Leitsatz (amtlich)
›In Allgemeinen Geschäftsbedingungen des kaufmännischen Verkehrs können Gewährleistungsansprüche aus einer Kraftfahrzeugreparatur grundsätzlich nicht auf eine Fahrleistung des reparierten Fahrzeugs beschränkt werden, wenn dadurch eine mittelbare Verkürzung der kurzen gesetzlichen Gewährleistungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB eintritt. Eine derartige Klausel benachteiligt den AGB-Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben jedenfalls dann unangemessen, wenn Gewährleistungsansprüche bereits nach einer Fahrleistung von 10000 km ausgeschlossen sind.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien sind Kaufleute. Die Kläger betreiben ein Transportunternehmen, die Beklagte betreibt in der Rechtsform einer GmbH einen Kraftfahrzeug-Reparaturbetrieb. Anfang Februar 1989 ließen die Kläger einen Lastkraftwagen wegen eines Defekts an der Einspritzpumpe bei der Beklagten reparieren. Der Kilometerstand betrug damals 122647 km. Nach Beendigung der Reparatur erhielten die Kläger das Fahrzeug am 7. Februar 1989 zurück. Den ihnen am 24. Februar 1989 in Rechnung gestellten Betrag von 3120, 60 DM haben sie bezahlt.
Am 27. Juli 1989 trat an dem reparierten Lastkraftwagen bei einem Kilometerstand von 198000 km ein Motorschaden auf. Am 2. August 1989 leiteten die Kläger ein Beweissicherungsverfahren ein, in dem der Sachverständige Lipski ein Gutachten erstattete. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, die Beklagte habe die Reparatur an der Einspritzpumpe unsachgemäß ausgeführt, dadurch sei es zum Lösen des nachgearbeiteten Stehbolzens, zum Ölverlust und schließlich zum Eintritt des Motorschadens gekommen.
Die Kläger haben die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen und beantragt,
diese zu verurteilen, an sie 20990, 83 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 12. Juni 1990 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den Schadensersatzanspruch nach Grund und Höhe bestritten und sich im übrigen auf Ziff. VIII Nr. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen. Hierin heißt es:
"Ist der Auftraggeber ... ein Kaufmann, bei dem der Auftragsgegenstand zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört, so endet die Gewährleistung spätestens nach einer Fahrleistung von 10000 km bei Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2, 8 t ..."
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger war erfolglos. Das Berufungsurteil ist in OLG-Rp Frankfurt 1992, S. 86 ff. veröffentlicht.
Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren abgewiesenen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Beide Vorinstanzen haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, den Klägern sei die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch die Klausel gemäß Ziff. VIII Nr. 2 der vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten versperrt. Dem kann nicht gefolgt werden. Die in Rede stehende Klausel verstößt gegen § 9 AGBG.
1. Das Berufungsgericht führt aus:
Nach Ziff. VIII Nr. 2 der von den Parteien beim Abschluß des Reparaturvertrages vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ende die Gewährleistung bei einem Kraftfahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2, 8 t spätestens nach einer Fahrleistung von 10000 km, sofern es sich bei dem Auftraggeber um einen Kaufmann handele, bei dem der Auftragsgegenstand zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehöre. Die Parteien seien Kaufleute. Die Kläger betrieben ihr Transportunternehmen als Vollkaufleute unter gemeinschaftlicher Firma in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft. Der reparierte Lastkraftwagen gehöre zum Betrieb des Handelsgewerbes der Kläger, sein zulässiges Gesamtgewicht betrage mehr als 2, 8 t. Unstreitig habe der Lastkraftwagen seit der Reparatur bis zum Eintritt des Motorschadens eine Fahrstrecke von mehr als 75000 km zurückgelegt.
Die Klausel verstoße nicht gegen das AGBG. Bei der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG sei auf der Grundlage einer generalisierenden Betrachtungsweise unter Abwägung der Interessen beider Parteien und Berücksichtigung der Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu prüfen, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliege. Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Vertrages seien in die Würdigung einzubeziehen. Die gesetzlichen Gewährleistungsfristen des § 477 und des § 638 BGB seien auf das erfahrungsgemäße Hervortreten von Mängeln abgestellt. Im Hinblick auf die mit der in Rede stehenden Klausel verbundene mittelbare Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist sei deshalb zu prüfen, ob der AGB-Vertragspartner insoweit in der Geltendmachung von Mängeln, Fehlern oder Schäden entgegen § 9 AGBG unangemessen benachteiligt werde. Das sei bei der hier vorliegenden Klausel nicht der Fall. Die Möglichkeit, an einem reparierten Fahrzeug Reparaturmängel zu erkennen, hänge von der Nutzung des Fahrzeugs ab. Reparaturmängel an Kraftfahrzeugen träten in aller Regel alsbald nach der Ingebrauchnahme des Fahrzeugs, erfahrungsgemäß jedenfalls innerhalb einer Fahrleistung von 10. 000 km zutage. Innerhalb dieser Fahrleistung habe der Kunde daher die Möglichkeit, den Mangel zu erkennen und ihn zu beanstanden. Das aber bedeute, daß die in Rede stehende AGB-Klausel dem Grundgedanken und dem Gerechtigkeitsgehalt der gesetzlichen Regelung für die Gewährleistungsfristen genüge. Wenn Mängel einer Kraftfahrzeugreparatur gewöhnlich und typischerweise während einer Nutzungsdauer von 10000 km aufträten und entdeckt werden könnten, stelle es keine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, die Gewährleistung auf eine Fahrleistung von 10000 km zu begrenzen. Im übrigen könne nicht außer acht gelassen werden, daß sich die Kausalität zwischen Reparatur und eingetretenem Schaden nach einer größeren Fahrleistung regelmäßig wegen der bei Kraftfahrzeugen schnell eintretenden Abnutzung und dem Verschleiß nicht mehr nachweisen lasse. Nach größerer Fahrleistung spreche vieles für Verschleiß und nicht für eine unsachgemäße Reparatur. Auch dies sei ein Grund, bei der gebotenen generalisierenden Betrachtung und umfassenden Würdigung der Interessen beider Parteien, gegen die Anknüpfung der Gewährleistung an die auf eine Fahrleistung von 10000 km bezogene Nutzung Bedenken nicht zu erheben.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
2. Aufgabe der Verjährung ist es nicht, an sich begründete Forderungen aufzuheben, sondern behauptete, in Wirklichkeit aber nicht oder nicht mehr bestehende Ansprüche abzuwehren. Die Verjährung dient nicht dazu, einen wirklichen Schuldner ohne Leistung zu befreien, sondern ihn vor unbegründeten, unbekannten oder unerwarteten Ansprüchen zu schützen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, daß es um so schwieriger wird, zuverlässige Feststellungen über die für die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgebenden Tatsachen zu treffen, je weiter diese zurückliegen (vgl. dazu Spiro, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bern 1975, Bd. I S. 8, 10). Betroffen wird davon zwar zunächst der Gläubiger, der die Grundlagen seines Anspruchs darzutun hat. Betroffen wird aber auch der Schuldner, der nicht nur die Tilgung der Forderung, sondern auch sich aus besonderen Umständen etwa ergebende Einwendungen und Einreden gegen den Anspruch geltend machen muß. Während der Gläubiger sich durch rechtzeitige Geltendmachung schützen kann, muß der Schuldner regelmäßig warten, bis der Anspruch gegen ihn erhoben wird. Die Verjährung soll ihn schützen, wegen länger zurückliegender Vorgänge beansprucht zu werden, die er nicht mehr aufklären kann, weil ihm die Beweismittel für etwa begründete Einwendungen abhanden gekommen oder Zeugen nicht mehr auffindbar sind (vgl. dazu Larenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. S. 240, 241). Für die kurzen Verjährungsfristen der §§ 477 und 638 Abs. 1 BGB von sechs Monaten werden der Gesichtspunkt der raschen Wiederherstellung des Rechtsfriedens (BGHZ 60, 9, 11), die Schwierigkeit der Ermittlung und Feststellung von Qualitätsmängeln nach längerer Zeit (vgl. Westermann in MünchKomm z. BGB, 2. Aufl. § 477 Rdn. 1) sowie die Vermeidung von Auseinandersetzungen über Mängelansprüche zu solchen Zeiten angeführt, zu denen es gar nicht mehr oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist festzustellen, ob eine Werkleistung einen Mangel aufweist oder der in Erscheinung getretene Mangel nicht auf einer anderen Ursache beruht, z.B. auf von dritter Seite vorgenommener Beschädigung, auf Alterung oder Verschleiß (vgl. dazu Soergel in MünchKomm z. BGB aaO § 638 Rdn. 1).
3. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt das Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Verkürzung gesetzlicher Gewährleistungsfristen grundsätzlich auch bei der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten (BGHZ 90, 273, 276; BGH ZIP 1981, 620, 621; BGH WM 1992, 661, 662). Fällt eine Klausel bei Verwendung gegenüber Nichtkaufleuten unter eine der Verbotsnormen des § 11 AGBG, so ist dies ein Indiz dafür, daß sie auch im Falle der Verwendung unter Kaufleuten zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners führt. Die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche, auf die bei der Anwendung des § 9 AGBG angemessen Rücksicht zu nehmen ist (vgl. § 24 Satz 2 AGBG), erlauben grundsätzlich keine von § 11 Nr. 10 f AGBG abweichende Beurteilung. Denn auch auf Kaufleute trifft der in der gesetzlichen Regelung enthaltene Grundgedanke zu, der darin besteht, dem Auftragnehmer einen hinreichenden Zeitraum für die Geltendmachung zunächst verborgener Mängel offenzuhalten, in dem diese Mängel erfahrungsgemäß zutage treten und erkannt werden können.
b) Die in Rede stehende Klausel kann und wird regelmäßig zu einer erheblichen Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist bei den von ihr erfaßten Kraftfahrzeugreparaturen führen. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht festgestellt, daß bei einem gewerblich eingesetzten LKW eine Fahrleistung von 10000 km in der Regel in einem kürzeren Zeitraum als sechs Monaten erreicht wird. Das ist auch ohne weiteres einsichtig, da es dazu nur einer Fahrleistung von etwa 80 km pro Arbeitstag bedarf. Eine Beschränkung der Gewährleistung auf eine Fahrleistung von nur 10. 000 km wirkt sich im Ergebnis als eine erhebliche zeitliche Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist aus. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß mit dem in Rede stehenden Lastkraftwagen der Kläger in der Zeit vom 7. Februar bis zum 27. Juli 1989, also in weniger als sechs Monaten, 75353 km zurückgelegt wurden. Geht man von einer kontinuierlichen Nutzung des Fahrzeugs aus, wurde die Fahrleistung von 10000 km im vorliegenden Fall in etwa drei Wochen erreicht, was einer Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf etwa drei Wochen gleichkommt. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß vergleichbare Fahrleistungen bei gewerblich, z.B. im Geschäftsbetrieb von Transportunternehmen genutzten, in Anschaffung und Unterhalt teueren Lastkraftwagen nicht ungewöhnlich sind. Das Berufungsgericht hält die durch eine Begrenzung auf eine Fahrleistung von 10000 km eintretende wesentliche Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist deshalb nicht für unangemessen, weil davon auszugehen sei, daß bei einer solchen Fahrleistung verborgene Reparaturmängel erfahrungsgemäß hervorträten, so daß der AGB-Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt sei (§ 9 Abs. 1 AGBG).
Dieser Bewertung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es bestehen bereits Bedenken gegen die unbelegte Annahme des Berufungsgerichts, ein durch eine Reparatur bedingter Mangel an einem Lastkraftwagen trete erfahrungsgemäß innerhalb einer Fahrleistung von 10000 km auf. Es entspricht zwar allgemeiner Lebenserfahrung, daß ein versteckter Reparaturmangel im Regelfall um so eher hervortritt, je höher die Fahrleistung des Fahrzeugs seit Durchführung der Reparatur ist. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, daß ein versteckter Mangel "regelmäßig und typischerweise" während einer Nutzungsdauer von 10000 km auftritt und entdeckt werden kann. Die - von der Beklagten bestrittenen - Feststellungen des im Beweissicherungsverfahren beauftragten Sachverständigen Lipski legen den Schluß nahe, daß je nach der Art der durchgeführten Reparatur und des hierdurch verursachten Fehlers sich dieser auch erst nach wesentlich höheren Fahrleistungen zeigen kann. Der Schaden soll nach Ansicht des Sachverständigen Lipski dadurch entstanden sein, daß das Kernloch des Stehbolzens der Einspritzpumpe bei der Reparatur durch ein Nachschneiden des Gewindes ein Übermaß von 0, 5 mm erhalten hat, wodurch die Flächenpressung der einzelnen Gewindegänge erheblich gemindert gewesen sei, so daß sich der Stehbolzen durch Vibration habe lösen können. Es liegt unabhängig von den nur der Illustration dienenden Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls auf der Hand, daß der Zeitpunkt des Auftretens eines derartigen Reparaturmangels je nach den besonderen Einsatzbedingungen des Fahrzeugs sehr unterschiedlich sein und sich insbesondere etwa bei vorwiegendem Einsatz des Fahrzeugs im Langstreckenverkehr auf guten Straßen oder Autobahnen stark verzögern kann.
Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu. Die gegen die Verkürzung gesetzlicher Fristen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen zu erhebenden Bedenken werden um so größer, je knapper die gesetzlichen Fristen bemessen sind (vgl. BGH WM 1992, 661, 662). Für eine, auch mittelbare Verkürzung der auf nur sechs Monate bemessenen Verjährungsfrist (§ 638 Abs. 1, § 477 BGB) kann deshalb nur aus besonderen Gründen ein Bedürfnis anerkannt werden, wenn diese Zeitdauer nach Lage der Dinge generell zur Entdeckung verborgener Mängel nicht erforderlich ist und deshalb die Interessen des anderen Vertragsteils durch die Verkürzung nicht in einer Weise beeinträchtigt werden, die gegen die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung verstößt (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 2. Aufl. § 11 Nr. 10 f Rdn. 17; vgl. auch BGH NJW 1978, 1314; BGH VersR 1980, 40, 41). Die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist ist nicht nur dann unwirksam, wenn sie die Durchsetzung von Ersatzansprüchen praktisch ausschließt (vgl. dazu BGH NJW 1981, 1510, 151l; BGHZ 64, 238, 243), sondern auch dann, wenn eine Behinderung des Anspruchsberechtigten infolge der Verkürzung bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage eintritt (vgl. BGHZ 90, 273, 277) oder wenn dieser sich gar zu einem voreiligen Prozeßbeginn genötigt sieht, um Rechtsnachteile zu vermeiden (vgl. BGH VersR 1980, 40, 41). Im vorliegenden Fall wurde die Fahrleistung von 10000 km in etwa drei Wochen erreicht, wobei der Lastkraftwagen im Güterfernverkehr eingesetzt war und der Motorschaden deshalb vom Heimatstandort entfernt auf der Bundesautobahn eintrat. Beim grenzüberschreitenden Güterfernverkehr kann ein solcher Schaden auch leicht im Ausland eintreten. Es stellt eine erhebliche Behinderung des Werkbestellers dar, wenn er sich unter solchen Verhältnissen Beweismittel verschaffen muß, daß der Mangel innerhalb der Kilometerbegrenzung von 10000 km und nicht danach hervorgetreten ist. Darüber hinaus wird sich der Werkbesteller bei einem kurz vor dem Erreichen der Kilometerbegrenzung auftretenden Mangel, dessen Ursache er nicht sofort erkennen kann, allein aus Gründen der Vorsorge zur Erhaltung seiner möglichen Rechte zur Untersuchung seines Fahrzeugs durch einen Sachverständigen oder gar zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens veranlaßt sehen. In diese Lage kann der Werkbesteller zwar auch beim Auftreten eines Mangels kurz vor Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist geraten. Der Unterschied besteht jedoch darin, daß der Werkbesteller bei Anwendung der in Rede stehenden AGB-Klausel in diese Lage bereits nach wenigen Wochen geraten kann. Geht man von der Lebenserfahrung aus, daß verdeckte Mängel im Regelfall um so eher hervortreten, je höher die Fahrleistung ist, dann wird der Werkbesteller bei Ausschöpfung der gesetzlichen Frist von sechs Monaten sehr viel seltener in die geschilderte Zwangslage kommen. Ein überwiegendes berechtigtes Gegeninteresse des Klauselverwenders, das die geschilderte Behinderung rechtfertigen könnte, ist nicht dargelegt. Für eine Abkürzung der ohnehin kurzen Verjährungsfrist der §§ 477, 638 Abs. 1 BGB im kaufmännischen Verkehr müssen gewichtige Sachgründe vorliegen (vgl. Ulmer, Brandner, Hensen, AGBG, 7. Aufl. § 9 Rdn. 158 u. § 11 Nr. 10 f. Rdn. 84), die nicht erkennbar sind. Bei einer kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten ist eine Rechtsbeeinträchtigung des Klauselverwenders durch Verlust von Beweismitteln und eine damit einhergehende Gefahr, wegen unbegründeter Ansprüche belangt zu werden, gegen die er sich nicht mehr wirksam verteidigen kann, nicht zu befürchten, wenn die in Auftrag gegebenen Reparaturarbeiten dokumentiert sind, wie dies im Kraftfahrzeugreparaturgewerbe allgemeiner Übung entspricht (vgl. dazu Hanel, Rechtsfragen der Kfz-Werkstatt, 5. Aufl., S. 147).
4. Das vom Berufungsgericht angeführte weitere Argument, bei sachgerechter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien dürfe nicht außer acht gelassen werden, daß sich mit Rücksicht auf die bei Kraftfahrzeugen schnell eintretende Abnutzung und den Verschleiß die Kausalität zwischen Reparatur und eingetretenem Schaden bei Ausschöpfung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist und bei Zugrundelegung der hier in Rede stehenden Fahrleistungen nach der Lebenserfahrung regelmäßig nicht mehr nachweisen lasse, greift nicht durch. Nach der Werkabnahme trägt der Besteller gemäß § 363 BGB die Beweislast für die Mangelhaftigkeit des Werkes (vgl. BGHZ 61, 42, 47; BGHZ 96, 111, 121; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, Bd. 1 2. Aufl. § 633 Rdn. 3 m.w.N.). Es ist kein Grund zu erkennen, den Besteller dadurch zusätzlich zu benachteiligen, daß ihm dieser Nachweis durch Verkürzung de gesetzlichen Gewährleistungsfrist von vornherein abgeschnitten wird.
Entscheidende sonstige Gesichtspunkte, die im allgemeinen zur Rechtfertigung einer Verjährungsregelung angeführt werden (- Wahrung des Rechtsfriedens nach einer für die Geltendmachung von Ansprüchen angemessenen Zeit; nachlassende Erinnerungsfähigkeit von Beteiligten und Zeugen und zunehmende Gefahr, daß Beweismittel nicht mehr auffindbar sind -) knüpfen im wesentlichen an den reinen Zeitablauf an und bieten keine Grundlage für eine benutzungsabhängige zusätzliche Verkürzung der Verjährung.
5. Nach Ansicht des Senats kann die Gewährleistung für Werkmängel aus den genannten Gründen jedenfalls nicht auf eine Fahrleistung von nur 10. 000 km beschränkt werden. Für Mängel, d.h. für bei Gefahrübergang vorhandene Fehler, muß der Werkunternehmer, auch wenn diese verborgen sind, nach dem gesetzlichen Leitbild bis zum Ablauf der kurzen gesetzlichen Gewährleistungsfrist haften. Ob eine AGB-Regelung in Form einer Kilometerbegrenzung von Gewährleistungsansprüchen im kaufmännischen Geschäftsverkehr schlechthin auch dann ausgeschlossen ist, wenn sie nur zu einer geringen zeitlichen Verkürzung der Haftung des Klauselverwenders führen kann, (so Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, Komm. z. AGBG, 1977, § 11 Rdn. 56; a.M. Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 2. Aufl. § 11 Nr. 10 f Rdn. 17), braucht nicht entschieden zu werden.
6. Da die Entscheidung des Rechtsstreits weitere tatrichterliche Aufklärung zum Vorhandensein des behaupteten Mangels voraussetzt, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.
Fundstellen
Haufe-Index 2993685 |
BGHZ 122, 241 |
BGHZ, 241 |
BB 1993, 1395 |
DB 1993, 1716 |
NJW 1993, 2054 |
LM H. 10/93 § 9 [Bg] AGBG Nr. 16 |
BGHR AGBG § 9 Abs. 1 Kraftfahrzeugreparaturvertrag 1 |
BGHR BGB § 638 Abs. 1 Verjährungsfrist 1 |
DRsp I(112)185b |
DRsp I(138)663c-d |
NJW-RR 1993, 1269 |
WM 1993, 1416 |
ZIP 1993, 1091 |
DAR 1993, 344 |
MDR 1994, 349 |
NZV 1993, 344 |
VRS 85, 421 |
ZfBR 1994, 75, 78 |
ZfS 1993, 340 |
DRsp-ROM Nr. 1994/3665 |
ZBB 1993, 186 |