Leitsatz (amtlich)
Durch eine Handlung, die eine Handlungspflicht eines Anderen (hier: Darstellung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft) erst begründet, wird regelmäßig nicht schon ihre Verletzung gefördert.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2 Bf, §§ 826, 830 Abs. 2; StGB § 27 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 20.08.2020; Aktenzeichen 5 S 11/20) |
AG Ludwigsburg (Entscheidung vom 11.12.2019; Aktenzeichen 7 C 337/19) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 20.8.2020 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Ab dem Jahr 2008 produzierte die V. AG eine neue Baureihe von TDI-Dieselmotoren in Serie. In den damit ausgestatteten Fahrzeugen war eine Software verbaut, die erkannte, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung von Emissionswerten befindet. Die Beklagte lieferte der V. AG die Software. Durch eine entsprechende Programmierung der Software schaltete das Steuerungssystem auf dem Prüfstand in einen Modus, der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit einen gegenüber dem Normalbetrieb geringeren Ausstoß an Stickoxiden bewirkte (im Folgenden auch: Abschalteinrichtung).
Rz. 2
Die Kläger erwarben im Dezember 2013 Vorzugsaktien der V. AG für 12.234,60 EUR einschließlich Erwerbsnebenkosten. Am 3.9.2015 räumte die V. AG gegenüber US-amerikanischen Behörden ein, die Abschalteinrichtung in ihren Dieselfahrzeugen verbaut zu haben. Am 21.9.2015 veräußerten die Kläger die Aktien für 8.474,40 EUR. Am 22. und 23.9.2015 informierte die V. AG durch Ad-Hoc-Meldungen den Kapitalmarkt erstmals über die Verwendung der Software.
Rz. 3
Die Kläger begehren von der Beklagten Ersatz des Unterschiedsbetrags zwischen ihren Erwerbsaufwendungen und dem Veräußerungserlös für die Aktien. Sie legen der Beklagten zur Last, durch die Softwarelieferung Beihilfe zur nicht rechtzeitigen Information des Kapitalmarkts durch die V. AG über die Verwendung der Abschalteinrichtung geleistet und sie dadurch geschädigt zu haben.
Rz. 4
Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Schadensersatzbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
Rz. 6
I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 7
Den Klägern stünden gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche wegen Beihilfe zu einer Schutzgesetzverletzung oder sittenwidrigen Schädigung durch die V. AG zu. Insoweit könne offenbleiben, ob die V. AG ein beihilfefähiges Kapitalmarktdelikt begangen habe. Die Beklagte habe durch die Lieferung der Motorsteuerungssoftware schon objektiv keine Hilfe zur Begehung eines solchen Delikts geleistet. Die Kläger lasteten der V. AG die unrichtige Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft i.S.v. § 331 Nr. 1 HGB, § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG an; die Organe der V. AG hätten es gesetz- und sittenwidrig unterlassen, den Kapitalmarkt über die Verwendung der von der Beklagten zugelieferten Motorsteuerungssoftware in ihren Dieselfahrzeugen zu unterrichten. Dieses Unterlassen habe die Beklagte durch die im Vorfeld erfolgte Softwarelieferung jedoch nicht gefördert. Es sei insb. nicht dargetan, dass die Beklagte die V. AG in ihrem Entschluss, nachfolgend ein Kapitalmarktdelikt zu begehen, bestärkt habe. Auch fehle der im Vorbereitungsstadium zu datierenden Softwarelieferung der erforderliche "deliktische Sinnbezug" zu einem späteren Kapitalmarktdelikt zum Nachteil der Aktionäre. Von einem solchen Sinnbezug könne dann nicht ausgegangen werden, wenn das vom Gehilfen geförderte Tun des Haupttäters nicht allein auf die Begehung einer strafbaren Handlung abziele und der Beitrag des Gehilfen auch ohne das strafbare Handeln des Täters für diesen sinnvoll bleibe, der Gehilfe mithin zwar den Täter, nicht aber unmittelbar dessen strafbares Tun durch seinen Beitrag unterstütze.
Rz. 8
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Lieferung der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte erfüllt den objektiven Tatbestand der Beihilfe nicht.
Rz. 9
1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die V. AG durch die nicht rechtzeitige Unterrichtung über die Verwendung der Motorsteuerungssoftware eine unerlaubte Handlung begangen hat (§§ 31, 823 Abs. 2, 826 BGB). Von der Begehung einer solchen Handlung ist daher nach dem Sachvortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen. Jedenfalls bei den strafbewehrten Verboten der unrichtigen Darstellung nach § 331 Nr. 1 HGB, § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG handelt es sich um Gesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB, die auch das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen. Dies hat der BGH für § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG bereits entschieden (BGH, Urt. v. 19.7.2004 - II ZR 402/02 ZIP 2004, 1593, 1594 m.w.N., insoweit in BGHZ 160, 149 nicht abgedruckt). Wegen der formellen Subsidiarität jener Vorschrift zu § 331 Nr. 1 HGB kann für diese nichts Anderes gelten.
Rz. 10
2. Zu diesem - revisionsrechtlich zu unterstellenden - deliktischen Verhalten der V. AG hat die Beklagte jedoch nicht schon durch die Lieferung der Motorsteuerungssoftware Hilfe geleistet. Sie ist nicht als Gehilfin für den von den Klägern beklagten Schaden verantwortlich (§ 830 Abs. 2 BGB).
Rz. 11
a) Die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Begehung einer unerlaubten Handlung i.S.d. § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen (BGH, Urteil vom 14.1.1953 - VI ZR 9/52, BGHZ 8, 288, 292; Urt. v. 13.7.2004 - VI ZR 136/03, ZIP 2004, 1699, 1702; Urt. v. 22.2.2019 - V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rz. 46). Nach § 27 Abs. 1 StGB ist Gehilfe, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Als Hilfeleistung im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolgs durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; nicht erforderlich ist, dass sie für den Eintritt des Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird (BGH, Urt. v. 16.11.2006 - 3 StR 139/06, NJW 2007, 384 Rz. 40; Urt. v. 10.7.2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rz. 15; Urt. v. 18.6.2013 - II ZR 217/12 GmbHR 2013, 1321 Rz. 7). Für den Gehilfen muss ein Verhalten festgestellt werden, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen getragen war (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.1997 - VI ZR 348/96, BGHZ 137, 89, 102; Urt. v. 13.7.2004 - VI ZR 136/03 NJW 2004, 3423, 3425; Urt. v. 11.9.2012 - VI ZR 92/11 ZIP 2012, 2302 Rz. 24; Urt. v. 22.2.2019 - V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rz. 46). Gleichgültig ist, in welchem Zeitpunkt der Ausführung der Gehilfe fördernd tätig wird. Beihilfe kann schon zu bloßen Vorbereitungshandlungen geleistet werden und sogar schon vor der Entschließung des Täters einsetzen (RGSt 28, 287 f.; BGH, Urt. v. 24.4.1952 - 3 StR 48/52, BGHSt 2, 344, 345 f.; Urt. v. 8.3.2001 - , NJW 2001, 2409, 2410; Urt. v. 19.12.2017 - 1 StR 56/17 NStZ 2018, 328). Die Haupttat muss aber zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder gefördert worden sein (BGH, Beschl. v. 9.7.2015 - 2 StR 58/15, NStZ-RR 2015, 343, 344; Beschl. v. 4.2.2016 - 1 StR 344/15, NStZ-RR 2016, 136, 137; Beschl. v. 17.5.2018 - 1 StR 108/18, NStZ 2019, 461 Rz. 7).
Rz. 12
b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte zur unrichtigen oder nicht rechtzeitigen Unterrichtung potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre durch die V. AG keine Hilfe geleistet.
Rz. 13
aa) Die Lieferung der Motorsteuerungssoftware lässt sich nach natürlichem Sprachgebrauch unter keinem denkbaren Wortverständnis als Erleichterung oder Förderung der der V. AG angelasteten Kapitalmarktdelikte begreifen.
Rz. 14
(1) Die Softwarelieferung kann überhaupt erst die Pflicht der V. AG mitbegründet haben, den Kapitalmarkt über die spätere Verwendung der Software in ihren Dieselfahrzeugen zu informieren. Durch eine Handlung, die eine Handlungspflicht eines Anderen erst begründet, wird aber regelmäßig - und so auch hier - nicht zugleich ihre Verletzung gefördert. Denn andernfalls erschöpfte sich die Förderung der Pflichtverletzung darin, dass die Pflicht nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass ihre Verletzung entfiele. Dadurch würde das für die Beihilfe konstitutive Merkmal der Erleichterung oder Förderung einer fremden Haupttat seines strafbarkeitsbegründenden Sinns entleert.
Rz. 15
(2) Eine Ausnahme mag bei einer Garantenstellung des Gehilfen (§ 13 StGB) anzunehmen sein, die ihn verpflichtet, den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs wenigstens zu erschweren (vgl. RGSt 71, 176, 178; 73, 52, 54; BGH, Urt. v. 27.10.1953 - 5 StR 723/52, NJW 1953, 1838). Eine derartige Garantenstellung hatte die Beklagte hinsichtlich der potentiellen Anleger und Aktionäre der V. AG aber nicht und wird von der Revision auch nicht beansprucht. Sie ergab sich insb. nicht aus Ingerenz. Auch die Ingerenz ist nach dem Schutzzweck der die Pflichtwidrigkeit des Vorverhaltens begründenden Norm begrenzt. Dies führt dazu, dass nicht jedes pflichtwidrige und zusätzlich gefahrverursachende Verhalten zu einer Garantenpflicht führt, sondern dass stets auf die Umstände des Einzelfalls hinsichtlich der Pflichtverletzung sowie des später eintretenden Erfolgs und ihres Verhältnisses zueinander abzustellen ist. Maßgeblich ist, ob die Pflichtwidrigkeit gerade in einer Verletzung eines solchen Gebots besteht, das dem Schutz des Rechtsguts zu dienen bestimmt ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2017 - 1 StR 265/16, BGHR AO § 371 Abs. 2 Nr. 2 Tatentdeckung 5 Rz. 78 m.w.N.). Fehlt es daran, kommt Ingerenz nicht in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2017 - 1 StR 265/16, BGHR AO § 371 Abs. 2 Nr. 2 Tatentdeckung 5 Rz. 77 ff., 81). Auch wenn mit der Revision, wie sie in anderem Zusammenhang geltend macht, die Pflichtwidrigkeit der Softwarelieferung hinsichtlich der Käufer der Dieselfahrzeuge der V. AG unterstellt wird, ergibt sich daraus noch nicht deren Pflichtwidrigkeit hinsichtlich der potentiellen Anleger und Aktionäre der V. AG. Während es bei den Endkunden um individuellen Vermögensschutz geht, geht es hier um den Schutz des Kollektivvertrauens der Kapitalanleger.
Rz. 16
(3) Aufgrund des Gleichlaufs von § 830 Abs. 2 BGB und § 27 StGB markiert der mögliche Wortsinn des Begriffs der Hilfeleistung indes auch im Deliktsrecht die Grenze dessen, was unter ihn gefasst werden kann. Denn die Auslegung einer strafbegründenden Vorschrift über ihren möglichen Wortsinn hinaus ist auch dann unzulässig, wenn es um die Auslegung einer Bestimmung des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches geht (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB; BGH, Urt. v. 14.5.1996 - 1 StR 51/96, BGHSt 42, 158, 161).
Rz. 17
bb) Davon abgesehen ist ein die Grenzen des möglichen Wortsinns auslotendes oder sogar überdehnendes Verständnis des Begriffs der Hilfeleistung auch nicht aus Gründen des Rechtsgüterschutzes geboten. Der Schutz der potentiellen Anleger und Aktionäre der V. AG vor der unrichtigen Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft wird nicht schon durch die Softwarelieferung, sondern erst durch die nicht rechtzeitige Unterrichtung über ihre Verwendung zur Abgassteuerung der Dieselmotoren beeinträchtigt. Auch insoweit gilt wiederum, dass die Beklagte mit der Lieferung der Software das durch das deliktische Verhalten der V. AG beeinträchtigte Rechtsgut, also den Informationsbedarf ihrer potentiellen Anleger und Aktionäre erst mit geschaffen hat. In diesem Sinne hat der BGH bereits ausgesprochen, dass der strafrechtliche Vorwurf nicht daran anknüpfen kann, dass der Täter das geschützte Rechtsgut überhaupt erst hat entstehen lassen (BGH, Urt. v. 4.4.1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375). Dementsprechend liegt etwa in einer Angestelltenbestechung nicht zugleich Beihilfe zur Hinterziehung der auf die Schmiergeldzahlung fälligen Steuern (BGH, Urt. v. 18.6.2003 - 5 StR 489/02, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 24) oder in der Mitwirkung beim Umsatz in Kenntnis der diesem nachfolgenden Umsatzsteuerhinterziehung durch den Steuerpflichtigen grundsätzlich keine Beihilfe zu dem Steuervergehen (BGH, Urt. v. 13.4.1988 - 3 StR 33/88, BGHR § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 3).
Rz. 18
cc) Der Bewertung der Lieferung der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte als bezogen auf die unrichtige Darstellung objektiv tatbestandslos steht nicht entgegen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits im Stadium der Tatvorbereitung strafbare Hilfe geleistet werden kann. Denn auch eine solche Hilfeleistung muss sich entweder schon auf Vorbereitungshandlungen des Täters beziehen (etwa BGH, Urt. v. 8.3.2001 - , BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 22 m.w.N.) oder bei nachfolgendem Tatentschluss des Täters zumindest "die dann stattfindende Ausführung der Tat erleichtern" (RGSt 28, 288 f.; etwa BGH, Urt. v. 1.8.2000 - 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 115). Die Verwendung der Software durch die V. AG ist aber keine Vorbereitung der nicht rechtzeitigen Information potentieller Anleger oder gegenwärtiger Aktionäre darüber und die unrichtige Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse wird durch die Lieferung der Motorsteuerungssoftware auch nicht erleichtert.
Rz. 19
dd) Im Streitfall ist zudem zu berücksichtigen, dass die Kläger der V. AG mit der nicht rechtzeitigen Unterrichtung des Kapitalmarkts über die Verwendung der Motorsteuerungssoftware in tatsächlicher Hinsicht ein Unterlassen vorwerfen. Zwar ist Beihilfe auch zu einem Unterlassen möglich (RGSt 51, 39, 41; 77, 268, 269; BGH, Urt. v. 6.5.1960 - 2 StR 65/60, BGHSt 14, 280, 282; Urt. v. 23.9.1997 - 1 StR 430/97, NStZ 1998, 83, 84). Der Beihilfe an einem Unterlassen macht sich aber nur schuldig, wer den Entschluss des zum Handeln Verpflichteten durch Rat oder Tat fördert oder festigt, also das Unterlassen des zum Handeln Verpflichteten vorsätzlich unterstützt, dagegen nicht, wer in anderer Weise den Erfolg zu verhindern trachtet, den die Gebotsnorm, ohne tatbestandlich auf ihn abzustellen, erreichen will (BGH, Urt. v. 6.5.1960 - 2 StR 65/60, BGHSt 14, 280, 282; BayObLG, NJW 1990, 1861). Eine derartige Förderung oder Festigung des Tatentschlusses der Organe der V. AG durch die Beklagte machen die Kläger nicht geltend.
Rz. 20
ee) Soweit die Kläger der Beklagten Beihilfe zu einer sittenwidrigen Schädigung durch die V. AG anlasten, läge überdies eine bloß mittelbare Schädigung vor. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, Urt. v. 7.5.2019 - VI ZR 512/17 NJW 2019, 2164 Rz. 8; Urt. v. 25.5.2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rz. 15; Urt. v. 30.7.2020 - VI ZR 5/20 ZIP 2020, 1715 Rz. 29; Urt. v. 13.4.2021 - VI ZR 276/20 MDR 2021, 743 Rz. 7). Auf eine derartige Eingrenzung der Haftung kann, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, nicht verzichtet werden. Ein Verhalten kann hinsichtlich der Herbeiführung bestimmter Schäden, insb. auch hinsichtlich der Schädigung bestimmter Personen, als sittlich anstößig zu werten sein, während ihm diese Qualifikation hinsichtlich anderer, wenn auch ebenfalls adäquat verursachter Schadensfolgen nicht zukommt. Die Ersatzpflicht beschränkt sich in einem solchen Fall auf diejenigen Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen (BGH, Urt. v. 11.11.1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 236 f.). Als Zulieferin traf die Beklagte hinsichtlich der potentiellen Anleger und Aktionäre der V. AG aber keine besondere Unterlassungspflicht, deren Verletzung das Sittenwidrigkeitsverdikt tragen könnte (vgl. auch , BGB, Neubearb. 2018, § 826 Rz. 37, 117b). Dies verkennt die Revision, indem sie auf einen Beitrag der Beklagten zur sittenwidrigen Schädigung der Erwerber der Dieselfahrzeuge durch die V. AG abstellt. Dass die Beklagte, wie die Revision meint, auch eine Schädigung der potentiellen Anleger und der Aktionäre für möglich hielt, genügt nicht, um sie als sittenwidrig zu bewerten.
Fundstellen
Haufe-Index 14709538 |
BGHZ 2022, 288 |
BB 2021, 1985 |
DB 2021, 2078 |