Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 20. November 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin bestellte mit Bestellschein vom 18. April 1994 bei der Beklagten eine speziell anzufertigende Hochleistungsdrehmaschine zum Preise von 285.000,– DM netto. Die Beklagte lieferte der Klägerin die Maschine am 14. Dezember 1994. Die Maschine wurde am 10. und 11. Januar 1995 aufgestellt, angeschlossen und ausgerichtet.
Die Klägerin hat insgesamt 223.387,80 DM in zwei Teilbeträgen an die Beklagte gezahlt.
Die Klägerin behauptet Mängel. Sie hat die Wandelung des Vertrages erklärt und verlangt die geleisteten Teilzahlungen zurück, Zug um Zug gegen Rückgabe der Maschine, außerdem verlangt sie die Feststellung, daß die Beklagte sich seit dem 11. September 1995 mit der Rücknahme der Maschine in Verzug befinde.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß das Wandlungsbegehren der Klägerin berechtigt sei, weil die von der Beklagten gelieferte Maschine mit Fehlern behaftet sei, die ihre Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder jedenfalls mindern (§ 633 Abs. 1 BGB). Nach der Leistungsbeschreibung der Maschine in Angebot, Bestellung und Auftragsbestätigung sei die Maschine darauf ausgelegt, auch große Werkstücke zu bearbeiten. Für die Bearbeitung solcher großen Werkstücke sei die Maschine nach den Feststellungen des Sachverständigen ihrer Konstruktion nach aber nicht stabil genug; auch schon geringfügige Schwingungen oder geringfügiges Rattern beim Betrieb beeinträchtige die beim Drehen, Bohren und Fräsen erforderliche Genauigkeit.
Das habe der Sachverständige den Abmessungen und technischen Daten entnommen, auch ohne Bezugnahme auf den Inhalt der Aktennotiz der Klägerin Bl. 182 (Anlage K 20). Schon nach der Spezifikation der Maschine in Angebot, Bestellung und Auftragsbestätigung sowie in Verbindung mit dem Verlauf der Vertragsverhandlungen habe die Maschine vereinbarungsgemäß in der Lage sein müssen, große Werkstücke zu bearbeiten.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht in allem stand.
1. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht unter Verstoß gegen prozeßrechtliche Vorschriften den Antrag der Beklagten übergangen hat, den Sachverständigen zwecks mündlicher Erläuterung seines in der Berufungsinstanz vorgelegten schriftlichen Gutachtens zu laden und zu hören.
a) Unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht jeder Prozeßpartei gemäß §§ 397, 402 ZPO zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs das Recht zu, den Sachverständigen zu seinem schriftlichen Gutachten mündlich befragen zu können (st. Rspr., vgl. z.B. BGHZ 6, 398, 400 f.; 24, 9, 14; BGH, Urt. v. 24.10.1995 - VI ZR 13/95, VersR 1996, 211, 212). Der Tatrichter muß dem von einer Partei rechtzeitig gestellten Antrag, den gerichtlichen Sachverständigen nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens zu dessen mündlicher Erläuterung zu laden, auch dann stattgeben, wenn die schriftliche Begutachtung aus der Sicht des Gerichts ausreichend und überzeugend ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.1996 - VI ZR 50/96, VersR 1997, 509 m.w.N.). Dieser Pflicht ist der Tatrichter nur ausnahmsweise dann enthoben, wenn der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen verspätet oder rechtsmißbräuchlich gestellt worden ist.
b) Im vorliegenden Fall war der von der Beklagten gestellte Antrag auf Anhörung des Sachverständigen weder verspätet noch rechtsmißbräuchlich.
aa) Der Beklagten ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 1997 eine Frist zur Stellungnahme zu dem Sachverständigengutachten bis zum 4. November 1997 bewilligt worden. Innerhalb dieser Frist hat die Beklagte den Antrag gestellt, den Sachverständigen zum Termin zu laden, damit dieser sein Gutachten erläutern solle. Sie hat sich dabei insbesondere darauf gestützt, daß der Sachverständige sich in seinem Gutachten auf die Aktennotiz der Klägerin bezogen hat, die nicht Gegenstand des Vertrages gewesen sei.
Damit hat die Beklagte vorgetragen, was aus ihrer Sicht an dem Sachverständigengutachten noch erläuterungsbedürftig war und wozu sie den Sachverständigen befragen wollte.
bb) Das Berufungsgericht hätte bei dieser Sachlage dem Antrag, den Sachverständigen zwecks mündlicher Erläuterung des Gutachtens zu laden, entsprechen müssen. Daß es selbst das schriftliche Gutachten auch ohne die Bezugnahme auf die Aktennotiz der Klägerin für ausreichend und überzeugend hielt, rechtfertigte es nicht, von der Ladung des Sachverständigen abzusehen. Das schriftliche Sachverständigengutachten nimmt an mehreren Stellen ausdrücklich Bezug auf die Aktennotiz der Klägerin. Auch wenn die von dem Berufungsgericht angestellten Überlegungen dafür sprechen können, daß der Sachverständige auch ohne Bezugnahme auf die Aktennotiz der Klägerin zu demselben Ergebnis gekommen wäre, bestand doch Veranlassung, der Beklagten im Rahmen der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs die Möglichkeit zu geben, den Sachverständigen hierzu mündlich befragen zu können. Anhaltspunkte für einen Rechtsmißbrauch der Beklagten bestehen danach jedenfalls nicht.
2. Das Berufungsurteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht stützt seine Beurteilung, die von der Beklagten gelieferte Maschine sei fehlerhaft, auf das schriftliche Sachverständigengutachten in Verbindung mit der Spezifikation der Maschine in Angebot, Bestellung und Auftragsbestätigung sowie den Verlauf der Vertragsverhandlungen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß das Berufungsgericht, hätte der Sachverständige sein schriftliches Gutachten auf die Fragen der Beklagten hin mündlich erläutert ohne Bezugnahme auf die Aktennotiz der Klägerin, zu einer anderen, der Beklagten günstigeren Beurteilung gelangt wäre.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, Maltzahn, Scharen, Mühlens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.10.1999 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541416 |
NZBau 2000, 249 |