Leitsatz (amtlich)
a) Wird eine Schiffsladung, über die ein Orderkonnossement ausgestellt ist, nicht durch Inbesitznahme desselben, sondern durch Pfändung des Herausgabeanspruchs gepfändet und gibt der Verfrachter daraufhin die Ladung an einen Gerichtsvollzieher, heraus, dann ist eine solche Pfändung zwar fehlerhaft, aber nicht wirkungslos und nichtig.
b) Eine gerichtliche Herausgabeanordnung nach § 847 ZPO ist eine behördliche Anweisung. Der Verfrachter kann sich von Haftungsfolgen, die entstehen können, wenn er behördlichen Anweisungen nachkommt, in Allgemeinen Konnossementsbedingungen freizeichnen.
Normenkette
ZPO §§ 831, 847; AGB
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG |
LG Kiel |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Teilurteil des 7. Zivilsenats des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 15. März 1979 insoweit aufgehoben, als die Klageabweisung gegen die Beklagte zu 1 bestätigt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Klägerin hat die Hälfte der Gerichtskosten des Revisionsverfahrens sowie ihrer im Revisionsverfahren entstandenen eigenen außergerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. zu tragen. Im übrigen wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens dem Berufungsgericht übertragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte zu 1 hatte 1974 an die Firma L… S… M… Co. SAL (im folgenden: LSM) mit Sitz in Tripoli eine Schiffsladung Stahlknüppel für 5.543.614,50 DM verkauft. Die Bezahlung erfolgte am 20. Dezember 1974 bei der Commerzbank D… durch ein von der Klägerin auf Antrag der LSM gestelltes Dokumentenakkreditiv in Höhe des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe der üblichen Dokumente (hier blanko indossiertes Orderkonnossement, Versicherungspolice, Rechnung, Gewichts- und Qualitätszertifikat sowie Ursprungszeugnis), nachdem das Ladegut am 19. Dezember 1974 in Finnland auf das Frachtschiff „B…” der Beklagten zu 2 verladen worden war.
Am 20. Dezember 1974 verhängte das Landgericht Kiel auf einen an diesem Tag gestellten Antrag der Beklagten zu 1 gegen die LSM einen dinglichen Arrest wegen behaupteter, mit dem Kauf in keinem Zusammenhang stehender Schadensersatzansprüche in Höhe von 3.959.247,34 DM zuzüglich Kosten. Am 27. Dezember 1974 erließ das Landgericht Kiel aufgrund des Arrestbefehls durch den Rechtspfleger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, durch den „der Anspruch” der LSM gegen die Beklagte zu 2 und den Kapitän des Schiffes „B…”, auf Herausgabe der in diesem Schiff befindlichen Ladung Stahlknüppel gepfändet und der Beklagten zu 1 zur Einziehung überwiesen wurde. Gleichzeitig wurde „der Drittschuldner” verpflichtet, die zur Herausgabe gepfändeten Gegenstände an einen von der Beklagten zu 1 zu benennenden Gerichtsvollzieher herauszugeben. Nach Rückfrage bei der Beklagten zu 2 gab der Kapitän der „B…”, der zu dieser Zeit auf der Reise in der Kiel-Holtenauer Schleuse eingetroffen war, die Stahlknüppel an den Gerichtsvollzieher heraus.
Am 30. Dezember 1974 gingen die von der Commerzbank übernommenen Dokumente bei der Klägerin ein. Die LSM verweigerte die Bezahlung des für das Akkreditiv von der Klägerin gewährten Kredits mit der Begründung, die Dokumente repräsentierten nicht mehr das Eigentum an der Ware, nachdem diese gepfändet worden sei.
Die Klägerin behauptet, die LSM habe ihr zur Sicherung der von ihr übernommenen Vorfinanzierung des Akkreditivbetrags einschließlich Nebenkosten von insgesamt 5.591.948,12 DM ein Pfandrecht an der durch das Konnossement belegten Ladung eingeräumt. Dieses Pfandrecht sei durch die Pfändung erloschen, die die Beklagte zu 1 rechtswidrig und schuldhaft veranlaßt habe, weil sie gewußt habe, daß sich das Konnossement nicht in den Händen der LSM befinde. Die Beklagte zu 2 habe zur Verletzung ihres Pfandrechts an der Ladung dadurch beigetragen, daß sie diese freiwillig an den Gerichtsvollzieher herausgegeben habe. Auf jeden Fall könne sie, die Klägerin, vorzugsweise Befriedigung aus der Verwertung der Stahlknüppel verlangen.
Die Klägerin hat beantragt zu erkennen:
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 4.602.246 DM zuzüglich 12% Jahreszinsen seit dem 27. Dezember 1974 zu zahlen,
festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr auch den über 4.602.246 DM hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden sei, daß die Beklagte zu 2 auf Verlangen der Beklagten zu 1 dem Kapitän des Schiffes „B…” am 27. Dezember 1974 die Anweisung erteilte, die auf dem Schiff „B…” beförderten, für Tripoli/Libanon bestimmten 1.882 Stahlknüppel freiwillig an den Gerichtsvollzieher herauszugeben,
hilfsweise
gegenüber der Beklagten zu 1 festzustellen, daß die Klägerin aus dem Reinerlös der am 27. Dezember 1974 gepfändeten 1.882 Stahlknüppel bis zum Betrage von 4.602.246 DM zuzüglich 12% Jahreszinsen seit dem 27. Dezember 1974 vorweg zu befriedigen sei,
weiter hilfsweise,
festzustellen, daß die Beklagte zu 1 verpflichtet sei, den Erlös aus der Verwertung der aus dem Schiff „B…” am 27. Dezember 1974 entladenen 1.882 Stahlknüppel der Klägerin auszufolgen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Über einen weiteren, ebenfalls nur gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Hilfsantrag der Klägerin ist noch nicht entschieden.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Bei Prüfung der Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 unterstellt das Berufungsgericht, daß die Klägerin ein Pfandrecht an der durch die Dokumente beschriebenen Schiffsladung hatte. Es meint aber, die Klägerin habe keinen Schaden erlitten; denn die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seien rechtlich wirkungslos gewesen. Für eine wirksame Pfändung wäre es nämlich notwendig gewesen, daß der Gerichtsvollzieher das an Order lautende Konnossement nach den Regeln der Sachpfändung in Besitz genommen hätte (§§ 831, 808 Abs. 1 ZPO). Der durch das Konnossement verkörperte Herausgabeanspruch auf die Ladung habe nicht gesondert nach den Vorschriften der §§ 829 ff. ZPO gepfändet werden können. Die Pfändung sei hier nicht bloß fehlerhaft, sondern unwirksam und nichtig gewesen; denn es sei die Forderungspfändung von einem sachlich unzuständigen Vollstreckungsorgan, dem Rechtspfleger beim Landgericht, vorgenommen worden und das wesentliche Formerfordernis der Besitzergreifung des Gerichtsvollziehers an dem Konnossement habe gefehlt. Die gänzlich unwirksame und nichtige Pfändung habe ein wirksames Pfändungspfandrecht zugunsten der Beklagten zu 1 nicht begründet und deshalb ein etwaiges Pfandrecht der Klägerin nicht beeinträchtigt. Vielmehr sei der Warenwert der Ladung der Klägerin als Sicherheit für ihre behauptete Forderung gegen die LSM verblieben.
2. Die Revision meint, die Beklagte zu 1 habe in Kenntnis der Tatsache, daß sich das Konnossement als Traditionspapier, das den Herausgabeanspruch auf die Schiffsladung verkörperte, bei den beteiligten Banken befand und die Klägerin ein Pfandrecht an der Ladung erworben hatte, eine nicht ordnungsgemäße Pfändung der Ladung bewirkt und die Herausgabe der Ladung an den Gerichtsvollzieher durchgesetzt. Die Beklagte zu 1 habe sich – trotz Aufforderung hierzu – geweigert, die Ladung wieder freizugeben. Damit sei die Wirkung des Konnossements (§ 650 HGB) erloschen. Gegenüber der LSM sei der verhängte Arrest auf Widerspruch hin durch zwei Instanzen bestätigt worden.
3. Die Pfändung eines Gutes, bei dem der Herausgabeanspruch gegen einen Dritten durch ein indossables kaufmännisches Orderpapier verkörpert wird, erfolgt durch körperliche Inbesitznahme des Papiers durch den Gerichtsvollzieher und Herausgabe des Gutes selbst an diesen (§§ 808, 831, 847 ZPO; Stein/Jonas, ZPO, 19. Aufl. § 831 Anm. I und III, 847 Anm. II 1; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 38. Aufl. § 831 Anm. 2 und § 847 Anm. 2 B und C; Zöller, ZPO, 12. Aufl. § 831 Anm. I, 2 a; Thomas/Putzo, ZPO, 10. Aufl. § 831 Anm. 1). Eine Mitwirkung des Gerichts findet nur bei der Verwertung des Gutes, die nach §§ 835 ff. ZPO zu erfolgen hat, statt. Daß die Pfändung hier fehlerhaft war, weil der Gerichtsvollzieher das Orderkonnossement, das den Herausgabeanspruch auf die Ladung verkörperte, nicht in Besitz genommen hat, ergibt sich aus dem Gesetz.
4. Nicht gefolgt werden kann der Meinung des Berufungsgerichts, ein Pfandrecht der Klägerin an der Ladung habe hier durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt werden können; denn die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seien wirkungslos und nichtig gewesen und hätten der Beklagten zu 1 kein Pfändungspfandrecht verschafft, weil ein wirksamer Pfändungsakt nicht vorgelegen habe.
a) Nach § 930 Abs. 1 ZPO ist, für die Pfändung einer Forderung das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht ausschließlich (§ 802 ZPO) zuständig. Das gilt auch für Pfändungen von Herausgabeansprüchen, die grundsätzlich nach §§ 846, 857 ZPO zu bewirken sind (Baumbach/Lauterbach a.a.O. § 930 Anm. 2 A). Arrestgericht und damit auch Vollstreckungsgericht war das Landgericht und zwar dessen Rechtspfleger (§ 20 Nr. 16 RPflG). Wäre kein Konnossement für die Ladung ausgestellt gewesen, dann wäre für die hier vom Rechtspfleger des Landgerichts angeordnete Pfändung des Herausgabeanspruchs dieser ausschließlich zuständig gewesen. Den hier unnötigen Pfändungsbeschluß hatte also ein für den Erlaß solcher Entscheidungen zuständiges Vollstreckungsorgan erlassen.
b) Unstreitig hat der Gerichtsvollzieher aufgrund des zu Unrecht ergangenen Pfändungsbeschlusses und der nach § 847 Abs. 1 ZPO erfolgten Herausgabe der Ladung durch die Beklagte zu 2 Besitz an der Ladung erlangt. Da bei der Pfändung § 831 ZPO nicht beachtet wurde, ist diese fehlerhaft; unwirksam, nichtig und gänzlich wirkungslos, wie das Berufungsgericht ausführt, ist sie nicht; denn der Gerichtsvollzieher hätte auch noch später das Konnossement in Besitz nehmen können, womit der Mangel der Pfändung behoben worden wäre (vgl. BGHZ 66, 79, 82). Eine von einem zuständigen Vollstreckungsorgan in den Grenzen seiner Amtsbefugnisse vorgenommene Vollstreckungshandlung ist als staatlicher Hoheitsakt grundsätzlich wirksam, auch wenn die Vollstreckungshandlung bei richtiger Sachbehandlung hätte unterbleiben müssen. Ihre Fehlerhaftigkeit führt lediglich dazu, daß sie auf entsprechenden Rechtsbehelf oder von Amts wegen wieder aufzuheben ist (BGHZ 30, 173, 175; BGH Urteil vom 6. April 1979 – V ZR 216/77 = WM 1979, 730, 731 m.w.Nachw.; Baumbach/Lauterbach a.a.O. Grundzüge vor § 704 Anm. 8 B). Solange die Fehlerhaftigkeit nicht durch die dafür zuständige Stelle festgestellt ist, müssen die in Vollmacht und im Namen des Staates, getroffenen Entscheidungen beachtet und befolgt werden (BGHZ 66, 79, 81). Eine von einem Vollstreckungsorgan getroffene Pfändungsmaßnahme ist in der Regel wirksam, mag sie auch sachlicher und förmlicher Voraussetzungen entbehren, bis die Maßnahme auf Rechtsbehelf oder von Amts wegen durch abändernde Entscheidung beseitigt wird und damit rückwirkend wegfällt (Baumbach/Lauterbach a.a.O.). Hier wäre zur Pfändung eines Herausgabeanspruchs von beweglichen Sachen und zur Anordnung von deren Aushändigung an den Gerichtsvollzieher, wie sie mit dem Beschluß vom 27. Dezember 1974 verfügt worden war, das Landgericht – Rechtspfleger – zuständig gewesen, wenn kein Konnossement für die Ladung ausgestellt gewesen wäre. Diese Pfändung, die wegen der Herausgabebereitschaft (§ 809 ZPO) des Kapitäns der Beklagten zu 2 zum Erfolg führte, war also fehlerhaft, aber nicht unwirksam und nichtig. Soweit in der Literatur bei der Pfändung von Forderungen aus indossablen Papieren die Meinung vertreten wird, ein entgegen § 831 ZPO ergangener Pfändungsbeschluß sei wirkungslos (Baumbach/Lauterbach; Stein/Jonas; Thomas/Putzo a.a.O.; Zöller a.a.O., sämtliche zu § 831), vermag dem der Senat jedenfalls für den Fall nicht zu folgen, daß die fehlerhafte Pfändung zum Erfolg führt und eine Pfandverstrickung am Gut – wie hier eintritt. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 wegen Beeinträchtigung ihres angeblichen Pfandrechts (§ 823 Abs. 1 BGB) abgelehnt hat, vermag daher die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen. Das gilt auch für die Abweisung der von der Klägerin gestellten Hilfsanträge auf Vorwegbefriedigung aus dem Erlös der Ladung bzw. Ausfolgung des Erlöses, nachdem eine Feststellung, daß die fehlerhafte Pfändung zwischenzeitlich etwa aufgehoben worden sei, nicht getroffen ist. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht festgestellt, daß in dem fehlerhaften Pfändungsbeschluß eine im Arrestverfahren an sich unzulässige Überweisung des Herausgabeanspruchs an die Beklagte zu 1 zur Einziehung ausgesprochen war und damit ein erster Schritt zur Verwertung der Pfandsachen vollzogen war, weshalb ein Pfandgläubiger seine Rechte aus § 805 ZPO geltend machen könne. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c) Daß ein – im Revisionsverfahren entsprechend den Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellendes – Pfandrecht der Klägerin an der streitigen Ladung ein „sonstiges Recht” im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB ist, dessen Verletzung oder Gefährdung Schadensersatzansprüche auslösen kann, ist in der Rechtsprechung anerkannt (Senatsurteil vom 31. Mai 1965 – VIII ZR 302/63 = WM 1965, 700, 704; RGZ 98, 345, 346; 119, 265, 267). Eine Beeinträchtigung des vom Berufungsgericht unterstellten Pfandrechts der Klägerin ist hier auch in rechtswidriger Weise erfolgt; denn die Klägerin hat ein „die Veräußerung hinderndes Recht an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung” (§ 771 ZPO), weil sie im Besitz des die Ladung verkörpernden Orderkonnossements war (vgl. BGHZ 55, 20, 26; 58, 207, 213; Senatsurteil vom 8. Dezember 1976 – VIII ZR 108/75 = WM 1977, 76, 77 = NJW 1977, 384, 385). Dieses Recht, die Herausgabe der Ladung als – Besitzerin des Konnossements verlangen zu können, hat sie verloren. Hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen einer solchen Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1 ist zu berücksichtigen, daß ihr die Ausstellung des Konnossements über die streitige Ladung bekannt war, weil sie selbst als Abladerin das Konnossement erhalten und dieses mit ihrem Blanko-Indossament der als Korrespondenzbank tätigen Commerzbank D… zwecks Einlösung des Akkreditivs der Klägerin übergeben hatte. Die Klägerin hat als Schaden geltend gemacht, daß sie nicht dazu imstande war, die streitige Ladung – ihr Pfandrecht hieran wiederum mit dem Berufungsgericht unterstellt – nach Belieben zu verwerten, nachdem die LSM den bei ihr für die Akkreditivgestellung in Anspruch genommenen Kredit nicht zurückbezahlt hat. Das Berufungsgericht hat hierzu Feststellungen nicht getroffen. Das wird es nachzuholen haben.
Ob sich die Beklagte zu 1 hier auf den in BGHZ 36, 18, 20 aufgestellten Grundsatz berufen kann, den Gläubiger träfen vor der Ingangsetzung eines Vollstreckungsverfahrens keine besonderen Prüfungspflichten, wird davon abhängen, ob die Ausstellung eines Konnossements über die Ladung bei der von ihr betriebenen Zwangsvollstreckung aus dem Arrestbefehl für das Gericht erkennbar war. In der Nichterwähnung dieses Umstandes seitens der Beklagten zu 1 in ihren Anträgen könnte nämlich eine sittenwidrige Schadenszufügung gegenüber der Klägerin liegen.
II. 1. Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 hat das Berufungsgericht verneint, weil diese, bzw. den Kapitän des Schiffes „B…”, kein Verschulden treffe. Als der Kapitän für die Beklagte zu 2 die Ladung ohne Vorlage des Konnossements herausgab, habe er nur aufgrund einer dem äußeren Schein nach für ihn als Adressaten verbindlichen hoheitlichen Aufforderung gemäß § 847 ZPO gehandelt. Trotz der §§ 648, 653 BGB habe die Herausgabe der Ladung für die Beklagte zu 2 unbedenklich sein können, weil sie entsprechend dem staatlichen Befehl an einen Gerichtsvollzieher und nicht an eine andere Person erfolgt sei. Dies sei auch durch Nr. 16 der Konnossementsbedingungen der Beklagten zu 2 gedeckt gewesen.
2. Die Revision meint, der von der Beklagten zu 1 erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluß sei keine „Government direction” im Sinne von Nr. 16 der Konnossementsbedingungen gewesen. Hierunter seien nur hoheitliche Anordnungen zu verstehen, die letztlich auf Gründen höherer Gewalt beruhten. Außerdem habe die nach § 847 ZPO ergangene Anordnung dem Gerichtsvollzieher keine Befugnis gegeben, die Herausgabe der Ladung von der Beklagten zu 2 als Drittschuldnerin zu erzwingen. Dies hätte die Beklagte zu 2 bei Prüfung erkennen müssen. Sie habe die Ladung freiwillig herausgegeben.
3. Nach Nr. 16 ihrer Konnossementsbedingungen waren der Kapitän und der Verfrachter, die Beklagte zu 2 also, berechtigt, alle Befehle, Anweisungen oder Empfehlungen in Verbindung mit der Beförderung nach diesem Vertrage zu befolgen, welche von einer Regierung, Behörde, oder irgendeiner Person gegeben werden, die für diese Regierung oder Behörde tätig wird oder vorgibt tätig zu sein. Entgegen der Meinung der Revision ist auch, eine von einem staatlichen Gericht erlassene Herausgabeanordnung nach § 847 ZPO ein Befehl oder eine Anweisung einer Behörde im Sinne der Konnossementsbedingungen, die vom Gerichtsvollzieher präsentiert wurde. Selbst wenn die Beklagte zu 2 erkannt hätte, daß die Herausgabeanordnung nicht unmittelbar gegen sie durchgesetzt werden konnte, weil hierzu erst ein weiterer Titel gegen sie notwendig gewesen wäre (Baumbach/Lauterbach a.a.O. § 847 Anm. 2 C; Thomas/Putzo a.a.O. § 847 Anm. 2 b), dann bestand doch für sie die unmittelbare Gefahr, daß auch gegen sie eine einstweilige Verfügung wegen des für die Beklagte zu 1 gepfändeten Herausgabeanspruchs ergehen konnte. Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht mit Recht ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zu 2 bei der (freiwilligen) Herausgabe der Ladung an den Gerichtsvollzieher verneint. Soweit die Revision die Klageabweisung gegen die Beklagte zu 2 angreift, hat das angefochtene Urteil demnach Bestand.
III. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, daß das Rechtsmittel der Klägerin nur in Richtung gegen die Beklagte zu 1 Erfolg hatte. Insoweit war auch über die Kosten des Revisionsverfahrens eine Entscheidung zu treffen (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 ZPO). Im übrigen war die Entscheidung über die weitergehenden Kosten des Revisionsverfahrens dem Berufungsgericht zu übertragen, weil sie vom endgültigen Ausgang der Sache abhängt.
Fundstellen