Leitsatz (amtlich)
a) Auf eine stille Gesellschaft sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar. Diese Grundsätze stehen einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage aber nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters verpflichtet ist, diesen im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet (Bestätigung von BGH v. 19.7.2004 - II ZR 354/02, AG 2004, 610 = BGHReport 2004, 1498 = ZIP 2004, 1706; v. 29.11.2004 - II ZR 6/03, AG 2005, 201 = ZIP 2005, 254)
b) Über die Nachteile und Risiken eines angebotenen Kapitalanlagemodells muss der Anlageinteressent zutreffend und vollständig aufgeklärt werden. Dazu gehört auch, dass ihm rechtliche Bedenken gegen die Durchführbarkeit des Modells mitgeteilt werden, die durch eine Gesetzesänderung entstanden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Rechtslage insoweit tatsächlich geändert hat. Entscheidend ist, ob mit entsprechenden Prozessrisiken gerechnet werden muss.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, §§ 280, 311 Abs. 2 n.F.; KWG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; KWG § 32 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
OLG Braunschweig (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 3 U 73/02) |
LG Göttingen |
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Braunschweig v. 26.3.2003 aufgehoben.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Göttingen v. 5.3.2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.072,87 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 15.7.2000 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Gesellschaftsvertrag zum 31.8.2000 erloschen ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszugs trägt der Kläger. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden der Beklagten zu 95 % und dem Kläger zu 5 % auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beklagte Aktiengesellschaft beschäftigt sich als Teil des Unternehmensverbundes "G. Gruppe" u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Das erforderliche Kapital bringt sie auf, indem sie mit zahlreichen Kleinanlegern stille Gesellschaften gründet, bezogen jeweils auf ein bestimmtes "Unternehmenssegment". Die Laufzeit beträgt nach Wahl der Anleger 10 bis 40 Jahre. Die Gesellschafter sind am Gewinn und Verlust beteiligt und haben ggf. eine Nachschusspflicht bis zur Höhe ihrer Entnahmen. Nach den im vorliegenden Fall verwendeten Vertragsformularen sollte das Auseinandersetzungsguthaben am Ende des jeweiligen Gesellschaftsvertrages als monatliche Rente mit einer Laufzeit von - je nach Wunsch des Anlegers - 10 bis 40 Jahren ausgezahlt werden ("SecuRente"). Damit sollte ein Beitrag zur Versorgung und Absicherung des stillen Gesellschafters im Alter geleistet werden. Den Anlegern wurden steuerliche Verlustzuweisungen in Höhe ihrer Einlagezahlungen in Aussicht gestellt. Sie sollten zudem ein gewinnunabhängiges Recht auf Entnahme i.H.v. jährlich 10 % ihrer eingezahlten Einlage haben. Außerdem war vorgesehen, dass nach Ablauf der steuerlichen Verlustphase ein weiterer Beteiligungsvertrag bezüglich eines neu aufgelegten "Unternehmenssegments" abgeschlossen würde, in dem wiederum steuerliche Verluste anfallen würden. Der vorherige Vertrag und ggf. weitere Vorgängerverträge sollten beitragslos gestellt werden, so dass der Anleger insgesamt nicht mehr als seine Zeichnungssumme zu zahlen hatte, dennoch aber während der gesamten Vertragslaufzeit in den Genuss von steuerlichen Verlustzuweisungen kommen würde (sog. Steiger-Modell).
Der Kläger unterzeichnete am 19.8.1998 einen "Zeichnungsschein", wonach er sich an dem "Unternehmenssegment VII" der Beklagten mit einer Einmalzahlung i.H.v. 10.500 DM und monatlichen Zahlungen i.H.v. 315 DM über 12 Jahre beteiligte, insgesamt also mit 55.860 DM. In den Beträgen war jeweils ein Agio i.H.v. 5 % enthalten. Am Ende der Laufzeit sollte das Auseinandersetzungsguthaben in Raten über einen Zeitraum von 15 Jahren ausgezahlt werden.
Bereits zuvor, nämlich am 1.1.1998, war die 6. KWG-Novelle v. 22.10.1997 (BGBl. I, 2518) in Kraft getreten. Damit wurde die Definition der Bankgeschäfte in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG um die Alternative "Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums" erweitert. Im Oktober 1999 untersagte das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen der Beklagten, die Auseinandersetzungsguthaben in Raten auszuzahlen. Das Amt vertrat dabei die Auffassung, diese Auszahlungsweise stelle ein Bankgeschäft i.S.d. Neufassung des § 1 KWG dar und bedürfe daher einer behördlichen Erlaubnis nach § 32 KWG, die der Beklagten nicht erteilt worden war. In dem daraufhin geführten verwaltungsgerichtlichen Prozess verpflichtete sich die Beklagte vergleichsweise, die Auseinandersetzungsguthaben in einer Summe auszuzahlen.
Mit Schreiben v. 7.7.2000 erklärte der Kläger die Kündigung des Vertrages über die stille Gesellschaft zum 31.8.2000. Zur Begründung berief er sich auf den Wegfall der ratierlichen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens.
Im ersten Rechtszug hat der Kläger beantragt, die stillen Beteiligungen zum 31.8.2000, hilfsweise zum 31.12.2001 abzurechnen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass der Gesellschaftsvertrag zum 31.8.2000 erloschen ist, und die Beklagte zu verurteilen, die an sie gezahlten 9.072,87 EUR zurückzuzahlen und ein - möglicherweise höheres - Auseinandersetzungsguthaben zum 7.7.2000 zu errechnen. Die Berufung ist zurückgewiesen worden. Dagegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zu einer Verurteilung der Beklagten nach den in der Berufungsinstanz gestellten Anträgen auf Feststellung und Zahlung. Die auf Errechnung eines Auseinandersetzungsguthabens gerichtete Klage ist dagegen unbegründet.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt: Der von den Parteien geschlossene Gesellschaftsvertrag sei wirksam. Auf ihn seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar. Danach komme eine rückwirkende Auflösung grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Ausnahme davon sei hier nicht gegeben. So sei der Vertrag nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 32 KWG, Bankgeschäfte ohne behördliche Erlaubnis zu betreiben, gem. § 134 BGB nichtig. Selbst wenn die Voraussetzungen des § 32 KWG erfüllt sein sollten, führe das nicht zur Anwendbarkeit des § 134 BGB. Der Vertrag sei auch nicht nach § 138 BGB nichtig. Insbesondere sei er nicht darauf gerichtet, Anleger durch ein Schneeballsystem zu schädigen. Wenn es zu einer solchen Schädigung gekommen sei, liege das lediglich an einem schlechten Wirtschaften der Beklagten. Der Gesellschaftsvertrag sei auch nicht durch die Kündigung des Klägers beendet worden. Es fehle an einem wichtigen Grund für eine Kündigung. Dass die ratenweise Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben nicht mehr möglich sei, reiche dafür nicht aus. Dabei handele es sich nur um eine Auszahlungsmodalität, die für den Anleger von untergeordneter Bedeutung sei. Ebenso wenig könne die Kündigung darauf gestützt werden, dass die Beklagte den Jahresabschluss für 1999 erst am 18.12.2001 und die testierten Abschlüsse für 2000 und 2001 noch nicht vorgelegt habe, dass sie Forderungen gegen stille Gesellschafter an die ebenfalls zu der "Göttinger Gruppe" gehörende Bankhaus Pa. GmbH & Co. KGaA abgetreten habe, dass sie einen großen Teil der eingezahlten Gelder noch nicht investiert habe und dass in dem Emissionsprospekt nicht darauf hingewiesen worden sei, dass die Ertragskraft nicht ausreiche, um die versprochenen Renditen zu gewährleisten. Auf eine fehlerhafte Beratung des Klägers bei den Vertragsverhandlungen schließlich komme es nicht an. Sie sei jedenfalls für den jetzt geltenden Vertrag nicht ursächlich geworden. Der Kläger habe nämlich schon zuvor am 31.7.1998 eine Beteiligung über eine Gesamtsumme i.H.v. 214.200 DM gezeichnet gehabt, die er dann wegen verschiedener Bedenken widerrufen habe. Daraufhin habe ein weiteres Gespräch mit dem Vermittler D. stattgefunden, bei dem der Kläger dann die neue, auf insgesamt 55.860 DM reduzierte Beteiligung gezeichnet habe. Ob der Vermittler D. ihm dabei gesagt habe, er brauche keine Angst zu haben, die Rendite betrage weit über 10 % und die Anlage sei "bombensicher", könne offen bleiben. Dem Kläger seien die Risiken bekannt gewesen. Für ihn sei daher offenkundig gewesen, dass es sich bei den Angaben des Vermittlers, sollten sie gemacht worden sein, nur um verharmlosende und anpreisende Erklärungen gehandelt habe.
II. Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung seiner Einlage i.H.v. 9.072,87 EUR ist begründet. Dabei kann unterstellt werden, dass der Gesellschaftsvertrag wirksam ist, dem Kläger also kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung seiner Einlage zusteht. Die Klage ist nämlich jedenfalls nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (jetzt § 280 Abs. 1, 3, § 282, § 241 Abs. 2 und § 311 Abs. 2 BGB n.F.) begründet.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind allerdings auf eine stille Gesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar (zuletzt BGH, Urt. v. 29.11.2004 - II ZR 6/03, AG 2005, 201 = ZIP 2005, 254 [255], m.w.N.). Der Vertrag ist also unabhängig von zivilrechtlichen Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründen als wirksam zu behandeln, wenn nicht gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen der rechtlichen Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft entgegenstehen. Wie der Senat aber in seinen nach Erlass des angefochtenen Urteils verkündeten Entscheidungen v. 19.7.und 29.11.2004 (BGH v. 19.7.2004 - II ZR 354/02, AG 2004, 610 = BGHReport 2004, 1498 = ZIP 2004, 1706; v. 29.11.2004 - II ZR 6/03, AG 2005, 201 = ZIP 2005, 254 [256]) klargestellt hat, stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S.d. § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Demjenigen, der sich auf Grund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugute kommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist.
b) Die Voraussetzungen eines derartigen Schadensersatzanspruchs sind erfüllt. Die Beklagte, die nach § 278 BGB auch für Versäumnisse der Vermittler D. und J. einstehen muss, hat den Kläger nicht ordnungsgemäß über die Nachteile und Risiken des angebotenen Anlagemodells aufgeklärt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insb. über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 [344] = MDR 1981, 648; Urt. v. 29.5.2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 [1297]; v. 7.4.2003 - II ZR 160/02, BGHReport 2003, 800 = WM 2003, 1086 [1088]; v. 7.7.2003 - II ZR 18/01, BGHReport 2003, 1138 = ZIP 2003, 1536 [1537]; v. 19.7.2004 - II ZR 354/02, AG 2004, 610 = BGHReport 2004, 1498 = ZIP 2004, 1706 [1707]).
aa) Die Revision meint, der Kläger sei schon deshalb nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden, weil nach dem Anlagekonzept der Beklagten die eingezahlten Gelder zum großen Teil nicht investiert, sondern zur Deckung sog. weicher Kosten verwendet werden sollten.
Der Kläger hat dazu unter Bezugnahme auf ein Gutachten der P. Treuhandgesellschaft mbH v. 30.5.1994 betreffend die mit der Beklagten später verschmolzene L. AG, aber auch unterlegt mit neueren, das "Unternehmenssegment VII" der Beklagten betreffenden Zahlen behauptet, die Beklagte habe nur etwa 7 % der Einlagen der stillen Gesellschafter in Anlageobjekte investiert und im Übrigen planmäßig "weiche Kosten" verursacht. Wenn das stimmt, haftet die Beklagte, weil sie weder in dem Emissionsprospekt noch in den Werbegesprächen diese Anlagestrategie offen gelegt hat. So werden auf S. 101 des Prospekts die Emissionskosten mit maximal 20,15 % angegeben, die an die Muttergesellschaft zu erstattenden Verwaltungskosten mit 1,5 % und die an andere "Segmente" abzuführenden Verwaltungskostenerstattungen mit jährlich 1,05 % bzw. nach der Platzierungsphase 0,285 %. Sodann heißt es, dass bei dem "Unternehmenssegment VII" weitere Verwaltungskosten anfallen würden, deren Höhe sich noch nicht beziffern lasse. Schließlich wird für den "Anlegerbeauftragten" eine monatliche Vergütung i.H.v. 10.000 DM und für den "Ombudsmann" eine jährliche Vergütung i.H.v. 85.000 DM, jeweils zzgl. Steuern und Auslagenersatz, ausgewiesen. Damit wird der Eindruck erweckt, dass jedenfalls der überwiegende Teil der Einlagen - nach dem Prospekt sollen sie sich auf insgesamt rund 3,23 Mrd. DM belaufen - zu Investitionszwecken verwendet werden soll. Auch die Angabe: "Das Agio wird nicht wertbildend investiert" legt den Umkehrschluss nahe, die eingezahlten Gelder im Übrigen würden durchaus wertbildend investiert. Dagegen spricht auch nicht die in dem Prospekt herausgestellte Absicht, in der Anfangsphase des jeweiligen "Unternehmenssegments" Verluste zu erwirtschaften, die den stillen Gesellschaftern steuerwirksam zugewiesen werden können. Der Ausweis steuerlicher Verluste ist auch bei einer Investitionstätigkeit möglich.
Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Vortrag nicht auseinander gesetzt. Es hat gemeint, der Kläger werfe der Beklagten nicht das Betreiben eines Schneeballsystems, sondern eine unwirtschaftliche Verwendung der eingezahlten Gelder vor. Damit ist der Vortrag des Klägers nicht ausgeschöpft. Es geht nicht darum, ob der Begriff Schneeballsystem hier gerechtfertigt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beklagte im Rahmen ihres sog. Steiger-Modells die Einlagen der stillen Gesellschafter ganz überwiegend für nicht investive Zwecke verwendet hat und damit entweder schon von vornherein falsche Hoffnungen geweckt oder aber jedenfalls später die Gelder zweckwidrig eingesetzt hat. Dafür könnte ihr Vortrag sprechen, nach Abschluss der Verlustphase würden die Verträge auf ein neu gegründetes "Unternehmenssegment" übergeleitet, dieses zahle dem vorherigen "Segment" eine Emissionskostenerstattung und erst diese Emissionskostenerstattung werde zum Zwecke der Gewinnerzielung angelegt. Auch wird nicht klar, wieso in den Verträgen das Recht zur gewinnunabhängigen Entnahme von jährlich 10 % der Einlagen ab dem Jahr nach dem Vertragsschluss vorgesehen ist, obwohl in der Anlaufphase keinerlei Gewinne erwirtschaftet werden, sondern nur Verluste anfallen sollen und die Entnahmen daher schon konzeptionsgemäß nicht mit Eigenkapital unterlegt sein können.
bb) Ob die Beklagte danach schon wegen einer unzureichenden Investitionsquote ihre Aufklärungspflicht verletzt hat, braucht im vorliegenden Fall jedoch nicht entschieden zu werden. Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflicht nämlich jedenfalls deshalb verletzt, weil sie dem Kläger eine ratierliche Auszahlung des späteren Auseinandersetzungsguthabens versprochen hat, ohne ihn auf die Bedenken hinsichtlich der bankrechtlichen Zulässigkeit hinzuweisen.
Nach der Neufassung des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle bestand die nahe liegende Möglichkeit, dass die Aufsichtsbehörde diese Auszahlungsform als ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft ansehen und gegen die Beklagte eine entsprechende Verbotsverfügung erlassen würde. Ob das der neuen Gesetzeslage tatsächlich entsprach, kann offen bleiben. Denn jedenfalls war die Rechtslage mit In-Kraft-Treten der 6. KWG-Novelle insoweit unsicher geworden. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (Bundesrats-Drucksache Nr. 963/96v. 20.12.1996, S. 62) sollte der Katalog der erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte erweitert werden. Durch den neuen Auffangtatbestand "Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums" sollte die subjektive Zwecksetzung des Geschäfts im Gegensatz zu der bis dahin geltenden Rechtslage irrelevant sein. Dass damit auch das Stehenlassen eines Auseinandersetzungsguthabens möglicherweise als Bankgeschäft aufgefasst werden konnte, hätte die Beklagte erkennen müssen. Sie hätte deshalb entweder für Klarheit sorgen müssen - dafür reichten die von ihr eingeholten Rechtsgutachten von vier Professoren nicht aus, erforderlich gewesen wäre eine Anfrage bei dem zuständigen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, die indes zu einem negativen Ergebnis geführt hätte. Oder sie hätte die Anlageinteressenten darauf hinweisen müssen, dass auf Grund der Gesetzesänderung rechtliche Bedenken gegen die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben bestehen könnten. Für die Interessenten war es nämlich wichtig zu wissen, ob das Anlagemodell rechtlich abgesichert war oder ob mit bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen und damit verbundenen Prozessrisiken gerechnet werden musste. Indem die Beklagte diesen Hinweis unterlassen hat, sind die Anlageinteressenten in den falschen Glauben versetzt worden, die versprochene Rentenzahlung nach dem Ende der jeweiligen Gesellschaftsverträge sei rechtlich unproblematisch, ihr Gelingen hänge allein von dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft ab.
Die Beklagte trifft auch ein Verschulden i.S.d. §§ 276, 278 BGB. Selbst wenn die für sie handelnden Personen sich über die Bedeutung der Gesetzesergänzung durch die 6. KWG-Novelle keine Gedanken gemacht haben sollten, ist ihnen doch jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Auf Grund ihrer professionellen Tätigkeit auf dem Kapitalanlagemarkt mussten sie sich über die gesetzlichen Entwicklungen und die daraus resultierenden Risiken informieren. Das war ihnen auch möglich. Die Zielsetzung der 6. KWG-Novelle - neben der Umsetzung von EG-Richtlinien die Bekämpfung des "grauen" Kapitalmarkts - und die dazu vorgeschlagenen Regelungen waren schon während des Gesetzgebungsverfahrens in der Fachpresse besprochen worden. So heißt es bei Mielk, (Mielk, WM 1997, 2200 [2202]) zu § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG: "Die Neufassung des Tatbestandes dient vornehmlich der Bekämpfung des grauen Kapitalmarkts. Durch die Erweiterung der Definition des Einlagengeschäfts verbessert der Gesetzgeber die Eingriffsmöglichkeiten der Bankenaufsicht, die in diesem Bereich nicht zuletzt durch die sehr restriktive Auslegung des Begriffs 'Einlagengeschäft' durch die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Vergangenheit stark beschnitten war" (Boos, Die Bank 1997, 119; Karg/Lindemann, Sparkasse 1997, 123). Umstände, wegen derer ausnahmsweise ein Verschulden ausgeschlossen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht auf einen Rechtsirrtum berufen. Nach der Rechtsprechung sind an einen das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum strenge Anforderungen zu stellen (BGH v. 11.1.1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296 [302] = MDR 1984, 571; Urt. v. 7.3.1972 - VI ZR 169/70, NJW 1972, 1045; v. 18.4.1974 - KZR 6/73, NJW 1974, 1903 [1904]; v. 28.9.1992 - II ZR 224/91, MDR 1993, 324 = ZIP 1992, 1561 [1562]), die hier nicht erfüllt sind.
Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die mangelhafte Aufklärung des Klägers ursächlich für seine Anlageentscheidung geworden ist (BGH v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 [346] = MDR 1981, 648; v. 24.5.1982 - II ZR 124/81, BGHZ 84, 141 [148] = MDR 1982, 825; Urt. v. 28.9.1992 - II ZR 224/91, MDR 1993, 324 = ZIP 1992, 1561 [1562]; v. 29.5.2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 [1298]). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der vereinbarten Rentenzahlung um einen wesentlichen Vertragsbestandteil und nicht nur um eine Auszahlungsmodalität, die für die Anleger von untergeordneter Bedeutung ist. Die Rentenzahlung war von der Beklagten als eine Besonderheit des Anlagemodells herausgestellt worden. So heißt es in Art. 5 der Präambel der Vertragsbedingungen: "Der stille Gesellschafter erhält die ihm bei (Teil-) Beendigung seiner Beteiligung zustehenden Auseinandersetzungsguthaben grundsätzlich in monatlichen, auf seine individuellen Bedürfnisse im Alter abgestellten Raten ausgezahlt. Die entsprechend lang bemessene Laufzeit der Raten findet mithin ihre Rechtfertigung in dem Grundgedanken der SecuRente, der Versorgung und Absicherung des Gesellschafters im Alter." Die Anleger sollten damit die Möglichkeit haben, aus den Erträgnissen ihrer Beteiligung eine Altersrente zu beziehen. Bei Abschluss des Vertrages stand zwar noch nicht fest, wie hoch am Ende der Laufzeit das Auseinandersetzungsguthaben sein würde. In Höhe dieses Guthabens sollte dann aber keine Verlustbeteiligung mehr erfolgen. Vielmehr sollte das Guthaben in festen Monatsraten ausgezahlt werden. Wesentlich ist dabei, dass bereits bei Vertragsschluss eine Verzinsung i.H.v. 7 % pro Jahr festgelegt war. Aus diesem Grund stellt es für die Anleger keinen gleichwertigen Ersatz dar, wenn ihnen das Guthaben in einer Summe ausgezahlt wird und sie es anderweitig anlegen. Die Anleger können nicht erwarten, dass sie bei einer Neuanlage mit gleichzeitig beginnender ratierlicher Rückzahlung eine auch nur annähernd gleich hohe Verzinsung werden erreichen können.
c) Damit ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Er hätte dann keine Einlage an die Beklagte gezahlt. Die Einlage in der von dem LG festgestellten und von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Höhe ist daher zurückzuzahlen. Dass dem Kläger trotz der Rückabwicklung Steuervorteile verbleiben könnten, die im Wege des Vorteilsausgleichs auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen wären, ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Da somit keine weiteren tatsächlichen Feststellungen erforderlich sind, hat der Senat in der Sache zu entscheiden.
2. Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass auch der Feststellungsantrag des Klägers begründet ist. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten führt zwar nicht zu einem automatischen Erlöschen des Gesellschaftsvertrages. Da die Beklagte den Kläger aber so stellen muss, wie er stünde, wenn er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen hätte, muss sie den Vertrag als erloschen behandeln.
3. Unbegründet ist dagegen der Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, ein Auseinandersetzungsguthaben per 7.7.2000 zu errechnen.
Der Kläger will damit im Wege der Stufenklage auf ein möglicherweise seine Einlage übersteigendes Auseinandersetzungsguthaben zugreifen. Das ist ihm jedoch verwehrt. Wenn er im Wege des Schadensersatzes so gestellt werden will, wie er stünde, wenn er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen hätte, kann er nicht gleichzeitig den Vertrag als wirksam behandeln und sich die Möglichkeit offen halten, Vorteile aus diesem Vertrag zu ziehen.
Fundstellen
Haufe-Index 1337899 |
BB 2005, 1023 |
DStZ 2005, 392 |
WPg 2005, 569 |
BGHR 2005, 843 |
EBE/BGH 2005, 1 |
EWiR 2006, 133 |
NZG 2005, 476 |
WM 2005, 838 |
ZIP 2005, 763 |
ZfIR 2005, 368 |
AG 2005, 395 |
BKR 2005, 241 |
ZBB 2005, 197 |