Leitsatz (amtlich)
Vereinbarungen, die lediglich zur Vorbereitung eines angestrebten Vertrages über den Erwerb oder die Veräußerung eines Grundstückes geschlossen werden, bedürfen grundsätzlich auch dann nicht in entsprechender Anwendung des § 313 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung, wenn sich aus ihnen ein wirtschaftlicher Druck ergeben kann, das Grundstücksgeschäft auch tatsächlich einzugehen. Ausnahmsweise kann jedoch im Hinblick auf den Schutzzweck des § 313 Satz 1 BGB ein Vertrag eines Anlagevermittlers mit einem Anleger formbedürftig sein, wenn dieser Vertrag seinem wirtschaftlichen Sinn nach darauf gerichtet ist, den Beitritt des Anlegers zu einem Bauherrenmodell vorzubereiten, und der Anleger darin verpflichtet wird, unabhängig von dem Zustandekommen des angestrebten Geschäfts dem Anlagevermittler ein Entgelt zu zahlen, das wegen seiner Höhe ganz oder zumindest weit überwiegend nur als vorweggenommene Vermittlungsprovision verstanden werden kann.
Normenkette
BGB § 313 S. 1
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.12.1988) |
LG Wiesbaden |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Dezember 1988 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte ist Initiatorin der im Bauherrenmodell errichteten Ferienresidenzen S. und B. Der Vertriebsbeauftragte der Beklagten P. stellte dem Kläger in einem Ende 1985 geführten Gespräch die Bauherrenmodelle vor. Am 19. Dezember 1985 unterschrieb der Kläger einen Zeichnungsschein für ein Appartement der Ferienresidenz S. Als Gesamtaufwand waren darin 226.779 DM, als „Beratungs- und Bearbeitungsgebühr” 7.755,84 DM (3,42% des Gesamtaufwandes) festgelegt. Nach den vorgedruckten Vertragsbestimmungen beauftragte der Kläger die Beklagte, ihn „über die wirtschaftlichen Voraussetzungen und Ziele des bezeichneten Bauvorhabens zu beraten und die Vorbereitungshandlungen zum Abschluß eines Treuhandvertrages mit der I. gesellschaft mbH … zu treffen.” Über die „Beratungs- und Bearbeitungsgebühr” war in dem Formular bestimmt: „Für Beratung und für die Vorbereitung des Treuhandvertrages wird die oben ausgeworfene Gebühr berechnet. Entsprechend der Rechnung, die mir/uns nach Auftragsannahme zugeschickt wird, werde(n) ich/wir den Betrag auf das Konto der W. Vermögensberatung AG … überweisen.” Mit Schreiben vom 23. Dezember 1985 erklärte die Beklagte, sie nehme den Auftrag an, den Kläger über das Investitionsvorhaben zu beraten und die Vorbereitungshandlungen zum Abschluß eines Treuhandvertrages mit der I. zu treffen. Die zugleich in Rechnung gestellte „Gebühr für die Beratung und Bearbeitung des Auftrages” beglich der Kläger. Nach anderweitiger Beratung aufgrund der von der I übersandten Unterlagen teilte der Kläger der Beklagten jedoch mit Schreiben vom 27. Januar 1986 mit, daß er sich an dem Bauherrenmodell nicht beteiligen werde, und bat um Rückzahlung der sogenannten Bearbeitungsgebühr. Nach Verhandlungen zwischen den Parteien schrieb die Beklagte am 28. Juli 1986, sie respektiere die Entscheidung des Klägers, eine Rückzahlung lehnte sie jedoch ab.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage, die auf Rückzahlung eines Teilbetrages der gezahlten Gebühr von 5.755,84 DM zuzüglich Zinsen gerichtet ist, stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vertrag vom 19./23. Dezember 1985 nichtig, weil er nicht gemäß § 313 Satz 1 BGB notariell beurkundet worden sei. Die Formbedürftigkeit des Beratungsvertrages ergebe sich allerdings nicht bereits aus dem Rechtsgrundsatz, daß auch rechtlich selbständige, für sich allein nicht formbedürftige Vereinbarungen dann notariell zu beurkunden sind, wenn sie mit einem Grundstücksgeschäft rechtlich so zusammenhängen, daß sie miteinander stehen und fallen sollen. Denn der Beratungsvertrag sei mit dem Treuhandvertrag oder dem Grundstückskaufvertrag nicht derart eng verknüpft.
Dem Schutzzweck des § 313 Satz 1 BGB entsprechend seien aber auch solche Abmachungen formbedürftig, die auf einen Beteiligten mittels ihm auferlegter wirtschaftlicher Bindungen einen indirekten Zwang zum Erwerb des Grundstücks ausübten. Dies sei hier der Fall. Nach seinem Wortlaut sei der von den Parteien geschlossene Vertrag zwar auf eine entgeltliche Geschäftsbesorgung gerichtet, weil die Beklagte danach mit einer Beratung und der Vorbereitung eines Treuhandvertrages beauftragt werde, durch die Vereinbarung werde jedoch auch ein gewisser Zwang zum späteren Abschluß des Grundstückskaufvertrages ausgeübt. Die Verpflichtung, als Beratungs- und Bearbeitungsgebühr 7.755,84 DM, d.h. 3,42% des für die Beteiligung an dem Bauherrenmodell vorgesehenen Aufwandes, zu zahlen, beeinträchtige wegen der Höhe des zu zahlenden Betrages die Entscheidungsfreiheit. Leistungen des Umfangs, wie sie nach dem Wortlaut des Vertrages versprochen worden seien, habe die Beklagte nicht erbringen sollen und auch nicht erbracht.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Nach §§ 313 Satz 1, 125 Satz 1 BGB ist ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bei fehlender notarieller Beurkundung nichtig. Die Formvorschrift bezweckt u.a., Veräußerer und Erwerber vor übereilten Verträgen zu bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung zu eröffnen (BGHZ 87, 150, 153). Um diesem Zweck auch gegenüber möglichen Umgehungsversuchen Geltung zu verschaffen, wird § 313 Satz 1 BGB in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in bestimmten Fällen analog auch auf Verträge angewandt, die nicht selbst die Verpflichtung zur Übertragung und zum Erwerb des Eigentums an einem Grundstück zum Gegenstand haben. Danach können Verträge, auch wenn sie mit Dritten abgeschlossen wurden, formbedürftig sein, wenn sie einen Vertragsteil bereits dadurch wirtschaftlich binden, daß für den Fall des Unterbleibens des Geschäfts über den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken ins Gewicht fallende wirtschaftliche Nachteile vereinbart werden. Dies wurde insbesondere bei Verträgen angenommen, in denen für den Fall des Abschlusses oder Nichtabschlusses eines solchen Geschäfts eine Vertragsstrafe, der Verfall einer Kaufpreisanzahlung oder eine erfolgsunabhängige Maklerprovision versprochen wurde (vgl. BGH, Urteile vom 1. Juli 1970 – IV ZR 1178/68, WM 1970, 1224, 1225, vom 30. Oktober 1970 – IV ZR 1176/68, WM 1970, 1517, 1518, vom 18. Dezember 1970 – IV ZR 1155/68, WM 1971, 190, vom 25. April 1973 – IV ZR 80/72, WM 1973, 816, vom 3. November 1978 – V ZR 30/77, WM 1979, 162, vom 6. Februar 1980 – IV ZR 141/78, WM 1980, 742, 743, vom 12. Juli 1984 – IX ZR 127/83, VersR 1984, 946 und vom 2. Juli 1986, WM 1986, 1438; vgl. weiter BGHZ 89, 41, 47; 103, 235, 239; a.A. zumindest für die Fälle der wirtschaftlichen Bindung durch Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision Schwerdtner, Maklerrecht 3. Aufl. Rdn. 31 ff.; Tempel, Materielles Recht im Zivilprozeß S. 296; Westerhoff AcP 184 [1984] 341, 364 ff.; vgl. dazu auch Hagen DNotZ 1984, 267, 270 f.).
Bei der Beurteilung des vorliegenden Falles ist davon auszugehen, daß solche Vereinbarungen grundsätzlich nicht formbedürftig sind, die nur der Vorbereitung eines Vertrages über den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken dienen, auch wenn mit ihnen wirtschaftliche Belastungen verbunden sind, die nutzlos werden, wenn es nicht zu dem beabsichtigten Geschäft kommt. Der Schutzzweck des § 313 Satz 1 BGB erfordert nicht, diese Vorschrift immer schon dann analog anzuwenden, wenn sich aus einem Vertrag, der im Hinblick auf ein formbedürftiges Grundstücksgeschäft geschlossen wird, ein wirtschaftlicher Druck ergeben kann, dieses Geschäft später auch tatsächlich einzugehen (vgl. BGHZ 76, 43, 46; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1987 – IVa ZR 263/85, WM 1987, 693, 694). Nicht jedes Geschäft, dessen wirtschaftliche Folgen die Entschließungsfreiheit hinsichtlich des Abschlusses eines Vertrages über den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken (mittelbar) erheblich beeinträchtigen können, ist dem Formzwang des § 313 Satz 1 BGB unterworfen. Für den hier zu beurteilenden Vertrag ist dies jedoch ausnahmsweise anzunehmen. Der vorliegende Fall ist in den wesentlichen Punkten den bereits entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen ein Maklervertrag als formbedürftig angesehen wurde, weil in ihm für den Fall des Nichtzustandekommens des Hauptvertrages als „Bemühungsentgelt” eine so hohe erfolgsunabhängige Provision vereinbart war, daß diese nach den Umständen des Einzelfalles geeignet war, einen mittelbaren Zwang zum Erwerb oder zur Veräußerung des Grundstückes auszuüben.
Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war nach dessen Wortlaut die Beratung über die wirtschaftlichen Voraussetzungen und Ziele des Bauvorhabens und die Vorbereitung des Abschlusses des Treuhandvertrages mit der I., die den Kläger bei dem Grundstückserwerbsgeschäft vertreten sollte. Nach seinem wirtschaftlichen Sinn war der Vertrag jedoch in gleicher Weise wie ein Maklervertrag über den Nachweis oder die Vermittlung von Grundstückskaufverträgen darauf gerichtet, einen formbedürftigen Vertrag zustande zu bringen. Ebenso konnte die im formularmäßigen Zeichnungsschein vereinbarte Vergütung von dem Anleger nur als eine vorweg zu zahlende Vermittlungsprovision verstanden werden. Dafür sprach bereits der Umstand, daß das Entgelt der Beklagten wie bei vergleichbaren Anlagevermittlerverträgen in einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtaufwandes bemessen wurde. Es war offensichtlich, daß der als „Beratungs- und Bearbeitungsgebühr” zu zahlende Betrag kein angemessenes Entgelt sein konnte für die wenig aufwendigen Leistungen, die von der Beklagten in der Zeit zwischen der Unterzeichnung des Vertrages und dem Abschluß des vorzubereitenden Treuhandvertrages zu erbringen sein sollten. Auch die Beklagte sieht die dem Anleger auferlegte Zahlungspflicht teilweise als Vergütung für die Leistungen an, die sie schon zuvor als Initiatorin des Bauherrenmodells erbracht hatte. Diese Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand der von der Beklagten übernommenen Vertragspflicht. Aus dem gleichen Grund kann die Zahlung des Anlegers nicht als Gegenleistung für die Beratungstätigkeit angesehen werden, die zum Abschluß des Vertrages des Anlegers mit der Beklagten geführt hat. Die von der Beklagten übernommenen Leistungen waren damit zumindest im wesentlichen solche, die üblicherweise bei dem tatsächlichen Abschluß des angestrebten Vertrages durch eine vereinbarte Provision mit abgegolten sein sollen. Die Höhe der „Beratungs- und Bearbeitungsgebühr” ist hier nur dadurch erklärlich, daß sie zumindest zu ihrem weit überwiegenden Teil als Vermittlungsprovision für die angestrebte Beteiligung an der Bauherrengemeinschaft gezahlt werden sollte. Anders als in den bisher entschiedenen Fällen über die Formbedürftigkeit von Maklerverträgen, in, denen für den Fall des Nichtabschlusses des Hauptvertrages eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart wurde, war hier der an die Beklagte zu zahlende Betrag, der in der Sache ganz oder zumindest weit überwiegend eine Provision darstellt, nach dem Wortlaut des Vertrages nicht erst bei Abschluß oder Nichtabschluß des angestrebten Vertrages zu zahlen, sondern bereits nach Auftragsannahme. Der Umstand, daß die „Beratungs- und Bearbeitungsgebühr” zu einem so frühen Zeitpunkt gezahlt werden sollte (und gezahlt wurde), rechtfertigt jedoch nicht, den vorliegenden Vertrag anders zu behandeln als Maklerverträge, in denen für den Fall des Nichtzustandekommens des Hauptvertrages in Form einer erfolgsunabhängigen Provision eine in ihrer Wirkung vertragsstrafenähnliche Zahlung an den Makler vereinbart wird. Von der ausweislich des Zeichnungsscheins getroffenen Vereinbarung und späteren Zahlung der „Beratungs- und Bearbeitungsgebühr” konnte hier in gleicher Weise ein wirtschaftlicher Druck zum Abschluß des Hauptvertrages ausgehen wie von einer unter sonst gleichen Umständen vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision. Zur Erreichung des Zwecks des § 313 Satz 1 BGB, vor Übereilung bei Abschluß eines auf den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken gerichteten Vertrages zu schützen, hätte daher auch der vorliegende Vertrag der notariellen Beurkundung bedurft. Der Senat verkennt dabei nicht, daß sich bei dieser analogen Anwendung des § 313 Satz 1 BGB auf Fälle der vorliegenden Art nach den Umständen des Einzelfalles Zweifel ergeben können, ob der zu beurteilende Vertrag in seiner Beziehung zu einem angestrebten Vertrag über den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken einem Maklervertrag entspricht, in dem eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart ist, und daß auch Unsicherheiten in der Frage bestehen können, ob die vereinbarte Zahlung eine Höhe erreicht, die nach den Besonderheiten des Falles zu einem mittelbaren Zwang zum Abschluß eines Vertrages über den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken führen kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 2. Juli 1986 – IVa ZR 102/85, WM 1986, 1438, 1439). Der Senat ist jedoch der Ansicht, daß diese Rechtsunsicherheit hingenommen werden muß, um eine mögliche Umgehung des § 313 Satz 1 BGB zu verhindern und einen wirksamen Schutz des Anlegers vor Übereilung, wie er durch das Erfordernis der notariellen Beurkundung bezweckt wird, zu erreichen.
Die Revision der Beklagten kann deshalb keinen Erfolg haben.
Unterschriften
Schimansky, Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Schramm, Dr. Siol, Dr. Bungeroth
Fundstellen
Haufe-Index 1127372 |
NJW 1990, 390 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1990, 651 |