Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Qualitätsbezeichnung für einen Wein (Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete) im Rahmen einer Marke.
Normenkette
UWG §§ 1, 3; WeinbezeichnungsVO Art. 11 Abs. 2 Buchst. c, Art. 40
Verfahrensgang
OLG Zweibrücken (Aktenzeichen 2 U 28/96) |
LG Landau (Pfalz) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 7. März 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der Schutzverband Deutscher Wein e.V., will der Beklagten, der Weinkellerei Lorch, die Verwendung der Bezeichnungen „Lorch Premium” und „Linie Prestige” bei der Etikettierung von Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (Qualitätswein b.A.) verbieten lassen.
Die Beklagte vertreibt seit 1992 vier verschiedene Qualitätsweine im Sinne der Weinbezeichnungsvorschriften (des bestimmten Anbaugebietes Pfalz) als Flaschenwein. Das Hauptetikett und das Rückenetikett der Flaschen tragen jeweils den hervorgehobenen Schriftzug „Lorch Premium”. Auf dem Rückenetikett befand sich bis Mitte 1996 außerdem in deutlich kleinerer Schrift die Angabe „Linie Prestige”.
Der Kläger ist der Ansicht, die Verwendung der genannten Bezeichnungen verstoße gegen das Weinbezeichnungsrecht und sei wettbewerbswidrig. Beide Bezeichnungen seien nicht zugelassen und damit verboten. Es handele sich auch nicht um zulässige Markenbezeichnungen. Die Markenbenutzung dürfe kein Mittel sein, um das Bezeichnungsrecht zu umgehen. Begriffe, die die Beschaffenheit und Qualität des Weines beschrieben, seien daher als Marke verboten. Stehe die bezeichnungsrechtliche Unzulässigkeit einer Marke fest, komme es auf eine Irreführung nicht mehr an. Auch diese sei aber anzunehmen, weil den so angebotenen Weinen tatsächlich keine Spitzenqualität zukomme.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten zu verbieten, die Bezeichnungen „… Premium” und „Linie Prestige” im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein b.A. – insbesondere in der bisher geschehenen Art – zu verwenden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie vertritt die Auffassung, die Bezeichnungen seien zulässig. Es seien keine qualitätsbezogenen Angaben, sondern Markennamen. Diese wirkten auch nicht irreführend; es handele sich um hochwertige Weine.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Beklagten – unter Androhung von Ordnungsmitteln – verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der Etikettierung von deutschem Qualitätswein b.A. die Angabe „Premium” zu verwenden. Die weitergehende Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision des Klägers. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Mit der Anschlußrevision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels der Gegenseite.
Entscheidungsgründe
Die Revision und die Anschlußrevision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz.
I. Das Berufungsgericht hat in der Verwendung der Bezeichnung „Lorch Premium” einen Verstoß gegen das Weinbezeichnungsrecht gesehen und einen Anspruch des Klägers nach §§ 1, 3 UWG bejaht. Die Angabe „Linie Prestige” hat es nicht als wettbewerbswidrig angesehen.
Es hat hierzu ausgeführt, für die Bezeichnung von Qualitätswein b.A. ergebe sich aus Art. 12 Abs. 1 i.V. mit Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 des Rates vom 24. Juli 1989 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste (WeinbezeichnungsVO, ABl. Nr. L 232 v. 9.8.1989, S. 13) ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Bezeichnungen, die – wie die vorliegenden – nicht ausdrücklich als erlaubt genannt würden, seien verboten und dürften nicht benutzt werden. Nach Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO sei allerdings die Hinzufügung einer Marke zulässig. Die Markenbezeichnung dürfe aber nach Art. 40 WeinbezeichnungsVO nicht irreführend sein. Dies müsse regelmäßig zur Unzulässigkeit von Marken führen, die den irrigen Eindruck von Qualitätsbezeichnungen erweckten. Das grundsätzlich geltende Verbotsprinzip und der abgeschlossene Katalog von zugelassenen Qualitätsbezeichnungen dürften nicht über das Recht auf Markenverwendung ausgehöhlt werden. Die Bezeichnung „Premium” sei danach als irreführend und unzulässig zu bewerten. Sie weise auf Erzeugnisse hin, die nicht nur nach interner Einschätzung des Anbieters, sondern auch objektiv auf den Gesamtmarkt bezogen eine gewisse Spitzenstellung einnähmen. Solchen auf das Gesamtangebot bezogenen gesteigerten Anforderungen dürften die angebotenen Weine bei den unstreitigen oder zu beweisenden Qualitäten kaum genügen. Darauf komme es aber nicht an, weil sich der Begriff „Premium” auch derart als allgemeine Qualitätseinstufung verfestigt habe, daß er neben den bis ins einzelne geregelten Weinbezeichnungen keine Verwendung finden dürfe. Die Angabe „Linie Prestige” sei dagegen in der hier verwendeten Form noch nicht zu beanstanden. Zwar signalisiere dieser Begriff durchaus eine gewisse Hochwertigkeit. Er sei aber im konkreten Fall doch eher auf Äußerlichkeiten – wie eine gehobene Ausstattung – bezogen.
II. Diese Beurteilung hält auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, daß der Kläger nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugt ist. Die Revision greift diese Annahme des Berufungsgerichts auch nicht an.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 3 UWG beurteilt, weil aus den EG-Weinbezeichnungsvorschriften nicht unmittelbar wettbewerbsrechtliche Ansprüche herzuleiten sind.
Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß die nach Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO eröffnete Möglichkeit, die Etikettierung durch die Angabe einer Marke zu ergänzen, wegen der Verweisung auf Art. 40 WeinbezeichnungsVO unter dem Vorbehalt steht, daß die Marke nicht irreführend ist.
a) Das Berufungsgericht hat jedoch, worauf der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, keine Feststellungen dazu getroffen, ob „Lorch Premium” eine Marke i.S. von Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO ist.
Nach Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3201/90 der Kommission vom 16. Oktober 1990 über Durchführungsbestimmungen für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste (ABl. Nr. L 309 v. 8.11.1990, S. 1) gilt Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO für alle eingetragenen oder nicht eingetragenen Marken, sofern sie den Gemeinschaftsvorschriften oder den Vorschriften des Mitgliedstaates oder der Mitgliedstaaten entsprechen, auf dessen (deren) Hoheitsgebiet das Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird. Die Angabe einer Marke auf der Etikettierung nach Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO setzt danach die Entstehung des Markenschutzes und – entgegen der Ansicht der Revision – nicht nur die Markenfähigkeit eines Zeichens voraus. Markenschutz entsteht insbesondere durch die Eintragung eines Zeichens als Marke in das vom Patentamt geführte Register (§ 4 Nr. 1 MarkenG) und durch Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (§ 4 Nr. 2 MarkenG).
Ohne entsprechende Feststellungen des Berufungsgerichts über die Entstehung des Markenschutzes für die Bezeichnung „Lorch Premium” kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die Etikettierung von Qualitätswein b.A. nach Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO um diese Bezeichnung ergänzt werden darf.
b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht deshalb als zutreffend, weil die Bezeichnung „Lorch Premium” irreführend i.S. des Art. 40 Abs. 2 WeinbezeichnungsVO ist. Das Berufungsgericht hat zwar in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, daß sich die Bezeichnung „Premium” als allgemeine Qualitätseinstufung verfestigt habe. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Bezeichnung – wie das Berufungsgericht meint – auf Erzeugnisse hinweist, die, auf den Gesamtmarkt bezogen, eine gewisse Spitzenstellung einnehmen, oder ob dieser Begriff – wie die Revision geltend macht – eine über dem Durchschnitt liegende Qualität der jeweiligen Weinkategorie bezeichnet. Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen getroffen, welche die Annahme rechtfertigten, daß die mit dem Begriff „Premium” verbundene Qualitätsaussage irreführend i.S. des Art. 40 WeinbezeichnungsVO ist. Wird die Bezeichnung eines Qualitätsweins b.A. durch Marken ergänzt, so dürfen diese nach Art. 40 Abs. 2 WeinbezeichnungsVO keine Worte enthalten, die geeignet sind, bei den Personen, an die sie sich richten, eine Irreführung hinsichtlich der Qualität des Erzeugnisses hervorzurufen (Art. 40 Abs. 2 Satz 1 lit. a i.V. mit Abs. 1 Spiegelstrich 2 WeinbezeichnungsVO) oder die von diesen Personen mit der Bezeichnung eines Qualitätsweins b.A. verwechselt werden können (Art. 40 Abs. 2 Satz 1 lit. b Spiegelstrich 1 WeinbezeichnungsVO). Das Berufungsgericht hat es dahingestellt sein lassen, ob die angebotenen Weine den gesteigerten Anforderungen genügen, die an als „Premium” bezeichnete Erzeugnisse zu stellen sind. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen, daß die von ihr vertriebenen Weine diesen Anforderungen tatsächlich entsprechen und die durch die Bezeichnung „Premium” hervorgerufenen Erwartungen der Verbraucher nicht enttäuscht werden. Das Berufungsgericht hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, daß der Bestandteil „Premium” mit der Bezeichnung des Qualitätsweins b.A. verwechselt werden kann oder – was dem gleichsteht (vgl. EuGH, Urt. v. 25.2.1981 - Rs. 56/80, Slg. 1981 I-583 Tz. 20 = GRUR 1981, 430, 432 = WRP 1981, 378 - Schloßdoktor/Klosterdoktor) – geeignet ist, dem Publikum vorzutäuschen, es handele sich um eine in Wahrheit nicht existierende Bezeichnung für einen Qualitätswein b.A. Das Verbot der Bezeichnung „Premium” kann demnach – das Vorliegen einer Marke unterstellt – mangels ausreichender Feststellungen nicht auf das Irreführungsverbot des Art. 40 WeinbezeichnungsVO gestützt werden.
III. Die Anschlußrevision, die sich gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Bezeichnung „Linie Prestige” richtet, hat im Ergebnis ebenfalls Erfolg. Die vorstehenden Ausführungen sind auch insoweit maßgeblich, d.h. es kommt zunächst darauf an, ob die Bezeichnung überhaupt als Marke anzusehen ist und bejahendenfalls, ob sie irreführend i.S. des Art. 40 WeinbezeichnungsVO ist. Auf letztere Frage kann es deshalb ankommen, weil die Bezeichnung „Linie Prestige” gleichfalls den Eindruck einer besonderen Qualität des Weines vermittelt. Dies gilt selbst dann, wenn sich dieser Begriff – wie das Berufungsgericht meint – im konkreten Fall eher auf Äußerlichkeiten wie eine gehobene Ausstattung bezöge. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß der Verbraucher von der gehobenen Ausstattung einer Flasche auf eine besondere Qualität ihres Inhalts schließt. Die gewisse Hochwertigkeit, die der Begriff „Linie Prestige” nach den Feststellungen des Berufungsgerichts signalisiert, wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung deshalb von den Kunden nicht lediglich auf die Ausstattung der Flasche, sondern – jedenfalls mittelbar – auch auf die Qualität des Weines bezogen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es insoweit rechtlich nicht darauf an, ob diese Bezeichnung in der Bedeutung unscharf ist oder inwieweit sie den zulässigen Bezeichnungen nahekommt.
IV. Bei der erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob für die Bezeichnungen „Lorch Premium” und „Linie Prestige” Markenschutz besteht und ob – falls dies noch von Bedeutung sein sollte – die unter diesen Bezeichnungen von der Beklagten vertriebenen Weine die damit verbundene Qualitätsaussage erfüllen. Sollte das Berufungsgericht zu diesen Feststellungen gelangen, kommt es darauf an, ob bei Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete die Etikettierung durch eine – den Voraussetzungen nach Art. 40 WeinbezeichnungsVO entsprechende – Marke ergänzt werden kann, wenn diese Marke eine in Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Art. 11 der Verordnung nicht ausdrücklich zugelassene Angabe über die Qualität des Weines enthält. Diese Frage ist aber auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nicht eindeutig zu beantworten.
Aus der Entscheidung des Gerichtshofes in der Sache „Langguth Erben” (Urt. v. 29.6.1995 - Rs. C-456/93, Slg. 1995, I-1737 = GRUR Int. 1995, 903 = EuZW 1995, 842) ergibt sich lediglich, daß das Etikett eines Qualitätsweines b.A. mit einer Marke versehen werden darf, die ein Wort enthält, das – wie die für deutschen Qualitätswein zugelassenen Qualitätsangaben Kabinett, Spätlese und Auslese – als Angabe in der Bezeichnung eines Qualitätsweines b.A. verwendet werden kann (vgl. EuGH GRUR Int. 1995, 903, 905 Tz. 28 - Langguth Erben). In dem vorliegenden Rechtsstreit geht es aber nicht darum, ob eine an sich zulässige Angabe, sondern darum, ob eine an sich unzulässige Angabe über die Qualität eines Weines als Markenbestandteil in der Etikettierung eines Qualitätsweines b.A. verwendet werden darf. Eine Antwort auf diese Frage läßt sich dem Urteil in der Sache „Langguth Erben” nicht entnehmen.
Der Gerichtshof hat in der Sache „Kessler Hochgewächs” (Urt. v. 28.1.1999 - Rs. C-303/97, Slg. 1999, I-513 = GRUR Int. 1999, 345 = WRP 1999, 307) entschieden, daß Art. 13 Abs. 2 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 2333/92 des Rates vom 13. Juli 1992 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure (SchaumweinbezeichnungsVO, ABl. Nr. L 231 v. 13.8.1992, S. 9) – der in der Fassung weitgehend Art. 40 Abs. 2 Satz 1 lit. b WeinbezeichnungsVO entspricht – so auszulegen ist, daß für die Anwendung des Verbotes dieser Bestimmung die Feststellung nicht genügt, daß eine Marke, die ein Wort enthält, das in der Bezeichnung eines der in dieser Bestimmung genannten Erzeugnisse enthalten ist, als solche mit dieser Bezeichnung verwechselt werden kann, sondern daß daneben nachgewiesen werden muß, daß die Verwendung der Marke tatsächlich geeignet ist, die angesprochenen Verbraucher irrezuführen und daher ihr wirtschaftliches Verhalten zu beeinflussen (EuGH GRUR Int. 1999, 345, 348 Tz. 38 - Sektkellerei Kessler). In dem vorliegenden Rechtsstreit geht es aber – anders als in der genannten Entscheidung – nicht um die Frage, ob für das Verbot einer Marke die abstrakte Gefahr der Irreführung ausreicht oder eine konkrete Gefahr der Irreführung erforderlich ist, sondern um die vorgelagerte Frage, ob eine unterstellt nicht irreführende Bezeichnung i.S. von Art. 40 WeinbezeichnungsVO überhaupt als Marke verwendet werden darf, wenn sie eine in Art. 11 WeinbezeichnungsVO nicht ausdrücklich zugelassene Qualitätsangabe enthält. Diese Frage konnte sich in der genannten Entscheidung, in der es um die Etikettierung eines Schaumweines ging, nicht stellen, da die Schaumweinbezeichnungsverordnung (Art. 3 ff.) im Unterschied zur Weinbezeichnungsverordnung (Art. 11 f.) keinen abgeschlossenen Katalog zulässiger Angaben bei der Etikettierung vorsieht und für die Etikettierung beispielsweise eines Qualitätsschaumweins sogar ausdrücklich die Angabe eines Begriffs betreffend eine gehobene Qualität (Art. 6 Abs. 8 SchaumweinbezeichnungsVO) oder auch die Verwendung des Begriffs „Premium” (Art. 6 Abs. 11 SchaumweinbezeichnungsVO) erlaubt. Dies gilt nach der Schaumweinbezeichnungsverordnung nicht nur, soweit diese Angaben in der Etikettierung verwendet werden, sondern auch, soweit diese Bezeichnungen Bestandteil einer Marke sind (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 345, 348 Tz. 30 - Sektkellerei Kessler).
Für eine Auslegung im Sinne des Klägers spricht insbesondere der in der fünften Begründungserwägung der Weinbezeichnungsverordnung hervorgehobene Grundsatz, wonach für die Bezeichnung der Weine und Traubenmoste nur die Angaben zulässig sind, die in diesen Regeln oder in den entsprechenden Durchführungsbestimmungen vorgesehen sind. Diesem Grundsatz und seiner Konkretisierung in Art. 12 Abs. 1 WeinbezeichnungsVO, wonach für die Bezeichnung der Qualitätsweine b.A. in der Etikettierung nur die im einzelnen aufgeführten und näher bezeichneten Angaben zulässig sind, könnte es widersprechen, wenn sämtliche danach an und für sich unzulässigen Angaben deshalb als zulässig anzusehen wären, weil sie in einer Marke verwendet werden.
Für eine Auslegung im Sinne der Revision läßt sich der Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 lit. c WeinbezeichnungsVO anführen, der – abgesehen von der Verweisung auf das Irreführungsverbot des Art. 40 WeinbezeichnungsVO – keine Einschränkungen hinsichtlich der in einer Marke verwendbaren Angaben enthält. Auf eine grundsätzliche Zulässigkeit der Verwendung von Qualitätsangaben in der Marke deutet auch das ausdrückliche Verbot von falschen Angaben über eine gehobene Qualität in Art. 40 Abs. 2 Satz 2 lit. b WeinbezeichnungsVO hin, das sich auch auf Marken bezieht. Daraus kann geschlossen werden, daß Angaben über eine gehobene Qualität grundsätzlich Bestandteil einer Marke sein dürfen, wenn sie nur nicht ausnahmsweise falsch sind.
Das Berufungsgericht wird, soweit es hierauf ankommen sollte, zu erwägen haben, ob es das Verfahren aussetzt und nach Art. 234 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 EG eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften einholt.
Eine der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung vorgehende Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften durch den Bundesgerichtshof kam nicht in Betracht. Ohne die Feststellung, ob für „Lorch Premium” und „Linie Prestige” überhaupt Markenschutz entstanden und die Marke nicht irreführend nach Art. 40 Abs. 2 WeinbezeichnungsVO ist, ist eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nicht sinnvoll (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.1994 - I ZR 282/91, GRUR 1994, 519, 521 = WRP 1994, 533 - Grand Marnier; Urt. v. 11.5.1995 - I ZR 111/93, GRUR 1995, 808, 809 - P3-plastoclin).
Unterschriften
Erdmann, RiBGH Prof. Dr. Mees ist infolge Ausscheidens an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann, Starck, Bornkamm, Büscher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 20.10.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538602 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 1138 |
GRUR 2000, 727 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 2000, 628 |
MarkenR 2000, 175 |