Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachbarrechtliche Folgen von Froschquaken in einem künstlich angelegten Gartenteich
Leitsatz (redaktionell)
1. Wer einen Gartenteich anlegt und unterhält, an dem sich Frösche ansiedeln, ist Störer hinsichtlich der durch sie verursachten Lärmeinwirkung.
2. Bei der Beurteilung von Lärmimmissionen ist auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen. Für Lärm durch Froschquaken kann die erforderliche wertende Abgrenzung das geänderte Umweltbewußtsein und den auf Frösche bezogenen Artenschutz im Naturschutzrecht nicht unberücksichtigt lassen.
3. Auch einem verständigen Durchschnittsmenschen sind aber massive Störungen seiner Nachtruhe (hier 64 dB (A) gegenüber dem Richtwert von 35 dB (A)) durch Froschlärm nicht zumutbar.
4. Auch Froschlärm kann über eine Lärmpegelmessung nach den Richtwerten der VDI-Richtlinie 2058 Blatt 1 (oder ähnlichen Richtlinien wie TA Lärm, LAT-Hinweise) beurteilt werden.
5. Berücksichtigt der Tatrichter sowohl den Richtliniencharakter als auch die Besonderheiten des zu beurteilenden Lärms, ist nicht zu beanstanden, daß er bei deutlicher Überschreitung der Richtlinienwerte eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung annimmt.
6. Zur Ortsüblichkeit von Froschlärm.
7. Auch Frösche in einem künstlich angelegten Gartenteich sind nach BNatSchG § 20f Abs 1 Nr 1 iVm BArtSchVO § 1 Anlage 1 (juris: BArtSchV) geschützt. Dies gilt auch für Frösche, die dort ausgesetzt worden sind. Das Nachstellen und das Fangen der Frösche ist ohne Rücksicht auf den damit verfolgten Zweck grundsätzlich verboten.
8. Auch wenn alle erfolgversprechenden Maßnahmen zur Lärmverhinderung durch quakende Frösche grundsätzlich nach dem Naturschutzrecht verboten sind, müssen die Zivilgerichte prüfen, ob eine Ausnahmegenehmigung nach BNatSchG § 31 Abs 1 Nr 1 Buchst a in Betracht kommt. Nur wenn sie erteilt werden kann, ist eine Verurteilung des Nachbarn zur Lärmabwehr unter dem Vorbehalt einer behördlichen Ausnahmegenehmigung möglich. Daneben kommt eine Verurteilung des Nachbarn zur Stellung eines Befreiungsantrags in Betracht.
9. Ist dagegen eine Ausnahme nach BNatSchG § 31 Abs 1 Nr 1 Buchst a nicht möglich, hat der Abwehranspruch keinen Erfolg. Der Nachbar hat dann wegen des Froschlärms auch keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog BGB § 906 Abs 2 S 2.
10. Ähnlich wie die nachbarrechtlichen Sondervorschriften grenzen die naturschutzrechtlichen Bestimmungen den rechtmäßigen vom rechtswidrigen Gebrauch eines Grundstücks ab. Solange erfolgversprechende Maßnahmen zur Verhinderung von Einwirkungen naturschutzrechtlich verboten sind, ist die Einwirkung auch nicht rechtswidrig.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1-2, § 906 Abs. 1, 2 S. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2; BNatSchG § 20f Abs. 1 Nr. 1, § 31 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 2; NatSchG BY Art. 17a Abs. 1 Nr. 2; BArtSchV § 1 Anl. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 21.01.1991; Aktenzeichen 17 U 2577/90 MDR 1991, 971) |
LG München II (Entscheidung vom 30.01.1990; Aktenzeichen 1 O 3701/87) |
Fundstellen
Haufe-Index 537964 |
BGHZ, 239 |
NJW 1993, 925 |
NVwZ 1993, 505 |
ZIP 1993, 200 |
JuS 1993, 691 |