Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung des Fehlens der erforderlichen Fahrerlaubnis bei der Abwägung der Verschuldensanteile nach § 254 BGB, §§ 9, 17 StVG, wenn sich das Fehlen nicht auf den Unfall ausgewirkt hat. Weder Hinzurechnung von Anteilen der auf den betreuenden Elternteil entfallenden fixen Haushaltskosten auf den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes nach § 844 Abs. 2 BGB § 10 Abs. 2 StVG, noch Erhöhung des fiktiven Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen den verstorbenen Elternteil um diese Anteile
Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage, wann das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis bei der Abwägung nach § 254 BGB, §§ 9, 17 StVG zu berücksichtigen ist.
b) Zum Anspruch eines nichtehelichen Kindes auf Ersatz seines Unterhaltsschadens nach Tötung des alleinverdienenden Vaters (hier: Fixkostenanteil).
Normenkette
BGB §§ 254, 844 Abs. 2; StVG §§ 9, 17
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Braunschweig vom 17.5.2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die vollständige Abweisung ihrer Klage auf Zahlung einer Unterhaltsrente über den 31.5.2011 hinaus zurückgewiesen worden ist.
Insoweit wird unter Aufrechterhaltung der Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung einer Unterhaltsrente für die Zeit nach dem 31.5.2011 festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin die durch die Tötung ihres Vaters bei dem Verkehrsunfall vom 17.4.1996 entstehenden Unterhaltsschäden zu 2/5 zu ersetzen, soweit der Vater der Klägerin dieser in der Zeit nach dem 31.5.2011 zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet gewesen wäre. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Klägerin 15 %, die Beklagten 85 %; von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen die Klägerin 59 %, die Beklagten 41 %; von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 67 %, die Beklagten 33 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die am 4.5.1993 als nichteheliches Kind geborene Klägerin begehrt nach dem Tod ihres Vaters bei einem Verkehrsunfall am 17.4.1996 von den Beklagten Ersatz entgangenen Unterhalts und Beerdigungskosten.
[2] Der Beklagte zu 2) ist Fahrer und Halter des an dem Unfall beteiligten Pkw; die Beklagte zu 1) ist dessen Haftpflichtversicherer.
[3] Der Beklagte zu 2) hat, ohne im Besitz einer Fahrererlaubnis zu sein, den außerorts betrunken auf der rechten Fahrbahnseite liegenden Vater der Klägerin bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h unterhalb der Stoßstange am Kopf erfasst. Der Vater der Klägerin verstarb noch an der Unfallstelle. Die Klägerin ist seine Alleinerbin.
[4] Die Klägerin räumt eine Mitverursachung des Unfalls durch ihren Vater ein, die sie mit lediglich 1/4 bewertet.
[5] Das LG hat der Klage auf Ersatz der Beerdigungskosten wegen überwiegender Mitverursachung des Unfalls durch den Vater der Klägerin lediglich zu 1/4 stattgegeben und die Klage auf Ersatz des Unterhaltsschadens abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Mitverursachung des Unfalls durch den Vater der Klägerin geringer gewertet und einen Ersatzanspruch i.H.v. 2/5 für begründet erachtet; es hat deshalb für die Beerdigungskosten und den Unterhaltsschaden der Klägerin in der Vergangenheit auf einen Zahlungsbetrag i.H.v. 10.784,44 EUR und auf eine bis zur Volljährigkeit der Klägerin zu zahlende Unterhaltsrente von 104,87 EUR/Monat erkannt. Im Übrigen ist es bei der Abweisung der Klage geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
I.
[6] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Unfall sei für den Beklagten zu 2) kein unabwendbares Ereignis gewesen. Die Klägerin müsse sich jedoch nach § 254 Abs. 1 BGB, § 9 StVG entgegenhalten lassen, dass ihr Vater den Unfall mitverschuldet habe. Bei der erforderlichen Abwägung sei zu Lasten des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen, dass dieser statt der von ihm eingeräumten 90 km/h bei Beachtung des Sichtfahrgebots nur 70 km/h hätte fahren dürfen (§ 3 Abs. 1 Satz 4 StVO); dann hätte er den Unfall mit einer Vollbremsung vermeiden können. Zu berücksichtigen sei zu Lasten der Beklagten auch die Betriebsgefahr des Pkw. Dagegen sei der Umstand, dass dem Beklagten zu 2) zum Zeitpunkt des Unfalls die Fahrerlaubnis entzogen gewesen sei, bei der Abwägung nicht zu berücksichtigen. Das begründe zwar ein Fehlverhalten des Beklagten zu 2), habe aber den Schaden nicht beeinflusst. Der charakterliche Mangel einer vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr, der zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt habe, habe sich nicht ausgewirkt, denn der Beklagte zu 2) habe im Zeitpunkt des Unfalls keinen Alkohol im Blut aufgewiesen. Die Verletzung des Sichtfahrgebots bei Dunkelheit sei auch bei Inhabern der Fahrerlaubnis häufig zu beobachten; deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Fahrer mit Fahrerlaubnis die Verkehrslage gemeistert hätte. Die Klägerin müsse sich dagegen als Verursachungsanteil zurechnen lassen, dass ihr Vater mindestens mit bewusster Fahrlässigkeit trotz einer Blutalkoholkonzentration von 2,56g Promille am Straßenverkehr teilgenommen habe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 StVG, § 69a Abs. 1 Nr. 1 StVZO, § 24 StVG). Ferner habe er vorsätzlich § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVO missachtet, weil er nicht den neben der Straße verlaufenden Gehweg benutzt habe. Schließlich habe er vorsätzlich gegen § 25 Abs. 1 Satz 3 StVO verstoßen, weil er sich nicht am äußersten rechten Fahrbahnrand, sondern ca. 1m vom Fahrbahnrand entfernt aufgehalten habe. Die Abwägung dieser beiderseitigen Beiträge führe dazu, dass die Beklagten als Gesamtschuldner 2/5 des Schadens zu tragen hätten.
[7] Für die Bemessung des der Klägerin entstandenen Unterhaltsschadens seien entsprechend dem Vortrag der Klägerin die Fixkosten des Haushalts i.H.v. 40 % des Nettogehalts des Getöteten herauszurechnen; sodann seien die auf die Klägerin entfallenden anteiligen Fixkosten der Ersatzforderung zuzuschlagen. Die Fixkosten seien bei einem Elternteil mit einem Kind im Verhältnis 2:1 aufzuteilen. Die Mutter der Klägerin sei als nicht verheiratete Lebenspartnerin ggü. dem Vater der Klägerin nicht unterhaltsberechtigt gewesen; die Klägerin könne deshalb lediglich den auf sie selbst entfallenden Anteil an den Fixkosten, nicht auch den auf ihre Mutter entfallenden Fixkostenanteil geltend machen.
[8] Soweit die Klägerin die auf diese Weise zu berechnende monatliche Unterhaltsrente über den 1.5. (richtig: 31.5.) 2011 hinaus begehre, sei diese Forderung nicht berechtigt. Die Schadensersatzrente eines Kindes sei regelmäßig auf die Vollendung des 18. Lebensjahres begrenzt. Ohne konkrete Anhaltspunkte könne nicht davon ausgegangen werden, dass über diesen Zeitpunkt hinaus Unterhaltsbedürftigkeit bestehe. Weitere Ansprüche könnten nur durch ein Feststellungsurteil abgesichert werden. Ein solches habe die Klägerin jedoch nicht beantragt.
II.
[9] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
[10] 1. Allerdings ist die Abwägung der Verursachungsbeiträge des Beklagten zu 2) und des Vaters der Klägerin aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
[11] Die Entscheidung über die Haftungsverteilung im Rahmen der § 254 BGB, § 9 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie ist im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und ob der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1988 - VI ZR 283/87, MDR 1989, 54 = VersR 1988, 1238, 1239; v. 5.3.2002 - VI ZR 398/00, BGHReport 2002, 628 = VersR 2002, 613, 615 f.; v. 25.3.2003 - VI ZR 161/02, BGHReport 2003, 872 = MDR 2003, 805 = VersR 2003, 783, 785 f.; v. 13.12.2005 - VI ZR 68/04, BGHReport 2006, 488 = MDR 2006, 809 = VersR 2006, 369, 371 - jeweils m.w.N.). Insoweit lässt das Berufungsurteil keinen durchgreiflichen Fehler erkennen.
[12] a) Der Beklagte zu 2) hat der Klägerin den Schaden zu ersetzen, den diese dadurch erlitten hat und künftig erleidet, dass der ihr zu Unterhaltsleistungen verpflichtete Vater bei dem Verkehrsunfall getötet worden ist (§§ 823 Abs. 1, 844 BGB; § 7 Abs. 1 StVG a.F.; Art. 229 §§ 5, 8 Abs. 1 EGBGB).
[13] aa) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 2) entgegen dem von ihm einzuhaltenden Sichtfahrgebot (§ 3 Abs. 1 Satz 4 StVO) nicht nur 70 km/h, sondern - wie von ihm selbst eingeräumt - 90 km/h gefahren ist und dadurch den Unfall schuldhaft verursacht hat. Hierbei ist - von der Revision nicht angegriffen - auch die Betriebsgefahr des Pkw des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen.
[14] bb) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht auf Seiten des Beklagten zu 2) das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis nicht bei der Abwägung berücksichtigt hat.
[15] In die Abwägung nach § 254 BGB, § 9 StGB sind alle, aber auch nur diejenigen unstreitigen oder erwiesenen Faktoren einzubeziehen, die eingetreten sind, zur Entstehung des Schadens beigetragen haben und einem der Beteiligten zuzurechnen sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1960 - VI ZR 30/60, VersR 1961, 249, 250; v. 23.11.1965 - VI ZR 158/64, VersR 1966, 164, 165; v. 24.6.1975 - VI ZR 159/74, VersR 1975, 1121, 1122; v. 7.6.1988 - VI ZR 203/87, MDR 1988, 952 = VersR 1988, 842; v. 10.1.1995 - VI ZR 247/94, MDR 1995, 359 = VersR 1995, 357 f.); einzelne Verursachungsbeiträge dürfen bei der Abwägung jedoch dann nicht summiert werden, wenn sie sich nur in demselben unfallursächlichen Umstand ausgewirkt haben (BGH, Urt. v. 1.6.1976 - VI ZR 162/74, VersR 1976, 987, 989 m.w.N.; vgl. auch BGHZ 54, 283, 284 f.). Nach diesen Grundsätzen wäre die Tatsache, dass der Beklagte zu 2) ohne Fahrerlaubnis gefahren ist, nur dann zu berücksichtigen gewesen, wenn feststünde, dass sich dieser Umstand in dem Unfall tatsächlich ausgewirkt hat. Das aber hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler verneint.
[16] Die Revision räumt zwar ein, dass eine lediglich abstrakte Gefahrerhöhung (wie etwa im Falle des Verbots des Führens eines Kfz wegen absoluter Fahruntüchtigkeit infolge Alkoholgenusses, vgl. dazu BGH, Urt. v. 10.1.1995 - VI ZR 247/94, MDR 1995, 359 - a.a.O.) im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge nur von Bedeutung sein kann, wenn sie sich bei dem Unfall ausgewirkt hat. Sie meint aber, hier habe der Beklagte zu 2) auch das Gebot des Fahrens mit angepasster Geschwindigkeit verletzt und dies sei nur möglich gewesen, weil er entgegen § 21 StVG das Kfz ohne die erforderliche Fahrerlaubnis geführt habe. Dem ist nicht zu folgen.
[17] Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass für den Unfall die überhöhte Geschwindigkeit unfallursächlich war. Diese wurde zwar durch das Fahren ohne die erforderliche Fahrerlaubnis ermöglicht, doch vermag die Revision nicht darzutun, dass das Fahren ohne Fahrerlaubnis darüber hinaus ein zusätzliches Gefahrenmoment dargestellt hat, das sich bei dem Unfall ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.1966 - VI ZR 207/64, VersR 1966, 585, 586; v. 10.1.1995 - VI ZR 247/94, MDR 1995, 359 - a.a.O., 357).
[18] Dass der Beklagte nach dem Entzug der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit das Fahrzeug gar nicht erst führen durfte, ist insoweit ohne Belang. Maßgebend ist vielmehr, ob sich eine Fahruntüchtigkeit als Gefahrenmoment in dem Unfall niedergeschlagen hat (BGH, Urt. v. 19.1.1962 - VI ZR 78/61, VersR 1962, 374, 375; v. 10.1.1995 - VI ZR 247/95 - a.a.O., m.w.N.). In die Abwägung für die Haftungsverteilung nach § 9 StVG, § 254 BGB dürfen wie bei § 17 StVG nur diejenigen Tatbeiträge eingebracht werden, die sich tatsächlich auf die Schädigung ausgewirkt haben. Die für die Abwägung maßgebenden Umstände müssen nach Grund und Gewicht feststehen, d.h. unstreitig, zugestanden oder nach § 286 ZPO bewiesen sein. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben.
[19] Für einen Beitrag des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu dem Unfallgeschehen spricht im hier zu entscheidenden Fall auch nicht ein Anscheinsbeweis. Zwar kann bei einem Fahrfehler des Schädigers zugunsten des Geschädigten grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für den Ursachenbeitrag einer fehlenden Fahrerlaubnis sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.1956 - VI ZR 123/55 - a.a.O.; v. 19.1.1962 - VI ZR 78/61, VersR 1962, 374, 375; v. 7.12.1962 - VI ZR 86/62, VersR 1963, 367 f.; v. 20.12.1963 - VI ZR 270/62, VersR 1964, 486, 488; v. 20.10.1964 - VI ZR 160/63, VersR 1965, 81, 82; v. 1.3.1966 - VI ZR 207/64, VersR 1966, 585, 586; v. 24.2.1976 - VI ZR 61/75, VersR 1976, 729, 730; vgl. noch BGHZ 18, 311, 318 f.; Urt. v. 30.10.1985 - IVa ZR 10/84, VersR 1986, 141, 142; v. 21.1.1987 - IVa ZR 129/85, MDR 1987, 565 = VersR 1987, 1006, 1007). Davon kann im Streitfall nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht ausgegangen werden. Dem Beklagten war zwar wegen Trunkenheit im Straßenverkehr die Fahrerlaubnis entzogen, er ist aber im Zeitpunkt des Unfalls nüchtern gefahren und es sind darüber hinaus keine gefahrerhöhenden Umstände ersichtlich, die sich zusätzlich zu dem Verstoß gegen das Sichtfahrgebot unfallursächlich ausgewirkt haben könnten. Dafür, dass seine überhöhte Geschwindigkeit mit der fehlenden Fahrerlaubnis in Zusammenhang stünde, spricht kein Satz der Lebenserfahrung. Soweit die Revision meint, das Fahren ohne Fahrerlaubnis habe sich tatsächlich in der vom Beklagten gefahrenen, überhöhten Geschwindigkeit ausgewirkt, ist eine mehrfache Berücksichtigung dieses Umstands in der Abwägung nicht möglich (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.1976 - VI ZR 162/74 - a.a.O.).
[20] b) Den hiernach zu berücksichtigenden Beiträgen des Beklagten zu 2 zu dem Unfallgeschehen (Verstoß gegen das Sichtfahrgebot; Betriebsgefahr) hat das Berufungsgericht die Beiträge des Vaters der Klägerin gegenübergestellt (§ 254 Abs. 1 BGB, § 9 StVG, § 25 Abs. 1 StVO). Dieser hat sich unter Verstoß gegen §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 69a Abs. 1 Nr. 1 StVZO a.F., § 24 StVG a.F. (nunmehr: §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 75 Nr. 1 FeV) mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,56g Promille bei Nacht als Fußgänger auf der Fahrbahn - ca. 1m vom (für den Beklagten zu 2)) rechten Fahrbahnrand entfernt - anstatt auf dem neben der Straße verlaufenden Gehweg (§ 25 Abs. 1 StVO) aufgehalten.
[21] c) Unter diesen Umständen ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den Beklagten als Gesamtschuldnern einen Haftungsanteil von 2/5, dem Vater der Klägerin aber einen Anteil von 3/5 zugemessen hat.
[22] 2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des von den Beklagten zu ersetzenden Unterhaltsschadens lassen ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
[23] a) Die fixen Haushaltskosten schätzt das Berufungsgericht für den Drei-Personen-Haushalt, in dem die Klägerin vor dem Unfall ihres allein verdienenden Vaters lebte, auf 40 % vom hypothetischen Einkommen des Vaters der Klägerin. Das beanstandet die Revision nicht. Rechtsfehler sind hierzu nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1988 - VI ZR 116/87, MDR 1988, 950 = VersR 1988, 954).
[24] b) Die Aufteilung dieser fixen Kosten auf die Überlebenden des Haushalts (die Klägerin und deren Mutter) im Verhältnis 1:2 hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1988 - VI ZR 116/87, MDR 1988, 950 - a.a.O.). Im Regelfall wird die für eine sachgerechte Verteilung gebotene Betrachtung, in welchem Maße die Haushaltsmitglieder an den hinter den fixen Kosten stehenden Leistungen teilhaben, zu einer höheren Quote für den hinterbliebenen Elternteil im Vergleich zum Kind führen. Bei den fixen Kosten handelt es sich um Aufwendungen, die der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten nach Maßgabe seines Lebensbedarfs schuldet. Das Gericht kann jedoch, anstatt die Leistungen im Einzelnen auf die Leistungsempfänger zu verteilen, nach § 287 ZPO schätzen und dabei einen Mittelwert berücksichtigen. Der erkennende Senat hat deshalb eine Verteilung von 2:1 bei einem Elternteil mit Kind nicht beanstandet und dabei dem Erfahrungssatz Rechnung getragen, dass der Unterhaltsbedarf eines Elternteils im Allgemeinen höher ist als der eines Kindes (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1988 - VI ZR 116/87, MDR 1988, 950 - a.a.O.). Dementsprechend beanstandet die Revision nicht, dass das Berufungsgericht die Schätzung im Tatsächlichen fehlerhaft durchgeführt habe. Sie ist jedoch der Ansicht, diese Aufteilung sei bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht angebracht, weil der überlebende Elternteil in einem solchen Fall keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den allein verdienenden Partner habe, also auch die auf ihn entfallenden Fixkosten nach Tötung des Alleinverdieners nicht erstattet verlangen könne.
[25] Es ist hier nicht abschließend zu entscheiden, ob dieser Ausgangspunkt der Revision vollständig mit der Rechtslage übereinstimmt (vgl. § 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB i.d.F. des Art. 1 Nr. 16 Gesetz vom 19.8.1969; BGBl. I, 1243 und das nach Zulassung der Revision ergangene Urteil des BGH, Urt. v. 5.7.2006 - XII ZR 11/04, BGHReport 2006, 1174 m. Anm. Menne = MDR 2006, 1229 = NJW 2006, 2687, 2691 f.; Staudinger/Engler, Neubearbeitung 2000, § 1615l BGB, Rz. 51 ff.). Jedenfalls ist es - entgegen der Ansicht der Revision - auch unter Beachtung des Gleichstellungsgebots des Art. 6 Abs. 5 GG weder erforderlich, dem Unterhaltsanspruch eines nichtehelichen Kindes nach § 844 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 StVG Anteile der auf den betreuenden Elternteil entfallenden fixen Haushaltskosten hinzuzurechnen, noch den (fiktiven) Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den verstorbenen Elternteil um diese Anteile zu erhöhen. Auch ein eheliches Kind kann den dem überlebenden Elternteil zustehenden Anteil an diesen Kosten nicht seinem Schadensersatzanspruch hinzurechnen, der Anspruch erwächst vielmehr jedem Berechtigten getrennt (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1971 - VI ZR 241/69, VersR 1972, 176 f.). Soweit in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem hinterbliebenen Elternteil auch bei verfassungskonformer Auslegung des § 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB ein (fiktiver) Unterhaltsanspruch gegen den getöteten Alleinverdiener nicht zusteht, folgt das in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus dem Fehlen einer ehelichen Bindung und einer deshalb fehlenden nachehelichen Solidarität (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2006 - XII ZR 11/04, BGHReport 2006, 1174 m. Anm. Menne = MDR 2006, 1229 - a.a.O., 2690).
[26] Hiernach lässt die Berechnung des Unterhaltsanspruchs durch das Berufungsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.
[27] 3. Die Revision beanstandet jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Unterhaltsschadens für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres abgewiesen hat.
[28] Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Zuerkennung einer Rente über den 31.5.2011 hinaus (das Datum "1.5.2011" statt 31.5. ist ein offenbares Schreibversehen, § 319 Abs. 1 ZPO) im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgelehnt, weil es sich nicht in der Lage sah, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen weiteren Unterhaltsbedarf für die Zeit ab 1.6.2011 schon jetzt festzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.1983 - VI ZR 187/81, MDR 1983, 835 = VersR 1983, 688, 689, insoweit nicht in BGHZ 87, 121 ff.).
[29] Der Zahlungsantrag der Klägerin auf eine monatliche, zeitlich unbegrenzte Rente umfasst jedoch die Feststellung des Ersatzanspruchs und enthält damit zugleich einen Antrag auf Feststellung dieses Ersatzanspruchs für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres der Klägerin als wesensgleiches Weniger (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1984 - VI ZR 150/82, MDR 1984, 660 = VersR 1984, 389, 390; ebenso BGH, Urt. v. 9.4.1992 - IX ZR 304/90, BGHZ 118, 70, 82 = MDR 1992, 664; Urt. v. 10.5.1993 - II ZR 111/92, MDR 1993, 744 = NJW-RR 1993, 1187, 1188; v. 24.10.1994 - II ZR 231/93, MDR 1995, 53 = NJW 1995, 188, 189). Die Klägerin hat durch ihr Schweigen auf den entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts nicht auf diese Feststellung verzichtet. Das Berufungsgericht hätte vielmehr von Amts wegen über dieses vom Leistungsantrag umfasste Begehren der Klägerin entscheiden müssen.
[30] 4. Soweit nach allem das angefochtene Urteil aufzuheben ist (§ 562 Abs. 1 ZPO), liegen die Voraussetzungen für eine eigene Entscheidung des Revisionsgerichts vor (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere tatsächliche Feststellungen sind nicht erforderlich.
[31] Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1678548 |
NJW 2007, 506 |
BGHR 2007, 200 |
FamRZ 2007, 385 |
JurBüro 2007, 276 |
DAR 2007, 201 |
MDR 2007, 399 |
NZV 2007, 190 |
VRS 2007, 162 |
VersR 2007, 263 |
ZfS 2007, 263 |
FamRB 2007, 140 |
NJW-Spezial 2007, 67 |
PA 2007, 41 |
RdW 2007, 176 |
SVR 2007, 339 |
SVR 2009, 20 |
VRA 2007, 44 |
VRR 2007, 183 |
r+s 2007, 76 |