatisch und ohne Nachholungsmöglichkeit analog § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB, dann muß der Leistungsteil, mit dem der Schuldner in Verzug gerät, so erheblich sein, daß dem Gläubiger deswegen Ä ohne Rücksicht auf die Gründe des Verzugs und die Höhe der noch ausstehenden Schuld im Einzelfall Ä eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist. Dazu ist nach Auffassung des Senats ein Verzug mit mindestens zwei vollen aufeinanderfolgenden Raten nötig, aber auch ausreichend.
Auch bei einer solchen Regelung verbleibt dem Gläubiger das Recht, unter besonderen Umständen des Einzelfalls schon bei einem Zahlungsverzug mit geringeren Ratenbeträgen eine Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen. Andererseits kann die Berufung des Gläubigers auf die Vorfälligkeitsklausel auch dann, wenn der Schuldner mit zwei vollen aufeinanderfolgenden Raten in Verzug ist, im Einzelfall rechtsmißbräuchlich sein. Gerade weil § 242 BGB in dieser Weise für beide Vertragsteile Abweichungen in Extremfällen zuläßt, erscheint es dem Senat geboten, eine Klauselfassung, die sofortige Fälligkeit bei einem Zahlungsverzug mit zwei vollen aufeinanderfolgenden Raten vorsieht, zu billigen, weil sie im Regelfall einem angemessenen Interessenausgleich dient. ...‹
Fundstellen
Haufe-Index 2992808 |
BGHZ 95, 362 |
BGHZ, 362 |
BB 1985, 1998 |
DB 1985, 2445 |
NJW 1986, 46 |
DRsp I(120)151a-d |
WM 1985, 1305 |
ZIP 1985, 1253 |
JZ 1986, 185 |
JuS 1986, 153 |
MDR 1986, 128 |