Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückübertragung eines unter staatlicher Verwaltung stehendes Grundstück, Kostenerstattungsanspruch nach Vermögensgesetz, Restitutions- und Verwalterverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Zum Kostenerstattungsanspruch des staatlichen Verwalters eines Hausgrundstücks, wenn das Grundstück nach dem Ende der staatlichen Verwaltung nicht an den (damaligen) Eigentümer herausgegeben, sondern an den Erben eines NS-geschädigten Voreigentümers zurückübertragen wird.
Normenkette
VermG § 3 Abs. 3 S. 4, § 7 Abs. 7, § 15 Abs. 1-2; BGB § 670
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beklagte ist der Erbe von H. R., die im Jahre 1939 ihr Grundstück M. Straße 2 in Berlin-P. B. an die Eheleute St. verkauft hatte. Nach dem Tode ihres Ehemannes wurde I. St. aufgrund notariellen Vertrages vom 25. März 1942 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Das Grundstück unterlag bis zum 31. Dezember 1992 der staatlichen Verwaltung durch die Klägerin. Mit Bestallungsvollmacht der Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin vom 21. Dezember 1993 wurde die Klägerin zur gesetzlichen Vertreterin für die Erben nach I. St. bestellt.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. Mai 1994 übertrug das zuständige Amt zur Regelung offener Vermögensfragen das Grundstückseigentum an den Beklagten als den Berechtigten im Sinne des Vermögensgesetzes nach der verstorbenen Voreigentümerin H. R. zurück. Zur Begründung führte das Amt aus, daß gemäß § 1 Abs. 6 des Vermögensgesetzes die Veräußerung des Grundstücks durch H. R. als verfolgungsbedingter Vermögensverlust zu vermuten ist.
Die Klägerin vereinnahmte bis zur Übergabe des Grundstücks an den Beklagten am 1. Oktober 1994 die für das auf dem Grundstück befindliche Wohnhaus anfallenden Mieten und bezahlte die Betriebs- und Instandhaltungskosten. Die Klägerin erstellte für die Zeit vom 1. Juli 1990 (Zeitpunkt der Währungsumstellung in der ehemaligen DDR) bis zum 30. September 1994 eine Abrechnung, die mit einem Fehlbetrag in Höhe von 27.465,06 DM abschließt. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen.
Das Landgericht hat der Klage unter Aufhebung eines zuvor ergangenen klageabweisenden Versäumnisurteils stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht das angefochtene Urteil des Landgerichts abgeändert und das die Klage abweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
Die Klägerin verlangt entsprechend § 670 BGB Ersatz ihrer für die Instandhaltung des Wohngebäudes aufgewendeten Kosten einschließlich Verwaltergebühren unter Abzug der vereinnahmten Mieten für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 30. September 1994.
Die Frage, ob und inwieweit ein solcher Kostenerstattungsanspruch in Betracht kommt, hängt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, maßgeblich davon ab, ob die Wiedergutmachung der in der Person der H. R. eingetretenen Vermögensschädigung nach Maßgabe der §§ 3 bis 10 VermG (Rückübertragung von Vermögenswerten) oder der §§ 11 bis 15 VermG (Aufhebung der staatlichen Verwaltung) erfolgt ist.
a) Das Vermögensgesetz bezweckt die Korrektur von als Teilungs- bzw. Diskriminierungsunrecht zu kennzeichnenden vermögensschädigenden Maßnahmen in der ehemaligen SBZ/DDR, die in § 1 VermG abschließend umschrieben sind (vgl. nur Säcker/Busche, Vermögensrecht, § 1 VermG Rn. 1 ff). Dabei kann auch die in § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG normierte entsprechende Anwendung dieses Gesetzes auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben, als Wiedergutmachung von Teilungsunrecht verstanden werden, da es eine dem bundesdeutschen Rückerstattungs- und Entschädigungsrecht vergleichbare Wiedergutmachung von NS-Unrecht in der DDR nicht gegeben hat (Säcker/Busche a.a.O. Rn. 3; BVerwGE 98, 137, 143; 261, 265).
b) Das Vermögensgesetz kennt zwei Arten von Schädigungsmaßnahmen (vgl. BVerwGE 95, 167, 168): Maßnahmen, die zur vollständigen Entziehung eines Vermögenswertes durch Verlust der betreffenden Rechtsposition führten, und Maßnahmen der staatlichen Verwaltung (§ 1 Abs. 4 VermG), durch die dem Rechtsinhaber zwar nicht der Vermögenswert, wohl aber die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis entzogen worden ist. Im ersteren Fall geschieht die Wiedergutmachung durch Rückübertragung des entzogenen Vermögenswerts (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VermG), im letzteren Fall, sofern der staatliche Verwalter den Vermögenswert nicht veräußert hatte (vgl. § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG), durch die Aufhebung der staatlichen Verwaltung (§ 11 Abs. 1 Satz 1, § 11a Abs. 1 Satz 1 VermG).
aa) In den durch die §§ 3 ff VermG geregelten Fällen der Singular- oder Unternehmensrestitution bestehen schon vor der Rückgabe des der Restitution unterliegenden Vermögenswerts zwischen dem Berechtigten (§ 2 Abs. 1 VermG) und dem Verfügungsberechtigten (§ 2 Abs. 3 VermG; nach Satz 2 dieser Bestimmung gilt als Verfügungsberechtigter auch der staatliche Verwalter) im Sinne des Vermögensgesetzes Rechtsbeziehungen, die jedenfalls ab Stellung des Restitutionsantrags (§ 30 VermG) Züge einer gesetzlichen Treuhand aufweisen (BGHZ 128, 210, 211 f). Der Verfügungsberechtigte ist bei Vorliegen eines Restitutionsantrags nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG grundsätzlich verpflichtet, den Abschluß dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen. In den vom Gesetz zugelassenen Ausnahmefällen hat der Verfügungsberechtigte nach dem durch das Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766) eingefügten § 3 Abs. 3 Satz 6 VermG die nicht von dem Unterlassungsverbot erfaßten Geschäfte so zu führen, wie es das Interesse des Berechtigten mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert.
Dessen ungeachtet ändert das Bestehen eines Rückgabeanspruchs nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG bzw. die Stellung eines Restitutionsantrags nach § 30 VermG noch nichts an der Güterzuordnung des rückgabebelasteten Vermögenswerts. Bis zur Bestandskraft des Rückgabebescheids bleibt dieser Wert vielmehr Teil des Vermögens des Verfügungsberechtigten (§ 34 Abs. 1, § 16 Abs. 1 VermG). Dieser vermögensrechtlichen Zuordnung entspricht es, daß die bis zur Rückgabeentscheidung gezogenen Nutzungen grundsätzlich dem Verfügungsberechtigten verbleiben, dieser aber auch die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen gewöhnlichen Erhaltungskosten zu tragen hat (vgl. BGHZ 128, 210, 211 ff; Senat, Urteil vom 12. Juni 1997 – III ZR 105/96 – WM 1997, 1851, 1853 unter II 2 a, cc); zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtslage wird verdeutlicht durch die durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257) zur Klarstellung eingefügte Bestimmung des § 7 Abs. 7 Satz 1 VermG, wonach der Berechtigte gegen den Verfügungsberechtigten grundsätzlich keinen Anspruch auf Herausgabe der bis zur Rückübertragung des Eigentums gezogenen Nutzungen hat. Dies gilt nach § 7 Abs. 7 Satz 2 bis 4 in der Fassung des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2624) jedoch nicht für Entgelte, die dem Verfügungsberechtigten ab dem 1. Juli 1994 aus einem Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnis zustehen. Diese Entgelte kann der Berechtigte mit Bestandskraft des Rückgabebescheids herausverlangen. Tut er dies, so kann der bisherige Verfügungsberechtigte seinerseits die seit dem 1. Juli 1994 entstandenen Betriebs- und Erhaltungskosten (Absatz 7 Satz 4 Nr. 1 und 2) sowie – aufgrund der durch das Vermögensrechtsanpassungsgesetz vom 4. Juli 1995 (BGBl. I S. 895) eingefügten Nummer 3 (vgl. hierzu auch die besondere Übergangsbestimmung des § 41 VermG) – die Verwaltungskosten aufrechnen. Mit dieser „Aufrechnungslösung” wird vermieden, daß der Berechtigte im Falle eines „Negativsaldos” – wenn die nach Satz 4 zu berücksichtigenden Kosten die Mieteinnahmen übersteigen – einem Kostenerstattungsanspruch des Verfügungsberechtigten ausgesetzt wird (vgl. BT-Drucks. 12/7588 S. 48 f).
Diesen Regelungen ist insgesamt zu entnehmen, daß das Vermögensgesetz für den Bereich der Restitutionsfälle (§§ 3 ff VermG) einen „allgemeinen” Erstattungsanspruch des Verfügungsberechtigten, wie ihn das Auftragsrecht für den Beauftragten vorsieht (§ 670 BGB), für Aufwendungen, die der Verfügungsberechtigte vor der Rückgabe auf den der Restitution unterliegenden Vermögensgegenstand gemacht hat, nicht kennt. Allerdings sieht § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG in der Fassung des Gesetzes vom 22. März 1991 einen besonderen Kostenerstattungsanspruch des Verfügungsberechtigten für Instandsetzungsmaßnahmen vor, wenn die hierfür aufgewendeten Kosten den Verfügungsberechtigten als Vermieter nach Rechtsvorschriften zu einer Erhöhung der jährlichen Miete berechtigen und diese Kosten durch eine instandsetzungsbedingte Mieterhöhung nicht bereits ausgeglichen sind. Auch ist diese spezielle Erstattungsregelung nach der Rechtsprechung des Senats erweiterungsfähig. So erfaßt sie auch solche Instandsetzungsmaßnahmen, mit denen eine Rechtspflicht des Eigentümers erfüllt worden ist (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a VermG) oder für die eine Kostenerstattung seitens einer Gemeinde oder einer anderen Stelle nach Maßgabe des § 177 Abs. 4 und 5 BauGB stattfindet (§ 3 Abs. 3 Satz 5 VermG; vgl. Senat, Urteil vom 12. Juni 1997 a.a.O. S. 1852 f). Des weiteren sind solche Aufwendungen nicht erst ab dem Zeitpunkt der Stellung des Restitutionsantrags nach § 30 VermG, sondern – in Abgrenzung von § 7 Abs. 1 VermG – seit dem 3. Oktober 1990 berücksichtigungsfähig (Senatsurteil a.a.O. S. 1854). All dies ändert aber nichts an dem Grundsatz, daß der Ersatz normaler Betriebs- und Erhaltungskosten – um die es vorliegend allein geht – nicht verlangt werden kann.
bb) Anders als der Verfügungsberechtigte in den Restitutionsfällen hatte der staatliche Verwalter seit der Neuregelung dieses Rechtsinstituts durch das Vermögensgesetz im Verhältnis zum Berechtigten, der seine (formale) Eigentümerposition nie verloren hatte, eine echte Treuhänderstellung inne (vgl. Nethe, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG § 15 Rn. 4; Kiethe, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR – RVI -, § 15 VermG Rn. 1), die ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Natur dieses Instituts eine Anwendung des § 670 BGB im Verhältnis des als Verfügungsberechtigten im Sinne des Vermögensgesetzes (§ 2 Abs. 3 Satz 2 VermG) geltenden staatlichen Verwalters zum Eigentümer rechtfertigt.
Nach § 15 Abs. 1 VermG ist bzw. war der staatliche Verwalter bis zur Aufhebung der staatlichen Verwaltung zur Sicherung und ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögenswerts berechtigt und unter Umständen verpflichtet. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 2 VermG durfte der Verwalter dabei auch solche Rechtsgeschäfte abschließen, die zur Erfüllung der Rechtspflichten des Eigentümers oder zur Erhaltung und Bewirtschaftung des Vermögenswerts erforderlich waren. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so hat der Eigentümer dem staatlichen Verwalter die bei der Ausführung seiner Verwaltertätigkeit entstandenen Kosten nach allgemeinen Grundsätzen des Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsrechts zu erstatten.
Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird dadurch bestätigt, daß § 15 Abs. 2 Satz 2 VermG die entsprechende Anwendung (auch) der besonderen Kostenerstattungsregelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG nicht anordnet. Es liegt auf der Hand, daß aus dem Fehlen dieser Verweisung nicht geschlossen werden darf, daß der staatliche Verwalter in keinem Falle eine Kostenerstattung verlangen kann; ansonsten würde der staatliche Verwalter bezüglich der Erstattung seiner fremdnützigen Aufwendungen auf einen (bloß) verwalteten Vermögenswert noch schlechter gestellt als der Verfügungsberechtigte in den Restitutionsfällen, der – wie ausgeführt – nach § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG wenigstens für bestimmte Instandsetzungsmaßnahmen vom Berechtigten die Erstattung von Aufwendungen verlangen kann, die der Verfügungsberechtigte auf einen (noch) eigenen Vermögenswert gemacht hat. Vielmehr ist davon auszugehen, daß eine Inbezugnahme der (eingeschränkten) Kostenerstattungsregelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG in § 15 Abs. 2 Satz 2 VermG deshalb unterblieben ist, weil dem Verwalter schon aufgrund seiner Stellung ein allgemeiner Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen ist.
Für die (entsprechende) Anwendung des § 670 BGB läßt sich des weiteren die Bestimmung des § 11a Abs. 3 Satz 1 VermG anführen. Danach treffen von dem Ende der staatlichen Verwaltung an den bisherigen staatlichen Verwalter die dem Beauftragten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch bei Beendigung seines Auftrags obliegenden Pflichten (Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des § 666 BGB, Herausgabepflicht des § 667 und gegebenenfalls die Verzinsungspflicht des § 668 BGB), wobei sich die durch § 11a Abs. 3 Satz 1 VermG normierten Verwalterpflichten nicht nur auf den Zeitraum zwischen der Beendigung der staatlichen Verwaltung und der Rückgabe des Vermögenswerts erstrecken (Senat, BGHZ 126, 321, 324 ff). Nach § 667 BGB herauszugeben ist nur das am Ende der Verwaltung beim staatlichen Verwalter noch Vorhandene (BGHZ a.a.O.); dazu gehören insbesondere die gezogenen Nutzungen unter Abzug der auf den verwalteten Gegenstand erbrachten Aufwendungen (vgl. auch Nethe, a.a.O. § 15 Rn. 10). Lassen sich dabei die vom Verwalter nach Maßgabe der Bestimmungen des Vermögensgesetzes getätigten Aufwendungen nicht aus den vereinnahmten Beträgen bestreiten, so ist es nur konsequent, dem staatlichen Verwalter einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen; dabei ist § 14a VermG zu beachten, wonach für Werterhöhungen, die der staatliche Verwalter aus volkseigenen Mitteln finanziert hat, die „Wertausgleich-Bestimmung” des § 7 VermG entsprechend heranzuziehen ist (vgl. Senat, (Nichtannahme-)Beschluß vom 30. Juli 1997 – III ZR 157/96 – WM 1997, 1854 f).
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß jedenfalls bis zu dem mit der Bestandskraft des Rückgabebescheids eingetretenen Wechsel im Grundstückseigentum die Rechtsbeziehungen der Parteien allein nach Maßgabe der §§ 3 ff VermG zu beurteilen sind, mithin zwischen den Parteien ein „Restitutionsverhältnis”, aber kein „Verwalterverhältnis” bestanden hat.
Das streitgegenständliche Grundstück ist, wie sich aus der Begründung des Rückgabebescheids vom 26. Mai 1994 ergibt, im Juni 1947 als ehemaliges jüdisches Vermögen auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 124 (abgedruckt im RVI, Dok I 35) in die Verwaltung des Treuhänders Sch. genommen worden. Zu einer Rückgabe des Vermögenswerts an den jüdischen Voreigentümer bzw. dessen Erben ist es jedoch nicht gekommen. Auch wurde das Grundstück nicht in Volkseigentum überführt. Vielmehr wurde es später in die staatliche Verwaltung des Rechtsvorgängers der Klägerin genommen; und zwar ausweislich der Gründe des Rückgabebescheids auf der Grundlage der Verordnung des Magistrats von Groß-Berlin zur Sicherung von Vermögenswerten vom 4. September 1952 (VOBl. I S. 445; abgedruckt im RVI, Dok I 115), und nicht – wie im Tatbestand des Berufungsgerichts im Anschluß an die Angaben der Klägerin in der Klageschrift ausgeführt – aufgrund der Verordnung über die Verwaltung und den Schutz ausländischen Eigentums in Groß-Berlin vom 18. Dezember 1951 (VOBl. I S. 565; abgedruckt im RVI, Dok I 178). Deshalb bestand ein „Verwalterverhältnis” (nur) zwischen der Klägerin und der Grundstückseigentümerin I. St. Dies wird durch den Umstand bestätigt, (daß die Klägerin nach dem Ende der staatlichen Verwaltung zum 31. Dezember 1992 (vgl. § 11a Abs. 1 Satz 1 VermG) von der Senatsverwaltung Berlin zur gesetzlichen Vertreterin der Erben der I. St. bestellt wurde. Schließlich ist durch den Verwaltungsakt vom 26. Mai 1994 der Antrag des Beklagten auf Rückgabe des Hausgrundstücks nach § 3 VermG positiv beschieden worden, so daß aufgrund der Bestandskraft dieses Bescheids bindend feststeht, daß die Rechtsbeziehungen der Parteien nach den §§ 3 ff VermG und nicht nach den §§ 11 ff VermG zu beurteilen sind.
Danach ist davon auszugehen, daß die Klägerin bis zur Bestandskraft des Rückgabebescheids in einen doppelten Rechten- und Pflichtenkreis eingebunden war: Gegenüber dem Beklagten als Erben der jüdischen Voreigentümerin war sie der Unterlassungsverpflichtung aus § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG, der Grundstückseigentümerin I. St. bzw. deren Erben gegenüber war sie dagegen der Unterlassungsverpflichtung nach § 15 Abs. 2 VermG unterworfen (vgl. Neuhaus, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG § 2 Rn. 48).
3. Nach dem Gesagten stehen der Klägerin mangels Bestehens eines „Verwalterverhältnisses” jedenfalls bis zu dem aufgrund der Bestandskraft des Rückgabebescheids eingetretenen Wechsel im Grundeigentum keine Aufwendungsersatzansprüche gegen den Beklagten nach § 670 BGB (analog) zu.
Unerheblich ist hierbei, daß es infolge des durchgreifenden Restitutionsanspruchs des Beklagten zu einer Herausgabe des verwalteten Vermögenswerts an denjenigen, für den bzw. in dessen Interesse (jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vermögensgesetzes) die Verwaltung durchgeführt worden ist – die damalige Grundstückseigentümerin I. St. bzw. ihre Erben –, nicht mehr gekommen ist, mithin – ex-post betrachtet – die Verwaltertätigkeit der Klägerin nicht dem Grundstückseigentümer, sondern dem zur Restitution berechtigten Beklagten als dem Erben der Voreigentümerin, der in der NS-Zeit aus rassischen Gründen verfolgten H. R., zugute gekommen ist. Diese Überlegung rechtfertigt es nicht, im Nachhinein den Beklagten als den eigentlichen Geschäftsherrn der Klägerin anzusehen und auf diesem Wege einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB analog zu konstruieren. Auf diese Weise würde letztlich ein „Restitutionsverhältnis” (teilweise) in ein „Verwalterverhältnis” umfunktioniert, was im klaren Widerspruch zum Regelungskonzept des Vermögensgesetzes stünde, das für beide Bereiche ein eigenständiges Normgefüge bereitstellt.
Aus dem gleichen Grunde geht es auch nicht an – wie es die Revision jedenfalls für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1993 für möglich hält –, im Verhältnis der Parteien die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwenden und so über § 683 Satz 1 BGB zu einem allgemeinen Aufwendungsersatzanspruch zu gelangen. Vergeblich beruft sich die Revision insoweit auf das Urteil des Senats vom 7. Dezember 1995 (– III ZR 81/95 – NJW 1996, 656). Dort hat der Senat die Auffassung vertreten, daß dann, wenn ein ehemaliger Verwalter im besonderen Auftrage eines Miteigentümers des betreffenden Grundstücks über das Ende der staatlichen Verwaltung zum 31. Dezember 1992 (vgl. § 11a Abs. 1 Satz 1 VermG) hinaus die Verwaltung weiterführt, dieser Verwalter im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern als Geschäftsführer ohne Auftrag nach Maßgabe der §§ 677 ff BGB zu behandeln ist. Diese Fallkonstellation ist mit der hier vorliegenden nicht vergleichbar.
Die vom Senat für richtig gehaltene Lösung ist nicht unbillig; insbesondere führt sie nicht notwendigerweise zu einer Benachteiligung des staatlichen Verwalters im Verhältnis zum Restitutionsberechtigten. Hätte die Klägerin für den abgerechneten Zeitraum kein Defizit, sondern einen Überschuß erwirtschaftet, so wäre es dem Beklagten – jedenfalls für die vor dem 1. Juli 1994 angefallenen Mietentgelte – verwehrt, von der Klägerin die Herausgabe der gezogenen Nutzungen zu verlangen (vgl. § 7 Abs. 7 VermG; siehe oben 1 b, aa).
4. Mit der Bestandskraft des Rückgabebescheids vom 26. Mai 1994 – den genauen Zeitpunkt hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Bestandskraft konnte jedoch frühestens einen Monat nach der am 31. Mai 1994 erfolgten Zustellung des Rückgabebescheids eingetreten sein (§ 33 Abs. 6 VermG) – ist der Beklagte Eigentümer des Hausgrundstücks M. Straße 2 geworden; spätestens mit diesem Zeitpunkt endete nicht nur das zwischen den Parteien bestehende „Restitutionsverhältnis” (vgl. § 16 VermG), sondern auch jegliches „Verwalterverhältnis” zwischen der Klägerin und den Erben der I. St. Ob von diesem Zeitpunkt an bis zur Herausgabe des Grundstücks an den Beklagten zum 1. Oktober 1994 Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten hätten entstehen können, kann offenbleiben. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin von Juli bis September 1994 – für sich gesehen und ohne Fortschreibung älterer Fehlbeträge – einen Überschuß erwirtschaftet hat. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 604890 |
BGHZ, 183 |
NJW 1998, 2603 |
FamRZ 1998, 221 |
VIZ 1998, 103 |
WM 1998, 399 |
ZAP-Ost 1998, 3 |
ZMR 1998, 149 |
WuM 1998, 56 |