Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der Sorgfaltspflicht des Notars bei der Beurkundung eines Testaments (hier Unterlassung der Unterschrift infolge eines „Erinnerungsfehlers”).

Stirbt der zur Zahlung verurteilte Beklagte nach Einlegung der Revision und macht sein Erbe nach Aufnahme des Rechtsstreits die Einrede der beschränkten Erbenhaftung geltend, so ist ihm bei Zurückweisung der Revision die Beschränkung der Erbenhaftung nach § 305 ZPO – ohne Entscheidung über die Begründetheit der Einrede – im Revisionsurteil vorzubehalten (Abweichung vom RG vom 30.11.1926 JRdsch 1927 Bd. II Rspr. Nr. 423).

 

Normenkette

RNotO § 21; BGB §§ 276, 839, 2242 Abs. 4; ZPO §§ 305, 780 Abs. 1, § 785

 

Verfahrensgang

LG Münster

OLG Hamm

 

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerinnen zu 2, 3 und 5 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Hamm vom 23. Februar 1953 teilweise aufgehoben und neu gefaßt wie folgt:

1. Auf die Berufung der Klägerinnen zu 2, 3 und 5 wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts in Münster/W. vom 25. Januar 1952 dahin abgeändert, daß die Beklagte unter Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung verurteilt wird, an diese Klägerinnen je 666,66 DM (in Worten: Sechshundertsechsundsechzig DM, 66 Pfg.) nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Mai 1950 zu zahlen.

Im übrigen wird die Berufung der Kläger zu 1 bis 6 zurückgewiesen.

2. a) Von den Gerichtskosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen nach Kopfteilen die Kläger zu 1, 4 und 6 fünf Zehntel, die Kläger zu 2, 3 und 5 drei Zehntel und die Beklagte zwei Zehntel.

b) Von den außergerichtlichen Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen

aa) die Beklagte zwei Zehntel der eigenen und vier Zehntel der Kosten der Klägerinnen zu 2, 3 und 5,

bb) Die Klägerinnen zu 2, 3 und 5 sechs Zehntel der eigenen Kosten und drei Zehntel der Kosten der Beklagten.

cc) Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Notar H… beurkundete am 19. Februar 1943 eine letztwillige Verfügung des Buchhändlers Kurt K… in Bocholt. Darin setzte K… seine Nichte Helga K… und seinen Neffen Klaus B… zu gleichen Teilen als Erben ein. Seine Tochter Cäcilie K… beschränkte der auf den Pflichtteil. Sein Haus in Bocholt vermachte er zu gleichen Teilen sieben Geschwistern seiner verstorbenen Ehefrau, den sechs Klägern und Heinrich K….

Kurt K… starb am 24. März 1945. Bei der Eröffnung seines Testaments stellte sich heraus, daß die Niederschrift über dessen Errichtung vom Notar nicht unterschrieben war. Das Nachlaßgericht sah deshalb das Testament als ungültig an und erteilte Cäcilie K… einen Erbschein als gesetzlicher Erbin ihres Vaters. Eine Beschwerde der im Testament benannten Erben wies das Landgericht Münster zurück. Auf Grund dieses Erbscheines wurde Cäcilie K… als Eigentümerin des Bocholter Grundstückes im Grundbuch eingetragen. Sie verkaufte das bei einem Fliegerangriff fast völlig zerstörte Haus im Dezember 1950 für 8.000 DM.

Die Kläger haben gegen Cäcilie K… auf Feststellung der Ungültigkeit des Erbscheins geklagt. Ihre Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden. In einem Rechtsstreit, den die im Testament benannten Erben gegen den Notar angestrengt haben, ist es zu einem Vergleich gekommen, wonach dieser sich verpflichtet hat, beiden je 800 DM zu zahlen.

Die Kläger, denen Luise R…, die Tochter des vor Kurt K… verstorbenen Heinrich K…, die als Ersatzvermächtnisnehmerin berufen war ihre Rechte zu gleichen Teilen abgetreten hat, fordern im vorliegenden Rechtsstreit Schadensersatz aus Amtshaftung des Notars, weil ihnen durch die fahrlässige Unterlassung der Unterzeichnung der Testamentsniederschrift das ihnen zugedachte Vermächtnis entgangen sei. Sie haben zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihnen zu 1/6 das Eigentum an dem Bocholter Grundstück zu verschaffen, hilfsweise Wertersatz zu leisten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Im Berufungsverfahren haben die Kläger nur noch Wertersatz nach Bestimmung des Gerichts, jedoch mindestens 8.000 DM gefordert. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Nur drei der Kläger – T…, P… und H… – haben gegen diese Urteil Revision eingelegt. Sie beantragen Verurteilung zur Zahlung von je 666,66 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung. Der Notar ist nach Einlegung der Revision verstorben. Seine Witwe, Leonie H…, ist als Alleinerbin in den Rechtsstreit eingetreten. Sie beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihre Haftung auf den Nachlaß des Ehemanns zu beschränken.

 

Entscheidungsgründe

I.

1. Das Berufungsgericht geht auf Grund der Beweisaufnahme von folgendem Sachverhalt aus: Während der Testamentserrichtung wurde Fliegeralarm gegeben. Der Erblasser K… leistete seine Unterschrift unter der Testamentsurkunde und entfernte sich eiligst. Der Notar begab sich in den Luftschutzkeller. Nach Beendigung des Alarms gab er die Urkunde und den von ihm schon ausgefüllten Umschlag seiner Bürovorsteherin. Diese verschloß und versiegelte das Testament in seiner Gegenwart.

Das Berufungsgericht führt aus, eine objektive Amtspflichtverletzung im Sinne des § 839 BGB und des § 21 der Reichsnotarordnung liege darin, daß der Notar die Niederschrift entgegen der Vorschrift in § 16 Abs. 4 TestG (§ 2242 Abs. 4 BGB) nicht unterschrieben habe. Dadurch sei ein gültiges Testament nicht zustandegekommen. Der Notar habe aber nicht schuldhaft gehandelt. Er sei berechtigt gewesen, während des Fliegeralarms seine Amtstätigkeit zu unterbrechen. Daß der das Testament habe verschließen und versiegeln lassen ohne vorherige erneute Durchsicht auf Vollständigkeit, könne nur so erklärt werden, daß er der festen Überzeugung war, das Testament bereits mit seiner Unterschrift abgeschlossen zu haben, und daß er infolgedessen gar nicht auf den Gedanken gekommen ist, sich das Testament noch einmal anzusehen. Er sei also einer Fehlerinnerung in der Form einer festen Überzeugung zum Opfer gefallen, die ihn daran gehindert habe, die Unvollständigkeit des Testamentsaktes zu erkennen. Eine solche Fehlerinnerung hänge mit der allgemeinen menschlichen Unzulänglichkeit zusammen und könne als solche noch nicht als Fahrlässigkeit angesehen werden. Das gelte jedenfalls angesichts des Alters des Notars (71 Jahre) und der mit einem Fliegeralarm verbundenen seelischen Erregung. Es handle sich letzen Endes um eine Auswirkung des Luftkrieges, also um eine Folge höherer Gewalt. Infolge dieser Umstände würde der Notar seinen Irrtum auch nicht bemerkt haben, wenn nicht seine Bürovorsteherin, sondern er selbst die Niederschrift in den Umschlag gesteckt hätte. Denn der Schluß der Niederschrift habe sich auf der dritten Seite, also im Innern des gefalteten vierseitigen Bogens befunden, so daß das Fehlen der Unterschrift von außen nicht erkennbar gewesen sei.

2. Die Revision macht geltend, gerade wegen des plötzlichen Abbruchs der Beurkundungshandlung sei es eine dringende Pflicht des Notars gewesen, nach der Beendigung des Alarms den Urkundeninhalt zu überprüfen, zum mindesten aber nachzusehen, ob wegen der plötzlichen Beendigung etwa die Unterschrift eines der Beteiligten vergessen worden sei. § 20 bestimme, daß der Notar das Testament selbst in den Umschlag nehme und versiegele. Hätte er das getan, wo würde er das Fehlen seiner Unterschrift zweifellos bemerkt haben.

3. Mit einer „Fehlerinnerung” läßt sich das Versehen des Notars in der Tat nicht entschuldigen. Wenn das Berufungsgericht mit der Wahl dieses Wortes zum Ausdruck bringen wollte, es stehe fest, daß der Notar, bevor er das Testament seiner Bürovorsteherin gab, sich unter Anspannung seines Erinnerungsvermögens besonnen habe, ob seine Unterschrift geleistet sei, so würde ein solches Bemühen durch bloßes Sichbesinnen eine Überzeugung vom Ablauf des Beurkundungsvorganges zu gewinnen, nicht ausgereicht haben. Auch dann wäre dem Notar unter den hier gegebenen Umständen als Fahrlässigkeit anzurechnen, daß er sein Gedächtnis nicht kontrollierte und sich nicht durch den so naheliegenden und leichten Einblick in die Urkunde vergewisserte, ob sein durch bloßes Nachdenken gewonnenes Erinnerungsbild der Wirklichkeit entsprach. Gewiß können Fehlerinnerungen in diesem Sinn jedem unterlaufen. Der lebenserfahrene Mensch ist sich dessen aber auch bewußt, und von einem Notar, der zu besonderer Gewissenhaftigkeit in der Führung seiner Amtsgeschäfte verpflichtet ist, muß gefordert werden, daß er sich unter Umständen, wie sie hier vorlagen, fragt, ob ihn seine Überzeugung, es sei alles ordnungsgemäß geschehen, nicht doch täuscht.

Hatte der Notar aber sein Erinnerungsvermögen nicht bewußt angespannt, sondern das Testament aus der Hand gegeben, im bloßen Vertrauen darauf, daß nach seiner Überzeugung schon alles in Ordnung sei, dann ist der eben erhobene Vorwurf der Fahrlässigkeit erst recht begründet.

Wenn der Notar infolge des Alarms seelisch erregt war und diese Erregung nach Rückkehr aus dem Luftschutzraum noch nachwirkte, so mußte er abwarten, bis er sich beruhigt hatte, ehe er einen so wichtigen Akt wie ihn die Testamentserrichtung darstellt, durch sein Personal endgültig zu Ende bringen ließ. Darin, daß er ohne noch einen Blick in die Urkunde zu werfen, diese seiner Bürovorsteherin zum Verschließen und Versiegeln übergab, liegt sein Verschulden. Dieses hat zur Ungültigkeit des Testament und damit zum Verlust des den Klägern zugedachten Vermächtnisses geführt. Denn die Unterschrift des Notars auf dem Umschlag ersetzte die Unterschrift unter der Urkunde selbst nicht (Palandt BGB 14. Aufl. § 2242 Anm. 8).

Da eine Fehlerinnerung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts den Notar nicht zu entschuldigen vermag, seine Fahrlässigkeit vielmehr auch bei dieser ihm günstigen Annahme zu bejahen ist, kommt es auf die sonstigen Rügen der Revision nicht mehr an.

II.

Wie hoch sich der Schaden beläuft, hängt davon ab, wie sich die wirtschaftliche Lage der Kläger dargestellt haben würde, wenn das Testament gültig gewesen wäre. Dann hätten sie von den Testamentserben die Übereignung des Hausgrundstücks fordern können (§ 2174 BGB). Die Erben hätten aber – falls die Tochter Cäcilie K… ihren Pflichtteil forderte – die Erfüllung des Vermächtnisses soweit verweigern können, daß die Pflichtteilslast von ihnen und den Vermächtnisnehmern verhältnismäßig getragen würde (§ 2318 Abs. 1 BGB). Welchen Geldbetrag sie hätten aufwenden müssen, um den auf sie entfallenden Teil der Pflichtteilslast dem Erben zu erstatten, würde von dem Wert des reinen Nachlasses und dem Verhältnis zwischen diesem Wert und dem Wert des Grundstückes abgehangen haben. Je höher der Wert des vermachten Gegenstandes im Verhältnis zum reinen Nachlaß ist, um so höher ist der den Vermächtnisnehmern zur Last fallende Teil des Pflichtteils, der sich auf die Hälfte des reinen Nachlasses vor Abzug des Wertes des Vermächtnisses beläuft (§§ 2303 Abs. 1, 2311 BGB). Der für die Kläger ungünstigste Fall wäre also der, daß das Grundstück den alleinigen Nachlaß ausmachte. Dann würde der Pflichtteil die Hälfte des Grundstückswertes betragen und die Erben würden die Erfüllung des Vermächtnisses haben verweigern können, solange ihnen die Vermächtnisnehmer nicht die volle Pflichtteilslast abnahmen.

Wie hoch die in Frage kommenden Beträge sind, ist nicht festgestellt. Die Revisionsklägerinnen gehen aber selbst von der ihnen ungünstigen Annahme aus: Sie legen einen Grundstückswert von 8.000 DM zugrunde, also den Betrag um den das Grundstück unstreitig verkauft worden ist. Der Pflichtteil der Cäcilie K… würde sich dann auf 4.000 belaufen haben. Entsprechend ihrer Beteiligung am Vermächtnis hätten die drei Revisionsklägerinnen davon je ein Sechstel im Werte von 666,66 DM erhalten. So hoch ist der Schaden. In diesem Umfang ist ihre Klage jedenfalls berechtigt. Die Zinsforderung ist gemäß § 291 BGB begründet. Demgemäß war zu erkennen wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97, 100 ZPO (Vgl. Stein-Jonas ZPO 17. Aufl. § 100 IV).

Für die Kostenverteilung ist davon auszugehen, daß im ersten Rechtszug Verschaffung des Grundstücks, im zweiten voller Wertersatz, mindestens 8.000 DM gefordert wurden. Das Berufungsgericht hatte den Streitwert deshalb auf 10.000 DM festgesetzt. Davon abzugehen besteht kein Anlaß. Die Beklagte unterliegt mit 3 × 666,66 DM – 2.000 DM = zwei Zehntel. Die Kläger zu 1, 4 und 6 unterliegen voll mit je ein Sechstel von 10.000 DM = 1.666,66 DM = 5.000 DM = fünf Zehntel, denn hinsichtlich dieser Kläger bleibt es bei Klageabweisung, da sie Revision nicht eingelegt haben. Die Klägerinnen zu 2, 3 und 5 obsiegen mit je 666,66 DM = 2.000 DM = zwei Zehntel und unterliegen mit je 1.000 DM = 3.000 DM = drei Zehntel.

III.

Dem Antrag der Beklagten, ihre Haftung auf den Nachlaß ihres Ehemannes zu beschränken, war in der Form stattzugeben, daß die Verurteilung unter dem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung erfolgt (§ 305 ZPO).

Das Reichsgericht hat zwar den erst im Rechtszug der Revision gestellten Antrag, in das Urteil einen Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung aufzunehmen, „nach der Ausgestaltung, die dieses Rechtsmittel im geltenden Prozeßrecht gefunden hat”, für nicht mehr zulässig erklärt, weil der Tod des ursprünglichen Beklagten und seine Beerbung durch den Erben, der den Rechtsstreit aufgenommen hat, eine neue Tatsache darstelle, die gemäß § 561 ZPO nicht mehr beachtet werden könne (RG 30.11.1926 JRdsch 1927, Bd. II, Rspr. Nr. 423). Die Kommentatoren sind dem gefolgt, so Stein-Jonas ZPO 17. Aufl. § 780 Anm. II 1 a, Förster-Kann ZPO 3. Aufl. 1926 § 780 Anm. 1 und 5a und Seuffert-Walsmann ZPO 12. Aufl. 1933 § 780 Anm. 2 b, letztere mit der Begründung, daß die Revision nur auf Gesetzesverletzung gestützt werden könne.

Das Reichsgericht hat aber in einem Falle, in dem eine Nachlaßpflegschaft erst nach Verkündung des Berufungsurteils aufgenommen worden war, dem Erben die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß antragsgemäß vorbehalten und dabei ausgeführt, daß die eben erwähnte Rechtsprechung des Reichsgerichts sich nicht auf den Fall beziehen könne, daß bisher die Erhebung der Einrede nicht veranlaßt war, weil sich die Beschränkung der Haftung aus der Gesetzlage ohnehin ergeben hatte (RG 3.12.1943 DR 1944, 292 Nr. 14 a.E.).

Der Hinweis des Reichsgerichts im Urteil vom 30. November 1926 auf § 561 ZPO ist nicht stichhaltig. Daß der nach Abschluß des Berufungsverfahrens eingetretene Tod einer Partei im Revisionsverfahren zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus den Vorschriften in §§ 239, 246 ZPO über die Unterbrechung und die Aussetzung des Rechtsstreites (Vgl. Stein-Jonas a.a.O. § 561 II 2 b). Ist aber insoweit die neue Tatsache des Todes zu beachten, und ist der Erbe berechtigt, den unterbrochenen Rechtsstreit aufzunehmen, dann ist nicht einzusehen, warum ihm nicht die Beschränkbarkeit der Erbenhaftung vorbehalten werden könnte, die geltend zu machen er erst jetzt veranlaßt ist. Die Beachtung neuer Tatsachen im Revisionsverfahren ist nicht schlechthin ausgeschlossen. So wird neuen Tatsachen, die einen Wiederaufnahmegrund abgeben würden, aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit schon im Revisionsverfahren Beachtung geschenkt (BGHZ 3, 65).

Auch der Hinweis darauf, daß die Revision nur auf Gesetzesverletzung gestützt werden könne (§§ 549, 550 ZPO), ist nicht zwingend. Eine Gesetzesverletzung durch den Berufungsrichter lag in dem Fall, den das Reichsgericht mit seinem Urteil vom 3. Dezember 1943 entschieden hat, nicht vor. In der neueren Rechtsprechung wird auch nicht mehr darauf abgestellt, ob der Vorderrichter bei Anwendung der Gesetze subjektiv gefehlt hat, sondern darauf, ob das angefochtene Urteil objektiv mit dem Gesetz in Einklang steht (BGHZ 9, 101).Läßt das Gesetz die Verurteilung des Erben im anhängigen Rechtsstreit verfahrensrechtlich zu, dann muß es auch zulässig sein, auf seine Einrede hin einen Vorbehalt in das Revisionsurteil aufzunehmen, der noch keine sachlich-rechtliche Entscheidung über die Begründung der Beschränkungseinrede enthält, sondern lediglich der verfahrensrechtlichen Vorschrift in § 780 Abs. 1 ZPO Rechnung trägt.

Zwar wird die Ansicht vertreten, der erst im Revisionsverfahren in den Rechtsstreit eingetretene Erbe könne die Beschränkung seiner Haftung nach § 785 ZPO auch dann noch geltend machen, wenn das gegen ihn ergangene Urteil keinen Vorbehalt enthält (Förster-Kann, Seuffert-Walsmann a.a.O.) Zweifel in dieser Hinsicht sind angesichts der Fassung des § 780 ZPO immerhin möglich. Die Gefahr, daß Instanzgerichte der Klage des verurteilten Erben aus § 785 ZPO mangels Vorbehalts nach § 780 ZPO den Erfolg versagen, ist nicht von der Hand zu weisen. Deshalb erscheint es zweckmäßig, den Vorbehalt der Beschränkbarkeit der Erbenhaftung auch noch in das Revisionsurteil aufzunehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609514

BGHZ 17, 69

BGHZ, 69

NJW 1955, 788

DNotZ 1955, 431

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