Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 27.10.2004) |
Tenor
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 27. Oktober 2004 wird verworfen.
Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen „Verletzung der Fürsorgepflicht in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen in fünf Fällen” zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie ein Verfahrenshindernis geltend macht sowie die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor.
Soweit die Revision „allergrößte Zweifel” an der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten hegt, fehlt es hierfür an einem hinreichenden Tatsachenvortrag. Wenn das Landgericht in der Hauptverhandlung ersichtlich keinen Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten hatte und solche von der Verteidigung auch nicht geltend gemacht worden sind, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht ohne Bedenken bejaht werden (vgl. u.a. BGH, Beschl. vom 20. April 2004 – 1 StR 14/04; BGH, Beschl. vom 10. Mai 2001 – 1 StR 120/01; BGH, Beschl. vom 27. April 2001 – 3 StR 502/99; BGH NStZ 1984, 181 jeweils m.w.N.).
Entscheidungsgründe
II. Die Verfahrensrügen sind, soweit sie nicht schon unzulässig sind, weil sie nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Form oder verspätet (§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) erhoben wurden, unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Insbesondere drängte sich die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Schuldfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit nicht auf.
III. Die Sachrüge bleibt ebenfalls erfolglos.
1. Die Beurteilung der Konkurrenzen durch den Tatrichter, der möglicherweise der fehlerhaften Auffassung ist, die Verletzung der Fürsorgepflicht verbinde die mehrfachen Misshandlungen von Schutzbefohlenen zu einer Tat, ist rechtlich bedenklich, zumal das Landgericht in drei „Fällen” die Qualifikation des § 225 Abs. 3 Nr. 2 StGB für gegeben erachtet. Bedenken bestehen insbesondere auch deshalb, weil teilweise zwischen den Einzelhandlungen deutliche zeitliche Zäsuren (z.B. fünfwöchiger Krankenhausaufenthalt des Kindes) bestanden und weil es teilweise ganz erhebliche Körperverletzungen waren, die auch unter Berücksichtigung, dass das Tatbestandsmerkmal „Quälen” typischerweise mehrere Handlungen voraussetzt (vgl. BGHSt 41, 113 f.), nicht ohne weiteres die Annahme nur einer Tat rechtfertigen. Die Frage kann hier aber offen bleiben, weil der Senat mit Sicherheit ausschließen kann, dass die Angeklagte durch diesen Schuldspruch beschwert ist. Eine Änderung des Konkurrenzverhältnisses lässt in aller Regel – so auch hier – den Unrechts- und Schuldgehalt unberührt (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschl. vom 1. März 2004 – 2 BvR 2251/03 m.w.N.).
2. Die Verneinung der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB durch den Tatrichter weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
Die Strafkammer ist – sachverständig durch den Facharzt für Psychiatrie Prof. Dr. G. beraten – zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB gegeben ist. Sie hat hierbei insbesondere geprüft, ob das „auffallend feindselige Verhalten” gegenüber dem Kleinkind, das dann im Alter von weniger als zwei Jahren gestorben ist, zu einer anderen Beurteilung der Schuldfähigkeit der Angeklagten führt. Im Einklang mit dem Sachverständigen hat die Strafkammer dies verneint und zur Begründung hierfür angeführt: „Auch nach ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung und dem durch die Zeugen beschriebenen Verhalten ist sie durchaus in der Lage, die entwicklungstypischen Bedürfnisse und Wünsche eines Kindes zu erfassen; dies ergibt sich im Übrigen bereits aus der Behandlung des älteren Sohnes T. und der beiden jüngeren Kinder, die auch jetzt noch in der Familie der Angeklagten leben” (UA S. 28). Dass die Angeklagte die Umstände erkannte und ihr Verhalten steuern konnte, folgt auch daraus, dass sie ständig von anderen Personen auf die Missstände hingewiesen wurde, ihre Misshandlungen vertuschte und Tätigkeiten anderer, die dem Kind helfen wollten, mit Nachdruck verhinderte. Deshalb reichen die Erwägungen des Tatrichters hier zur Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler aus. Weitere Darlegungen drängten sich nicht auf.
3. Auch im Übrigen weist das Urteil im Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Durch die in Anbetracht der vorgenommenen erheblichen Misshandlungen des Kleinkindes milde Strafe ist die Angeklagte jedenfalls nicht beschwert.
Unterschriften
Bode, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck, Appl
Fundstellen
Haufe-Index 2556707 |
NStZ-RR 2006, 42 |