Leitsatz (amtlich)
Zu den durch das Persönlichkeitsrecht gezogenen Grenzen einer öffentlichen Kritik an der Arbeit einer Zeitungsredaktion, Vorgänge aus der beruflichen und privaten Sphäre des Redaktionsleiters zu publizieren.
Normenkette
BGB § 823; GG Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 10.05.1979) |
LG Hamburg |
Tenor
I. Auf die Revision der Beklagten wird unter ihrer Zurückweisung im übrigen das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 10. Mai 1979 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als es den Klageanträgen 1 a–c stattgegeben hat.
II. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Zweitbeklagte ist Verfasser des bei der Erstbeklagten verlegten Taschenbuchs „Der Aufmacher. Der Mann, der bei ‚B.’ Hans E. war”. In dem Buch berichtet der Autor über seine Erlebnisse als Mitarbeiter der Redaktion der „B.”-Zeitung in H., in der er sich zu diesem Zweck unter Verschweigen seiner Absicht unter den Decknamen „Hans E.” als Journalist durch den Kläger, der damals diese Redaktion geleitet hat, hat anstellen lassen.
Der Kläger wehrt sich mit Verbotsanträgen gegen zahlreiche Textstellen des Buchs, die über ihn – unter dem Pseudonym „S.” – Aussagen enthalten, durch die er sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sieht.
Der vorliegende Rechtsstreit betrifft einen Ausschnitt seines im übrigen beim Landgericht noch anhängigen, umfassenderen Unterlassungsbegehrens. Insoweit hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verbieten,
zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten und verbreiten zu lassen, insbesondere das beanstandete Buch anzubieten, auszuliefern, und/oder anbieten und ausliefern zu lassen, solange darin Behauptungen enthalten sind,
die den Antragsteller in seiner beruflichen Tätigkeit als Redaktionsleiter bei Bild- Hannover diskriminieren, ihn in seiner Ehre und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzen, nämlich, wenn behauptet wird:
in den Redaktionskonferenzen gab es bei Schwindmann (alias Lothar Sc.) keine Diskussionen, gemeinsame Überlegungen, Vorschläge oder Abstimmungen.
Schwindmann sei es, der bestimme, abfrage, ohne Gegenrede. In Redaktionskonferenzen habe er fixe Ideen und Vorurteile (S. 27, S. 51);
- B.-Journalisten mußten mal eine „schnelle Geschichte” wider besseres Wissen schreiben, da der Redaktionsleiter S. die entsprechende Schlagzeile schon „abgefahren” oder unwiderruflich für die Bundesausgabe nach H. gemeldet hatte (S. 30);
- Schwindmann bestimme als Redaktionsleiter, was gedacht werden darf, was geschrieben werden darf. Legt man ihm ein Manuskript vor, stehe man wie der Schüler vor dem Chef, Wenn ihm etwas in dem Manuskript nicht gefalle, wenn etwas gegen seine Vorurteile verstößt, lasse er neu schreiben, drei- bis sechsmal (S. 85/86);
- die Einzelheiten über das Privatleben von S. (alias Lothar Sc.) beinhalten, nämlich anläßlich der Schilderung des Besuches in seiner Privatwohnung durch Wa. und B. (S. 31 – 39) veröffentlichte Angaben.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben.
Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger den Beklagten die beanstandeten Äußerungen nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB verbieten, weil sie sein Persönlichkeitsrecht verletzen.
Das Berufungsgericht führt dazu aus: Durch die Aussagen über den trotz der Namensänderung für jeden Leser unschwer erkennbaren Kläger würden Einzelheiten über sein berufliches und privates Verhalten in die Öffentlichkeit getragen, die zusammen mit weiteren in dem Buch enthaltenen Äußerungen über ihn geeignet seien, ein Bild von seiner Persönlichkeit zu zeichnen, in dem ihm journalistische Berufsmoral und menschlicher Anstand weithin abgesprochen werde. Auch wenn die Wahrheit der vom Kläger im einzelnen nicht bestrittenen Behauptungen unterstellt werde, werde durch sie sein Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt. Sie seien für sein berufliches Fortkommen und sein Ansehen als Privatperson außerordentlich nachteilig. Die zugrundeliegenden Informationen habe sich der Zweitbeklagte erschlichen, indem er sich nach einem vorgefaßten Plan unter falschem Namen und Verbergen seiner wirklichen Identität von dem Kläger als Mitarbeiter der Redaktion habe anstellen lassen und sich um ein besonders kollegiales Vertrauensverhältnis zu ihm bemüht habe. Auf ein höherrangiges Interesse an der Veröffentlichung der mit diesem Makel belasteten Informationen könnten sich die Beklagten nicht berufen. Zwar sei ihr Anliegen, die Arbeitsweise einer der großen Zeitungen in der Bundesrepublik darzustellen, für die Öffentlichkeit von hohem Interesse. Das rechtfertige es jedoch nicht, den Kläger aufgrund dieses illegal erworbenen Wissens zur Personifizierung des Systems der Zeitung zu benutzen. Er müsse sich nicht das Interesse an einer Kritik an dem Verlag entgegenhalten lassen, zumal seine Stellung als Redakteur nicht einmal dessen Unternehmensführung zuzuordnen sei. Umsomehr sei er insoweit vor der Veröffentlichung in Schutz zu nehmen, als sie Vorgänge aus seinem Privatleben schildere.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nur teilweise stand. Verbieten lassen kann der Kläger den Beklagten nur die Schilderung über den Besuch des Zweitbeklagten in seiner Privatwohnung (S. 31 – 39 der Veröffentlichung in ihrer Ursprungsfassung). Dagegen können die Beklagten die Ausführungen Über die Arbeit des Klägers in der Redaktion, soweit sie hier zur Nachprüfung stehen, nicht untersagt werden, solange von ihrer Richtigkeit auszugehen ist.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Frage nach der Zulässigkeit der beanstandeten Veröffentlichung nur aufgrund einer Güterund Interessenabwägung beantwortet werden kann, die sich am konkret betroffenen Konflikt zwischen den schutzwürdigen Interessen der Persönlichkeit des Klägers und den Belangen der in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Kritikfreiheit, die die Beklagten mit ihrer Veröffentlichung in Anspruch nehmen können, auszurichten hat. Weder in seinem Beruf noch in seinem Privatleben, soweit es um den in der Veröffentlichung geschilderten Bereich des Gesellschaftlichen geht, ist der Kläger absolut vor Offenlegung seines Persönlichkeitsbildes geschützt. Absoluten Schutz vor der Öffentlichkeit kann die Persönlichkeit für Lebensvorgänge beanspruchen, die als ihr „Intimbereich” zur Wahrung und Entwicklung der Individualität vor Einblicken der Öffentlichkeit abgeschirmt bleiben müssen; hierzu gehören aber die hier mitgeteilten Vorgänge Über den Kläger nicht. Andererseits sind Lebensvorgänge, die dem unantastbaren Intimbereich nicht angehören, nicht schon deshalb für eine Reportage freigegeben, weil der Betroffene in ihnen nach außen in Erscheinung tritt. Grundsätzlich muß auch für diese Lebensbereiche ihm die Bestimmung darüber vorbehalten bleiben, welcher Öffentlichkeit er sich in seiner Persönlichkeit darstellt (BVerfGE 35, 202, 220 = NJW 1973, 1226 – Lebach-Fall). Sein Lebens- und Entfaltungsraum wäre übermäßig eingeengt, wenn er sich hier stets einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt fühlen müßte, als der, die er im sozialen Kontakt gesucht hat.
Einschränkungen für sein Bestimmungsrecht können sich allerdings insbesondere daraus ergeben, daß er in einem Wirkungsfeld auftritt, das nicht ihm allein gehört, sondern an dem andere mit ihren schutzwürdigen Interessen ebenso teilhaben. Vor allem Bedürfnisse der Allgemeinheit, dieses Wirkungsfeld als solches zur öffentlichen Erörterung und Kritik zu stellen, können es rechtfertigen, mit ihm auch die in ihm tätigen Personen in die Öffentlichkeit zu rücken. Insoweit drückt sich die Sozialbindung des Individuums in Beschränkungen seines Persönlichkeitsschutzes aus. Denn dieser darf nicht dazu führen, Bereiche des Gemeinschaftslebens von öffentlicher Kritik und Kommunikation allein deshalb auszusperren, weil damit beteiligte Personen gegen ihren Willen ins Licht der Öffentlichkeit geraten. Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit wird vom Grundgesetz mit gleichem Rang gewährleistet. Soweit sie miteinander in einen Konflikt geraten, der nur durch Einschränkungen zu lösen ist, muß unter Wahrung des Gleichrangs aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung an den konkret betroffenen personalen Belangen und den schutzwürdigen Interessen an freier Kritik im Einzelfall bestimmt werden, inwieweit der Betroffene eine Darstellung persönlicher Vorgänge in der Öffentlichkeit hinnehmen muß.
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die beanstandeten Schilderungen von Einzelheiten über das Privatleben des Klägers im Zusammenhang mit dem Bericht des Zweitbeklagten über seinen Besuch in dessen Privatwohnung (S. 31 – 39 der Ursprungsfassung) als unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers gewürdigt,
a) Zutreffend hebt das Berufungsgericht die besondere Schutzwürdigkeit dieses Teils der Privatsphäre hervor: Stärker als z.B. im beruflichen Bereich, in dem sich der einzelne von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit einstellt und wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, auch einstellen muß, kann er für Lebensäußerungen „in den eigenen vier Wänden” Rücksichtnahme auf sein Bedürfnis nach einem Freiraum erwarten, in dem er sich, ohne der Teilnahme und Kritik der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein, entfalten kann. Selbstverständlich kann er einem Dritten, dem er Einblicke in diesen „häuslichen” Bereich gewährt hat, nicht verbieten, hierüber zu anderen zu sprechen und ihnen seine Erlebnisse mitzuteilen; insoweit wird sein Vertrauen in die Loyalität seiner Besucher durch das Recht nicht geschützt. Solche privaten Schilderungen sind aber für ihn in ihren nachteiligen Auswirkungen nicht zu vergleichen mit einer Offenlegung der Privatsphäre in einer „Reportage” vor einem breiten Leserpublikum. Daß dieses den Kläger trotz des vom Zweitbeklagten gewählten Pseudonyms schon wegen der mitgeteilten Daten über seine berufliche Position in der „B.”-Redaktion in H. unschwer identifizieren kann, hat das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt.
Gewiß kann dem Autor eines Buchs, in dem er über Erfahrungen, die er in seinem Beruf gemacht hat, berichtet, nicht schlechthin verboten werden, auch über den geselligen Umgang mit seinen Arbeitskollegen oder Vorgesetzten zu berichten. Die Darstellung der eigenen Erlebnissphäre ist aber nicht das Anliegen der beanstandeten Veröffentlichung; ihr geht es um eine kritische Betrachtung der „B.”-Zeitung und ihrer „Macher”. In diesem Bezugsrahmen aber das Bild, das vom Kläger gezeichnet wird, ein viel ausgeprägter auf seine Persönlichkeit zielendes und sie stärker belastendes Gewicht. Das gilt umsomehr, als die Darstellung auf eine Leserschaft trifft, die schon durch die Kritik an der Zeitung, für die der Kläger gearbeitet hat, auch ihm gegenüber negativ eingestimmt wird.
Trotz der besonderen Belastungen, der die Persönlichkeit durch solchen kritischen Beitrag ausgesetzt ist, kann unter Umständen ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit, auch über private Lebensvorgänge unterrichtet zu werden, anzuerkennen sein, wenn diese an den Wirkungen des Betroffenen in der Öffentlichkeit in besonderer Weise teilhaben. Anhaltspunkte, auf die sich ein solches Interesse stützen könnte, fehlen jedoch hier. Die Beklagten können für die Schilderung des Verhaltens des Klägers in seinem häuslichen Bereich das Interesse der Öffentlichkeit daran, über die Einflußnahme der „Bild”-Zeitung auf die öffentliche Meinungsbildung näheres zu erfahren, nicht in Anspruch nehmen. Mag durch sie ein gewisses „Schlaglicht auf die menschlich-persönliche Seite des kritisierten Journalismus” geworfen werden, wie die Revision meint, so hat auch dieser Gesichtspunkt mit der Öffentlichkeitsarbeit der „B.”-Zeitung sachlich nicht unmittelbar etwas zu tun, Ebensowenig ist eine andere Beurteilung deshalb erlaubt, weil der Besuch des Zweitbeklagten bei dem Kläger den Charakter eines beruflichen „Vorstellungsgesprächs” hatte und der Zweitbeklagte seiner Schilderung über die Vorgänge auf S. 32 die Bemerkung vorausgeschickt hat:
„Ich will in der folgenden Beschreibung alles ausklammern, was Schwindmanns Intim- und Privatleben betrifft. Ich möchte das Folgende vielmehr unter das Motto stellen; ‚Schwindmann könnte ein ganz guter Mensch sein, wenn er seine Seele nicht an Springer verkauft hätte.’”
Durch solche Zweck- und Zielrichtung der Darstellung, ihre Ernsthaftigkeit unterstellt, wird der häusliche Bereich des Klägers nicht schon zu seinem beruflichen Arbeitsfeld, jedenfalls nicht in dem Sinn, daß seine Erhellung für eine Darstellung der Öffentlichkeitsarbeit der Zeitung von Bedeutung sein müßte. Denn der Zweitbeklagte hat trotz der soeben angeführten einschränkenden Vorbemerkung Vorgänge in Einzelheiten beschrieben, die den Kläger in seinen außerberuflichen, „privaten” Lebensäußerungen schildern. Weder die Gestaltungsfreiheit des Autors, noch das Interesse der Leser, über den ihnen in seiner beruflichen Arbeit vorgestellten Redaktionsleiter zur Abrundung des Bildes Privates zu erfahren, können die schutzwürdigen Belange des Klägers an der Achtung seiner Privatsphäre verdrängen. Anderes müßte den Gleichrang in Frage stellen, den die Persönlichkeit im Verhältnis zur Kritikfreiheit beanspruchen kann.
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot hinreichend konkret gefaßt; insbesondere ist durch die Beschränkung auf den konkreten Bezugszusammenhang, durch den die mitgeteilten Einzelheiten in der genannten Textstelle zu einem komplexen Bild über das Privatleben des Klägers zusammengefaßt sind, gewährleistet, daß das Verbot nicht über das schutzwürdige Interesse des Klägers hinausgeht.
3. Demgegenüber kann der Senat die rechtlichen Bedenken des Berufungsgerichts gegenüber der Zulässigkeit der hier zur Nachprüfung stehenden Textstellen, in denen die berufliche Tätigkeit des Klägers in der Redaktion in Hannover dargestellt ist, nicht teilen, solange davon auszugehen ist, daß nichts Unwahres über den Kläger berichtet wird.
a) Zutreffend hebt das Berufungsgericht das schutzwürdige Interesse hervor, dar die Öffentlichkeit daran haben muß, den meinungsbildenden Einfluß, den die „B.”-Zeitung unstreitig hat und sucht, öffentlich zur Diskussion zu stellen. Dieses Interesse kann nicht nur auf eine Auseinandersetzung mit dem für jeden Leser sichtbaren Erscheinungsbild der Zeitung beschränkt sein; ebenso legitim ist das Bedürfnis, die Grundlagen, auf denen dieses Erscheinungsbild beruht, in der Arbeitsweise der an ihr beteiligten Journalisten bei der Auswahl und Aufbereitung der Information öffentlich zu erörtern und zu erhellen. Diese „Basis”-Information kann die Einflußnahme öffentlicher Medien auf die Meinungsbildung vollständiger erfassen und bewußter machen. Für die Bewertung des öffentlichen Interesses ist ferner zu berücksichtigen, daß es sich auf einen Berufsbereich richtet, in den die Öffentlichkeit besonders stark integriert ist; denn es geht um den Einfluß, den die journalistische Arbeit durch das öffentliche Medium hindurch unmittelbar auf die öffentliche Meinungsbildung nimmt. Diesen Einfluß durch Einsichten in die Einstellung von Journalisten und Redaktion zur Nachricht und zu ihrer Leserschaft in der Öffentlichkeit bewußt zu machen und durch Diskussion kontrollierbar zu halten, ist nicht weniger den Aufgaben „adäquat”, um derentwillen die Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistet ist, als die öffentliche Erörterung des für jeden sichtbaren „äußeren” Erscheinungsbild öffentlicher Medien.
Art. 5 Abs. 1 GG schließt solche Kritik von seiner Gewährleistung auch nicht etwa schon deshalb von vornherein aus, weil die sie stützenden Informationen nur von einem „Insider” stammen können. Soweit Art. 5 Abs. 1 GG von dem Recht des Bürgers spricht, sich „aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten”, betrifft dies die Informationsfreiheit, die zwar wie die Meinungsfreiheit die öffentliche Meinungsbildung schützen soll. Die Gewährleistung der Informationsfreiheit beschränkt aber nicht zugleich den Schutz auch der Meinungsäußerungsfreiheit auf „allgemein zugängliche” Sachverhalte (vgl. BGHZ 73, 120, 126 m.Nachw.).
Auch die hier vom Kläger beanstandeten Textstellen des Buches, soweit sie seine Arbeitsweise in der Redaktion schildern, haben dieses die Öffentlichkeit interessierende Thema zum Gegenstand. Auch insoweit geht es nicht nur darum, den Arbeitsplatz des Klägers als Journalisten oder als Vorgesetzten vorzustellen, sondern um die Erhellung der Grundlagen, auf denen die „Außenwirkungen” der von der Redaktion gestalteten Zeitung beruhen. Dem Berufungsgericht kann nicht in der Ansicht zugestimmt werden, der Kläger brauche sich das Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeitsarbeit der Zeitung deshalb nicht entgegenhalten zu lassen, weil er nicht zur Unternehmensführung des Verlags gehöre. Das mag für eine Kritik zutreffen, die sich gegen die Führung eines Unternehmens richtet, nicht aber, wenn es wie hier um den meinungsbildenden Einfluß der Zeitung auf die Leserschaft geht. Insoweit wird der Gegenstand der Kritik nicht weniger durch den Kläger „repräsentiert”, der als Leiter der Redaktion, wenn auch nur in H., Inhalt und Gestaltung der Zeitung mitbestimmt haben soll.
b) Anders als im häuslichen Bereich (oben zu 2 a) ist die Persönlichkeit des Klägers in seiner beruflichen Sphäre nicht derart geschützt, daß gegenüber diesen schutzwürdigen Belangen freier Kritik sich allein schon von der Sache her sein Interesse durchsetzen könnte, in seiner beruflichen Arbeit der Öffentlichkeit nicht vorgestellt zu werden. Insoweit ist sein persönliches Interesse beschränkt durch die Sozialbindungen, mit denen seine Persönlichkeit auf diesem Feld nach dem zuvor Gesagten belastet ist. Zwar ist der Einzelne auch in seiner beruflichen Arbeit auf einen Mindestbestand an Schutz vor der Öffentlichkeit angewiesen, ohne den er seine Persönlichkeit auch in diesem Bereich nicht entfalten könnte. Das kann ihm aber nicht zu einem der öffentlichen Kritik nicht zugänglichen kontrollfreien Raum verhelfen; vor allem nicht hier, wo unmittelbar Gegenstand seiner Tätigkeit gerade die Einflußnahme auf die Öffentlichkeit ist. Insbesondere kann die Rücksichtnahme auf die Persönlichkeit des Klägers den Kritiker nicht dazu verpflichten, seine Kritik an der redaktionellen Arbeit der „Bild”- Zeitung von Bezügen auf dessen Person freizuhalten, also auf Konkretisierungen zu verzichten, durch die dieser ins Spiel gebracht wird. Ihm kann die Möglichkeit, seine Kritik auf diese Weise durch konkrete Vorgänge zu belegen, keinesfalls genommen werden; darauf ist jede Kritik angewiesen, wenn sie ihre Aufgabe zur Meinungsbildung erfüllen soll. Insoweit ist die Persönlichkeit in aller Regel ausreichend durch die Verpflichtung des Kritikers zur wahrheitsgemäßen, in der Sache adäquaten Darstellung geschützt.
Dieser Schutz mag dann allerdings nicht ausreichen, wenn der Kritiker die Einzelpersönlichkeit dazu einsetzt, um durch sie ein „System”, z.B. das des Boulevard-Journalismus, zu „personifizieren”, Dadurch kann der Betroffene besonders belastenden Rückwirkungen ausgesetzt sein, die das Berufungsgericht möglicherweise im Auge hat, wenn es beanstandet, daß die Kritik an der „B.”-Zeitung in der Person des Klägers „exemplifiziert” worden sei. Um solchen beachtenswerten „Rückkopplungseffekt” für die Persönlichkeit des Klägers geht es aber im Streitfall nicht. Ihm werden nicht Lasten eines mehr oder weniger abstrakten „Systems” aufgebürdet, sondern es wird die Kritik an der Arbeitsweise der Zeitung, für die er gearbeitet hat, durch Vorgänge in der von ihm geleiteten Redaktion konkretisiert. Die Beanstandungen an der Zeitung treffen ihn hier nur insoweit, als es um seine Teilhabe an der kritisierten Öffentlichkeitsarbeit geht.
c) Wird bei der Güter- und Interessenabwägung zunächst beiseitegelassen, auf welche Weise der Zweitbeklagte sich die Informationen über die berufliche Arbeit verschafft hat, dann setzt sich die Veröffentlichung auch nicht aus anderen Gründen über die Gewichtung hinweg, die der Schutz der Persönlichkeit in solcher Kritik beanspruchen kann.
aa) Die durch das schutzwürdige Interesse an der Kritik vorgegebene Beschränkung auf die redaktionelle Sphäre, in der der Kläger seinen Einfluß auf das „Gesicht” der Zeitung entfaltet hat, ist gewahrt. Für diese Beurteilung können hier nur die beanstandeten Textstellen – in ihrer Einzelaussage und in ihrem Gesamtgewicht – zugrundegelegt werden, soweit sie dem Berufungsgericht zur Nachprüfung gestellt gewesen sind. Die mit den Klageanträgen zu 1 a – c bekämpften Äußerungen über die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Redaktion in Hannover haben einen ausreichenden inneren Bezug zu der kritisierten Öffentlichkeitsarbeit seiner Zeitung. Sie befassen sich mit dem autoritären Einfluß, den er auf Auswahl und Inhalt der in seiner Redaktion gestalteten Themen genommen haben soll. Das gilt nicht nur für seine angebliche Einflußnahme auf die Redaktionskonferenzen (Unterbindung von Diskussionen, gemeinsamen Überlegungen, Vorschlägen oder Abstimmungen) und als Veranlasser erfundener „Geschichten”, sondern auch für die Schilderung seines Verhältnisses zu den ihm unterstellten Journalisten; wie schon gesagt, muß es einem Kritiker möglich sein, Aussagen auch hierüber zu machen, wenn wie hier das beschriebene „Arbeitsklima” in der Redaktion als mitbestimmender Faktor für Gestaltung und Inhalt der Zeitung in Betracht kommt. Auch im Kontext der Gesamtveröffentlichung geht dieser Bezug nicht verloren; vielmehr unterstreicht dieser den Stellenwert, den der Autor dem journalistischen Selbstverständnis des Klägers für das äußere Erscheinungsbild der Zeitung zumißt. Sollten andere, hier nicht unmittelbar zur Nachprüfung stehende Textstellen Einzelheiten über die berufliche Arbeit des Klägers offenlegen, die diesen Bezugsrahmen verlassen, könnten den Beklagten nicht schon um deswillen auch die hier im Streit befindlichen Aussagen verboten werden.
bb) Nicht beanstandet werden kann die Form der Darstellung nach Art einer „Betriebsreportage”. Daß hierdurch das Bild des Klägers in seiner Berufssphäre detailliert ausfällt, kann ein Verbot der Veröffentlichung nicht rechtfertigen, solange auch dieses Detail den sachlichen Bezug zu dem schutzwürdigen Anliegen der Kritik aufweist; hiervon ist nach dem zuvor Gesagten für die zur Nachprüfung stehenden Textstellen auszugehen. Grundsätzlich gewährleistet Art. 5 Abs. 1 GG dem Kritiker auch die Freiheit in der Gestaltung seiner Kritik. Kann den Beklagten nicht verwehrt werden, das „Arbeitsklima” in der Redaktion und journalistische. Grundhaltungen, die sich in der Alltagsarbeit abzeichnen, darzustellen, dann ist die Form der Veröffentlichung zur Konkretisierung solcher Kritik „adäquat”. Anderes gilt hier auch nicht deshalb, weil der Entscheidungsbereich einer Zeitungsredaktion offengelegt wird, der durch solche Offenlegungen besonders belastet wird. Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache der Beklagten gegen den Zeitungsverlag (VI ZR 162/79) dargelegt hat, kann der durch diese Belastung unmittelbar betroffene Verlag Kritik an den redaktionsinternen Entscheidungsvorgängen nicht verbieten, wenn durch sie wie hier gewichtige Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit aufgedeckt werden und, was hier ausscheidet, keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse offengelegt werden. Ebensowenig kann das einzelne Redaktionsmitglied – sei es auch der Redaktionsleiter – unter dem Gesichtspunkt der Arbeitserschwerung die Kritik, die sich hier auf ein schutzwürdiges Interesse berufen kann, verhindern. Auch insoweit ist der Kritisierte durch die Verpflichtung des Kritikers zur Wahrheit und Sachlichkeit seiner Kritik hinreichend geschützt, zumal ihm gerade die protokollarische Form der Darstellung zu einem strengeren Maßstab für die Beurteilung verhelfen kann, ob etwa Einseitigkeit der Kritik sein Persönlichkeitsbild verfälscht hat.
d) Rechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Textstellen, in denen die berufliche Tätigkeit des Klägers dargestellt worden ist, können deshalb nur daraus hergeleitet werden, daß der Zweitbeklagte unter Verschweigen seiner Absichten und Verbergen seiner Identität die Mitarbeit in der Redaktion und das Vertrauen des Klägers von vornherein mit dem Ziel gesucht hat, „Insider”-Informationen in seiner „Betriebsreportage” über die Arbeit der Redaktion zu verwerten.
aa) Der erkennende Senat hat schon in seinem urteil vom 19. Dezember 1978 (BGHZ 73, 120, 123) näher dargelegt, daß bei der Beurteilung, in welchem Umfang die Veröffentlichung von Informationen aus einem Vertraulichkeitsbereich das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG für sich in Anspruch nehmen kann, auch auf den Weg zu sehen ist, auf dem sich der Kritiker die Information verschafft hat. Was dort über den Einfluß unzulässiger Informationsbeschaffung für die Zulässigkeit von Presseveröffentlichungen ausgeführt ist, gilt im Grundsatz nicht anders für die hier in Rede stehende kritische Buchveröffentlichung, jedenfalls wenn für sie wie im Streitfall die Information des Lesers ganz im Vordergrund steht. Meinungsfreiheit gewährt Art. 5 GG nur in den Schranken der allgemeinen Gesetze. Das bedeutet zwar nicht, daß eine unter unrechtmäßigem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre gewonnene Information schon deshalb nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden darf; insoweit kommt es sowohl auf die Beziehungen an, in denen der Kritiker zu dem Vertrauensbruch steht, wie auf den Öffentlichkeitswert, den die Information hat. Aber das Grundgesetz kann nicht dazu eingesetzt werden, vom Recht oder von der Sittenordnung mißbilligte Kommunikationsprozesse zu legalisieren. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch die Mißbilligung von Art und Weise, wie eine vertrauliche Information beschafft worden ist, ihrer Veröffentlichung im Wege stehen, wenn durch sie der unzulässige Vertrauensbruch verwirklicht wird; darüber hinaus auch dann, wenn sich in ihr das unrechtmäßige Eindringen in die Vertraulichkeitssphäre derart manifestiert, daß selbst mit Rücksicht auf die Schutzwürdigkeit des mit der Veröffentlichung verfolgten Anliegens und dem Eigenwert, der der Kommunikation nach Art. 5 Abs. 1 GG als solcher zukommt, dieser Gang in die Öffentlichkeit der Meinungsbildung nicht mehr „adäquat” ist.
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht das Verhalten des Zweitbeklagten als unzulässiges „Einschleichen” in das Vertrauen des Klägers gewürdigt.
Allerdings ist der Schutz der Persönlichkeit durch die Rechtsordnung gegenüber Indiskretionen eingeschränkt, wie der Senat schon in seinem genannten Urteil vom 19. Dezember 1978 = a.a.O. betont hat. Es liegt zudem bereits im Wesen des Vertrauens, daß es sich nicht auf einen umfassenden Bestandsschutz durch das Recht zurückziehen kann. Allgemeine Garantien dafür, in dem entgegengebrachten Vertrauen nicht enttäuscht zu werden, bestehen grundsätzlich nur, soweit die Rechtsordnung auf einen Mindestbestand an loyalem Verhalten gegenüber dem Anderen nicht verzichten kann. Wann eine Informationsbeschaffung, die sich über den Geheimhaltungswillen des Betroffenen hinwegsetzt, als illegal zu beurteilen ist, läßt sich nicht generell sagen; dazu sind bereits die betroffenen Vertraulichkeitsbereiche von zu unterschiedlicher Struktur und Dichte.
Im Streitfall kann sich der Kläger darauf berufen, daß der Zweitbeklagte sich von ihm nicht unter Verschweigen seiner Absicht, eine „Betriebsreportage” über die Zeitungsredaktion zu schreiben, für die Redaktion anstellen lassen durfte, weil er die besondere Bedeutung kannte, die diese Absicht für die Bereitschaft des Zeitungsverlags, ihn einzustellen, haben mußte. Das hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage (VI ZR 162/79) näher dargelegt, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Der dadurch den publizierten „Insider”- Informationen anhaftende Makel eines Täuschungsmanövers belastet auch im vorliegenden Rechtsstreit die Zulässigkeit der Veröffentlichung. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger, sei es als Beschäftigter des Zeitungsverlags, sei es in seiner Eigenschaft als der Vorgesetzte, von dem sich der Zweitbeklagte hat anstellen lassen, an den Schutzwirkungen dieser dem Verlag gegenüber bestehenden Pflichten teilhatte oder ob er aus allgemeinen Deliktsgrundsätzen ein eigenes Recht hatte, über die Absichten des Zweitbeklagten aufgeklärt zu werden. Selbst wenn beide Fragen zu verneinen wären, müßte dessen Täuschungsmanöver auch für die Zulässigkeit seiner Veröffentlichungen aus der beruflichen Sphäre des Klägers ebenso berücksichtigt werden: Jedenfalls die faktischen Auswirkungen der Veröffentlichung, die dem Leser vor Augen führt, daß der Zweitbeklagte den Zeitungsverlag wie den Redaktionsleiter durch Täuschung übertrumpft hat, belasten die Persönlichkeit des Klägers nicht weniger als das Unternehmen.
cc) Jedoch zieht dieses illegale Vorgehen des Zweitbeklagten noch nicht ein Verwertungsverbot für die so erlangten Informationen nach sich, wenn und soweit sie wie hier dazu eingesetzt werden, Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit der „B.”-Zeitung aufzudecken, deren Offenlegung für die Allgemeinheit von besonderem Interesse ist.
Das Verbot, das der Zweitbeklagte durch sein Täuschungsmanöver verletzt hat, zielt darauf ab, das Beschäftigungsverhältnis gegen unzumutbare Belastungen der Grundlagen zu schützen, auf denen das Fürsorge- und Treueverhältnis beruht: Die „Erschleichung” dieser Rechtsstellung als Arbeitnehmer ist dem Zweitbeklagten zum Vorwurf zu machen. Dagegen zielt dieser Schutz nicht auch darauf ab, eine Kritik an der „B.”-Zeitung zu verhindern, die sie einem Mitarbeiter in der Redaktion, dessen Anstellungsverhältnis nicht mit diesem Makel belastet gewesen ist, jedenfalls nach seinem Ausscheiden aus der Redaktion nicht verbieten könnte. Insoweit müssen die in dem erwähnten Urteil in der Sache VI ZR 162/79 gemachten Einschränkungen auch für die Beurteilung des im Streitfall betroffenen Interessenkonflikts entsprechend gelten. Bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden wird der Kläger durch die Veröffentlichung vornehmlich deshalb betroffen, weil deren Leser zusammen mit der – bei legalem Vorgehen des Kritikers zulässigen – Kritik vor Augen geführt wird, daß sein Geheimhaltungswille durch eine anstößige Strategie übertrumpft worden ist. Diese nachteiligen Wirkungen der Veröffentlichung für die Persönlichkeit des getäuschten Klägers sind ernst zu nehmen, zumal es auch die Kommunikation als solche belasten muß, wenn auf diese Weise Mängel an Legalität und Fairness sichtbar gemacht werden, auch wenn diese, wie ausgeführt, in andere Richtung zielen. Sie können nur dann hingenommen werden, wenn Ernsthaftigkeit und Bedeutung des Anliegens, das der Kritiker mit seinem Beitrag für die Bildung der öffentlichen Meinung verfolgt, das Gewicht dieser Nachteile für den Kläger und für die Rechtsordnung in den Hintergrund drängen.
dd) Von einem solchen die schutzwürdigen Belange des Klägers deutlich übersteigenden Öffentlichkeitswert der mitgeteilten Informationen ist hier jedoch nach Ansicht des Senats aufgrund des festgestellten Sachverhalts auszugehen. Die Veröffentlichung deckt Tendenzen und Verfahrensweisen eines Journalismus auf, mit denen auch für Maßstäbe, die für eine Boulevardzeitung gelten, die Aufgaben zur wahrheitsmäßigen Unterrichtung der Leser kaum in Einklang zu bringen sind und die wegen ihrer negativen Auswirkungen die besondere Beachtung der Öffentlichkeit verdienen. Durch derartige Mißstände, deren Aufklärung und Bewertung im Austausch der Meinungen zu den Aufgaben gehört, um derentwillen das Grundgesetz die Meinungsfreiheit garantiert, wird die Rechtsordnung wenigstens im Ergebnis stärker belastet als durch den Umstand, daß mit der Offenlegung solcher Sachverhalte die illegale Beschaffung dieser Information manifest wird. Ein Veröffentlichungsverbot um der Ordnung willen müßte in diesem Konflikt als formales Abheben auf das regelwidrige Verhalten nur der einen Seite, des Kritikers, erscheinen und die Störung der Ordnung durch die kritisierten Sachverhalte unbewertet lassen. Das aber müßte das Rechtsgefühl stärker belasten als die durch die Zulassung der Veröffentlichung für die Persönlichkeit des Klägers verbundenen nachteiligen Wirkungen.
Allerdings muß die Verwertung illegal beschaffter Informationen auf das berechtigte Anliegen beschränkt bleiben, um deswillen die Veröffentlichung trotz des unrechtmäßigen Vorgehens des Zweitbeklagten zuzulassen ist. Das bedeutet aber nicht, daß dieser sich auch dort, wo es ihm um die Anprangerung von Mißständen in der journalistischen Arbeit geht, zur Schonung des Klägers auf das unabdingbar Notwendige zurückziehen müßte. Soweit er Vorgänge kritisiert, an deren Aufdeckung die Öffentlichkeit nach den vorstehenden Ausführungen ein besonderes Interesse hat, bleibt ihm – freilich in den Grenzen des allgemein für eine Kritik Zulässigen – freie Hand für Inhalt und Form der Darstellung; Art. 5 Abs. 1 GG verbietet, ihm insoweit seine Kritik vorzuschreiben.
ee) Deshalb ist es nicht zu beanstanden, daß der Zweitbeklagte für seine Kritik an dem Einfluß, den die „B.”-Redaktion in Hannover während der Zeit, in der er ihr angehört hat, auf die Leserschaft der Zeitung genommen haben soll, auf das Arbeitsklima in der Redaktion, den Einfluß des Klägers als Redaktionsleiter auf Inhalt und Gesicht der veröffentlichten Beiträge und auf die Haltung der Redaktion gegenüber wahrheitsgemäßer Berichterstattung eingegangen ist und seine Kritik an Beispielen aus der „Alltagsarbeit” der Redaktion konkretisiert hat. Diese Grundlagen und Bedingungen für die journalistische Tätigkeit gehören zu den Öffentlichkeitswirkungen redaktioneller Arbeit, die die Veröffentlichung kritisch beleuchten soll. Die in den Klageanträgen zu 1 a – c zur Nachprüfung stehenden Textstellen, in denen der Kläger in seiner journalistischen Arbeit geschildert wird, haben sämtlich den Themenkreis zum Gegenstand, für dessen Erörterung den Beklagten die Verwertung von „Insider”-Informationen trotz der zu beanstandenden Art und Weise ihrer Beschaffung nicht verboten werden kann.
III.
Nach alledem kann der Kläger den Beklagten die Veröffentlichung der hier in Frage stehenden Textstellen über die berufliche Tätigkeit des Klägers nur verbieten, soweit damit Unwahres berichtet wird. Zu der Frage jedoch, ob die Schilderungen der Wahrheit entsprechen, hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht abschließend Stellung genommen, Insbesondere die von beiden Parteien angetretenen Beweise nicht erhoben. Die Sache muß deshalb insoweit zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Unterschriften
Dr. Weber, Dunz, Dr. Steffen, Dr. Kullmann, Dr. Ankermann
Fundstellen
Haufe-Index 1237712 |
NJW 1981, 1366 |
GRUR 1981, 441 |
Nachschlagewerk BGH |